Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1986

Spalte:

741-744

Kategorie:

Neues Testament

Titel/Untertitel:

Christology and exegesis: new approaches 1986

Rezensent:

Schweizer, Eduard

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

741

Theologische Literaturzeitung III. Jahrgang 1986 Nr. 10

742

inneren Gnade (64). Das jüdische Fest wird als Sakrament recht begangen
durch die unsichtbare Aneignung der Gnade in der mystischen
Erfahrung (64). Offenbart wird dabei die rettende Wahrheit in der
Tora (64f). G. glaubt, daß den Sakramenten bei Philon gleichwohl
eine Kraft innewohnt, ob sie nun durch die Teilnehmer verstanden
werden oder nicht (149).

Was E. als Ergebnisse von G.s Untersuchungen der "Jewish Symbols
in the Greco-Roman World" (Kap. 5fj in seinem großen Werk
herausarbeitet (67-87. 89-105). können wir hier nicht einmal skizzieren
. Es geht hier einerseits um sehr viel Einzclmatcrial, andererseits
um allgemeine Erwägungen; G. holt auch religionsgcschichtlich sehr
weit aus. Die vielfaltigen Symbole weisen nach G. auf die Gestalt des
jüdischen Mysteriums, deren führender Sprecher Philon ist (81). Sie
zeigen auf den Reichtum der göttlichen Existenz, den man sich im Zusammenhang
mit dem Dargestellten aneignet (81). "Symbols are not
abstractions"(l63).

Eine eigene Zusammenfassung des Ertrags der Arbeit an den Symbolen
durch G. druckt E. 85f ab. Danach sprechen die Symbole eine
lingua franca (davon ist in E.s Buch häutig die Rede) der zeitgenössischen
Religionen. E. weist daraufhin, daß diese These von anderen
Forschern in Zweifel gezogen worden ist (86). und referiert dazu vor
allem S. W. Baron (ebd.). G. bemerkt, daß die Benutzer bestimmter
Symbole nicht weniger das Gesetz beachteten, nicht weniger ..orthodox
" waren als die späteren rahhinischen Juden, die sie sämtlich verwarfen
(97).

In Kap. 7 sind u. a. auch Einzelheiten aus dem z. T. eigenwilligen
Verständnis neuteslamentlicher Schriften durch G. referiert
(I 16-129). Sein Plan, eine ausgedehnte Arbeit über die Anlange des
C hristentums zu schreiben, kam nicht mehr zur Ausführung (123;
s. u.).

In Kap. 7 kennzeichnet E. das nach G. sachgemäße "Scientific
Study of Religion*" (107-129; nach G. ist wahres wissenschaftliches
Studium der Religion bisher nicht unternommen worden. 107). Die
Wissenschaft von der Religion erfordert andere Methoden, als sie anderswo
angewendet werden (112). um den Vorhang zu lüften und das
tremendum ein wenig tiefer zu verstehen (I 13).

G. sieht in Philons Mose das Urbild für das ganze Volk Israel (58).
Mose ist dargestellt als der Heiland (saviour) des Judentums schlechthin
, wenn nicht als der Logos selbst, so doch als dessen Werkzeug
(ebd.).

In Kap. 9. The Unfinishcd Journcy (159-175), behandelt E. Varia.
G.s Gesundheit (1661"). Äußerungen üherdie exklusive Groton School
(167-169), die seine Söhne besuchten, G.s Verhältnis zu S. Sandmel
(1730. verschiedene Veröffentlichungen (161-164) usw. Eine ..unvollendete
Reise" blieb sein Leben vor allem dadurch, daß es nicht zu
dem Buch über die Anlange des Urchristentums kam (169-173).
Frühere Veröffentlichungen geben Hinweise auf G.s Auffassungen.
Eine gegliederte Liste der hauptsächlichen Gesichtspunkte für das
Opus enthält ein Brief vom Okt. 1958 (1700- G. war von der Geschichtlichkeit
Jesu überzeugt (1720.

E. spricht gelegentlich ausdrücklich aus. daß er G.s Auffassungen
darstellt und eigene Bemerkungen zum Thema gibt (vgl. 40). Im
ganzen gilt jedoch sichtlich das erste. Es geschieht auf Grund einer
weitreichenden Kenntnis des umfänglichen Schrifttums G.s. Im
ganzen mußten wir uns auf eine noch dazu auswählende Berichterstattung
beschränken. Ohne Frage kann der Band nicht zuletzt als eine
Einführung in Philon selbst bzw. als Überblick über sein Werk
dienen.

Gerhard Delling t

Neues Testament

Jewett, Robert [Ed.]: ChrMology and Kxegcsis: New Approaches.

Decatur: Scholars Press 1985. V, 235 S. gr. 8* = Semeia, 30. Kart.
$9.95.

Der Band enthält Referate und Korcferate aus Seminaren der
Society of Biblical Literature und der American Academy of Religion
in USA 1981/1982, in denen Excgeten und Systematiker den Graben
zwischen den Disziplinen zu überbrücken suchen. Ergibt einen ausgezeichneten
Eindruck von den Strömungen dort. Dem Leser ist wohl
am besten gedient, wenn ich berichte, was ich daraus gelernt habe.

1. Hilfreich sind zusammenlässende Darstellungen. Joseph
Ramisch zeichnet (S. 29-48) E. Schillebceckx' Weg nach. Gibt es
schon im NT Interaktion zwischen Erinnerung an Jesus - der gegen
Bultmann überall wesentlich ist - und späterer Erfahrung, so sind
auch die Ersterfahrungen der Gemeinde mit Jesus (die immer schon
Interpretation und sprachliche Form einschließen) und die heutigen
Erfahrungen die beiden Quellen der Christologie. So bleibt Jesus
immer das korrigierende Gegenüber für alle christologischen Aussagen
. Zweifel sind vor allem gegenüber seiner Hypothese einer
Q-Gemeinde angemeldet worden (H. Küng), aber einen „vor-
kerygmatischen Jesus" will Schillebeeckx nicht konstruieren (wie er
gegen W. Kaspers Anfrage feststellt), wohl aber die soziale Dimension
der Begegnung mit Jesus unterstreichen. Grant Osborne läßt
(S. 49-62) die hermeneutische Entwicklung Revue passieren. In kurzen
Charakterisierungen werden europäische und amerikanische Beiträge
von der dialektischen Theologie mit ihren Fortentwicklungen
(Käsemann, Ebeling. "Myth of God Incarnate") über Stuhlmacher,
Pannenberg und Mollmann zur "Process"- und Befreiungstheologie
(inkl. eindeutig marxistische Werke wie die Belos) und zum Einfluß
der Soziologie und der Wcisheilstheologie vorgeführt. Heutige Fragen
an die klassische Christologie sind: I. eine Christologie ..von unten",
2. der Einsatz bei Ostern statt bei der Inkarnation, 3. die zwei
„Naturen", 4. eine naive Gleichsetzung von historischen und
my thischen Aussagen. 5. der irdische Jesus. 6. die Trennung von Person
und Werk. 7. die Sinnhaftigkeit für heute. Hinzuzuzählen wären
Holladays Zusammenfassung von Dürrns Buch (S. 66-71). Kees Referat
über Bousset (S. 172-177) und Füllers Besprechung von Hans
Graß, Edward Schillebceckx. James Dunn, A. T. und R. P. C. Hanson
und A. E. Harvey(S. 105-1 15).

2. Anregend ist die Diskussion über die religionsgeschichtlichen
Hintergründe des NT. Ich bin mit Larry Hurtados Warnung
(S. 15-27) vor unvorsichtigen Gleichsetzungen völlig einig. Das von
„manchen Göttern und Herren" (S. 24:1.. nicht 2Kor 8,5-6) her
Übernommene wird im NT oft inhaltlich ganz neu bestimmt, und
Einflüsse sind immer in beiden Richtungen möglich. Ebenso einig bin

■ ich mit Howard Clark Kees (S. I 71 -192) Hinweis darauf, daß in hellenistischen
Ky rioskulten der Gedanke einer cschatologischen Rechtfertigung
, der in die jüdische Apokalyplik gehört, völlig fehlt und mit
seinen Vorbehalten gegenüber James Robinson und Helmut Koester.
Mit Recht bezweifelt er die Existenz der Vorstellung vom „göttlichen
Menschen" in jener Zeit und von selbst gegenüber Q primären Sprüchen
des Thomasevangeliums. Apollonius von Tyana ist mit gleichzeitigen
Apokryphen (wo die Apostel Wunder tun. nicht Jesus!) verwandt
, aber nicht mit dem für Markus wie Johannes wichtigen, über
Satan triumphierenden Wundertäter. Gründlicherer Untersuchung
bedarf die werdende Merkavah-Mystik des Judentums (ebd. S. 175),
obwohl Dennis Duliiif>s Frage, wie weit sich diese von jüdischem
Gnostizismus unterscheide und vor allem in ihrer Datierung früher
anzusetzen sei als jener (S. 1951"). ebenso zu hören ist wie Neusners
Warnung (bei Huriado S. 18) davor, rabbinische Texte in die Zeit vor
70 n. Chr. zurückzutragen. Ähnliches gilt für jüdische Lehren von
Mittlern von Adam als Gottessohn über Mittlerengel bis zur Throngestalt
Ezechiels (Alan Schill als jüdischer Kollege. S. 92: auch Dunn
S. 104). Einig ist man sich, daß ein vorchristlicher iranischer Erlösermythos
nicht nachweisbar ist im Umfeld des NT (Segal S. 86). Hingegen
w ird heftig darüber gestritten, ob man das Christentum nicht als
Strömung im damaligen Synkretismus sehen und also die hellenistisch
-populären „Gottessöhne" als wichtige Komponente werten
müsse (Carl HolladayS. 77: Romulus kommt nach Plutarch „von den
Göttern". Augustus wird bei Vergil als Apollo, bei Horaz als Merkur