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Ausgabe:

1987

Spalte:

183-185

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Blaszczak, Gerald R.

Titel/Untertitel:

A formcritical study of selected Odes of Solomon 1987

Rezensent:

Lattke, Michael

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Theologische Literaturzeitung 112. Jahrgang 1987 Nr. 3

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beeinflußt, zahlreiche Parallelen "to visionary traditions." (S. 59),
speziell den ma 'aseh merkavah (S. 49 ff) aufweist, ist die diesbezügliche
Konzeption der Lieder, wie die Autorin deutlich gemacht hat,
eine singulare und qumranischen Ursprungs (S. 60f), zugeschrieben
einem - in den erhaltenen Überschriften erwähnten - maskil, unter
dem ein "Qumran functionary" (S. 3), nach L. H. Schiffman (a. a. O.
S. 16 Anm. II) "a 'wise man' and an 'instructor' who shares his
wisdom with others" zu verstehen ist. Ihre Bedeutung hat diese Konzeption
durch die ihr zugrundeliegende "correspondence (...)
between heavenly and earthly cults" (S. 66), "between Israel and the
angels and between the Levitical priesthood and the angehe priest-
hood" (S. 69). Komponiert als eine "quasi-mystical liturgy designed
to evoke a sense of being present in the heavenly temple" (S. 59),
dienten die Lieder somit "primarily to form the identity and
confirm the legitimaey of the priestly Community" von Qumran,
gleichviel ob sie "a specific ritual funetion in connection with the
consecration or rededication to the priesthood" gehabt haben oder
nicht (S. 72) Als Nur-Begleittexte der in Tamid VII.4 beschriebenen
Sabbatopfer werden sie jedenfalls nicht gedacht gewesen sein
(S. 19f).

Eine nicht nur auf Verzeichnung der jeweiligen Belegstellen zu
einem jeden Wort beschränkte, sondern allenthalben das betreffende
Wort in seinem Kontext zitierende Concordance (S. 389-466) sowie
eine Bibliography of Works cited (S. 496-476), in der die S. 38 und 78
nur abgekürzt zitierte Abhandlung von F. Horton "The Melchizedek
Tradition" allerdings fehlt, schließen den Band ab.

Es ist eine in jeder Beziehung mustergültige Textedition, die Frau
Newsom vorgelegt hat, und viele, von den Qumranologen über die Erforscher
der frühjüdischen Esoterik bis hin zu den Kommentatoren
des Hebräerbriefes, werden ihr dafür Dank wissen, weil sie ein solides
Fundament geschaffen hat, auf das weitere vielfältige Forschung aufbauen
kann und wird.

Berlin Stefan Schreiner

' Jewish Gnosticism, Merkabah Mysticism, and Talmudic Tradition,
New York21965, S. 128.

2 S. den Überblick bei L. H. Schiffman, Merkavah Speculation at Qumran:
The 4Q Serekh Shirot Olat ha-Shabbat, in : Mystics, Philosophers, and Politi-
cans, Essays in Jewish Intellectual History in Honorof A. Altmann, ed. J. Reinharz
und D. Swetschinski, Durham, NC 1982, S. 15-47,besS. 15-22.

' J. Strugnell, The Angehe Liturgy at Qumran - 4QSerek siröt ölat
hassabbät, in: Congress Volume Oxford 1959, Leiden 1960 (= VT, S. 7),
S. 318-345. - A. van der Woude, Fragmente einer Rolle der Lieder für das Sabbatopfer
aus Höhle 11 von Qumran (I lQShirShabb), in: Vqn Kanaan bis
Kerala, ed. W. C. Delsman u.a., Neukirchen-Vluyn 1982 (= AOAT 211),
S. 31 1-337. - C. Newsom/Y. Yadin, The Massada Fragment of the Qumran
Songs of the Sabbath Sacrifice, in: IEJ 34,1984, S. 77-88.

4 The Development of the Jewish Scripts, in: The Bible and the Ancient Near
East.ed.G. E.Wrigth, Garden City 196I.S. 170-264.

5 S. dazu jetzt K. Beyer, Die aramäischen Texte vom Toten Meer
samt den Inschriften aus Palästina, dem Testament Levis aus der Kairoer
Genisa, der Fastenrolle und den alten talmudischen Zitaten, Göttingen
1984, S. 188-208.

Blaszczak, Gerald R.: A formeritical Study of selected Odes of Solomon
. Atlanta, GA.: Scholars Press 1985. IX, 155 S. 8' = Harvard
Semitic Museum. Harvard Semitic Monographs, 36. Lw. $ 13.95.

Die llir den Druck überarbeitete, unter der Leitung von John Strugnell
verfaßte Dissertation (Harv. Univ. 1983) des nun in Nairobi am
Hekima College (P. O. Box 21215) lehrenden Jesuiten schließt zumindest
fürOdSal 16, 31, 33 und 36 eine Forschungslücke, mit deren Füllung
auch meine Doktorandin und Mitarbeiterin Majella Franzmann
beschäftigt ist. Es ist erfreulich, daß die Dissertation so rasch als Buch
erscheinen konnte. Die folgenden kritischen Anmerkungen mögen als
Nachtrag angesehen werden zu: M. Lattke, Die Oden Salomos in ihrer
Bedeutung für Neues Testament und Gnosis, Band III, mit einem Beitrag
von M. Franzmann, Fribourg/Göttingen (OBO 25/3) 1986,
S. 360.

Der sprachkundige Vf. der sehr kompakten Studie kennt die Forschungsgeschichte
in ihren Hauptzügen (S. 1-6), was auch dokumentiert
wird mit einer vorzüglichen Bibliographie (S. 137-155), in die sich
allerdings etliche, z. T. irreführende Fehler eingeschlichen haben (lies
z. B. S. 137, Z.7: ZNW statt JTS; S. 138, Z. 7: Bertrand statt Bernard;
S. 140, Z. 27f: zu streichen!; S. 142, Z. 2 v. u.: Gordon statt Görden;
S. 145, Z. 18: Hauschild, W.-D. statt Hausschild, W. D.; S. 147, Z. 19:
Langbrandtner statt Langbrantner; S. 147, Z. 24 u. S. 155, Z. 27: OBO
25/1,la,2 statt OBO 25/1-3; S. 147, Z. 8 v. u.: lifvets statt lifvetz;
S. 149,Z. 13v. u.: Erik statt Erich; S. 150,Z.9u.S. 114, Z. 6: Rudolph
statt Rudolf; S. 152,Z. 13: X-XII statt VII-IX).

Im Text selbst dagegen sowie in den Anmerkungen (S. 101-135)
halten sich die Schreibfehler in Grenzen (lies z. B. S. 12, Z. 6 v. u.:
hyios statt hyious; S. 18, Z. 9 v. u.: 36 statt 35; S. 34, Z. 12: niederstreckt
; S. 39, Z. 3: ihm statt ihn; S. 44, Z. 11 v. u.: identity statt iden-
tify; S. 53, Z. 12 v. u.: 10a statt 19a; S. 64, Z. 15 v. u.: wiederholt;
S. 68, Z. 17 v. u.: 8a statt 9a; S. 72, Z. 14 v. u.: 1 and 5 statt 1-5;
S. 133,Z. 10: Natur).

Aus der bisherigen Forschungsgeschichte folgt mit Recht die Notwendigkeit
literarkritischer sowie form- oder gattungsgeschichtlicher
Untersuchungen der einzelnen Oden (S. 6-9), näherhin die Forderung
nach "a concern for the choice of vocabulary, syntax, point of view"
(S. 6-7). Was B. bisher weitgehend vermißt, führt er in seinen Analysen
konsequent durch, nämlich "sensitive" zu sein "to the formal
rhetorical devices used in the Odes as we have them, for example:
repetitions change of Speaker, various sorts of parallelism, use of par-
ticles, and the configuration of component parts to indicate turning
Points and climaxes" (S. 7).

Was die nicht weiter unterteilte Ode 36 (S. 9-25) angeht, so ist die
Emendation von 7 zu 'ly in V. 1 a emst zu nehmen, auch wenn man
auf 26,10a und 30,2b verweisen kann, wo vom Ausruhen auf dem
Höchsten bzw. der Quelle des Herrn die Rede ist. Vielleicht muß man
das Verb doch im größeren Zusammenhang der (gnostischen?)
„Ruhe" interpretieren (vgl. jetzt M. Franzmann, The Odes of Solomon
, Man of Rest, OrChrPer 51, 1985, S. 408-421, bes. 412). Aber
diesen Auslegungsweg verbaut sich B. selbst in seinem sonst bemerkenswerten
Exkurs zum "motive of ascent to the heavens" (S. 15-24)
mit der zu apodiktischen Äußerung: "There is nothing gnostic about
the speaker's ascent in Ode 36." (S. 18)

Ode 16 (S. 27-41) unterteilt B. in zwei Teile, indem "vss 1-7
funetion as an introduetion to a longer didactic poem extending from
vs 8 to vs 20 in which the T of the Speaker disappears completely"
(S. 29). Den erhellenden Kommentar beschließt eine Diskussion der
Möglichkeiten für einen „Sitz im Leben" (S. 40-41), die natürlich
rein hypothetisch bleiben müssen.

Übersetzung wie Interpretatioirvon Ode 31 (S. 43-58), unterteilt in
VV. 1-2, 3-5, 6-7, 8-13, enthalten einige Probleme. So kann z. B.
V. 2c kaum "by the truth" (S. 43 u. ö.) lauten, weil die syrische Präposition
mn meistens die durchaus in den Kontext passende Konnotation
„aus", „von ... weg" hat. Frei und glättend ist m. E. die Übersetzung
von V. 4b: "And he presented to Hirn those who had become
sons through him." (S. 43, 49). Die Einfügung der Präposition b in
V. 5,1a ist unnötig, weil prswph (S. 50, statt prsph) sehr wohl „seine
Person" im Sinne von „er selbst" bedeutet (vgl. nur J. P. Smith, A
Compendious Syriac Dictionary, Oxford 1903 u. ö„ S. 464). Unmöglich
ist die Übersetzung von V. 10b: "Like one who was not troubled
by them." (S. 43, 53; dersyrische Text hat ja 'yk dl' und nicht 'ykmn
dl').

Wie schon für Ode 31 (S. 54f) betont B. für Ode 33 (S. 59-74) den
Einfluß der Weisheit(sliteratur). Bedenkenswert ist der Vorschlag,
V. 1 und V. 5 als Bericht anzusehen, die Teile VV. 2-4 und 6-13
dagegen als konkurrierende Propagandareden des personifizierten
Verderbens (corruption) bzw. der weisheitlichen und erlösenden
Jungfrau Gnade. Trotz der Vorarbeiten gerade zu Ode 33 bringt B.s