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Ausgabe:

1987

Spalte:

310-312

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Radmacher, Earl D.

Titel/Untertitel:

What the church is all about 1987

Rezensent:

Krügel, Siegfried

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Theologische Literaturzeitung 112. Jahrgang 1987 Nr. 4 310

doch insgesamt mehr eine Kriteriologie als eine Beschreibung der Hiermit wird für ein existentielles Kommunizieren über die Gren-
kirchlichen Wirklichkeit. In gewissem Sinne liegt dies sogar in der zen der Gemeinde hinaus plädiert. Ebenso plädiert Lange für eine
Intention des Autors, denn mit seiner Methode der begrifflichen Kommunikation innerhalb der Gemeinde, gerade im Blick auf das
Rekonstruktion gesellschaftlicher Praxis möchte er den „Wider- Predigen: „Predigtvorbereitung in Gruppen; Predigtkritik in Grup-
spruch der bestehenden kirchlichen Praxis mit dem Begriff ihrer pen; die bewußte Wahrnehmung der Tatsache, daß jeder Predigtvorselbst
" feststellen und „aus dem Widerspruch zwischen Anspruch und gang und Unterrichtsvorgang in ein Kontinuum, in einen kontinuier-
Wirklichkeit das Maß der Veränderung kirchlicher Praxis" herleiten liehen gemeindlichen Lernvorgang hineingehört, der ihm erst seinen
(214). So wird verständlich, daß sich die Methode der begrifflichen Stellenwert gibt; die sinnvolle Gruppierung von monologischen
^tzunrekonstruklion in eine Methode der realitätsabgehobenen und Äußerungen mit Kleingruppenprozessen und anderen gemeindlichen
■kritischen Praxkkonstruktion verwandelt. Bei dem vorgelegten Ver- Verarbeitungsvorgängen". Die Fortsetzung - „das alles ist vorerst
mittlungsversuch von Theologie und Soziologie handelt es sich dann praktisch-theologische Theorie, aber noch kaum parochiale Praxis"
aber weniger um die Grundlegung einer Theorie der Kirche als um (190), 1972/73 geschrieben, ist eine bleibende Herausforderung,
eine Theorie der Sollensgestalt von Kirche. Insofern kann man sagen, R. Schloz berichtet in seinem Nachwort (192-196) anhand der Beimaß
der Autor seinen Weg von der Theologie zur Soziologie nicht bis träge von M. Josuttis, R.Bohren, P. Krusche, Kl.-P. Jörns und
zu Ende gegangen, sondern bei einer Art Sozialphilosophie stehen- F. Krotz zur Homiletik Langes von dem Weg, den die Texte Langes
geblieben ist. gemacht, und von der Wirkung, die sie gezeigt haben. So wie die Dis-
Leipzig DetlefPollack kussion wiedergegeben wird, erweckt sie nicht den Eindruck, daß die

Herausforderung Langes, daß nämlich der Prediger vor allem ein
Kommunizierender zu sein hat, große Wirkung gezeigt hat. Besonders

Praktische Theologie: Homiletik von daher gesehen ist es zu begrüßen, daß mit dem vorliegenden Band

„die verstreuten Arbeiten Ernst Langes zur Theorie der Predigt und

Lange. Ernst: Predigen als Beruf. Aufsätze zu Homiletik, Liturg.e und des gesammelt greifbar" (7) sind.

Pfarramt. Hg. und mit einem Nachwort v. R. Schloz. München: Teterow Martin Kuske
Kaiser 1982. 196 S. 8" = Lese-Zeichen, geb. DM 25,-.

Nach Band 1 - Sprachschule für die Freiheit - und Band 2 - Kirche

'ur die Welt - liegt in der Reihe „Lese-Zeichen" Band 3 der von Okumenik: Allgemeines

Schloz herausgegebenen „Edition Ernst Lange" vor. Dieser Band

enthält sieben Arbeiten E. Langes, entstanden in den Jahren Radmacher, Earl D.: What the Church is all About. A Biblical and.

'^67-1973, die alle schon einmal veröffentlicht waren. Der Hg. hat Historical Study. Chicago, IL: Moody Press 1978.441 S. 8
sein Vorwort 1976 und sein Nachwort 1982 geschrieben.

Die Aufsätze sind nicht zeitlich, sondern sachlich geordnet. Den Der Autor, Präsident des Western Conservative Baptist Seminary,
beiden Arbeiten zur Homiletik-„ZurTheorie und Praxis der Predigt- setzt mit der nüchternen Feststellung ein, zu der die erste Vollverarbeit
"; „Zur Aufgabe christlicher Rede" (9-67) - folgen zwei Auf- Sammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen 1948 in Amsterdam
Satze zur Liturgik - „Bemerkungen zur Sektion V in Uppsala"; „Was den Mut fand: „Die erste Tatsache, der man ins Gesicht sehen muß,
nützt uns der Gottesdienst?" (68-95) - und schließlich drei Arbeiten ist, .daß es keine übereinstimmende christliche Interpretation der
zum Pfarramt - „Der Pfarrer in der Gemeinde heute"; „Die Schwie- Lehre von der Kirche gibt" (11). Die in der Ekklesiologie enthaltene
rigkeit. Pfa rrer zu sein"; „Glaube und Anfechtung im Alltag eines Spannung definiert Vf. als „den doppelten Aspekt der Kirche, den
Gemeindepfarrers" (96-191). universalen und den lokalen" (26). Im folgenden wird "local church"

Vom Umfang her steht also das dritte Stichwort des Untertitels - mit „Kirche am Ort" übersetzt, da „Ortskirche" zum festen Terminus

Pfarramt - an erster Stelle, gefolgt vom ersten und zweiten - Homi- katholischer Ekklesiologie geworden ist und dort als Gegenüber zur

'etik. Gottesdienst. Der Hg. hat trotzdem den Titel „Predigen als wiederum spezifisch katholisch verstandenen „Weltkirche" in ganz

Beruf gewählt. Er begründet es so: „Daß Predigen nicht nur ein parti- bestimmter Weise inhaltlich gefüllt ist. "Universal church" wird

kulares Geschäft im Dasein des Pfarrers ist, sondern innerhalb des nachfolgend mit „Gesamtkirche" wiedergegeben. Für Vf. ist mit dem

Problem- und Wirkungszusammenhangs .Kommunikation des Evan- Begriff"aber nicht nur die Universalität oder Katholizität der Kirche

geliums'. von dem Ernst Lange spricht, seine gesamte Berufswirklich- ausgedrückt. Gemeint ist vielmehr die Kirche „an sich", als deren

keit umgreift, die freilich in der gottesdienstlichen Predigt eine beson- Eigenschaften Vf. neben der Katholizität vor allem die Invisibilität,

dere Zuspitzung erfahrt, ist konstitutiv für Ernst Langes Anschauung. Idealität und Spiritualität nennt (190fT).

Daher hat der Titel fürdiesc Sammlung seine Berechtigung" (7f). Vf. beschreibt am Schluß des Einführungskapitels das Ziel der
Wäre aber nicht ein Fragezeichen hinter dem Titel berechtigt, um gesamten Untersuchung als den Versuch, „die sehr enge Verwandt-
die bleibende Herausforderung der Aussagen Langes herauszustellen? _ schart (relationship) der Kirche am Ort mit der Gesamtkirche zu zei-
Da bei „Predigt" nach wie vor „Monolog" assoziiert wird, könnte das gen, wobei die letztere das Mustcr (pattern) der ersteren ist" (26).
Fragezeichen auf die durchgehende Kritik Langes an dieser Predigt- Das zweite Kapitel bringt einen historischen Überblick über die
form aufmerksam machen und auf seine Herausforderung hinweisen, Lehre von der Kirche in ihren Ansätzen und verschiedenartigen Ausmaß
die Prediger des Evangeliums gerade da und nur da neue Sprach- formungen. Mit Recht unterstreicht Vf., daß die amerikanische
möglichkeiten entdecken, wo sie sich in voller Solidarität an die Seite Ekklesiologie insofern ihr Spezifikum aufweist, als sie in starkem Maß
dieser Verstummenden und Verstummten stellen. Denn in den Akten von den "radical reformers" (84), besonders den Wiedertäufern und
der Solidarität mit den Leidenden, die den Weg Jesu kennzeichnen, den Separatisten der englischen Reformation, geprägt ist.
bis hin zu seinem Verstummen am Kreuz, hat der christliche Glaube Im 3. Kapitel werden zeitgenössische Gesichtspunkte erörtert
zuallererst sprechen gelernt." Mit den Verstummenden und Ver- (87ff), wobei Vf. mit Johannes XXIII. und der Einberufung des Zwei-
stummten meint Lange die Menschen, die zwar alle genug Wörter ten Vatikanischen Konzils einsetzt. Er zitiert aber nur einzelne Autohaben
, „aber es sind Wörter, die bestimmte Dinge nicht sagen. Man ren, unter ihnen immerhin Karl Adam, und setzt dem sofort die herkann
technische Vorgänge mit ihnen bezeichnen, man kommt durch kömmliche protestantische Kritik entgegen. Man vermißt ein Eineinen
Supermarkt mit ihnen. Aber Leiden und Freude, Einsamkeit gehen auf die ekklcsiologischcn Aussagen des Konzils selbst, vor
und Sehnsucht, Hoffnung und Verzweiflung transportieren diese allem auf die Constitutio de ecclesia und das Deeretum de oecume-
Wörter nicht. Kommunizieren kann man nicht mit ihnen." (191) nismo.