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Ausgabe:

1987

Spalte:

342-344

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Kearns, Rollin

Titel/Untertitel:

Das Traditionsgefüge um den Menschensohn 1987

Rezensent:

Caragounis, Chrys C.

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Seite 1, Seite 2

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I

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Minimallösung (Außenhof 1668 x1668 Außenmaß) den Vorzug gibt.
Das ist unbedingt zu begrüßen, denn weder Yadins noch Maiers
frühere Lösungen sind haltbar. Die von Maier nun bevorzugte
Lösung entspricht weithin dem konsequent durchgeführten System,
nach welchem die Maße der Höfe und der Hofbauten in der Rolle
ar|gegeben werden, obwohl dabei noch Einzelheiten zu erörtern
sind.

•ch empfehle das Buch jedem, der sich für die Tempelrolle inter-
essiert, daran arbeitet oder arbeiten möchte. Es ist im Moment das
beste Buch, womit man sich einen zuverlässigen und anregenden
ersten Überblick über Inhalt und Hauptproblematik der Tempelrolle
Erschaffen kann. Wer mehr wissen will, oder sich in Einzelfragen ver-
tlefen möchte, wird durch das ausgiebige-doch nicht ausschöpfende -
Literaturverzeichnis weitergelenkt.

Holstcbro Hans-Aagc Mink

Judaica

Schoonhoven, E. Jansen: Jodendom, Christendom, Verlichting. Johann
Georg Hamann en Moses Mendelssohn, een achttiende eeuws
dispuut als bijdrage aan hcdendaagse discussie. Nijkerk: Callenbach
'985. 183 S. 8* = Toerusting. Kart. hfl. 29.50.

Der Autor, der sich schon in seiner Dissertation (Natuur en genade
bij J. G. Hamann, Nijkerk 1945) mit dem hier behandelten Problem-
Kreis beschäftigte, legt nun eine Studie vor, die für Hamann- und
Mendelssohn-Forscher, wie auch alle bedeutsam ist, die das jüdisch-
ehristliche Gespräch als Anliegen sehen. Um diesen Dialog geht es
dem Autor ganz wesentlich, wie er gleich zu Beginn (p. II) und auch
lrn Epilog nochmals (p. 159) betont. In Übereinstimmung mit

p. Hamann gilt für ihn, daß Dialog nicht bedeuten dürfe, daß
•■'egenstellingen worden verdoezeld of gladgestreken". In diesem Sinn
unterscheidet sich diese Studie von Schoonhoven sehr wesentlich von
V|elem. das heute als Dialog-Literatur kursiert. Es gelingt S., über eine
Spezialanalyse der einschlägigen Hamannschen Schriften und einer
v'orausgchenden Darstellung der Position M. Mendelssohns zu der
aktuellen Frage- und Problemstellung des jüdisch-christlichen Dialogs
Erhellendes beizutragen.

!n 8 Kapiteln, deren erstes die Einleitung und deren letztes einen
Epilog bildet, untersucht S. das Wesen der Kontroverse zwischen Hanlann
und Mendelssohn. Absichtlich wählt S. den Ausdruck „dis-
Puut". da man heute mit dem Terminus „Dialog" den Charakter
besonderer Freundlichkeit verbinde, wogegen es sich für Hamann um
e,n „twistgesprek - met een vriend" (p. 17) handelte. Wie S. gleich
Anleitend (p. 9) feststellt, hat diese Studie ihren sozusagen existentiellen
Sitz im Leben des Autors in dessen 1980 in Jerusalem gemachtem
besuch. Wie es auch der Philosophie Hamanns entspricht, ist für S.
d'e Kontroverse nicht ein bloßes intellektuelles Kräftemessen, sondern
zugleich ein Vorgang menschlicher Begegnung. In diesem Sinn
Schickt S. in den Kapiteln 2 und 3 eine persönliche Charakteristik der
Freunde Mendelssohn und Hamann voraus. Im 4. Kapitel bietet er
dann eine Darstellung des Inhalts von Mendelssohns Schrift „Jerusalem
oder über religiöse Macht und Judentum". Daran schließt in den
Kapitel 6 und 7, dem Kernstück des Buches, die Analyse der
Hamannschen Reaktion in dessen Werk „Golgatha und Schebli-
niini". Im 7. Kapitel greift er die Natur des Disputs im Hinblick auf
Hamanns Schrift „Fliegender Brief nochmals auf.

Zunächst gibt S. eine problembewußle Darstellung der Position
Mendelssohns in dessen Schrift „Jerusalem . . ." von 1783. Er leistet
damit einen wichtigen Dialogbeitrag, weil er sehr klar herausarbeitet,
wie sehr Mendelssohn von der Aufklärung beeinflußt, eine sehr persönliche
Wesensanalysc des Judentums bietet (p. 46). Es ist dem
Urteil des Autors zuzustimmen, daß Mendelssohn sowohl Aufklä-
fungsphilosoph wie frommer Jude war. Diese Verbindung wird für
ihn dadurch möglich, daß er die im Judentum enthaltenen ewigen

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Wahrheiten als identisch mit der Vernunftreligion ansieht. Im Unterschied
zum Christentum kenne das Judentum keine darüber hinausgehenden
Glaubenssätze. Das Judentum habe sich vielmehr nach den
Gesetzen, die von Gott als Lebcnsregel am Sinai verkündet wurden,
zu richten. Den Juden die Möglichkeit dazu zu geben, sei Sache der
Herrscher. Toleranz sei nicht mit Religionsvermischung zu verwechseln
. Das primäre Anliegen von Mendelssohn bestand nicht in einer
theoretischen Analyse des Wesens der jüdischen Religion, sondern in
der Begründung der Emanzipationsforderung.

Nach der verhältnismäßig kurzen Darlegung der Position Mendelssohns
widmet sich der Autor ausführlich dem Anliegen und Kern der
Hamannschen Polemik. Dabei trifft er schon einleitend die Feststellung
, daß Hamann weniger gegen Mendelssohn als gegen die Philosophie
polemisierte, mit der er sich verbunden hatte, nämlich die Aufklärung
. Dabei sah sich Hamann in einer Rolle ähnlich der Johannes
d. Täufers. Die Auseinandersetzung mit der Sicht des Judentums, wie
sie Mendelssohn bietet, ist für Hamann wesentlich dadurch motiviert,
daß er das Judentum positiv als die Wurzel des Christentums sieht
(p. 98), weil ja der Abrahams-Bund nicht zu bestehen aufgehört habe.
Die jüdische Geschichte war für Hamann ein Gleichnis für die Weltgeschichte
insgesamt. Insofern vermag er auch Mendelssohn bei dessen
Kritik der Kirchengeschichte als einer Geschichte religiöser
Macht zuzustimmen (p. 105). Hamanns Kritik gipfelt in der Behauptung
, Mendelssohn habe die Propheten verraten, weil er erklärt habe,
das Judentum sei keine geoffenbarte Religion, sondern nur geoffenbartes
Gesetz. Damit vernachlässige er aber wesentliche Teile der
Bibel, nicht zuletzt die Propheten. Tatsächlich gäbe es ja auch Bestandteile
des Judentums, die nicht Gesetz und auch nicht Vernunftreligion
seien. Für Hamann hat sich, in Anspielung an Kol 2,8, Mendelssohn
durch die „griechische" Philosophie verführen lassen.

Das vom Autor vorgelegte und analysierte Material aus den Schriften
Mendelssohns und Hamanns zeigt ziemlich klar, daß Hamann im
Unterschied zu Mendelssohn erkannte, daß die Philosophie der Aufklärung
nicht in der Lage ist, eine positive Reflexion der theoretischen
Grundlagen des Judentums und in der Folge eben auch des Christentums
zu leisten. Dadurch ist auch seine Polemik gegen Mendelssohn
ausgelöst worden. Indem Hamann die christliche Position gegen Mendelssohn
verteidigte, nahm er implizit auch das Judentum vor dessen
innerer Aushöhlung in Schutz. So erklärt auch S. manche Äußerungen
bei Hamann, die man auf den ersten Blick als antisemitisch verstehen
könnte, es nach S. aber nicht sind, weil sich Hamann eben ganz
bewußt dem aus der Aufklärung resultierenden und bei den Aufklärern
auch anzutreffenden Antisemitismus stellt (vgl. p. 115 und
p. 161).

S. bemerkt, daß das Studium der Quellen unter der Rücksicht seines
Themas für ihn eine Entdeckungsreise war, auf die er den Leser mitnehmen
wollte (p. 159). Man kann dem Autor nur bestätigen, daß ihm
das gelungen ist. Seine Darstellung des Themas ist präzise und von
Sach- und Problemkenntnis getragen. Schoonhoven versteht die Darstellung
von Hamanns Kritik an Mendelssohn wohl modellhaft und
regt damit einen jüdisch-christlichen Dialog an, der nicht an der Oberfläche
bleibt, sondern zu den Wurzeln vorstößt.

Wien Ferdinand Dexinger

Neues Testament

Kearns, Rollin: Das Traditionsgefüge um den Menschensohn. Ursprünglicher
Gehalt und älteste Veränderung im Urchristentum.
Tübingen: Mohr 1986. IV,202 S. gr. 8 DM 68,-.

In spite of the discontinuity in title this work is virtually a continua-
tion of the Author's (= A.) three previous volumes under the general
title Vorfragen zur Ckrislologie, in which the A. had inquired into the
linguistic aspects of the term brns, into Jewish apocalyptic traditions

Theologische Literaturzeitung I 12. Jahrgang 1987 Nr. 5