Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1987

Spalte:

306-309

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Höhn, Hans-Joachim

Titel/Untertitel:

Kirche und kommunikatives Handeln 1987

Rezensent:

Pollack, Detlef

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2, Seite 3

Download Scan:

PDF

i

Stotternheim Franz Georg Friemel

Theologische Literaturzeitung 112. Jahrgang 1987 Nr. 4 306

Schaft noch zu erkennen (und an manchen Stellen - wie ich finde: Kolleg Religion 1 und 2 vermißt hatte, und noch mehr: Informatio-
unnötigerweise - auch im Text, wenn versichert wird, Kurt Marti nen über die Autoren und Hgg., weiterführende Literatur, Materialien
[1.36] oder Bertolt Brecht [11,354] würden ihr Gedicht selbst lesen). zur Religionsgeschichte, ein Verzeichnis der Bibelstellen, der Eigenstes
ist didaktisch hilfreich. Das Redaktionskollegium hat nicht nur namen, einen Gesamt-Index der Fachausdrücke. Und es ist auch nicht
aufden ökumenischen Proporz bei den Dozenten geachtet (14 katho- vergessen worden, zur Überprüfung der 153 Aufgaben die Lösungen
'ische, 18 evangelische Referenten), es hatte nicht nur ein „offenes, zu vermerken. So ist ein didaktisch,hilfreiches Buch zustande gekom-
konfessionell kooperatives Modell" als Ziel vor Augen; es ist den men, an dem auch kirchliche Fern- und Weiterbildungsseminare
Autoren gelungen, ein wirklich ökumenisches Ensemble von theolo- nicht ohne Schaden vorbeisehen können.

gischen Gedanken, eine gut zusammengefügte ev.-kath. Ringvorle- Bei einer Neuauflage sollte auf S. 30 die Abbildung 2, die seitenver-

sung in ökumenischer Fairneß anzubieten. Hier sei von einem kath. kehrt ist, richtig gedreht werden.

Rez. besonders auf die Beiträge von Jetter (Gottesdienst), Härle

'Rechtfertigung) und Nipkow (Erziehung) hingewiesen.

Adressaten des Funk-Kollegs Religion 1 und 2 sind zuerst Leser, bei

denen ,,;„i i . d i- ui ■. u ■ Ii • i . , Höhn, Hans-Joachim: Kirche und kommunikatives Handeln. Studien

uenen viel Interesse, geistige Beweglichkeit, aber vielleicht nur der ' , , . ,„•■„■,,.■

Äk„u „ . ... , . , zur Theologie und Praxis der Kirche in der Auseinandersetzung mit

^oscniuü der 10. Klasse vorausgesetzt werden muß; der Abstrak- . . ■ ,°, Kr, , , ,__ .... ... ,

ti . ° den Sozialtheorien Ntklas Lunmanns und Jürgen Habermas.

»onsgrad ist im allgemeinen nicht überhöht-bis auf eine Ausnahme: Frankfurt/M.: Knecht 1985. 298 S. 8'= Frankfurter theologische

tilert Heims' ausgezeichnetes Kapitel über Offenbarung könnte an- Studien 32. Kart. DM 58,-.
schaulicher und weniger „kompakt" sein. Die allgemein an Theologie

Interessierten, deren Zahl bekanntlich in den Kirchen zunimmt, erhal- Die Zeit, da sich Theologie aus Angst vor der Berührung mit den
ten durch Studium dieser Vorlesungen einen guten ersten Überblick Human- und Sozialwissenschaften in den binnentheologischen Raum
über heutiges theologisches Denken. Für Prediger wird eine Fülle von wie in ein Schneckenhaus zurückzog, ist vorüber. Ihre Öffnung für
Anregungen und Impulsen gegeben. Selbst für Theologen, die sich im human- und sozialwissenschaftliche Forschungen vollzog sich vor
eigenen Fachgebiet „festgebissen" haben, gestattet das Funk-Kolleg allem aufgrund eines sich zunehmend durchsetzenden Bewußtseins
einen schnellen Blick über den Zaun des eigenen Faches. der Ungleichzeitigkeit mit dem Reflexionsniveau der außertheolo-
Funk-Kolleg Religion 1 und 2 ist ein nüchternes Werk, es enthält zu gischen Fächer und wohl auch erzwungen durch den Terrainverlust
Wenige weiterführende Angaben. Aber es verweist auf ein Buch, in der christlichen Kirchen im gesellschaftlichen Leben insgesamt. Um
dem man weitere Angaben und Material zum Weiterstudium finden Anschluß an den Stand des nichttheologischen Wirklichkeitswissena
kann. Bevor wir uns diesem Buch zuwenden, seien aber zuvor einige zu gewinnen, wurde im Handel mit fremden Produkten zuweilen eine
Ungereimtheiten der beiden Vorlesungsbände genannt. Muß es nicht solche Geschäftigkeit entwickelt, daß sich schon bald Stimmen in das
- wenn von den Herrnhutern die Rede ist - „Brüdergemeine" heißen? Marktgeschrei mischten, die - den interdisziplinären Austausch als
'1,386) Die Lambethkonfcrenz ist nicht 1967 zum ersten Mal zusam- theologischen Ausverkauf nehmend - meinten, die Theologie zu ihrer
niengetreten, sondern einhundert Jahre früher (11,291); G.Rosen- eigenen Sache zurückrufen zu'müssen. Dieser Ruf kam zu früh, denn
kränz ist nicht der Senior der Missionswirtschaft, sondern der Mis- bei den Importen, die die Theologie vornahm, handelte es sich groß-
S'onswissenschaft (11,310); mißverständlich ist im Beitrag zur Ethik teils um bloße Wortübernahmen, um die theologische Vereinnahme
verschiedene Wertung des Terminus „Gesinnungsethik"; einmal mung oft nur ungenügend zur Kenntnis genommener, aus dem Zu-
W|rd das Wort in die Nähe von Weltflucht (11,186) gerückt und relativ sammenhang herausgerissener Theoriestücke, deren Adoption zwar
Pejorativ gebraucht, kurz darauf wird aber von Jesus gesagt, er verkün- zu einer attraktiveren Etikettierung der Theologie, aber nur selten zu
dige keine „vordergründige Gehorsams-, sondern eine Gesinnungs- einer Bereicherung ihres Inhalts führte.

(und Verantwortungs-)ethik"; es ist schwer einzusehen, daß die Initia- Seit etwa einem Dezennium lassen sich zwischen Theologie und

toren der Sendung und des Buches Schwester Waltraud Herbstrith Soziologie im nichtsozialistischen Bereich jedoch in wachsendem

Und Frau Moltmann-Wcndel für ihre beiden wichtigen Themen Spiri- Maße Arbeiten finden, die die Tiefe des jeweils in bezug genommenen

tualität und Feminismus nur je eine halbe Kollegstunde einräumten. sozialwissenschaftlichen Ansatzes auszuloten versuchen und auch

Die eine Überschrift für beide Autorinnen verdeckt zudem, daß es seine oft religionskritische Spitze nicht abbrechen wollen und gerade

sich im Grunde um zwei verschiedene Themen handelt. dadurch in der Lage sind, seine Fruchtbarkeit für das theologische

Nachdenken aufzuzeigen. Zu diesen Arbeiten zählt auch die vorlie-
(2.) In der theologischen Bildungsveranstaltung, deren Vorträge in gende Studie, die in nur wenig veränderter Form von der Theoloden
beiden besprochenen Bänden vorliegen, gibt es nun noch ein for- gischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg/Br.
Helles Lernbuch; es ist entstanden aus den „Studienbegleitbriefen" 1984 als Dissertation angenommen wurde. Ihr Vf. möchte die Aneig-
zurn Funk-Kolleg, die das Institut für Fernstudien an der Universität nung von Leistungen der Sozialforschung durch die Theologie weder
Tübingen erarbeitet hatte. Die eingeschriebenen Hörer des Kollegs als ein sozialwissenschaftliches Aufschminken theologischer Sachverarbeiteten
damit. Nun ist daraus ein voluminöses Lehrbuch gewor- halte, das es bei einem beziehungslosen Nebeneinander der beiden
den. das eine Einführung in die Thematik des Werkes nicht nur gibt, Disziplinen beläßt, noch als ein vermischendes Ineinander der beiden
sondern exakt die Reihe der Vorlesungen begleitet, das in den Vor- Fächer betreiben; ihm geht es um ein „unterscheidendes ,In-Be-
lesungen Angebotene einerseits zusammenfaßt, aber auch durch ziehung-Setzen' von Theologie und Soziologie", das deren Eigenstän-
neues Material (Bilder, Karikaturen, graphische Darstellungen, Stati- digkeit wahrt und sich zugleich auf „die Suche nach einer interdiszi-
stiken, Karten, Quellen, längere Auszüge aus wichtigen theologischen plinären Kommunikationsebene" begibt, von der aus „die Grund-
Büchern, tabellarischen Zusammenstellungen) ergänzt und vertieft. legung einer Theorie der Kirche" als gesellschaftlicher und geistlicher
Vor allem gibt das Buch Lernzicle für die Studieneinheiten an („Nach Größe vorgenommen werden kann (11 -16; vgl. 159ff, 233ff),
dem Durcharbeiten der Studieneinheit sollen Sie in der Lage sein, Folgerichtig setzt der Autor, bevor er Theologie und Soziologie auf-
•. . ") und es stellt Aufgaben („Benennen Sie stichwortartig die wich- einander zu beziehen versucht, im sozialtheoretischen Hauptteil seitigsten
Vorwürfe, die gegen die Juden erhoben worden sind" [105]; ner Arbeit (Kap. 2-3) mit dem Entwurf einer soziologischen Basis-
-,An welchen Punkten unterscheidet sich die Rechtfertigungslehre theorie ein, die er im Anschluß an J. Heinrichs „transzendentale
Luthers von der Augustins und Thomas'?" [304]). Die Autoren der Dialogik" nennt (45). Ihr weist er die Aufgabe zu, die beiden kontro-
Kapitel des Lernbuches sind mit denen der Vorlesungen identisch. versen einflußreichen Sozialtheorien - J. Habermas' Theorie des
Über die Kollegbegleitung und Vertiefung (die „Übungen zur Vor- kommunikativen Handelns und N. Luhmanns Theorie selbstreferen-
lesung") hinaus bietet das Buch nun auch die Daten, die man in Funk- tieller Systeme - miteinander zu vermitteln. Die Rekonstruktion der