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Ausgabe:

1987

Spalte:

336-337

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Titel/Untertitel:

Style and discourse 1987

Rezensent:

Schenk, Wolfgang

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Theologische Literaturzeitung I 12. Jahrgang 1987 Nr. 5

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unkritisch zu übernehmen. Dann allerdings können die Arbeitsblätter
bei der Vorbereitung von Bibelseminaren und Unterricht, aber auch
in der kirchlichen Ausbildung bei der Bibelkunde sehr wertvolle Hilfe
leisten.

Maurers ..Kleines Register zur Bibel" möchte eine Lücke ausfüllen
zwischen biblischem Inhaltsverzeichnis und Konkordanz. Darin besteht
der eigentliche Wert dieses Nachschlagewerkes. In alphabetischer
Reihenfolge werden die Überschriften von ca. 1700 Bibelabschnitten
aufgeführt, so daß der Leser danach einen Bibeltext finden
kann, von dem er kein wörtliches Zitat weiß, mit dessen Hilfe in der
Konkordanz gesucht werden könnte. Die Schwäche des Ganzen ist
naheliegend: Man muß natürlich in seinen Überlegungen zu derselben
oder doch wenigstens einer ähnlichen Überschrift kommen wie
der Vf., um etwas zu finden. Trotzdem wird dieser Teil des Verzeichnisses
für den Bibelleser sicher hilfreich sein, und schon das Durchblättern
gibt manche Anregung und Hinweise auf biblische Zusammenhänge
. Vorangestellt ist diesem Register eine fortlaufende Inhaltsangabe
aller biblischen Bücher einschl. der Apokryphen. Sie deckt
sich weitgehend mit den in den meisten Bibeln vorhandenen
Zwischenüberschriften und erspart dem Leser lediglich das Blättern in
der Bibel.wenn er einen Überblick über einen größeren Abschnitt
bekommen will. Am Schluß ist noch eine von H. Hartmann erarbeitete
Zeittafel angefügt. Ohne ersichtliche Begründung beginnt sie mit
der Richterzeit (1200-1000) und schweigt sich so über die Erzväter
aus. Die Zeittafeln der meisten Bibelausgaben sind instruktiver und
übersichtlicher.

Die Schrift von Klemer schließlich möchte, wie der Untertitel
bereits angibt, Berechtigung und Grenzen „einfacher." Schriftlesung
darlegen. Solche „einfache" Schriftlesung ist die Art, wie ein in der
kirchlichen Tradition stehender Laie ohne Blick auf die Ergebnisse
der Fachwissenschaften die Bibel als Wort Gottes liest, lediglich unter
Beachtung der innerbiblischen Parallelen und Bezüge (vgl. S. 56).
Kremer geht davon aus, daß man meinen könnte, die Ergebnisse der
modernen Bibelwissenschaftcn machten solche einfache, vom geschichtlichen
Charakter der Texte absehende Art des Lesens unmöglich
(vgl. Ein!.). Demgegenüber stellt er eine sinnvolle gegenseitige
Ergänzung heraus und entfaltet dies in 5 kleinen Kapiteln. Zunächst
geht es um die „Praxis des Bibellcsens in der Vergangenheit". Dabei
legt der Vf. besonderen Wert auf die Tatsache, daß bereits in der Bibel
selbst und dann in der weiteren Geschichte der Kirche bis zur Reformation
Ansätze zu einer kritischen Bibclerfassung vorliegen. Das
kurze 2. Kap. behandelt die „Infragestellung des .einfachen' Bibellesens
durch die neuere Bibclwissenschaft". Das wissenschaftliche
Denken der Neuzeit hat auch, die Bibelwissenschaftcn nachhaltig
beeinflußt. Jedoch nur durch ein überzogenes Sola-scriptura-Prinzip.
das die Bibel von der Tradition der Kirche trennte, konnte es zum
Widerspruch kommen. Wissenschaftliche Forschung an der Bibel
und Dogma widersprechen sich nicht, denn derselbe Gott offenbart
die Glaubensgeheimnisse, ermöglicht den Glauben und gibt den Verstand
zur Forschung (S. 32-35). Das 3. Kap. führt einige Beobachtungen
aus der „neueren Sprach- und Literaturwissenschaft" an. Die
„dienende Funktion jedes Textes", der „Anteil des Lesers beim Erfassen
des Textes", die „Autonomie eines geschriebenen Textes" und die
„Mehrschichtigkeit von Wörtern und Textabschnitten" werden jeweils
ganz kurz abgehandelt. Im 4. Kap. wird das im Untertitel
Gesagte erörtert. Der Vf. unterscheidet dabei zwei Lesarten der Bibel,
eine in der Gemeinde „in Hinwendung auf den Lobpreis Gottes sowie
das Glaubensleben der Gemeinde bzw. des einzelnen", die andere
„zwecks missionarischer Verkündigung" und „zur Argumentation
bei Auseinandersetzungen" (S. 42). Bei der ersten Art des Lesens sind
„Andacht" und „kirchliche Gesinnung" erforderlich (S. 45). Das
darf bei der zweiten Art des Lesens nicht fehlen, es werden aber noch
andere Anforderungen gestellt. Eine Ablehnung der Bibclwissenschaft
wird „der Bibel nicht gerecht" (S. 52). Der Blick auf die Gesamtaussage
der Bibel ist den Einzclproblemen vorzuordnen. Es gilt, „daß
nicht die Wissenschaft, sondern die Kirche für die Auslegung der

Bibel maßgeblich ist" (S. 51). Beispiele runden die Ausführungen des
Vf. ab und konkretisieren sie: Ps 130; Rom 15,1-6; Mt 27,45-56;
Mt 5,38-42. In diesen Texten ergänzen sich nach Ansicht des Vf. die
Erkenntnisse des einfachen, gläubigen Bibellesens und der Bibelwissenschaft
bestens. Zweifellos gibt es auch schwierigere Beispiele.
Aufs Ganze gesehen hat dieses anregende kleine Buch katholische
Laien und Bibelkreise im Blick. Wenn der Vf. in seinen Ausführungen
auch der Bedeutung der Bibel in der evang. Kirche nicht voll gerecht
wird (vgl. S. 33 unten), kann seine Schrift auch über den katholischen
Bereich hinaus aufein berechtigtes Interesse hoffen.

Berlin Volkmar Hirth

Nida, E. A„ J. P. Louw. A. H. Snyman, and J. v. W. Cronje: Style
and Discourse. With special reference to the text of the Greek New
Testament. New York: United Bible Societies 1983. VIII, 199 S. 8'.
Kart. $5.95.

Die I 1 (sehr unterschiedlichen, oft redundanten und noch öfter abschweifenden
) Kap. sind das Kondensat einer Seminarserie, die die
Bibelgesellschaft des südlichen Africa (BSSA) 1982 mit E. A. Nida gehalten
hat. Es soll als weiteres Handbuch für Bibelübersetzer dienen
(Anwendungsvorschläge im Schlußkap. 165-171). Es geht um das
löbliche Ziel, daß vor allem die stilistischen und rhetorischen Strukturen
und deren Funktionen in den Blick genommen werden. Die Aufgabenstellung
, die Rolle der antiken Rhetorik für die ntl. Texte aufzuarbeiten
, ist durchaus zu begrüßen. Die Darstellung versteht sich als
Einführung und nicht als schon erschöpfende Behandlung des
Themas (19). So befaßt sich Kap. 2 mit einigen rhetorischen Gestal-
tungsclemcntcn, woran sich Kap. 3 die Frage nach der Verteilung der
verschiedenen Mittel auf unterschiedliche Texttypen anschließt, wobei
dieser Brückenschlag mehr angedeutet als geleistet wird.

Ärgerlich ist dabei der hier wie im Folgenden immer wieder auftretende
Verstoß gegen die methodologische Bedingung der Homogenität
von Klassifikationen (A. Menne. Einführung in die Methodologie.
1980, 84-91): Der morphologische Einteilungsaspekt von Inscrtio,
Delitio, Permutatio, Substitution wird schon von dem funktionalen
(Änderung der Erwartungshaltung) unterbrochen, noch ehe die Darstellung
generell zum funktionalen Aspekt übergeht (22-55). Einer
verunklarcnden Vermischung von Semantik und Pragmatik bedient
man sich auch, wenn man etwa behauptet (50), daß Lk 15 mehr
Wahrheit (!'.') über Reue und Vergebung enthalte als ausführlich erklärende
Reden darüber. Bei der fraglosen Rezeption solcher banal-
erbaulichen Allgemeinplätze wird verkannt, daß es bei dem Vergleich
nicht um den Grad des semantischen Wahrheitsgehalts, sondern nur
um ein pragmatisch verstärkendes Beeindrucken gehen kann. Der
analoge Denkfehler wird bei der Behauptung wiederholt (89), daß
etwa das Herrenmahl wie die Kreuzigung denselben Status wie Gemälde
, Symphonien und Glossolalien hätten - also nicht diskursiv-
darstellend aussagbar seien. Hier wie sonst erweist sich die fraglos verwendete
Kategorie „religiöse Sprache" als Selbsttäuschung, da sie
weder eine eigene Syntaktik noch eine spezifische Semantik und Pragmatik
hat. So fehlt jeder Sinn für das semiotischc Manifest des Paulus
I Kor 14.6(T und die Tatsache, daß man sich dazu in kontradiktorischen
Widerspruch setzt. Der Anspruch semiotischer Orientierung
(1 ff, 162 u. ö.) wird nicht eingelöst. Die Erwartung, daß die Probleme
in Kap. 9 (The Communicativc Proccss) und 10 (Literature and its
Study) einmünden (145(1"), wird enttäuscht, da dort kaum mehr als
andeutende Randbemerkungen zu allen nur denkbaren Interpretationsfragen
gemacht werden, wobei die Oberflächlichkeit besonders
deutlich bei der Klassifikation von „primärer" und „sekundärer"
(= späterer) „religiöser Sprache" (bzw. Texten 154-157) zum Ausdruck
kommt, weil die da genannten Unterschiede samt und sonders
umkehrbar sind - abgesehen von dem holistischen Biblizismus, der
auch hier unbefragter Ausgangspunkt bleibt. Hier rächt sich, daß man
nicht textlinguistisch, sondern immer noch wortsemantisch ansetzte