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Ausgabe:

1986

Spalte:

907-908

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Titel/Untertitel:

Notes complémentaires et supplement bibliographique 1986

Rezensent:

Diesner, Hans-Joachim

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Seite 1

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907

Theologische Literaturzeitung 111. Jahrgang 1986 Nr. 12

908

Darauf folgt ein Bericht von Ernst Barlach Ende Juli 1937 über das
gegen ihn verhängte Berufsverbot, der aus dem Nachlaß 1963 zum
Druck gekommen war (157-161). Den mehr als 130 Dokumenten
folgt ein Autoren- und Quellenregister(425-444), die zu einer eigenen
Weiterarbeit einladen.

GH.

Dogmen- und Theologiegeschichte

Fontaine, Jacques: Isidore de Seville et la culture classique dans
PEspagne wisigothique, III. Notes complementaires et Supplement
Bibliographique. Paris: Ed. Augustiniennes 1983. XXI.
S. 1017-1243 gr. 8

Einleitend muß betont werden, daß mir dieser „dritte" Band des
erstmals 1959 zweibändig erschienenen, bereits .klassischen' Isidor-
Werkes des französischen Philologen erst geraume Zeit nach der Wiederherausgabe
der ersten zwei Bände in die Hände fällt, so daß eine gesonderte
Besprechung dieses Ergänzungsbandes erfolgen muß.' Für
den Editor empfahl sich dieser dritte Band, weil die neu herausgegebenen
Text-Bände nur eben Druckfehlerverbesserungen gegenüber
der Erstauflage aufweisen. So ist die gesamte Neuerkenntnis,
die Fontaine in zweieinhalb Jahrzehnten zu diesem umfangreichen
Thema gewonnen hat, in prägnanter Weise auf diesen dritten Band
konzentriert, welcher für Philologen, aber auch Theologen und
Historiker äußerst ertragreich ist.

F. beginnt mit einem knappen «Avertissement au lecteur» (IXf)
und einem bereits weit ausgreifendem Vorwort (XI-XX1), das
neu hinzukommende Forschungen und einschlägige Sachgebiete
bereits kurz und präzis zu charakterisieren versucht. In seinen
«Notes complementaires». die den Hauptteil des Ganzen bilden,
verfahrt F. so, daß er im wesentlichen der Einteilung der Textbändc
folgt und Seite für Seite die entsprechenden Ergänzungen oder Kommentare
mit Hilfe der seit 1959 erschienenen Literatur gibt. Das Verfahren
ist vorzüglich - im übrigen auch raumsparend, weil dem
Benutzer langes Suchen erspart wird, er zudem durch die beigegebenen
Indices von Namen, Sachen und Worten (S. 1237-1243)
eine zusätzliche Orientierung erhält. Die Liste der Rezensionen der
ersten Auflage (S. 1192) ist zumindest interessant, und die Bibliographische
Beilage mit ihren immerhin 674 Nummern (S. 1 193-1233)
ist so reichhaltig, daß Fehlendes oder auch nur Wünschenswertes gar
nicht immer so leicht aufzuspüren ist.

F. geht in diesem Ergänzungsband womöglich noch gründlicher
vor als in den Textbänden, die nicht weniges an .Rhetorik' enthalten,
was dieser oder jener als überflüssig erachten mag. Jedenfalls verarbeitet
der Autor die benutzten Bücher, Aufsätze und Artikel insgesamt
souverän und, wo sie sein Thema enger berühren, auch sehr gewissenhaft
. Freilich stellt sich die Frage, die natürlich das Gesamtwerk betreffen
, ob die Einbettung und Einordnung Isidors und der klassischen
Kultur in das .Ensemble' des Westgotenreiches, das seit 589 erhebliche
, wenig'geradlinige Wandlungen durchgemacht hat, ausreichend
gelungen ist. Spezifische historische oder kirchengeschichtliche Fragen
berührt F. nur gelegentlich und mehr beiläufig, die so sehr gewundene
Politik des weitgehend durch den „morbus Gothicus" charakterisierten
Staatswesens und seiner Könige wird nur am Rande
berührt. Hier wäre etwas mehr nützlich, wenn nicht erforderlich
gewesen, da Wiedererweckung oder Bewahrung von Kulturen - ob
man dies nun bedauern mag oder nicht - weithin von der politischen
und wirtschaftlich-sozialen Realität in einem Lande abhängen. Ein
Gedanke nur sei angerissen: Wäre die Politik in den letzten Jahren
Isidors wie unter seinen .Nachfolgern' stabiler gewesen, so hätten die
„Etymologiae" sicher eine Abrundung sowie eine stärkere Befruchtung
durch seinerzeitiges Wissen erfahren und entsprechende Vertiefungen
wären möglich gewesen, wenn nicht Könige wie Svinthila
(621-631) oder gar Chindasvind (642-653) auf tyrannische Weise

geistige und ideologische Eigenständigkeit erstickt hätten. Das Schicksal
des namhaften toledanischen Metropoliten Eugenius II. (ab 646)
spricht in dieser Hinsicht Bände, ebenso die gesetzgeberischen
Bemühungen Chindasvinds und seines Sohnes Rekkesvind
(649-672), die zwar der politischen Festigung des Königtums zugute
kamen, keineswegs jedoch den Anliegen der Kirche oder der geistigen
Kultur.2 Natürlich lag es ohnehin im Zuge der Zeit, wenn weithin nur
noch eine „Kultur in Scherben" aufgenommen werden konnte
(S. 1047/158,10 zu Brunhölzl), da der lebendige Kulturstrom der
Antike längst versiegt war und man froh sein konnte, eine ansehnliche
etymologisch-lexikographische Arbeit leisten zu können. Dies verdeutlicht
F. nun freilich mit großer Akribie'Und Intensität, was vor
allem im Hinblick auf die damit verbundene Arbeitsleistung nicht
positiv genug hervorgehoben werden kann. Teilweise werden sogar
entlegene Dinge, so Ausgrabungsergebnisse auf dem Alcazar von
Sevilla (S. 1145/738,18), erwähnt. Auch auf die immer komplizierten
Fragen der Periodisierung versucht F. gelegentlich einzugehen
(S. 1158/807,15).

Zu Einzelheiten sei nur noch bemerkt: Die „Synonyma" Isidors
sollten wohl nicht nur als «un manuel de spiritualite per-
sonnclle» charakterisiert werden (s. 1137f/703. note 3). Das Werk ist
u. a. auch bildungs- und sozialgeschichtlich relevant und führt insofern
auf spätere Schriften Isidors hin. Männer wie Eugenius IL, Chindasvind
, Rekkesvind oder Sisenand (631-636) und Tulga (640-642)
erscheinen auch im Namen-Index nicht: Die Liste ließe sich gewiß
verlängern.

Durch die zweite Auflage seines Werkes und insbesondere durch
den hier anzuzeigenden dritten Band hat F. einen großen Beitrag zur
Erschließung Isidors und der klassischen Kultur des westgotischen
Spanien geleistet. So unmöglich es auch ihm gewesen ist. die gesamte
gegenwärtige Forschung zu diesem großen Rahmenthema wirklich
aufzuarbeiten-er hat bis zum Stichjahr 1983 doch die meisten wichtigen
Publikationen verfolgt, verzeichnet und dadurch auch der
Benutzung leichter zugänglich gemacht. Neben der weitgehenden
Aufarbeitung der Quellen Isidors hat er auch für die Rezeption des
Sevillaner Metropoliten Wesentliches geleistet, wobei an vielen Punkten
und vor allem für den philologischen Bereich der neueste
Stand weithin erreicht worden ist. Damit sind auch gute Voraussetzungen
für die weitere Erforschung des westgotischen Spanien im
ganzen Umfeld dessen geschaffen worden, was irgendwie mit Isidor
sowie mit der Kultur, der Kirche und der Theologie seiner Zeit
zusammenhängt: auch für das gesamte Bildungswesen, vorab des
frühen Mittelalters, ist neues Terrain erschlossen worden.

Halle(Saale) Hans-Joachim Diesner

1 Vergleiche dazu die Besprechung der ersten beiden Bände in
ThlZ 111,1986,200-202.

1 S. hierzu etwa: D. Claude, Adel. Kirche und Königtum im Westgotenreich,
Sigmaringen 1971, 95f; Il5ff; Luis A.Garcia Moreno. El fin del reino de
Toledo. Decadencia y catastro'fc. Una Contribucion a su critica, Madrid 1975.
47ff; 161 ff; H.-J. Diesner. Isidor von Sevilla und das westgotische Spanien.
Berlin 1977/Trier 1978 (Abh. d. Sachs. Ak. d. Wiss. Phil.-hist. Kl. Bd. 67,
H. 3), auch mit weiterführender Literatur; Dcrs.. Eugenius II. von Toledo im
Konflikt zwischen Demut und Gewissen (Pietas, Festschrift f. B. Kötting.
Münster 1980.472-480).

Philosophie, Religionsphilosophie

Heintel. Erich: Grundriß der Dialektik. Ein Beitrag zu ihrer funda-
mentalphilosophischcn Bedeutung. 1: Zwischen Wissenschaftstheorie
und Theologie. XIII, 375 S. Kart. DM 87,-..2: Zum Logos
der Dialektik und zu seiner Logik. X. 346 S. Kart. DM 79.-.
Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgcsellschaft 1984. 8° = Grundrisse
, 4 und 5.