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Ausgabe:

1986

Spalte:

134-136

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Schönborn, Christoph

Titel/Untertitel:

Die Christus-Ikone 1986

Rezensent:

Onasch, Konrad

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Theologische Literaturzeitung III. Jahrgang 1986 Nr. 2

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Abstand von vierzehn Tagen ein Übermaß an klerikaler Aufsicht. Für
SK war dies ein weiteres Indiz Für die Verquickung von Staat und
Kirche in unheilvoller Form.

Für jeden, der sich mit Leben und Werk des großen Dänen auseinandersetzen
will, ist die Lektüre des Abschnitts über das „Pastoralseminar
" (S. 107-111) unentbehrlich. Immerhin war diese Stätte Für
SK nach dem Revolutionsjahr 1848 Anlaß und Ziel von Gedanken
über eine mögliche Beschäftigung als Seminarlehrer; - Gedanken, die
er später aufgab (vgl. Pap. X, 1 A 167, nicht „p. 167", S. 1101). Bei
dem Ringen um eine mögliche Anstellung am Pastoralseminar spielte
SK's Konfirmator Bischof J. P. Mynster (s. o.) eine besondere Rolle.
Als der tragenden Figur des damaligen dänischen Kirchenlebens wird
ihm von Thulstrup indirekt der nächste große Abschnitt im vorliegenden
Buch gewidmet. Ihm und seinem Nachfolger auf dem Bischofstuhl
von Seeland Hans Lassen Martensen galten die scharfen Worte
des ..dänischen Sokrates", die Kirche Christi zum applaudierenden
Publikum umgewandelt zu haben. Daher ist es folgerichtig, daß Thulstrup
die theologischen Hintergründe einer derartigen Erstarrung des
Christlichen aufzuspüren sucht. Er findet jene in Martensens „Christlicher
Dogmatik" (1849, dann eine Reihe von Auflagen - auch in
deutscher Sprache), deren Inhalt mit starker Hegelorientierung SK
zum massiven Widerspruch reizte (vgl. S. 169-197). In der Polemik
gegen den Hegelianer Martensen (vgl. die einschlägigen Tagebuchnotizen
aus dem Jahre 1849!) lag die Vorbereitung für den „Augenblicksstreit
" im letzten Lebensjahr SK's, dem Thulstrup am Ende
seiner sorgfältigen Untersuchung einen längeren Abschnitt widmet
(vgl. S. 227-259!). Hervorzuheben ist noch die treffsichere Übersetzung
aus dem Dänischen in die englische Sprache durch Frederik
H. Cryer.

Krefeld Wolfdietrich von Kloeden

' „Sören Kierkegaard" wird durchgehend mit ,,SK" abgekürzt.

2 Zitiert wird nach der ersten Ausgabe der Papirer S. Kierkegaards („Pap."),
hrsg. von Heiberg. Kühr und Torsting. Kopenhagen 1909-1948 mit der
üblichen Band- und Stellenangabe.

Rivinius, Karl Josef, SVD: Die Anfänge des „Anthropos". Briefe von
P. Wilhelm Schmidt an Georg Freiherrn von Hertling aus den Jahren
1904 bis 1908 und andere Dokumente. St. Augustin: Steyler
1981. 230 S. m. 17 Abb. gr. 8° = Veröffentlichungen des Missionspriesterseminars
St. Augustin bei Bonn, 32. Kart. DM 32,50.

Die Publikation besteht aus einem Darstellungsteil (15-67) und
einer Dokumentation (69-125). Sie verdankt ihr Entstehen dem Fünf-
undsiebzigjährigen Jubiläum des „Anthropos. Internationale Zeitschrift
Für Völker- und Sprachenkunde". Als Beitrag zur Geschichte
dieses Fachorgans stellt sie zugleich eine Untersuchung zu Teilaspekten
der Geistes- und Wissenschaftsgeschichte des katholischen
Deutschland (wie auch Österreichs) um die Jahrhundertwende dar.

Derarchivalisch gut fundierte Darstellungsteil schildert den Einsatz
P. Schmidts Für das Zeitschriftenprojekt und dessen Förderung durch
die Görres-Gesellschaft unter dem langjährigen Vorsitzenden Georg
von Hertling, über den jetzt auch W. Becker den ersten Band einer
Biographie vorgelegt hat (Georg von Hertling [1843-1919]. Bd. 1:
Jugend und Selbstfindung zwischen Romantik und Kulturkampf.
Mainz 1981). Während sich die Missionsgesellschaften und der
Jesuitenorden den Plänen Schmidts gegenüber reserviert verhielten,
haben der auf Integration und Emanzipation der katholischen
Geisteswelt drängende Hertling wie auch die österreichische Leo-
Gesellschaft dem Projekt ihre Unterstützung nicht versagt. Hilfe
erfuhr Schmidt alsbald auch von seinem Generalsuperior Janssen. Im
Februar 1906 konnte das erste Heft des „Anthropos" nach umfangreichen
Werbekampagnen Schmidts und Klärung der technischen
Voraussetzungen (Druckerei, Finanzierung) erscheinen.

Der Dokumententeil enthält 32 Briefe Schmidts an Hertling aus

den Jahren 1904 bis 1908, je einen Brief Pernters, Zschokkes und
Danners, die Empfehlungsschreiben für die Zeitschrift und die von
Schmidt verfaßte Werbebroschüre von 1905. Er läßt das Engagement
Schmidts für die Zeitschrift plastisch nacherlebbar werden. Internationaler
Zuschnitt wie fachwissenschaftliche Konzeption des Organs,
das von vornherein auch für nichtkatholische Fachleute offen sein
sollte, gehen wesentlich auf ihn zurück. Schmidts Intention, die
„christliche, katholische Auffassung der Völkerkunde und Sprachwissenschaft
" zum Ausdruck zu bringen (48; auch Anlage 2, S. 8) war
auf möglichst geschlossene Präsentation der Arbeiten katholischer
Missionare angelegt, nicht zuletzt deshalb, um deren bis dato weit verstreute
und unsystematisch publizierte Forschungen einem bloßen
Zulieferschicksal für säkulare Forscher (z. B. Frazer) zu entziehen.

Indirekt führt die Veröffentlichung, indem sie den kolonialpoli-
tisch-missiologischen Kontext des Aufschwungs der Völkerkunde
und Sprachwissenschaft, der auch für die Genese des „Anthropos" zu
Buche schlug, unterstreicht, ein vom Vf. bereits 1977 behandeltes
Thema fort (Mission und Politik. Eine unveröffentlichte Korrespondenz
zwischen Mitgliedern der „Steyler Missionsgesellschaft" und
dem Zentrumspolitiker Carl Bachem. Steyler Verlag 1977, - s.
ThLZ 106, 1981 461 f). Für die kirchliche Zeitgeschichtsschreibung
sind die Passagen zum Selbstverständnis der Görres-Gesellschaft und
zur Rolle Hertlings in der sich 1906 in Münster sammelnden „Index-
Liga" um Dr. Adolf ten Hompel nebst den kurialcn Reaktionen besonders
interessant.

Personen- und Sachregister wie auch die ausführliche Kommentierung
des Briefkorpus schließen das Buch bequem auf. Im Literaturverzeichnis
sind, verwunderlich bei der sonstigen Akribie des Autors,
einige kleine Schönheitsfehler unterlaufen (fehlende Titelnachweise,
nicht registrierte Nachdrucke u. a.). Diese im Blick auf die sonstige
Qualität negligeablen Monita mindern nicht den Wert der hier vorgelegten
Hommage.

Leipzig Kurt Nowak

Christliche Kunst und Literatur

Schönborn, P. Christoph, OP: Die Christus-Ikone, übers, u. neu-
bearb. vom Verfasser. Schaffhausen: Novalis Verlag 1984. 260 S.
8'. DM 34,-.

Das vorliegende Buch ist eine von Sch. selbst angefertigte Übersetzung
und Neubearbeitung seines Werkes «L'Icöne du Christ. Fonde-
ments theologiques elabores entre le Ier et le IIer Concile de Nicee
(325-787)», Fribourg 1976, 21978. „Es geht in diesem Buch von
Anfang bis zum Schluß um Ikonen, und doch ist von ihnen vergleichsweise
wenig die Rede. Thema dieses Buches sind jene Grundlagen,
ohne die es keine Ikonen gäbe, ohne die der Sinn der Ikonen auch
nicht wirklich erfaßt werden könnte: die theologischen, genauer die
christologischen Grundlagen" (S. 1 1). Diese werden in einem ersten
Teil in zwei Kapiteln behandelt: 1. „Die trinitarischen Grundlagen"
(Arius und Athanasius, der „Hyposlasenstreit", Natur und Person,
das Tun des Sohnes als Bild des Vaters); 2. „Die christologischen
Grundlagen der Ikone" (Origenes, Euseb von Cäsarea, Cyrill von
Alexandrien, Maximus Confessor. Es fällt auf, daß der Areopagite
nicht behandelt wird. Es wäre interessant zu wissen, warum.) Der
zweite Teil „Die Christus-Ikone im Bilderstreit" führt folgende zwei
Kapitel: I. „Theologische Grundzüge des byzantinischen Bilderstreits
" (Ursachen desselben und ihre strittigen Fragen, theologische
Argumente gegen den Bilderkult, Christologie der Bilderfeinde, die
Sj/node von 754); 2. „Die Bilderverteidiger" (Die erste Periode des
Bilderstreits: Die Ikone - Denkmal der Menschwerdung, das Zweite
Konzil von Nicäa [787], die Hochblüte der Ikonentheologie, d. h.
Patriarch Nikephoros und Theodor von Studion). Ein Schlußwort
bringt die Summe der Darstellung. Sie verrät ausgezeichnete Kenntnis
der primären Quellen und verarbeitet in kritischer Weise nicht nur