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Ausgabe:

1986

Spalte:

813-815

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Strauss, Hans

Titel/Untertitel:

Messianisch ohne Messias 1986

Rezensent:

Schunck, Klaus-Dietrich

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Theologische Literaturzeitung III. Jahrgang 1986 Nr. 11

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1973: Leid und Gott. Ein Beitrag zur Theologie des Buches Hiob
(S. 54-62). Wirklichkeit, Möglichkeit und Vorurteil. Ein Beitrag
zum Verständnis des Buches Jona (S. 41-53).

1976: Der soziale Auftrag der Kirche im Spiegel seiner biblischen Begründung
(S. 232-243). Die Zukunft der Toten nach den Zeugnissen
der alttestamentlich-frühjüdischen Religion
(S. 182-195; bisher ungedruckt; zeigt die historische Entwicklung
dieser Anschauung auf).

1978: Vom dunklen Grund der Freiheit (S. 244-255; über die
Grenze des Menschen und ihre Bejahung). Die Sinnkrise bei
Kohelet(S. 91-109).

1979: DerToddesSokrates(S. 196-205).

1980: Lysis oder von der Freundschaft (S. 206-223).

1981: Amor Fati und Amor Dei (S. 256-272).

1982: Gottesgewißheit und Weltbewußtsein in der frühhellenisti-
schen-jüdischen Weisheit (S. 122-134; Qohelet und Ben Sira).
Judentum und Hellenismus (S. 135-153; Besprechung von
Literatur zu Qohelet [Braun, Whitley, Loader] und Ben Sira
[Hengel, Marböck und Middendorp]).
1983: Von der Gerechtigkeit Gottes nach dem Alten Testament
(S. 154-181: bisher unveröffentlicht: der historische Entwicklungsprozeß
wird verdeutlicht; auf S. 272 [Nachweis der Erstveröffentlichung
der Beiträge] zitiert als „Die Gerechtigkeit
Gottes nach dem Alten Testament").
Ein Personenregister (S. 2750 und ein Verzeichnis der Bibelstcllen.
Apokryphen und Pseudepigraphen (S. 277-282) und ein Verzeichnis
antiker Autoren und Sonstige (S. 283-292) schließen das Werk ab.

Das Ergebnis der verschiedenen Arbeiten ist deshalb so faszinierend
, weil der Vf. alle Ergebnisse und Lösungen streng am Text, den er
aus dem Alten und dem Neuen Testament behandelt, gewinnt. Dies
gilt auch für die Ausführungen zu griechischen und lateinischen
Schriften. Selten hat der Rez. eine so klare Interpretation platonischer
(Tod des Sokrates und Lysis) oder anderer Schriften (Tragiker) gelesen
. Nach der Ankündigung im Vorwort (S. VI 10 erwartet man gern
und freudig daraufhin eine zusammenfassende Darstellung einer
Theologie des Alten Testaments.

Wien Georg Sauer

Strauß, Hans: Messianisch ohne Messias. Zur Übcrliefcrungs-
geschichte und Interpretation der sogenannten messianischen Texte
im Alten Testament. Frankfurt/M.-Bern-New York-Nancy:
Lang 1984. 168 S. 8° = Europäische Hochschulschriften Reihe
XXIII: Theologie, 232. Kart. sfr. 36.-.

Der Titel für diese Untersuchung, die 1983 der Evang.-Theolo-
gischen Fakultät der Universität Bonn zugleich als Habilitationsschrift
vorlag, ist geschickt gewählt: Indem er auf den bekannten Sachverhalt
, daß in den sog. messianischen Texten des AT niemals das
hebr. Wort masiah = Messias gebraucht wird, rekurriert, läßt er es
zunächst offen, ob die folgenden Ausführungen die traditionelle Auffassung
von der Existenz eines Kreises von Messias-Weissagungen im
AT bestätigen oder zu einem den messianischen Charakter dieser
Texte ablehnenden Ergebnis gelangen. Die Klärung eben dieser
grundsätzlichen Frage ist aber das Hauptanliegen dieser Arbeit.

Der Vf. setzt mit einem forschungsgeschichllichen Überblick über
die Tendenzen und Schwerpunkte in der Auslegung der sog. messianischen
Weissagungen seit der Jahrhundertwende ein, wobei er sein
Augenmerk vor allem auf die dabei verwendete Terminologie und
deren begriffliche Eindeutigkeit richtet. Wie er damit bereits auf eine
unterschiedliche Betrachtung der einzelnen Texte hinweisen will, so
möchte er mit einer der Exegese der prophetischen Texte ebenfalls
noch vorangestellten Untersuchung von zwei Königspsalmen (Ps2;
110), die die Auffassung von dem Königtum in Israel - das AT bezeichnet
ja neben Priestern nur Könige ausdrücklich als Messias -
verdeutlichen soll, eine Grundlage für einen Vergleich mit den Auffassungen
der sog. messianischen Texte legen.

Die Analyse „der immer wieder und in relativer Übereinstimmung
der Exegeten als .messianische Weissagungen" herangezogenen
Texte" (S. 15) bildet sodann den Hauptteil der Arbeit. Hier werden
Jes (8,23a/?b); 9,1-6; Jes 11,1-5 (II, 6ff.l0); Mi4,14; 5.1-3.4f;
Jer23,5f (33,14-16) und Sach 9,9-10 einer eingehenden Untersuchung
unterzogen, wobei auch den Fragen nach messianischen
Texten im Buch Ezechiel und nach messianischen Erwartungen bei
den Propheten Haggai und Sacharja nachgegangen wird. Dazu beschäftigt
sich'ein hier eingefügter Exkurs mit dem vielfach fälschlich
ebenfalls als messianische Weissagung verstandenen Text Jes 7,14
(10-17). Nachdem in einem weiteren Abschnitt das Fazit aus diesen
Einzeluntersuchungen gezogen worden ist. werden noch kurz die
messianischen Vorstellungen zwischen den Testamenten sowie im
NT behandelt und Bemerkungen zur Auslegung der sog. messianischen
Texte des AT in der Gegenwart angefügt. Eine Übersicht über
die wichtigste Literatur zum Thema beschließt die Arbeit.

Worin besteht der wissenschaftliche Neuigkeitsgehalt dieser Arbeit?
Was ist ihr Hauptergebnis? Der Vf. will gegenüber der gängigen Auslegung
der traditionell als messianische Weissagung verstandenen
Texte des alttestamentlichen Kanons nachweisen, daß diese keine besondere
Messiasgestalt im Sinne eines für die Zukunft erwarteten
königlichen Herrschers kennen. Er ist der Auffassung, daß es keine
„Reihe von .Messias'-Texten" gibt, „von der man als solcher bereits
für das Alte Testament ausgehen könnte und die sich im Bezug auf
den .Messias' in dieser oder jener Richtung entwickelt hätte" (S. 96).
Dementsprechend verneint er eine durchgängige, genuine Messiasvorstellung
für das AT und führt die Zusammenstellung der diesbezüglichen
Aussagen zu der traditionellen Reihe messianischer
Texte erst auf die christliche Auslegung zurück. Von messianischen
Texten des AT zu sprechen ist deshalb nach seiner Ansicht nur insofern
berechtigt, als dadurch in retrospektiv ausgelegter Rede die Erfüllung
des alttestamentlich bezeugten Gotteswillens durch den
Christus-Messias bezeichnet wird (S. 114).

Überzeugt dieses Ergebnis? Ist es in sich schlüssig? Die Entscheidung
darüber liegt bei der Exegese der einschlägigen Texte, wobei der
Frage, was im AT unter Eschatologie zu verstehen ist und was dementsprechend
jeweils als eschatologisch zu gelten hat. entscheidende
Bedeutung zukommt. Ohne hier auf exegetische Einzelheiten eingehen
zu können, ist generell festzustellen, daß es zweckmäßig gewesen
wäre, eingangs den Begriff .Eschatologie' genau abzuklären, so
wie das für den Begriff .Messias' geschieht. Dabei wäre dann wohl
auch der Unterschied hervorgetreten, der zwischen der vorexilischen
und derexilisch-nachexilischen Auffassung vom Eschaton besteht. In
diese aber fügt sich die in den sog. messianischen Weissagungen der
Prophetenbücher auftretende Herrscher- und Heilsgestalt jeweils
durchaus ein. Natürlich hebt die Annahme einer eschatologischen
Messiasgestalt schon für das AT nicht auf, daß diese Vorstellung
durch den Christus Jesus sowie das NT und das Christentum eine
neue, differenzierte Interpretation erfuhr.

Eine andere Frage ist die nach der Entstehungszeit der einzelnen
Texte und deren späteren Überarbeitungen. Hier ist dem Vf. durchaus
zuzustimmen, wenn er für Jes 11,1-5 an eine Abfassung durch den
Propheten Jesaja denkt und Jer 23,5-6 alsein im Rahmen derdtr. Redaktion
des Buches Jeremia aufgenommenes echtes Jeremiawort versteht
. Jes 8,23a/J-9,6 hält er mit beachtenswerten Gründen für ein
nachjesajanisches, doch noch vorexilisches Wort, während er
Mi 4,14-5.3 (40 in seinem Grundbestand von einem erst nach 587
v. Chr. schreibenden .Prophetenschüler' ableitet. Ebenso sieht er in
dem Grundtext von Sach 9,9-10 ein nachexilisches Wort eines unbekannten
Propheten, wobei er davon ausgeht, daß hier eine prophetisch
konkretisierende Fortschreibung von Sach 2,14 vorliegt. Aber
der sog. Heroldsruf von Sach 2.14 findet sich auch schon Zef 3.14, so
daß für Sach 9,9-10 eine Entstehung noch in spätvorexilischer Zeit
durchaus erwägenswert wäre.

Verneint der Vf. eine spezielle Messiasvorstellung für die kanonischen
Schriften des AT, so will er doch in PsSal, und hier vor allem