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Ausgabe:

1987

Spalte:

218-221

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Waldrop, Charles T.

Titel/Untertitel:

Karl Barth's christology 1987

Rezensent:

Krötke, Wolf

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Theologische Literaturzeitung 112. Jahrgang 1987 Nr. 3

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gie oder des Status theologischer Lehre, wie in einem abschließenden erkenntnis" der Frage nach: Gibt es eine tragfähige Form des Kon-
Kapitel (209-229) angedeutet wird. tingenz-(kosmologischen)Argumentes? Er gelangt zu folgender Antin
diesem letzten Kapitel tritt der skizzenhafte Charakter, der das wort: Die Erfahrung des Seienden impliziere, weil wir schon immer
ganze Buch prägt, ganz besonders deutlich in Erscheinung. In der Tat von der Vernünftigkeit der Welt ausgehen, die Erfahrung des Unbe-
■st diese Arbeit eine Art "laboratory journal, a record of experi- dingten, das - anders als das Seiende - den Grund seines Seins in sich
mentsin thought" (VIII). Viele dieser Gedanken sind eher angedeutet habe (S. 45). Dieses Wissen um die Andersheit lasse es nicht zu, die
als ausgeführt, keine abschließenden Analysen, sondern programma- Dinge der Welt mit dem Absoluten zu identifizieren. Absolutheits-
t'sche Anregungen zum Weiterdenken. Um den Status dieser metho- und Kontingenzerfahrung seien untrennbar miteinander verbunden,
Alogischen Reflexionen aber nicht zu unterschätzen, sollten die ja, sie ereignen sich immer zugleich. Was wie begriffliche Argumen-
Parallel zur Ausarbeitung dieses Buches entstandenen, stärker inhalt- tation aussehe, sei vielmehr Explikation der Existenzerfahrung
''ch orientierten Arbeiten Jennings' mitbedacht werden, z. B. Intro- (S. 48).

duction to Theology: An Invitation to Reflection upon the Christian H. Seidl insistiert in seinen „Bemerkungen zur ,quarta via' des

Mythos, Philadelphia 1976 oder Life as Worship: Prayerand Praise in Thomas von Aquin" gegen existenzphilosophische Uminterpretatio-

Jesus' Name, Grand Rapids 1982. Dort wird an ausgewählten Zusam- nen darauf, daß der Ansatz dieses Beweises in Merkmalen des erfahr-

menhängen theologisch substantiiert, was hier oft nur programma- baren Seinsaktes der Weltdinge und des Menschen liege und nicht im

tisch umrissen wird. Unübersehbar ist allerdings, wie stark Jennings Selbstbewußtsein des Menschen. Wollte man indes Thomas so deu-

von der hermeneutischen Theologie und kontinentaleurorjäischem ten, berge dies die Gefahr in sich, den innersten Grund des Mcn-

Denken bestimmt ist. Das belegte schon seine Dissertation Man as the sehen unmittelbar mit dem Sein selbst zu identifizieren (mittels des

Subjekt of Existence: A Study of Post-Hegelian Anthropologies in Gedankens der Partizipation und der Kausalität) und damit das trans-

Continental Theology (Emory University 1971). Die vorliegende zendente Gegenüber Gottes zu verlieren. „Die Wirklichkeit des

Arbeit stellt darüber hinaus klar, daß Jennings diese Traditionen nicht menschlichen Selbstvollzuges ist wohl nicht das Wirken ... des Seins

nur rezipiert hat, sondern auf kluge und kreative Weise im anglo- selbst, sondern seine Wirkung.. ."(S. 71)

amerikanischen Kontext weiterzudenken versteht. Zwar hat er keine A. Winter stellt in seinem Referat eine ontologisch-metaphysische
"Grammar of God-Language" vorgelegt, wie der Untertitel seines Interpretation des moralischen „Gotteserweises" vom Gesamtzusam-
Buches verspricht. Aber er hat Strukturen beschrieben, die jede menhang des Denkens Kants hervor. Er gelangt zu dem durchaus einGrammatik
christlicher Rede von Gott berücksichtigen muß, die sichtigen Ergebnis, daß Kants Intention die einertragfähigeren Meta-
n'cht von vornherein inadäquat sein will. physik gewesen und ihm also an der Sicherung des Gottesgedankens,

„ _ „ , nicht aber an dessen Destruktion, gelegen sei (S. 112). Die praktische

lubincen Ingolf U. Daltertn , . . . .__... ,

8 Vernunfterkenntnis baue an der schon in der „Kritik der reinen Vernunft
" liegenden Brücke der Gotteserkenntnis weiter. Sie stützte sich

'Kr.m ^, „, . », »„«..... • - i- ki r jedoch auf den Pfeiler der Pflicht, der tiefer gründe als der Pfeiler der

Zrei" f R^TloTvU^ 20; S ^ bloßen Einsicht. Was damit von Kant zu lernen sei und grundsätz-

ener Gotteserkenntnis heute. Leiden: Brill 1985. VII, 207 S. gr 8 . . uj„7 „„__

Lw hlf 80 - licne Becieutung besitze, sei die Forderung nach dem Zusammenspiel

von Denknotwendigkeit und personaler Entscheidung (S. 177).

Daß der Rückgriff auf die Tradition der Gottesbeweise, um Zu- Kann man dieses Fazit der Analysen Winters begrüßen? Ja und
Sange zum Gottesglauben vom Denken aus zu eröffnen, weiterhin nein! Ja, weil die personale Entscheidung in die ganze Breite vernunfthilfreich
sein kann, wird in dem anzuzeigenden Buch, obwohl gele- mäßigen Lebens eingebettet wird. Nein, weil die Entscheidung, wenn
gentlich auch mit einem Fragezeichen versehen, grundsätzlich vor- anders ihr Denknotwendigkeit voransteht, eigentlich aufgehoben
ausgesetzt und im einzelnen gezeigt. Begründet wird dies erstens mit wird. Sollte es nicht schon genügen (und den Intentionen Kants eher
dem Hinweis, daß neuerliche Versuche, das theologische Sprechen entsprechen), die Denkmöglichkeit Gottes zu behaupten? In diese
Philosophisch zu rechtfertigen (mit Mitteln der analytischen Philo- Richtung weist das Referat von J. Möller „Die Rede von Gott in der
^Phie), zu kurz greife, da die Interpretation des Wortes „Gott" ohne Philosophie der Gegenwart". Möller bejaht das Denken, das entschei-
ontologische Implikationen nicht zu leisten sei, und zweitens mit der dend durch das Nietzsche-Wort „Gott ist tot" geprägt wird, und sieht
Aufgabe, das Ungenügen eines nur auf Gegenstände bezogenen Den- in der modernen Negativität das Anliegen, daß die Negation im Spre-
kens vom Denken selbst her sichtbar zu machen. Gleichwohl chen von Gott uneliminierbar sei, gewahrt (S. 95). Es müsse darum
beschränkt sich die natürliche Gotteserkenntnis nicht auf die Tradi- positiv bewertet werden, daß in der Philosophie nur noch die Dimen-
tjon der rationalen Gottesbeweise. Schon in der einleitenden Darle- sion, in der das Wort „Gott" sinnvoll erscheine, Gegenstand des
gung der Problemsituation wird durch den Hg. auf andere Wege dieser Nachdenkens sei. Nicht nur dem ganz Anderen Gottes, das sich philo-
Erkenntnis aufmerksam gemacht (etwa bei Meister Eckhart). Die sophischer Begrifflichkeit entziehe, werde man damit gerecht, son-
Tendenz dorthin wird noch unterstützt durch das Thematisieren des dem der Eigenständigkeit der Offenbarung, von der aus allein die
Denkens des Nikolaus von Cues in dem Beitrag „Vernunft als ,Sinn Gott-Nennung geschehen könne (S. 97).
rur Gott'" von J. Stallmach. Das Anliegen des Buches, die Gottesbeweise
eher als Hinführen auf die Dimension, in welcher von Gott zu
sprechen ist, anzusehen denn als Versuch, Gott begrifflich zu fassen,

tritt durch die Aufnahme der Gedanken des Cusaners besonders klar Waldrop, Charles T.: Karl Barth's Christology. Its Basic Alexandrian
hervor. Eine bloße Repristination der Gottesbeweise ist also nicht zu Character. Berlin (West)-New York-Amsterdam: Mouton 1984.
erwarten. Vielmehr wird ein vertieftes Verstehen in Abgrenzung XVI, 265 S. gr 8' = Religion and Reason, 21. geb. DM 89,-.
gegenüber Interpretationen, die eine rein begriffliche Deduktion vorteilen
, angestrebt. Die Dimension der Erfahrung bzw. des Ganzheit- Die Frage, ob Karl Barths Theologie den Menschen hinreichend
''ch-Personalen (S. 28) als Weg zu Gott soll gerade auch im Bejahen ernst nehmen kann, bewegt die Interpretation dieser Theologie immer
der Tradition der Gottesbeweise zur Geltung gebracht werden. Es aufs neue. Es ist eine Frage, die letztlich vom Zentrum dieser Theolo-
handelt sich bei dem Buch um die Zusammenstellung der Referate, gie her, also von der Christologie her, entschieden werden muß. Denn
die auf dem 3. wissenschaftlichen Symposium der „Arbeitsgemein- wie hier vom Menschen Jesus gedacht wird, hat orientierende Bedeu-
schaft der Fachvertreter für Philosophie innerhalb des Studiums tung für die theologische Beurteilung des Menschseins überhaupt.
Katholischer Theologie" 1982 in Salzburg gehalten worden sind. Waldrop geht jedoch davon aus, daß die christologische Position
B. Weissmahr geht in seinem Referat „Welterfahrung und Gottes- Barths gerade im Blick auf das Menschsein Jesu keineswegs eindeutig

Greifswald Bernd Hildebrandt