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Ausgabe:

1987

Spalte:

211-212

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Ohly, Friedrich

Titel/Untertitel:

Gesetz und Evangelium 1987

Rezensent:

Neumann, Helga

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Seite 1

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211

Theologische Literaturzeitung 112. Jahrgang 1987 Nr. 3

212

schließt sich damit dem Gewährsmann der Waldenser, Tullio Vinay,
unabhängiger sozialistischer Abgeordneter in dem italienischen Parlament
, nahtlos an. Dessen Reden sind in dem Buch „Eine Utopie,
eine neue Welt bauen zu können" (S. 164) gesammelt. Das Ziel ist der
„neue Mensch".

Bremen Walter Nagel

Cohen, Charles L.: The Saints Zealous in Love and Labor: The Puritan
Psychology ofWork (HThR 76,1983,455-480).

Hägglund, Bengt: De Providentia. Zur Gotteslehre im frühen Luthertum
(ZThK83, 1986,356-369).

Kern, Udo: Die durch Barmen definierte Zweireichelehre (ThZ42, 1986,
237-254).

McDermott, John M.: The Christologies of Karl Rahner - II (Gr. 67, 1986,
297-327).

Molnär, Amedeo: Der alternde Wyclif und die Logik der Heiligen Schrift (CV
28, 1985, 161-176).

Müller, Gerhard Ludwig: Hebt das Sola-fide-Prinzip die Möglichkeit einer
natürlichen Theologie auf? Eine Rückfrage bei Thomas von Aquin (Cath 40,
1986,59-96).

Tillich, Paul: Symbol und Wirklichkeit. 3., um ein Nachwort von J. Ringleben
ergänzte Aufl. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1986. 74 S. 8" =
Kleine Vandenhoeck Reihe, 1151. DM 10,80.

Christliche Kunst und Literatur

Ohly, Friedrich: Gesetz und Evangelium. Zur Typologie bei Luther
und Lucas Cranach. Zum Blutstrahl der Gnade in der Kunst.
Münster/W.: Aschendorff 1985. V, 125 S. m. 32 Abb., 1 Falttaf.
gr. 8'= Schriftenreihe der Westfälischen Wilhelms-Universität
Münster, N. F. 1. Kart. DM 16,-.

Das erste Heft einer Schriftenreihe der Westfälischen Wilhelms-
Universität gibt einen wichtigen Einblick in die protestantische Ikonographie
, dargestellt an Werken von Lucas Cränach d. Ä. Es ist aus
Vorträgen des Vf. hervorgegangen, die neu bearbeitet und erweitert
wurden.

Im ersten Kapitel werden Luthers typologische Auslegung der Psalmen
sowie seine Haltung zur Typologie überhaupt behandelt. Das
zweite Kapitel zeigt die Wirkung von Luthers typologischer Schriftauslegung
auf die bildende Kunst, insbesondere auf das Werk von
Lucas Cranach. Es entsteht die neue Bildkomposition von Gesetz und
Evangelium, einem Motiv, das ganz sicher unter Luthers Einwirkung
entstanden ist. Seit 1529 bis zu seinem Tode hat Cranach
immer neue Variationen dieses Themas geschaffen. Es entstanden
Holzschnitte und Altarbilder, die sich in zwei Gruppen einteilen lassen
und deren Hauptvertreter heute in Prag und Gotha aufbewahrt
werden. Der Grundgedanke ist einfach: Das Gesetz, vertreten von den
Gestalten des Alten Testamentes, stößt in die Hölle und tötet.
Christus dagegen erhebt die Gläubigen in den Himmel. Als Mittler
zwischen der alten und der neuen Zeit tritt Johannes der Täufer auf.

Von großer Bedeutung, sowohl in der Kunst wie in den Schriften
lange vor der Reformation, ist der Blutstrahl, der aus der Seitenwunde
Christi strömt. Im dritten Kapitel wird das Blut als Hinweis auf die
Eucharistie sowie seine außersakramentale Gnadenwirkung an Beispielen
vom frühen Mittelalter an untersucht. Wunderheilungen
durch das Blut Christi haben in der christlichen Kunst und Literatur
eine lange Tradition, aber erst Cranach läßt seine Zeitgenossen bzw.
sich selbst dieses Wunders teilhaftig werden.

Auf dem Weimarer Altar trifft der Blutstrahl Christi das Haupt des
als Anbetenden dargestellten Malers. Als unmittelbares Vorbild dieses
Motivs werden vom Vf. die Blutstrahlen auf einem Kupferstich der
kleinen Passion von Albrecht Dürer erkannt. Sie treffen direkt auf die
Häupter von zwei anbetenden Laien. Selbst wenn man die beiden Gestalten
als Maria und Johannes interpretieren könnte, so bleibt die
große Übereinstimmung mit dem Weimarer Altar doch erhalten.

Der Vf. gibt bewußt nur knappe theologische Deutungen, er zeigt
vielmehr Linien in dem Bildbestand der reformatorischen Kunst auf.
Trotzdem enthalten die Hinweise auf Luthers Typologieverständnis
wertvolle Erklärungen für viele ikonographische Besonderheiten der
Kunst der Reformation, die von der Forschung bisher leider immer
noch zum größten Teil umgangen werden.

Wernigerode Helga Neumann

Axmacher, Elke: „Aus Liebe will mein Heyland sterben". Untersuchungen
zum Wandel des Passionsverständnisses im frühen
18. Jahrhundert. Neuhausen-Stuttgart: Hänssler 1984. 257 S. gr8"
= Beiträge zur theologischen Bachforschung, 2.

Dies ist der zweite Band einer neuen Publikationsreihe, die 1983
mit einer Monographie von Robin A. Leaver über J. S. Bachs theologische
Bibliothek gewichtig eröffnet wurde. Ediert wird die Schriftenreihe
von der Internationalen Arbeitsgemeinschaft für theologische
Bachforschung e. V. (gegründet 1976). Auch außerhalb dieser Forschungsgemeinschaft
haben im letzten Jahrzehnt vermehrte theologische
Untersuchungen zu Bach reiche Ergebnisse gebracht. Dennoch
ist Bach theologisch erst in Umrissen geortet, auch dies oft unterschiedlich
, und viele methodische und hermeneutische Fragen sind
weiterhin offen.

Elke Axmacher möchte im Blick auf von Bach vertonte Texte und
auf deren Umfeld Klärungen herbeiführen. Hervorgegangen aus einer
Dissertation (1981; vgl. ThLZ 107, 1982, 153-155) und als Haupttitel
den Textbeginn einer bedeutungsvollen Arie aus Bachs „Matthäuspassion
" tragend, widmet die Untersuchung sich ebenso theologiegeschichtlich
ausgreifend wie sorgfältig auf Einzeltexte eingehenden
Analysen, verfährt in der frömmigkeitsgeschichtlichen Auswertung
aber vorsichtig. Weite Teile der Arbeit sind über die Bachforschung
hinaus für die Frömmigkeitsgeschichte belangvoll.

Im ersten Teil ihres Buches untersucht Elke Axmacher das Passionsverständnis
anhand von Predigten. Ausgangspunkt dafür und
zugleich normgebend ist die Darstellung Luthers im 1. Kapitel. Ein

2. Kapitel beschäftigt sich mit Heinrich Müllers (1631-1675) Predigten
„Vom Leyden Christi", die für Textteile der Bachschen
„Matthäuspassion" eine Vorlage gebildet haben. Dieses Kapitel ist
besonders verdienstvoll, entrückt es doch den Mann, den Tholuck in
die Predigerreihe Chrysostomos-Augustin-Luther-Müller-Harms
zu setzen nicht anstand, wieder ein Stück weiter der wissenschaftlichen
Vergessenheit. Auffallend ist, daß die mystische Komponente
in Müllers Frömmigkeit von Axmacher nur wenig gewichtet wird. Ein

3. Kapitel behandelt weitere Passionspredigtliteratur des 17. Jh. (V.
Herberger, J. Gerhard, J. Heermann, M. Dilherr). Im Vergleich resümiert
die Vfn„ daß in den grundlegenden passionstheologischen
Auffassungen bei Luther und den untersuchten Theologen des 17. Jh.
Gemeinsamkeiten bestünden. Nene inhaltliche Akzente bewiesen die
Sensibilität der Orthodoxie für religiöse Notwendigkeiten ihrer Zeit
und zeigten sich besonders in dem Bemühen, das stellvertretende Leiden
Christi in seiner Bedeutung für alle Bereiche des Lebens aufzuweisen
und Leidensnachfolge neu zu bewerten. Das verbreitete
Klischee einer formalistischen Homiletik treffe auf die untersuchten
Predigten nicht zu.

Der zweite Hauptteil der Untersuchung geht im 4. Kapitel zunächst
auf poetologische Aspekte von Passionslibretti ein (geistliche Libretti
sind eine wichtige frömmigkeitsgeschichtliche Quelle!). Texte von
C. F. Hunold, E. Neumeister, J. Mattheson und D. W. Triller werden
besprochen, ausführlich dann im 5. Kapitel die in ihrer Zeit häufig
komponierte Passionsdichtung von B. H. Brockes. Eine Fülle von
Einzelbeobachtungen liefert die Untersuchung auch hier; die ganz auf
Affekt und Rührung gerichtete Dichtungsintention von Brockes wird
zu Recht herausgearbeitet, auch auf die gewandelte kirchensoziologische
Situation hingewiesen, auf die Brockes im Hamburg reagiert
habe. Das Urteil freilich, Brockes vertrete in seiner Passionsauffassung
„Erlösung ohne Versöhnung" (142ff), hätte man sich mit anderen
Brockes-Interpretationen ins Gespräch gebracht gewünscht. So lassen