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Ausgabe:

1987

Spalte:

206-209

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Heinz, Hanspeter

Titel/Untertitel:

Trinitarische Begegnungen bei Bonaventura 1987

Rezensent:

Hoffmann, Fritz

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f

205 Theologische Literaturzeitung 112. Jahrgang 1987 Nr. 3 206

Die Sammlung war als Festgabe der Fakultät zum 70. Geburtstag Entscheidungen getroffen werden sollten, sondern allein der protegeplant
. Doch F. starb acht Tage vor diesem Termin, so daß der Band stantische Angriff abgewehrt wurde (z.B. S. 122. 140. 155f. 180.
zu einer «hommage posthume» wurde. Aus diesem Grunde dürft« Für 210ff). Auch die in den Canones gebrauchte Formel ,.si quis dixerat
die Rez. Charakterisierung und nicht Auseinandersetzung angebracht ecclesiam errare" wollte nicht Irrtumslosigkeit oder Unfehlbarkeit
sein, zumal F. über den Kreis der katholischen Theologie hinaus nicht zum Ausdruck bringen, sondern „die Überzeugung, die Kirche könne
sehr bekannt geworden war. Er hatte zwar in verschiedenen Sprachen nicht in Gesetzen fehlen, die den allgemeinen Nutzen der Christenheit
Publiziert, doch im allgemeinen in katholischen Zeitschriften und wollen"(S. 121). Hier liegt durchaus Diskussionsstoff vor.
Sammelwerken. Rez. wird vor allem die historischen Aspekte heraus- Die Impulse solcher historischer Forschungen ließ F. auch für die
stellen, obgleich F. kein Historiker war, sondern ein Systematiker, der heutige Situation fruchtbar werden. Hervorgehoben sei der Vortrag
aber aus der katholischen Tradition lebte und diese für die Gegenwart "Unity and confessional Statements" (S. 247-286), der 1971 auf dem
fruchtbar zu machen trachtete. Fourth Intern. Congress of Jesuit Ecumenists gehalten wurde, wo F.

Sehr nützliche Bemerkungen zur Entwicklung und zum geistigen als Prinzip die "Christian humility" herausstellte (S. 286). Die

Hintergrund F.s sind der Aufsatzsammlung auf den S. 13-54 aus der Grundthese findet ihre Erweiterung in einem Beitrag mit dem Titel

Feder von F. de Graeve, M. Caudron, B. Willaert, H.E.Mertens "How can non-Christians find salvation in their own religions?"

vorangestellt. Es empfiehlt sich, vor allem den Artikel S. 34-54 als (S. 321-360): Von den missionarischen Grundsätzen Christi aus

Wegweiser durch die Sammlung zuerst zu lesen. . müsse das Wirken der Kirche neu durchdacht und reformiert werden

Willaert hebt als Leitmotiv der Arbeit F.s hervor: «Tout ce qui ne se "aecording to the true doctrine of the Gospel and the new Situation

laisse integrer d'une maniere quelconque dans notre experience now confronting the Church" (S. 360).

humaine. est pourautant sans signification pour sa theologie» (S. 32). Auf solchem Fundament stehen auch die weiteren Aufsätze zur

Und Mertens nennt als für F. charakteristisch die Spannung zwischen Ekklesiologie (S. 361-389). Sie bestätigen das Urteil Mertens-: „Hij

der historisch-kritischen Arbeit an den Texten einerseits und den pleit voor tolerantie en theologische vrijheid" (S. 43). Besonders wird

aktuellen Lebensfragen andererseits, die Spannung zwischen der das in dem Aufsatz "Some aspects of the dogmatization of office"

wissenschaftlichen Theologie und der popularisierenden Verkündi- (S. 382-389) deutlich. Auch zur Sakramentologie fand er eine eigene

gung (S. 34. 35). F. war ein sehr aufgeschlossener katholischer Position, wie die drei Beiträge (S. 393-455) belegen: «La gräce sacra-

Theologe, von ökumenischer Weite unter den verschiedenen Aspek- mentaire n'est q'uti des aspects de cettc Presence creative et

ten dieses Begriffes. Seine Aufsätze sind gediegene Arbeiten, brillant amoureuse du Dieu Trine» (S. 415).

geschrieben, von umfassenden Kenntnissen und Interessen geprägt Das Zentrum seiner Bemühungen sah F. in den Problemen einer

Und - soweit es historische Themen betrifft - sehr reichhaltig Theologie der Gnade. Die Grundgedanken der drei Aufsätze zu

dokumentiert. diesem Thema (S. 459-529) sind in der Monographie „De Genade.

■Gut die Hälfte des Bandes ist unter dem Generalthema "Herme- Werklijkheid en Leven" (Antwerpen 1965; engl. Übers, unter dem

neutics of the Councils" hauptsächlich Problemen der ersten und Titel "The New Life of Grace", New York - London 1969) und in

dritten Periode des Tridentinums gewidmet (S. 69-318). Im Vorder- dem Band „Mysterium salutis", hg. v. J. Feinerund M. Löhrcr(IV 2.

grund stehen die Canones über die Ehe aus der 24. Sitzung des Kon- Einsiedeln 1974, 631-765. 921-984) breit ausgeführt. Daraufsei bc-

?ils F. hatte diesem Thema schon seine Inauguraldissertation ge- sonders verwiesen. Im vorliegenden Sammelband dürfte vor allem der

widmet (Rom 1947). Doch geht es F. nicht so sehr um sexualethische Beitrag «Pour une Psychologie de la gräce divine» (S. 479-510: zuerst

Normen als vielmehr um Probleme der Autorität kirchlicher Ent- 1957 erschienen) von Interesse sein und zur Kritik anregen. F. beruft

Scheidungen. Diese Problematik war in Trient durch die reformato- sich hier auf Impulse durch die Theologie Karl Rahners und des schon

rische These der Bibel als Norma normans aktuell. Im Hintergrund genannten Jan van Ruysbrock (S. 482), d. h. daß er von der Relation

erhob sich Für F. die Frage nach den Wurzeln theologischen Denkens „vorgegeben - angenommen" u. ä. ausging, also aur gut augusti-

"berhaupt. Hier steht er natürlich auf katholischem Boden: " We have nischem Boden stand.

at our disposal the Scriptures, the doctrine of the Fathers and of the Wir haben in der Rezension nicht alle Beiträge genannt und charak-

'ater theologians. the praxis of the Church, theological reflection and terisiert, sondern es vorgezogen, einige Grundlinien hervorzuheben,

'he needs and insights of the Church of the present" (S. 246). da der Band zu reichhaltig ist und im einzelnen vieles enthält, das ein-

Es ist der methodische Grundsatz F.s, daß alle Entscheidungen der gehendere kritische Diskussion erforderte, als es hier möglich ist. Der

K'rche in ihrer historischen Entwicklung zu sehen sind. Sehr klar User erhält viele fruchtbare Anregungen.

arbeitete er diesen Aspekt in dem 1978 erschienenen Aufsatz " A short Ber|jn Friedhelm Winkelmann
history of the meaning of the formula 'fides et mores'" (S. 287-318)
heraus an den Etappen Augustinus. Scholastik. Tridentinum, Vatica-

"um I und II: "that theological research .. . should be sensitive to the ^.^ Hanspeter: Trinitarischc BeBegnun(?en bei Bonaventura,

'aws of human language .. . That the meaning of fides et mores Fruchtbarkcit cincr appropriativen Trinitätstheologie. Münster/

developed towards a more limited, a conceptual and therefore a w.: Aschendorff 1985. XV, 298 S. gr. 8" = Beiträge zur Geschichte

doctrinalinterpretationcaneventuallybedeplored.thoughitremains der Philosophie und Theologie des Mittelalters, N. F. 26. Kart.

a *act. Language follows the meanders of history" (S. 317). Unter DM88,-.
solchem Aspekt faßte F. dann auch den Unterschied zwischen dem

Häresiebegriff des 16. Jh. und der heutigen römischen Kirche. Der Die Arbeit von Heinz steht in ihrer Zielsetzung etwas außerhalb der
Aufsatz «Reflexions sur Panatheme au Concile de Trente» Tradition historischer Untersuchungen, von der die von Clemens
(S. 198-213 ; 1953 zuerst veröffentlicht) war speziell dieser Problema- Baeumker begründete Reihe getragen wird. Diese Feststellung be-
tik gewidmet. Hier wird die römische Auffassung des 16. Jh. sö cha- deutet in keiner Weise, daß ihr die historische, quellenmäßige Fundie-
raktcrisiert: «que seul l'Eglise possedait l'autorite supreme Pour tout rung der Aussagen und Ergebnisse abgesprochen werden soll. Im
Ce qui regarde notre salut. et que par consequent eile ne pouvait se Gegenteil! Wer sich die Mühe macht, den von H. benutzten Quellen,
tromper en matiere de foi et de mee urs» (S. 210, s. auch S. 264f. besonders bei Bonaventura selbst, nachzugehen, wird manches ent-
'38f). Wäre F. dem Häresieverständnis seit der frühen Kirche nachge- decken, was bisher für die Theologiegeschichte allzu sehr im Hintergangen
, wären die Entwicklungstendenzen wesentlich deutlicher ge- grund geblieben war, wenn auch m. E. an einigen Stellen das Engage-
Worden ment den Vf. zu einer Über-Intcrpretation verleitet haben mag.

Von dem Häresieverständnis und dem dahinter stehenden Kirchen- H. will mit seiner Arbeit einen Beitrag zur Neubelebung der Trini-

hegriff aus ergebe sich, daß in Trient nicht grundsätzliche dogmatische tätstheologie und indirekt ihrer Auswirkung auf die Glaubenshaltung