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Ausgabe:

1986

Spalte:

846-847

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Titel/Untertitel:

Maria im Glauben der Kirche 1986

Rezensent:

Petzoldt, Martin

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845

Theologische Literaturzeitung III. Jahrgang 1986 Nr. 11

846

Diese gezielte Auswahl aus dem reichen Schrifttum des bayrischen
Franziskanerguardians Kaspar Schatzgeyer (1463 od.
64-1527) verzichtet auf das Editionsprinzip des Corpus Calholico-
rum. nur vollständige Schriften zu veröffentlichen. Sie konzentriert
sich auf die Auseinandersetzung um das Meßopfer, statt Punkt für
Punkt die gegnerischen Thesen mit den eigenen zu konfrontieren, so
daß nach methodischer Unsicherheit in der Frühzeit erst allmählich
der reformatorischen Position die eigene theologische Lehre gegenübergestellt
wird. Diese neue Methode tritt uns in Johannes Ecks
„Enchiridion" von 1525 ausgereift entgegen. Doch vorwärtsweisende
Schritte in dieser Richtung hat Sehatzgeyer getan, indem er neben der
Einzelauseinandersetzung mit gegnerischen Thesen und Schriften der
Darlegung der positiven Lehre breiten Raum gibt. Dabei ist kaum zu
übersehen, daß sein Verständnis des Meßopfers das Ecks an Tiefe
übertrifft. Das mag nicht zuletzt darin begründet sein, daß Sch. wie
ganz wenige katholische Theologen seiner Zeit dem Schriftbeweis
gegenüber dem Argument aus der Tradition entscheidendes Gewicht
gibt. Die Berufung der (iegner auf die Schritt mag ihn im Unterschied
zu vielen seiner Mitstreiter auf diesem Weg bestärkt haben. Aber
schon 1501 macht er in seiner „Formula vitae ehristianae" geltend,
daß man sieh der Heiligen Schrift in einem erstrangigen und vordringlichen
Studium annehmen und in ihr den Geist ausbilden solle:
denn man solle lieber ..an der Quelle als aus Bäehlein trinken". Sein
eigener Umgang mit der Schrift ist auch nicht durch Bindung an eine
bestimmte theologische Schule vorgeprägt. Zu Helfern bei seinem
Schriftstudium werden zwar Augustinus, Hieronymus, Nikolaus von
Lyra und natürlich auch seine von Bonaventura und Gerson beeinflußte
, mystisch-spirituelle Ordenstheologie. Aber die Minoriten
Fühlen sieh eben nie in gleichem Maß wie die Dominikaner an die
theologische Tradition ihres Ordens gebunden. Jedenfalls ist für Sch.s
Argumentationsweise der fortgesetzte Rückgriff auf die Heilige Schrift
bezeichnend. Wenn er sieh dabei noch nicht ganz von der Allegorese
befreit hat. geht es ihm doch bei starker Zurückdrängung auch der
Typologie in erster Linie um den buchstäblichen Sinn der Schrift. Auf
diesem Weg arbeitet Seh. den Opfercharakter der Messe als Gegenwärtigsetzung
des einmaligen Opfers am Kreuz heraus und entfaltet
ihr Mysterium in all seinen Dimensionen gegenüber Luthers Kritik,
ohne von Argumenten aus der Heiligen Schrift auf Autoritäten der
Tradition kurzschlüssig auszuweichen. Gerade dies mußte Für die
Auseinandersetzung mit Luther verheißungsvoll erseheinen, weil
dieser von seinen Prämissen her einer Berufung auf die Tradition
nicht zugänglich war.

Das Buch beginnt nach einer Kurzbiographic (1-3) mit Ausführungen
über „Sch.s theologische(n) Ort und seine kontroverstheologische
Methode. Sein Verhältnis zur Heiligen Schrift und zur
franziskanischen Ordcnstheologic" (3-12). Es folgen die vorbildlichen
Editionsgrundsätze und Richtlinien Für die bibliographischen
Beschreibungen der Drucke (12-14), ein Abkürzungsverzeichnis und
ein aufgegliedertes Literaturverzeichnis (15-25). In den nachfolgenden
Schriften Sch.s bilden der große Meßtraktat von 1525 in seiner
deutsehen und seiner lateinischen Fassung sowie die Schrift aus dem
gleichen Jahr „Vom hochwürdigsten Sakrament des zarten Fronleichnams
Christi" die Schwerpunkte. Beide Hauptschriften werden vollständig
abgedruckt und die lateinischen den deutschen Fassungen
synoptisch gegenübergestellt. Jeder einzelnen (ob auszugsweise oder
vollständig wiedergegebenen) Schrift gehen Ausführungen über Entstehung
und Inhalt voraus. Dann werden die Drucke bibliographisch
beschrieben, auch werden diese in ihrem zeitgenössischen Gewand
durch Wiedergabe meist der Titelblätter einiger Ausgaben dem Leser
nahegebracht (16 Faksimilia). Die Texte selbst werden in Fußnoten
ausführlich kommentiert. Im Vorwort wird darauf hingewiesen, daß
in diesem Band auf die das Thema berührenden Ausführungen in
Sch.s Schrift „Scrutinium" verzichtet wurde, weil diese bereits in
Bd. 5 des „Corpus Catholicorum" veröffentlicht worden sind.

Die erste Tcxtwicdergabc ist der Abschnitt „De sacrosanetae
cueharistiac" aus der 1522 erschienenen Schrift „Rcplica contra

periculosa scripta post scrutinium divine scripture iam pridam
emissum emanata" (43-88). Sie war ausgelöst durch Auswirkungen
der Schrift Luthers von 1521 „De votis monasticis iudicium" auf
Klöster der Ordensprovinz des Verfassers. Die fast unmittelbar darauf
mit „De abroganda missa privata" erfolgten Angriffe auf das Meßopfer
und das Wcihcpricstertum ergaben die Notwendigkeit, auch
hierzu Stellung zu nehmen, und damit eine Aufgliederung in zwei
weitgehend selbständige Teile. Dem zweiten Teil ist der Abschnitt
„De sacrificio sacrosanetae cueharistiac" entnommen. Abgeschlossen
wird die Auswahl mit einer der „Rcsponsiones ad tria obiecta", in der
Sch. zu Aussagen eines ungenannten Mitbruders über die Probleme
der Transsubstantiation und der Realpräsenz Stellung nimmt.

Auszugsweise folgt aus der 1523 erschienenen Schrift „Examen
novarum doctrinarum etc." nach den Abschnitten „De sacramento
novae legis" und „De communione sub ulraque speeie" der Teil „De
sacrificio missae"( 105-116). Es ist bezeichnend Für die Persönlichkeit
des Verfassers, daß er gegenüber dem im Orden bereits offiziell
angeordneten, scharfen Vorgehen gegen Ordensbrüder, die Luther
zuneigten, mit dem Ziel sehreiben will: „pro clueidationc veritatis
cvangelieae et eatholieae omnigus studiosis, voluminum divinorum
scrutatoribus".

Der „Tractatus de missa" (1525) wird der deutschen Übersetzung
„Von dem hayligsten opfer der mess" aus dem gleichen Jahr
synoptisch gegenübergestellt (148-399). Da in der deutschen Übersetzung
der Abschnitt vom Fegfeuer (bis auf eine Augsburger
Ausgabe) fehlt, ist hier anschließend ein um die Entgegnung auf eine
Schrift der Nürnberger Pröpste vermehrter Abdruck „Vom Fegfeuer"
wiedergegeben (400-433). Auch dieser Abdruck ist nur einmal,
gesondert erschienen. Dieser systematisch angelegte Traktat, dem sich
Sch. besonders verbunden wußte, entstand aus der Konfrontation mit
der Reformation in Nürnberg. Für dessen Wirkung ist bezeichnend,
daß Oslander sich zu einer Gegenschrift „Wider Caspar Schatzgeyer"
veranlaßt sah, zumal dieser inzwischen zum Glaubensinquisitor für
Bayern berufen war.

Osianders Kritik am Opfercharakter der Messe fand ihre endgültige
und ausführliche Antwort nach dem Willen des Verlässers in der
knapp zwei Monate nach dem vorigen Traktat veröffentlichten Schrift
„Vom hochwürdigsten Saerament des zarten Fronleichnams Christi
etc.". Deren lateinische Fassung ist erst in der postum 1 530 gedruckten
, systematischen Sakramentenlehre Sch.s „Ecclesiasticorum sacra-
mentorum assertio" als Kapitel „De eucharistia" erschienen. Beides
ist hier wieder synoptisch geboten (456-523).

Es folgen noch Sch.s Antwort auf den oben genannten Angriff
Osianders „Abwaschung des Unflats, so Andreas Osiander dem
Caspar Sehatzgeyer in sein Antlitz gespihen hat" von 1521 (531 -590)
und „Ein gietliche und freuntliehe Anntwort und Unttericht auf eines
eersamen. der Warheyt begerenden christlichen Bürgers von Nürnberg
(doch pürtig aus Bayren) SandtbrielT" aus dem Jahre 1526
(602-617). Als Fortschritt gegenüber anderen Kontroverstheologen
seiner Zeit begegnet uns auch hier wieder die Betonung der Einheit
des Kreuzesopfers und seiner Gegenwärtigsetzung in der Messe. Ob
aber sein Verständnis vom Geheimnis des Corpus Christi mysticum
absiehern kann, daß die Kirche auch das Opfer am Kreuz dargebracht
hat, muß fraglich bleiben.

Das reich aufgegliederte Register (618-630) entspricht der hohen
Qualität dieser Werkausgabe.

Bad Homburg William Nagel

Seybold, Michael [Hg.]: Maria im Glauben der Kirche. Eichstätt-
Wien: Franz-Sales-Verlag 1985. 148 S. 8". = Extemporalia, 3. Kart.
DM 12.80.

In dem Band werden die Vorträge eines „Mariologisehen Forums"
vorgelegt, das im Mai und Juni 1985 in Eichstätt veranstaltet worden