Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1986

Spalte:

890

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Trafton, Joseph L.

Titel/Untertitel:

The Syriac version of the Psalms of Solomon 1986

Rezensent:

Bernhardt, Karl-Heinz

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

889

Theologische Literaturzeitung 111. Jahrgang 1986 Nr. 12

890

nen in der ersten Hälfte des 20. Jh. mit Leo Baeck (Das Evangelium als
jüdische Glaubensurkunde, 1938) und Claude G. Montefiore (The
Synoptic Gospels II, 1930 u. 1970, 27-127; Rabbinic Literature and
Gospel Teachings, 1930 u. 1970, 1-201) bemerkenswert einfühlsame
Rezeptionen. Lehrer und Lehre der Bergpredigt erscheinen hier in der
Nachfolge der biblischen Propheten.

Die Anbahnung eines neuen christlich-jüdischen Verhältnisses
nach dem Grauen der Jahre 1933-1945 hat in Anknüpfung an die
zuletzt genannte Sicht zu einem anders akzentuierten Verständnis
geführt. So werden in dem grundlegenden und nach wie vor aktuellen
Beitrag von Robert Raphael Geis „Juden und Christen vor der Bergpredigt
" (Gottes Minorität, 1971, S. 220-240) beide - Juden und
Christen - nebeneinander als Adressaten der Bergpredigt ins Auge
gefaßt und deren Weisungen daraufhin bedacht, was sie inmitten der
Geschichte, aus der beide kommen und in der beide leben, für die eine
wie die andere Seite bedeuten. Dieser Ansatz - der skizzierte Sitz im
Leben und die geänderte Verstehensvoraussetzung - steht im Hintergrund
der neueren Arbeiten von Pinchas Lapide zur Bergpredigt (Die
Bergpredigt. Utopie oder Programm? 2. Aufl. 1982; Wie liebt man
seine Feinde? 1984); er bildet ebenso, wie bereits der Zusatz
.jüdisches und christliches Glaubensdokument" anzeigt, die Voraussetzung
des Taschenbuches von Günther Bernd Ginzel. Es soll auf der
historischen Ebene „Jesu Verankerung im Judentum" verdeutlichen,
„ohne seine Originalität zu nivellieren" (21), auf der zeitgenössischen
entsprechend „das Juden und Christen Verbindende, das Gemeinsame
dokumentieren", ohne auch hier das Trennende zu ignorieren
(16). Zu beidem ist der Vf. durch eine aktuelle Erfahrung motiviert:
Die Ernstnahme der Bergpredigt als Herausforderung zu konkretem
Friedenshandeln wird bis in die Tagespolitik hinein mit antijüdischen
Klischees attackiert und damit beiden geschadet, dem Jesus der Bergpredigt
und den Juden, mit deren „Glaubensaussagen und Glaubenserfahrungen
" die Bergpredigt „trotz einiger Unterschiede und Widersprüche
" übereinstimmt als „ein Dokument, das die Verantwortung
des einzelnen und sein Verhalten zwischen irdischer Realität und
himmlischem Anspruch bestimmen will" (37). In seiner Einleitung
(1 1-37) geht der Vf. u. a. auch auf das Judentum betreffende problematische
Aussagen wie Mt 5,44 ein. Den Hauptteil bildet eine
Synopse der Texte (39-127), in der Ginzel zu allen (jeweils zitierten)
Versen bzw. Einzelabschnitten von Mt 5-7 mehr oder weniger enge
Parallelen aus derjriblischcn und nachbiblischen Überlieferung des
antiken Judentums bringt, hier und da durch knappe Anmerkungen
erläutert. Eine sehr sorgfaltig gearbeitete „Kleine Bibliographie fürdie
Weiterarbeit" und Stellenregister beschließen das Buch.

Ginzels Buch macht allein schon vom Umfang her nicht die oben
genannten Arbeiten von Friedlander und Montefiore oder aber auch
die Materialsammlung bei Billerbeck (I, 189-474; IV/I, 1-22) überflüssig
. Auch läßt mancher Abschnitt offen, warum nicht diese oder
jene andere rabbinische Überlieferung herangezogen ist oder aber der
Vf. sich auf das Zitat allein von Bibelstellen begrenzt. Und ebenso
wird das - allerdings hier kaum zu umgehende - Verfahren stets eine
Grenze haben, einem relativ geschlossenen Textzusammenhang Einzelparallelen
aus einer Vielfalt von Dokumenten zuzugesellen.
Ungeachtet dessen verbinden sich gerade mit der Bergpredigt, besonders
mit den sog. Antithesen, nach wie vor in breiten christlichen
Kreisen massive antijüdische Vorurteile (Vergeltung, Feindeshaß
u. a. m.). Und da diese Kreise nicht von der trockenen Speise wissenschaftlicher
Monographien genährt werden, sondern der Milch allgemeinverständlicher
, von einer weiterführenden Einstellung geprägten
Darstellungen bedürfen, vermag das Büchlein zweierlei zu leisten:
einige von den genannten Vorurteilen abzubauen und Christen dahin
zu Führen, daß sie sich als Hörer der Bergpredigt neben Juden wiederfinden
und die Bergpredigt nicht gegen sie hören.

u..,i,„ iu ,. 11 ' Peter von der Osten-Sacken

Trafton, Joseph L.: The Syriac Version of the Psalms of Solomon. A

critical Evaluation. Atlanta, GA: Scholars Press 1985. XVI, 276 S.
Beilage: The Psalms of Solomon: Syriac and Greek Texts. 71 S. 8' =
SBL. Septuagint and Cognate Studies Series, II. Kart. $ 15.95; Lw.
$ 22.95.

Joseph L. Trafton widmet sich der Klärung der alten (freilich nur
von wenigen Fachleuten erörterten) Streitfrage, ob die griechisch und
syrisch überlieferten Psalmen Salomos auf einen hebräischen oder
griechischen Text zurückgehen. Beschritten wird der Weg über einen
Vergleich des griechischen mit dem - bislang vernachlässigten -
syrischen Text. Das Ergebnis lautet: Beide Versionen sind im wesentlichen
gleichwertige Übersetzungen eines wahrscheinlich in etwas
unterschiedlichen Gestaltungen überlieferten Vorlagetextes, von dem
angenommen werden kann, daß er in hebräischer Sprache abgefaßt
war. T. kommt zu diesem Ergebnis durch eine minutiöse Vergleichsarbeit
unter gründlicher Berücksichtigung der Fachliteratur. Dabei
erfahren auch die Handschriften der beiden Versionen eine z. T. neue
Bewertung hinsichtlich Abhängigkeit und Rang. Als Beilage ist dem
Band eine synoptische Wiedergabe des syrischen Textes (mit Varianten
) und des griechischen Textes hinzugefügt.

K.-H. B.

Wächter. Ludwig: Zum Verständnis des Judentums. Vier Vorträge.
Berlin: Evang. Verlagsanstalt 1985. 80 S. 8*. M 4,50.

Nach seiner bereits vor zehn Jahren erschienenen Vortragssammlung
.Jüdischer und Christlicher Glaube' legt nun der Berliner Alttestamentlerweitere
vier kleinere Arbeiten vereint in einem Hefte vor.
Es handelt sich um Vorträge und Vorlesungen aus den Jahren 1977 bis
1981, die jeweils wiederholt gehalten worden sind. Zwei von ihnen -
über „Jüdische Feste" und „Gedanken über den Tod im Frühjudentum
" - konnten bereits anderenorts erscheinen. Erstmalig in gedruckter
Form liegen vor „Die Tora - Mitte jüdischen Glaubens und
Lebens" (27-40) sowie „Neuer Bund und Tora als Themen eines
jüdisch-christlichen Gesprächs" (41-57). Insgesamt ist es das Ziel der
vier gleichermaßen allgemeinverständlichen wie theologisch anspruchsvollen
Aufsätze, sowohl zum Verständnis des Judentums beizutragen
als auch Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen
Christentum und Judentum zu verdeutlichen und dadurch dem
Dialog zwischen beiden Glaubensgemeinschaften zu dienen.

K.-H B

Neues Testament

Schmitt. Rainer: Gottesgerechtigkeit - Heilsgeschichte - Israel in der
Theologie des Paulus. Frankfurt (M.)-Bern-New York-Nancy:
Lang 1984. 268 S. 8' = Europäische Hochschulschriften.
Reihe XXIII: Theologie, 240. Kart. sfr. 56.-.

Ein Wort vorweg: Sch. würde sich, wie er im Vorwort schreibt,
besonders über ein Echo von denen freuen, die mit seinen Auffassungen
nicht übereinstimmen. Ich kann ihm leider nur teilweise diesen
Gefallen tun, da ich in entscheidenden Partien sowohl seinem Vorgehen
als auch seinen Ergebnissen zustimme und nur so zu einem
Echo fähig bin.

Die vorliegende Arbeit hat Sch. als Fortsetzung seiner Monographie
„Abschied von der Heilsgeschichte? [= Hlg.]"1 für den ntl. Bereich
konzipiert. Sein Hauptgesprächspartner ist diesmal Günter Klein,
nachdem es damals neben diesem vor allem Franz Hesse war. Kleins
Bestreitung eines bei Paulus (=P.) vorliegenden heilsgeschichtlichen
(= hlg.) Denkens versucht Sch. nun in seiner neuen Monographie
energisch zu widerlegen.

Nachdem er im 1. Kap. entscheidende Stellen aus Gal, 2Kor und
Rom behandelt, bringt er in den Kap. 2-6 den systematischen Ertrag