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Ausgabe:

1986

Spalte:

139-140

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Meyers, Eric M.

Titel/Untertitel:

Les rabbins et les premiers chrétiens 1986

Rezensent:

Wiefel, Wolfgang

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Seite 1

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139

Theologische Literaturzeitung 111. Jahrgang 1986 Nr. 2

140

historische Untersuchungen ausgerichtet waren; die Archäologie trat
nach Grabungen von E. Renan im Libanon in Palästina erst ab 1867
mit den Ausgrabungen von Ch. Warren in Jerusalem zögernd in
Erscheinung. Eben dieser vergleichsweise späte Eintritt der Archäologie
in die Palästinaforschung verdeutlicht dann aber unausgesprochen
, welche grundlegende Bedeutung den historisch-geographischen
Forschungen des 19. Jhs. für alle archäologischen Unternehmungen
der Folgezeit zukommt.

Die Arbeit räumt in ihrem letzten Hauptteil den Aktivitäten des
1865 gegründeten britischen "Palestine Exploration Fund" einen
besonderen Platz ein. Obwohl in diesem Zusammenhang auch der
„Deutsche Verein zur Erforschung Palästinas" und die "American
Palestine Exploration Society" kurz Erwähnung finden, bleibt das
Bild von der Wirksamkeit und den Verdiensten der sich mit der Erforschung
Palästinas beschäftigenden wissenschaftlichen Gesellschaften
infolge der Begrenzung der Darstellung des Buches durch das Jahr
1880 doch unvollständig und somit auch ungenau. Hier wäre als
Abschluß und Brücke zu den sich kontinuierlich anschließenden
Unternehmungen des ausgehenden 19. Jhs. und 20. Jhs. ein Ausblick
auf das Gesamtwerk dieser Gesellschaften angebracht gewesen.

Das vorliegende Buch stellt eine wertvolle Bereicherung der Literatur
zur Palästinawissenschaft dar; es ist jedem, der sich über die
Anfänge dieser Disziplin und ihre Pioniere kurz informieren und sie
im Kontext ihrer Zeit verstehen will, wärmstens zu empfehlen.

Rostock Klaus-Dieter Schunck

Meyers, Eric M., et James F. Strange: Les rabbins et les premiers
chretiens. Archeologie et histoire. Paris: Cerf 1984. 237 S., 14 S.
Abb. 8". Kart. fTr 115.-.

Die französische Ausgabe des englischsprachigen, in den USA
erschienenen Buches Archeology, the Rabbis, and Early Christianity
(Nashville, Tenn. 1981) ist wie das Original zur orientierenden Einführung
für weitere Leserkreise gedacht. Der von den französischen
Editoren gewählte Titel ist insofern nicht glücklich, als er kaum deutlich
genug erkennen läßt, daß es sich um ein archäologisch ausgerichtetes
Überblickswerk handelt, verfaßt von zwei amerikanischen
Gelehrten, die durch ihre Ausgrabungen in Israel, vor allem in Obergaliläa
, bestens bekannt sind.

Ihnen liegt daran, angesichts der fortbestehenden Fremdheit von
biblisch-exegetischer und palästinakundlich-archäologischer Arbeit
die Bedeutung der außerliterarischen Quellen für die Erforschung der
neutestamentlichen und altchristlichen Zeit herauszustellen, nicht
zuletzt als Korrektiv gegenüber einer einseitig formgeschichtlichen
bzw. redaktionskritischen Sicht (S. 19-27). Daß hier letztlich auch
theologische Probleme angesprochen sind, wird im Schlußteil unterstrichen
(S. 183-207). Dort geht es um die Wertschätzung des Heiligen
Landes im klassischen Judentum und im frühen Christentum. Für
die jüdische Seite liegt den Vff. an dem aus archäologischen und literarischen
Quellen geführten Nachweis, daß die religiöse Bedeutung des
Heiligen Landes auch nach dem Untergang der Heiligen Stadt nicht
ab-, sondern eher zunimmt. Im Blick auf das frühe Christentum ist die
Fülle der topographischen Bezüge im Johannesevangelium das aussagekräftigste
Exempel (daneben die Verehrung der Propheten- und
Märtyrergräber).

Was im Eingangs- und im Schlußkapitel in großzügiger Linienführung
dargeboten wird, erhält im Mittelteil Profil durch sechs
instruktive Beispiele, wobei jeweils vom archäologischen - bodenarchäologischen
oder inskriptionellen - Befund ausgegangen wird
(bevorzugt aus den von den Vff. selbst erarbeiteten Bereichen) und von
da aus unter vergleichender Heranziehung der literarischen Zeugnisse
ein eindrucksvolles Bild entsteht.

Eine Überschau zeigt, daß es den Vff. jedesmal gelingt, neben allgemein
anerkannten auch durchaus eigenständige Gesichtspunkte zur
Geltung zu bringen: 1. Galiläa, die zu Unrecht als unfromm und kulturfern
betrachtete Landschaft, erscheint als Ort des klassischen
Judentums nach den Römerkriegen, aber auch als Zentralgebiet des
palästinensischen Urchristentums, vor allem nach 70 p. Chr. (besonders
angesichts des legendären Charakters der Pella-Flucht). 2. Der je
unterschiedliche kulturelle Kontext bestimmt den Rang und den
Charakter der jüdischen Hinterlassenschaften wie der frühen christlichen
Stätten in Jerusalem, Nazareth und Kapharnaum. 3. Von den
konkurrierenden Sprachen erweist sich Hebräisch als durchaus
gesprochene Sprache, Aramäisch als seit den Kriegen rapidem Verfall
ausgesetzte lingua franca, Griechisch als Idiom der großen und kleineren
Städte, Latein als Sprache der Legionen. 4. Begräbnissitten und
Inschriften zeigen, daß Auferstehungsglaube und Unsterblichkeits-
hofthung bei palästinensischen wie bei Diasporajuden, bei Israeliten
wie bei Christen unausgeglichen nebeneinander stehen. 5. Der mit der
konstantinischen Zeit aufblühende Kirchenbau dokumentiert in
Übereinstimmung mit den frühen Pilgerberichten, welche Stätten des
Heiligen Landes bei den Christen von früh an Verehrung genossen.
6. Beim Synagogenbau sind durch die Ausgrabungstätigkeit der VIT.
auch für Palästina drei Typen als dominierend bestätigt: der basilikale
(Gush Halav = Giskala), der Langhaus- (Khirbet Shema) und der apsi-
dale (Ma'on) Typ.

Es bleibt ein keineswegs gering zu schätzender Verdienst, daß die
Popularisierung der auch für unser Bild der Geschichte der frühchristlichen
Zeit so wichtigen archäologischen Arbeiten nicht zweitrangigen
Autoren überlassen, sondern von den auf diesem Gebiet führenden
Forschern selbst unternommen wurde.

Leipzig-Halle (Saale) Wolfgang Wiefel

Systematische Theologie: Allgemeines

Kehl, Medard: Hinfuhrung /.um christlichen Glauben. Mainz: Grünewald
1984.170 S. 8". Kart. DM 24,80.

Die Gattung der Einführungen in den christlichen Glauben blüht.
M. Kehl stellt sein Buch bewußt in den Zusammenhang der vielen
Laiendogmatiken hinein, die in den letzten Jahren auf evangelischer
und katholischer Seite veröffentlicht wurden, und begründet diese
Vielfalt mit der besonderen gesellschaftlichen Situation und der individuellen
Besonderheit des persönlichen Glaubens. Er möchte dabei
zwei Akzente setzen: Der eine liegt auf der Auseinandersetzung mit
der kritischen Vernunft, der andere auf der praktischen Hoffnung auf
eine humane Zukunft, die gerade heute so viele Menschen bewegt.
Der Gedankengang des Buches beginnt mit einem Kapitel über den
„Weg des Glaubens", wobei zunächst das Verhältnis des Glaubens zur
Vernunft unter Berücksichtigung der modernen Wissenschaftslehre
erörtert wird. Wichtig ist für K„ daß der Glaube sich nicht auf eine
„unsichtbare Hinter- oder Überwelt" richtet, sondern daß er ein „verstehendes
Umgehen" mit der einen Wirklichkeit ist. allerdings unter
dem „alles umgreifenden Gesichtspunkt ihrer Beziehung zu Gott und
seinem geschichtlichen Handeln in Jesus Christus" (23). Anschließend
wird die Besonderheit des Glaubens mit Hilfe der Begriffe
Bekenntnis und Vertrauen erläutert. Es folgen Betrachtungen über
Abraham und Jesus als Gestalten des Glaubens. Schließlich wird die
Frage nach der Wahrheit des Glaubens noch einmal aufgenommen
und mit dem Hinweis auf die Treue Gottes, die sich in Erfahrung und
Hoffnung bewährt, beantwortet. Das zweite Kapitel richtet den Blick
auf das Gottesverhältnis der Menschen, die Jesus Christus nicht
kennen. Unter Berufung auf das Vatikanum II und die These vom
„anonymen Christsein" (K. Rahner) versucht der Verfasser, für alle
Menschen die Möglichkeit einerechten Gottesbeziehung, eines „glaubenden
Zugangs zu Gott" (46) offenzuhalten. Ausgangspunkt für diese
Überlegung ist die durch Verheißung geprägte Geschichte Israels.
Kehl spricht von ihrem „Versprechenscharakter" (47) und findet
Analogien dazu in aller menschlichen Wirklichkeit, z. B. in Freund-