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Ausgabe:

1986

Spalte:

860

Kategorie:

Referate und Mitteilungen über theologische Dissertationen und Habilitationen in Maschinenschrift

Autor/Hrsg.:

Haubeck, Wilfrid

Titel/Untertitel:

Loskauf durch Christus 1986

Rezensent:

Haubeck, Wilfrid

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Theologische Literaturzeitung III. Jahrgang 1986 Nr. I I

860

Hundsalz. Andreas: Beratung alter Menschen. Zur psychosozialen Situation
älterer Ratsuehender(WzM 38. 1986.258-268).

Nieol. Martin: Die Religion in Existenzanalyse und Logolhcrapic nach
Victor E. FrankKWzM 38.1986,207-222).

Raguse, Hartmut: Älterwerden: Psychoanalytische und theologische Gedanken
(WzM 38.1986.276-284).

Weissgerber. Hans: ..Gottes Angebot und Gabe verfehlt". EKD ändert sieb
zu eheähnlichen Lcbcnsgemeinsehall.cn (LM 25. 1986. 147-148).

Referate über theologische
Dissertationen in Maschinenschrift

Göggelmann. Walter: Evangelische E.thik zwischen sozialer Krage und
Nationalstaat. Eine Untersuchung zum Weg Friedrich Naumanns
1860-1919. Diss. Tübingen 1982. 4.32. 126 S.

Die Untersuchung stellt sich die Aufgabe, in bewußter Di stanzte-
rung von der Biographie von Th. Heuß (F. Naumann, der Mann, das
Werk, die Zeit 21949) Friedrich Naumann für die Geschichte der
Theologie im Auslallgcbiet der Ritschl-Schule wiedergewinnen zu
helfen. Sie ordnet ihn dabei nicht wie H. Timm (Friedrich Naumanns
theologischer Widerruf. ThEx 141. 1967) in die theologische Ideengeschichte
, sondern in die theologische Auseinandersetzung mit den
Problemen der Arbeitsfelder der sozialen Frage und des Nationalstaats
der Wilhelminischen Ära. somit also der Geschichte der sozialen
und politischen Ethik, ein. Ihre Zielsetzung bewegt sich in erster
Linie innerhalb der historischen, in zweiter Linie auch innerhalb der
methodischen Fragestellung.

Die Untersuchung geht aus von Naumanns bew ußter Distanzierung
von den sozialkonservativen Lösungsversuchen der Evangelischsozialen
Bewegung. Sie untersucht in diesem Zusammenhang die Entwicklung
des Verhältnisses von empirischer Beobachtung der Gesellschaft
und den von der Theologie der Zeit zur Verfügung gestellten
Denkmöglichkeiten unter theologiegeschichtlichen, ethisch-methodologischen
und sozialpolitischen Aspekten. Dabei zeigen sich die
Chancen und die Grenzen vier von der Ritschl-Schule zur Verfügung
gestellten theologischen Voraussetzungen.

Die anschließend untersuchte Phase des Zerfalls dieser unter dem
Stichwort ..christlich-sozial" von Naumann verarbeiteten Voraussetzungen
legt die Zerfallsprodukte dieses kulturprotestantischen Entwurfs
frei und verfolgt sie weiter bis an die Grenze der ethischen und
theologischen Aporie. In diesem Feil w ird eine differenzierte Beurteilung
von Naumanns Kontakten zu M. Weber und R. Sohm versucht
.

Den zweiten Schwerpunkt der Untersuchung bilden Naumanns
Versuche, soziale und politische Ethik und ihre Maßstabe autonom
unter dem Stichwort ..Eigengesetzlichkeit" zu etablieren. ,,Induktive
Theologie" und Idcologiebildungals Fragen an die Ethik des Sozialen
und Politischen sowie der ethische Konflikt, der ihnen zugrunde liegt,
werden innerhalb dieses Schwerpunkts behandelt.

Ein Anhang hat einen neuen Anlauf zu einem unter dem Motto:
..Protestantisch-idealistisch" stehenden Entwurf zu einem geschlossenen
weltanschaulich-ethischen System zum Gegenstand. Er verfolgt
die ethische Aporie des Theologen Naumann weiter bis zu dessen Tod
im Jahr 1919.

Ein Sehlußteil versucht, die innerhalb der Entwicklung Naumanns
in der Geschichte der sozialen und politischen Ethik erstmals spruchreifwerdenden
Fragen festzuhalten und einige Linien bis in die gegenwärtige
Diskussion hinein weiterzuziehen.

Soziale und politische Strukturfragen werden im Sinne Naumanns
als Herausforderung an Theologie und Kirehe verstanden. Von seinem
Ertrag für die Geschichte der sozialen und politischen Ethik her
versieht die Untersuchung den Entwicklungsgang Naumanns als
wichtigen Modellfall evangelischer Ethik unter den Voraussetzungen
der Zeit der Wende vom 19. zum 20. Jh.

I Einbeck. Wilfrid: Loskauf durch Christus. Herkunft. Gestalt und Bedeutung
des paulinischen Loskaufmotivs. Diss. Tübingen 1984.
.361 S.

Die Arbeit geht der Frage nach, ob sieh für das paulinische Motiv
des Loskaufs durch Christus neben allgemeinen Vorstellungen des
antiken Sklavcnloskaufs eine spezifische Form des Loskaufs als
Analogie aufweisen läßt, die die paulinische Metapher besser verstehen
läßt.

Das Motiv des Loskaufs wird im Corpus Paulinum durch
{ifcyopdfo (I Kor 6.20; 7,23; Öal3,13f; 4.40 und durch
ano/MT/nom; (Rom 3,24f; 8,23; I Kor 1.30; Kol 1.14; Eph 1,7.14;
4,30; vgl. aber noch ITim2,5f; Tit 2,14) ausgedrückt. Durch die
Metapher des Loskaufs wird die Existenz der Menschen als Sklaverei
unter der Gewalt von Gesetz, Sünde und Tod beschrieben, aus
der Christus sie durch seinen Tod befreit und damit einen heilvollen
Herrschaftswechsel bewirkt. In Analogie zum all. Loskauf Israels aus
dem Sklavcnhaus Ägypten zu Gottes Eigentumsvolk werden die
durch Christus Losgekauften zu seinem Eigentum und gewinnen so
wahre Freiheit. Dieses wird, indem Paulus das Bild des Loskaufs eng
mit der oioOeoia verbindet, als die Freiheit der Söhne Gottes beschrieben
. Mit der Annahme an Sohnes Statt erhalten die Glaubenden Anteil
am himmlischen Erbe, als dessen Angeld sie schon jetzt den Geist
empfangen. Eine Parallele findet sich dazu im AT. da mit dem Loskaufaus
Ägypten zu Gottes Eigentum die Landnahmeverheißung verbunden
ist. die schon im frühen Judentum esehatologisiert wurde.

Der Loskauf Christi ist allein begründet in der erwählenden Liebe
(iottes (vgl. Jes 43.30 und eröffnet den Menschen, die auf Grund
ihrer Sünde dem Tod verfallen waren, eine neue Existenz in Freiheit.
Der in I Kor 6.20; 7.23 nicht näher bestimmte Preis, den Christus für
den Loskauf gezahlt hat, wird in Gal 3.13f als das stellvertretende
Erleiden des Todesfluchs am Kreuz umschrieben. Wenn Paulus in
Röm.3.24f (vgl. Eph 1.7) das Blut Christi als das Mittel der
dnoXüxpaxni benennt, bestimmt er damit das Lösegeld näher als Jesu
Lebenshingabe. Weil die Loskaufmetapher jedoch der Sühnevorstcl-
lung untergeordnet ist, wird nirgends ein Empfänger des Lösegelds
auch nur angedeutet.

Die Verbindung von Loskauf. Sühne und Lebenshingabe Christi als
Lösegeld, auf die wir - unabhängig von Paulus - auch in I lehr 9.1 1 ff;
IPctrl,18f und Apkl.5f: 5,9f stoßen, findet sich explizit in
Mk 10.45. Die Exegese des Lösegeldworts (Mk 10.45 par.) und der
Deuteworte der Herrenmahlstradition (14.22-24 Par.) zeigt, daß
Jesus in Anknüpfung und Antithese zur jüdischen /Auslegung von
Jes 43.3f und Ps 49.81- im Endgericht gebe es kein Lösegeld Für die
Heiden - seinen Tod als Lösegeld bzw. als stellvertretende Lcbens-
hingabe deutet, die Sühne bewirkt für die vielen, die aufgrund ihrer
Sünde dem endzeitliehen Gericht Gottes verfallen sind. Das Bild des
Loskaufs bot sich Für Jesus - und später Für Paulus - zur sotcriolo-
gischen Deutung seines Todes an, da im palästinischen Judentum
zum einen die erwartete messianisehc Erlösung mit dem BegrifTdes
Loskaufs (nVltO) bezeichnet wurde, und zum anderen die Vorstellung
der stellvertretenden Sühne bereits mit dem Motiv des Loskaufs verbunden
war und das Lösegeld als Sühne verstanden wurde.

Die paulinische Loskaufmetapher ist in erster Linie geprägt durch
die Aufnahme atl. und jüdischer Vorstellungen sowie durch Jesu
eigene Deutung seines Todes als sühnendes Lösegeld.

Von Personen

Ernst Käsemann
zum 80. Geburtstag

In Bochum-Dahlhausen geboren und in Essen (Ruhr) aufgewachsen
, hat E. Käsemann in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre in
Bonn. Marburg und Tübingen evangelische Theologie studiert. 1929