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Ausgabe:

1986

Spalte:

923-924

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Titel/Untertitel:

Glaube und Lernen. Zeitschrift für theologische Urteilsbildung 1986

Rezensent:

Winkler, Eberhard

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung III. Jahrgang 1986 Nr. 12

924

themen, an denen sich das Schicksal nicht nur unserer Generation
entscheidet.

Gewiß sind diese Themen hier nicht ausgespart; Gerechtigkeit und
Frieden werden mehrfach thematisiert, auch die Schöpfungsthematik
und ihr Hintergrund, die immer nachdrücklicher ins Bewußtsein getretene
ökologische Problematik (die im Register freilich nicht angeführt
wird); aber eine so systematisch angelegte Darstellung muß sich
nach dem Stellenwert fragen lassen, den sie solchen Themen einräumt
.

Einen zu geringen Stellenwert finden nach meinem Eindruck auch
die Arbeitsformen unseres Unterrichts: Über die Notwendigkeit und
die Gefährdungen des Erzählens, über die Möglichkeit, Gesprächsansätze
zu finden, bei denen sich die Schüler selbst einbringen
können, über den Umgang mit Kinderbildern, über die Möglichkeiten
und Grenzen von Rollenspiel und Pantomime, über Gruppen und
kreative Möglichkeiten musikalischer Gestaltung sähe ich mich gern
in ähnlicher Schärfe und Konsequenz zum Nachdenken genötigt wie
über die Psychodynamik religiöser Entwicklung. Das alles mindert
aber nicht den Respekt vor dieser umfassenden Darstellung, die sich
tatsächlich - nicht zuletzt in der Fülle der Anmerkungen - als eine
„Fundgrube" erweist.

Siegen Ingo Baldermann

Glaube und Lernen. Zeitschrift für theologische Urteilsbildung. Hg.
von G. Besier, G. Sauter, H. Schmidt, H. G. Ulrich. Göttingen:
Vandenhoeck & Ruprecht l.Jg., 1986, jährlich zwei Hefte.
Abonnement DM 29,80.

Diese seit 1986 bei Vandenhoeck & Ruprecht erscheinende Zeitschrift
„möchte alle ansprechen, die in evangelischem Unterricht und
Verkündigung Verantwortung für Lemvorgänge und Mitteilungsformen
tragen, in erster Linie also ,Lehrende' in Kirche und Schule,
die zugleich ,Lernende' sind und dies bleiben wollen", wie es in der
Einführung der Hgg. Gerhard Besier, Heinz Schmidt, Gerhard Sauter
und Hans G. Ulrich (Schriftleiter) heißt. Den weiteren Herausgeberkreis
bilden Kuit Bätz, Gerhard Ringshausen, Jürgen RolofT,
Werner H. Schmidt, Hinrich Stoevesandt, Wilfried Theilemann, Jörg
Thierfelder. Jährlich sind zwei Hefte mit je ca. 80 Seiten Umfang
geplant. Das erste Heft steht unter dem Thema Gebet. Einem kurzen
Impuls Jörg Ohlemachers „Vom Widerstand des Gebetes" gegen
liturgische und homiletische Unsitten folgen dogmatische Beiträge
von Hans G. Ulrich (Kennwort „Gebet") und G. Sauter („Das Gebet
als Wurzel des Redens von Gott"). Das Alte Testament kommt im
Beitrag von Axel Graupner zur Geltung: „Klage, Bitte und Dank als
Grundformen des Redens von Gott in den Psalmen". Religionspädagogische
Beiträge liefern G. Ringshausen („Was Bilder über das
Beten sagen"), H. Schmidt („Beten lernen im Unterricht?") und Karin
Ulrich-Eschemann („Mit Kindern beten"). Friedrich Duensing
(„Gebet als Mahnpredigt? Anmerkungen zum gottesdienstlichen
Beten heute") warnt wie schon im Handbuch der Prakt. Theol. III
(Gütersloh) vor der „paränetischen Überfrachtung und Verformung"
liturgischer Gebete. Abschließend bespricht Hans-Peter Göll je ein
Buch von Hans-Martin Barth und Mark Gibbard zum Thema
Gebet.

Für die weiteren Hefte wollen die Hgg. sich zunächst „auf .Kennworte
' christlichen Glaubens - wie . .. Schuld und Vergebung,
Leiden, Bekenntnis, Gewissen, Freiheit, Hoffnung, Tod und Leben -
konzentrieren, aber dann in wachsendem Maße auch Beiträge zu
Grundfragen theologischer Urteilsbildung und zu gezielten einzelnen
Aufgaben bringen". Die inhaltliche Linie des ersten Heftes ist dem
Rez. sympathisch. Andere Leser finden sie vielleicht zu konservativ,
und es erhöht sicher die Attraktivität der neuen Zeitschrift, wenn das
Spektrum der theologischen Meinungen etwas breiter wird. Da laut
Einführung der Hgg. außer dem Religionsunterricht das diakonische
Handeln und die Seelsorge besondere Aufmerksamkeit verdienen,

müßten die Praktischen Theologen im Herausgeberkreis angemessen
vertreten sein. Den Systematikern gebührt Dank dafür, daß sie theologische
Urteilsbildung als Grundlage kirchlichen Handelns fordern
und fördern. Solchem Ziel dient diese Zeitschrift, und sie nimmt eine
wichtige Aufgabe wahr, wenn sie einem flachen Pragmatismus wehrt,
der sich einseitig „auf Techniken der Vermittlung konzentriert und
darauf beschränkt". Die Hgg. wollen theologische Urteilsbildung
positiv auf Erfahrungen beziehen und gehen davon aus, daß sie Glaubenserfahrungen
ermöglicht. Weil die Praxis des Glaubens - wie in
verschiedenen Beiträgen deutlich wird - auf die theologische Urteilsbildung
zurückwirkt, läßt sich kirchliches Handeln nicht einseitig aus
dogmatischen Sätzen begründen, und die Praktische Theologie ist
keine Subdisziplin der Dogmatik. Um der Praxiswirkung der neuen
Zeitschrift willen ist ihr zu wünschen, daß sie zu einem Organ echten
interdisziplinären Dialogs wird. Das erste Heft hat einen guten Anfang
gemacht. Dem Verlag gebührt Dank für das Wagnis, das Angebot an
theologischen Zeitschriften zu bereichern, sowie für den günstigen
Preis, der hoffentlich neben dem soliden Inhalt dazu beiträgt, dem
neuen Organ viele Leser zu sichern.

Gutenberg bei Halle (Saale) Eberhard Winkler

Schnabel, Klaus: Wenn du weißt, was du tust. . . Themen und Modelle für
Jugendgruppen. Konstanz: Bahn 1986. 79 S. 8' = Arbeitshilfen für die Jugendarbeit
, 6.

Ökumenik: Missionswissenschaft

Sanon, Anselme Titianma: Das Evangelium verwurzeln. Glaubenserschließung
im Raum afrikanischer Stammesinitiationen. Mit
einer Einführung von R. Luneau. Freiburg-Basel-Wien: Herder
1985. 156 S. 8° = Theologie der Dritten Welt, 7. Kart. DM 27,50.

Nicht nur für Missions- und Religionswissenschaftler ist dieses
Buch ein wertvoller Beitrag zum Thema „Kultur und Evangelium",
sondern auch den Praktikern ist diese Lektüre zu empfehlen. Sie
könnte dem nach meinem Eindruck nur schleppend vorankommenden
Rezeptionsvorgang des Taufsakraments in unseren protestantischen
Kirchen neue Impulse verleihen. Wenn es stimmt, daß Ökumene
und Weltmission u. a. „miteinander teilen" und „voneinander
lernen" heißt, dann sollte dies nicht nur Fachkreisen vorbehalten
bleiben.

Dem Buch vorangestellt ist eine Einführung von Luneau: „Zum
Verhältnis afrikanischer und christlicher Initiation". In der deutschen
Fassung ist sie gekürzt wiedergegeben. Sie führt in die Frage- und
Problemstellungen des Buches ein. Zum Beispiel: Wie kann man zugleich
Initiierter und Christ sein? Welchen Wert sollten wir der
„initiatorischen Pädagogik" für unser Katechumenat, unsere Taufund
Konfirmationspraxis, beimessen? S. versucht seine Leser davon
zu überzeugen, daß diese Fragen aus dem kulturhistorischen Kontext
heraus zu bejahen sind und als Aufgabenstellung der Kirche verantwortliches
Handeln bedeutet. Er selbst ist Initiierter aus dem Stamme
der Bobo und zugleich als röm.-kath. Bischof in Burkina Faso (früher
Obervolta) selbstverständlich Christ. So führt er keine theologische
Debatte vom grünen Tisch her, sondern seine Beweggründe, dies zu
schreiben, liegen in den Beschlüssen seiner Kirche, dem IL Vatika-
num und den Herausforderungen, denen er sich als Bischof in seinem
Land gegenübergestellt sieht. Evangelium ist darum für ihn nicht ohne
Kultur erfahrbar, und Kult ist nicht ohne Kultur möglich.

Im Buch beschreibt S. zunächst die afrikanische Dorfinitiation am
Beispiel des Stammes der Bobo, geht dann näher auf deren humanistische
Werte ein und versucht in einem 2. Teil, den christlichen
Glauben als eine von der initiatorischen Pädagogik durchdrungenen
Glaubensweise darzustellen, ganz christozentrisch, vor allem gestützt
auf den Philipper- und besonders den Hebräerbrief unter Heran-