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Ausgabe:

1986

Spalte:

809-810

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Schmidt, Werner H.

Titel/Untertitel:

Exodus 1986

Rezensent:

Conrad, Joachim

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung III. Jahrgang 1986 Nr. I 1

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betraut. Seine Vielseitigkeit geht daraus hervor, daß man ihn in
Glasgow als Professor für Mathematik gewinnen wollte und man ihm
in Harvard einen Lehrstuhl für Kirchengcschichtc anbot. Auch
George Adam Smith (1856-1942) hatte in Deutschland, nämlich bei
Harnack und Delitzsch, studiert. Ein Versuch im Jahre 1901, ihn
wegen seiner liberalen Anschauungen aus dem Amt als Professor für
Altes Testament in Glasgow zu entfernen, schlug fehl. Geehrt, geachtet
und geadelt ging er 1935 in Pension.

Der Verfasser stellte sich die Frage, auf welche Weise bei diesen drei
FAegerert die Bibelkritik zu Konsequenzen bei theologischen Grund-
atischauungcn führe, namentlich wie sich Schriftkritik und Glaubensverständnis
zueinander verhalten. Bei W. R. Smith bewegten sich
Schriftkritik und Glaube auf zwei verschiedenen Ebenen. Sic scheinen
überhaupt nichts miteinander zu tun zu haben. Selbst Davidson, der
wesentlich kultiviertere Theologe, war nicht imstande, die Bedeutung
der historischen Kritik für das Offenbarungsverständnis zu erhellen.
Ironischerweise hat der theologisch uninteressanteste von den
dreien, G. A. Smith, anscheinend gar keine Mühe, Glaube und
Schriftkritik zu verbinden. Das ist andererseits jedoch nicht weiter erstaunlich
, da bei ihm das Alte Testament kaum noch Bedeutung für
die christliche Kirche hat und insofern sein Schriftverständnis nicht
..orthodox" genannt werden kann, wie Riesen feststellt. Weder in der
exegetischen Einzclerörterung noch in der allgemeinen systematischen
Durchdringung unterscheiden sich diese schottischen Gelehrten
von ihren Fachkollegen in Deutschland oder Nordamerika. Die
Berücksichtigung dieser Parallelen hätte den Verfasser nach der
Eigenart dieser drei Theologen fragen lassen müssen. Zumindest eine
straffere Darstellung wäre die Folge gewesen.

Amsterdam Ulrich Gabler

Altes Testament

Schmidt. Werner H.: Exodus, Lfg. 3. Neukirchcn-Vluyn: Neu-
kirchener Verlag 1983. S. 161-240 gr. 8'= Biblischer Kommentar
Altes Testament, 2.

Die vorliegende Lieferung (zu den beiden ersten Lieferungen s.
ThLZ 102. 1977. 250-254; 105, 1980. 4160 enthält die Einzelexegese
zu Ex 3.7-22 sowie die gesamte Auslegung von Ex 4. Bei der
Einzelexegese zu 3,7-22 (161-183) nimmt erwartungsgemäß die
Deutung des Gottesnamens in V. 14 und die nötige Auseinandersetzung
mit der einschlägigen Literatur zu diesem Vers und zum
Gottesnamen überhaupt den breitesten Raum ein. Was den letzteren
betrifft, so setzt der Vf. voraus, daß die Langform als die ursprüngliche
angesehen werden muß und diese vom Qal des Verbs ftw jh .sein' abzuleiten
ist. Für die Deutung in V. 14 befürwortet er die gängige Auffassung
, daß hjh hier verbal im Sinne von .gegenwärtig, wirksam sein'
zu verstehen ist und dabei auch die Zuwendung Gottes zu Israel einschließt
, betont aber zugleich, daß eine bewußt offene Aussage gemacht
wird, die nicht einseitig auf eine bestimmte Intention festgelegt
werden darf. Bei der Analyse von 4,1 -17 (184-207) kommt er zu dem
Ergebnis, daß es sich trotz einiger Unebenheiten um ein literarisch
einheitliches Stück handelt, das auf die jehowistischc Redaktion
zurückzuführen ist. Die beiden Wunderberichte (V. 2-4.60 wurden
vermutlich aus mündlicher Tradition übernommen. Ausführlich behandelt
er das Verhältnis zu verwandten Aussagen der Priesterschrift
in Ex 7 und erklärt die letzteren als spätere Verarbeitung von 4,1 -17
oder einer beiden gemeinsamen mündlichen Überlieferung. Für 4,1 lf
nimmt er weisheitlichen Einfluß an. Typisch deuteronomistischen
Sprachgebrauch, der auf eine entsprechende Redaktion schließen
ließe, kann er nicht feststellen. In 4,18-23 (208-215) sind die Verse
18-20 den Quellen J und E zuzuweisen (V. 18.20b E.V. 19.20a J, vor
V. 19 stand ursprünglich 2,23aaJ,s. dazu ThLZ 105. 1980.416). Die
Verse 21-23 sind das Werk einer nachpriestcrschriftlichen Redaktion
. Besondere Schwierigkeiten bereitet natürlich die Auslegung von
4.24-26 (216-234). Der Vf. hält es für geboten, sich strikt an den
Wortlaut des Textes zu halten und auf Hypothesen über eine mögliche
Vorgeschichte zu verzichten. So findet er keine Anhaltspunkte
für die Annahme, daß es sich hier ursprünglich um eine Dämonengeschichte
handele, die später auf Jahwe übertragen worden sei. Vielmehr
nimmt er an. daß Jahwe von Haus aus. und d. h. als einem bereits
von den Midianitcrn verehrten Gott, ein ..dämonischer" Zug
eigen gewesen sei und deshalb auch die Midianiterin Zippora von Anfang
an zu dieser Geschichte hinzugehört habe. Da die Verheiratung
Moses mit Zippora und die Existenz eines gemeinsamen Kindes
vorausgesetzt ist. kann die Beschneidung kein Hochzeitsritus sein.
Das Wort halan hat deshalb nicht die spezielle Bedeutung .Bräutigam
", sondern ist etwa mit .durch Heirat Verwandter' wiederzugeben,
wobei vielleicht auch zum Ausdruck gebracht wird, daß der Ritus eine
höhere Qualität der Gemeinschaft zwischen den Partnern bewirkt.
V. 26b scheint anzudeuten, daß es sich nicht um einen einmaligen
Akt, sondern um einen bestimmten Brauch handelt. Jedoch gibt es
keine Anzeichen dafür, daß durch den Text als ganzen die Beschneidung
oder speziell die von den Kindern ätiologisch begründet werden
soll. Literarisch ist der Text J zuzuweisen. Die abschließenden und zu
Ex 5ff überleitenden Verse 4,27-31 (235-240) sind teils wiederum J
(V. 29.31b), teils der jehowistischen Redaktion zuzuweisen
(V. 27E30.31 a, zu dieser gehört auch die Nennung Aarons in
V. 29).

Die Grundsätze der Kommentierung sind die gleichen wie in den
beiden ersten Lieferungen, auf deren Besprechung zu verweisen ist.
Auch im einzelnen hat der Vf. wieder äußerst subtile und doch stets
die größeren Zusammenhänge einbeziehende Arbeit geleistet. Angesichts
des gegenwärtigen Streits um die Pentateuchquellen sind seine
litcrarkritischen Analysen natürlich von besonderem Interesse. Für
die Beantwortung der Frage nach der Tragfähigkeit der neueren
Urkundenhypothese bzw. der Notwendigkeit einer Neuorientierung
werden sie auch in Zukunft stets herangezogen werden müssen. Um so
dringlicher erwartet man eine baldige Fortführung des Kommentars.
Ob mit dem strikten Festhalten am jetzt vorliegenden Text das letzte
Wort über die Auslegung von 4.24-26 gesprochen ist. kann man
fragen, auch wenn der Vf. sehr eindringlich zeigt, daß alle Versuche,
eine ältere und ursprüngliche Intention zu erschließen, stets neue Probleme
aufwerfen. Daß auch die Diskussion um den Gottesnamen und
seine Deutung weitergeht, beweisen u. a. die in letzter Zeit erschienenen
Untersuchungen zu Bedeutung und Funktion von hjh.' Insgesamt
aber kann nur gesagt werden, daß die vorliegende Lieferung die hohen
Erwartungen, die man der Kommentierung des Vfs. entgegenbringt,
im vollauf erfüllt und daß sie für die weitere Forschung an diesem so
schwierigen Buch von grundlegender Bedeutung ist.

Jena/Leipzig Joachim Conrad

1 Hingewiesen sei nur auf R. Bartclmus. HYH. Bedeutung und Funktion
eines hebräischen ..Allerweltswortes". 1982. und die Beiträge von N. Kilwing
in BN 7 und 10(1978/79).

Stendebach. Franz Josef: Rufer wider den Strom. Sachbuch zu den
Propheten Israels. Stuttgart; Kath. Bibelwerk 1985. 154 S. m. zahlr.
Abb. u. Taf. gr. 8' = Sachbuch zur Bibel. Lw. DM 35.-.

Mit diesem Sachbuch wird der Versuch unternommen, die Bedeutung
der atl. Propheten ganz allgemein, einschließlich wesentlicher
Ergebnisse der neueren Prophetenforschung, für den kirchlichen
Unterricht und für die kirchliche Verkündigung aufzuarbeiten und zu
aktualisieren. Es ist das zentrale Anliegen des Vf. (seit 1981 Honorarprofessor
für Altes Testament an der Universität Frankfurt/M.). die
prophetische Verkündigung für unsere Zeit neu zur Geltung zu
bringen. Dabei arbeitet er stark mit assoziativen Mitteln. Über dem