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1986

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Altes Testament

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Theologische Literaturzeitung III. Jahrgang 1986 Nr. 10

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angedeuteten Sachfragen zu erwarten, aber mehr Informationen
hätten sich sicher im Anmerkungsteil unterbringen lassen.

Natürlich wird man mit dem Vf. über die Abgrenzung der Texte
und über seine literarkritische Analyse streiten können, vor allem
wenn man die Dissertationen von Blum, Köckert und Lux und andere
Arbeiten zu den Vätergeschichten im Gedächtnis hat. Es wäre nur
wichtig, daß der Leser merken würde, daß er sich auf ein Arbeitsmodell
des Vf. einläßt, das neben anderen steht und keinen Anspruch
auf Allgemeingülligkeit erhebt.

Die Auslegung der einzelnen Texte wird der Leser mit geistlichem
Gewinn benutzen. Er wird herangeführt an die theologische Arbeit
der Textautoren und Redaktoren und kann erkennen, wie in Interpretationen
und Textkompositionen der lebendige Anspruch Gottes
aktualisiert wird.

Leipzig Hans Seidel

Gunneweg, Antonius H.J.: Esra. Mit einer Zeittafel von A. Jepsen.
Berlin: Evang. Vcrlagsanstalt (Lizenzausgabe des Gütersloher Ver-
lagshauscs Gerd Mohn, Gütersloh) 1985. 191 S. Zeittafel gr. 8" =
Kommentar zum Alten Testament.

Gewiß muß gefragt werden, ob sich Bibelkommcntarc in einer
Krise befinden.' Das Erscheinen eines neuen Kommentars ist jedoch
ein Ereignis. Und dies um so mehr, wenn der aufwendige Versuch
, ein biblisches Buch durchgehend auszulegen, dem schwierigen,
aber für das Verständnis der atl-nachexilischen Zeit und des frühen
wie späteren Judentums wichtigen Esrabuch gilt. Mit dem Erscheinen
des hier anzuzeigenden Kommentars wird - nach langer Pause - die
Reihe Kommentar zum Alten Testament erfreulicherweise fortgesetzt
. Der Band - es müßte XIX,I der Reihe sein - ist nach Auskunft
des Verlages in Kooperation mit dem Güterlohcr Vcrlagshaus hergestellt
worden.

Der Grundansatz des Vf., das Esrabuch als kompositorisch mit dem
Nehemiabuch zusammengehörig und als Ergebnis und Ausdruck
chronistischer (=chr) Theologie zu verstehen, bestimmt Methodik
und Ergebnis: Die Texte verfolgen eine theologische Aussagcabsicht:
es ist nicht möglich, von ihnen historische Zuverlässigkeit zu erwarten
. Also können auch die für Esra-Nehcmia meist üblichen Versuche
, echte persische Dokumente nachweisen und die Texte in eine
angeblich sinnvollere Anordnung bringen zu wollen, unterbleiben.
Vf verfolgt seine Linie konsequent und - nach Ansicht des Rez. - zu
Recht. Das gibt dem Kommentar bei aller Fülle von Detailarbeit, auf
die hier nicht eingegangen werden kann, eine große innere Geschlossenheit
.

Die Einleitung behandelt nach Name und Stellung des Buches im
Kanon und Text und Versionen ausführlich das Verhältnis des Esra-
buches zum sogenannten 3. Esra und zu den Chronikbüchern
(21-28). bevor Esra-Nehcmia als kompositorische Einheit herausgestellt
wird (28-31). Dem 3. Esra wird - von textkritischen Einzelheiten
abgesehen - jegliche Bedeutung „für die Wiederherstellung einer
älteren Gestalt" von Esra-Nehcmia abgesprochen (24). Nach Abwägen
der in der Forschung vorgebrachten sprachlichen und stilistischen
Argumente für oder gegen eine Zusammengehörigkeit von Esra-
Nehcmia und 112 Chr und dem Feststellen einer Art Pattsituation
im Für und Wider (26) plädiert Vf. aufgrund inhaltlicher Überlegungen
für eine Zusammengehörigkeit und erkennt im ..Chronisten"
eine nachexilischc Schule (28). Denkbar erscheint es sogar, daß Esra-
Nehemia zuerst und allmählich als Fortführung des dtrG geschaffen
sein könnte, bevor 112 Chrals „Vorbau" hinzukam (cbd).

Wenn Esra-Nehcmia als „bewußt so gestaltcte(n) kompositioncl-
le(n) Einheit" (30) aufgefaßt wird, erweist sich die Kommentierung
des Esrabuchcs allein letztlich als ein Fragment, auf dessen Vervollständigung
gespannt gewartet werden darf.

Die bisherige Unabgeschlossenheit der Auslegung des Gesamtwerkes
Esra-Nehcmia durch Vf. bringt es vermutlich mit sich, daß ein

eigener Abschnitt zur Theologie des Esrabuches fehlt. Der Exkurs
„Die Theologie des chr Esragebets" (170-172) kann den empfundenen
Mangel nicht beheben, obwohl Esr9 in der Tat ein „Kompendium
chr Theologie" in Form eines Gebetes darstellt (170). Dieser
Exkurs stellt die theologische Aporie der chr Konzeption deutlich
heraus. Wenn freilich am Ende das chr Verständnis von Heil dem
paulinischen gegenübergestellt und als unzureichend erwiesen wird
(172), erscheint das wie ein Drang, die Überlegenheit des eigenen
Glaubens hervorheben zu müssen. Zu Recht hat Vf. wiederholt betont
- besonders bei Listen und aramäischen Texten im Esrabuch -.
daß der chr Theologe nicht mit der Elle historischer Zuverlässigkeit
gemessen werden darf. Ist es dann angemessen, vergleichsweise eine
christlich-soteriologische beizubringen?

Das Beifügen von Registern (187-191) ist zu begrüßen; es entspricht
einer Gepflogenheit der Reihe. Die beiden inhaltlich ausgerichteten
Register sind aber leider nicht wirklich zuverlässig. Die
Überschrift „Hebräische und aramäische Begriffe" macht den Auswahlcharakter
dieses Registers nicht hinreichend deutlich; die Seitennachweise
der aufgeführten Stichwörter müssen auf Vollständigkeit
ergänzt werden. Vor allem im Register „Wichtige theologische
Begriffe" sind bei vielen Stichwörtern die angegebenen Seitenzahlen
unvollständig.

An Druckfehlern fallen folgende etwas stärker ins Gewicht: S. 77, 5. Z. v. o„
ergänze: Jahwe.; S. 114. 5. Z. v. u.: 2Chr 7. 4-10 statt IChr 7,4-10; S. 146
fehlt die Note bzu 8.14 (oder ist S. 145. 16. Z. v. u.. statt b auch a zu lesen?).

Unabhängig von den kritischen Anmerkungen stellt der Kommentar
einen wertvollen Beitrag zum Verständnis des Esrabuches und der
chr Theologie dar.

Naumburg Arndt Meinhold

' Vgl. BThZ 2, 1985; 3.1986 (Rubrik: Das besondere Thema).

Lang. Bernhard: Zur Entstehung des biblischen Monotheismus (ThQ 166.
1986. 136-142).

l.iwak. Rüdiger: Die Rettung Jerusalems ifh Jahr 701 v. Chr. Zum Verhältnis
und Verständnis historischer und theologischer Aussagen (ZThK 83. 1986.
137-166).

Schüngel-Straumann. Helen: Gott als Mutter in Hosea 11 (ThQ 166. 1986.
119-134).

Soggin. J.A.: Sulla traduzionedella Biblia (Protest. 41. 1986. 106-107).
Thiel. Winfried: Der Prophet Jcremia und das Jcremiabuch (ZdZ 39. 1985.
190-195).

VVolff. Hans Walter: Prophets and institutions in the Old Testament
(CThMi 13. 1986.5-12).

Judaica

Gräßer, Erich: Der Alte Bund im Neuen. Exegetische Studien zur
Israelfrage im Neuen Testament. Tübingen: Mohr 1985. VIII,
345 S. gr. 8' = Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen
Testament. 35. Kart. DM 49,-; Lw. DM 86,-.

„Die Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland hat am
III. 1980 sehr weitgehende Beschlüsse zum Thema Judentum und
Christentum gefaßt. Diese Beschlüsse haben bei Juden und Christen
eine lebhafte Diskussion ausgelöst, um die es augenblicklich zwar etwas
ruhiger geworden ist, die aber gleichwohl noch lange nicht abgeschlossen
sein dürfte. Was an dieser Diskussion besonders auffällt,
sind Spannweite und Stil. Ihre Spannweite reicht von der Forderung
nach Aufnahme des Synodalbeschlusses in das Ordinationsgelübde
der Pastoren bis zum Vorwurf der perfekten Häresie. Ihr Stil ist geprägt
durch eine gereizte und oß ins Persönliche gehende Polemik."
(Ausdem Nachwort, 312).

Erich Gräßer hat sich sogleich und mit vielen seiner Kollegen innerhalb
der Bonner Fakultät kritisch mit dem Beschluß der Rheinischen