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Ausgabe:

1986

Spalte:

690-692

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Mehedint̨u, Viorel

Titel/Untertitel:

Offenbarung und Überlieferung 1986

Rezensent:

Schulz, Günther

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689

Theologische Literaturzeitung III. Jahrgang 1986 Nr. 9

690

Doch solche kritischen Anmerkungen, die sich auf die Denkmethode
und nicht aufden Denkinhalt, auf die Klarheit und vielleicht
auch Überzeugungskraft des Denkens und nicht auf die durch es vermittelten
Gehalte beziehen, können das Bedenkenswerte der Levi-
nas'schen Gedanken nicht aufheben. Das Buch ist gewiß nicht leicht
zu lesen (zumal die offensichtlich sehr getreue Übersetzungsich nicht
immer dem gewohnten deutschen Sprach- und Denkstil anpaßt). Aber
es wäre seinen Gedanken :n wünschen, daß sie uns so manche uns
selbstverständlich erscheinenden philosophischen und theologischen
Denkweisen, die uns heule so ..modern" erscheinen, wenn nicht sogar
erschüttern, so doch zumindest neu kritisch sichten la ssen.

Marburg Günther Keil

Dlimidt. U.: Filosofic en het geweht van het woord (TFil 47. 1985,
195-213).

Kilich. J : Sprachplulosophic. Kopernikanischc Wende und .Linguistie Turn'
(Bijdr. 46. 1985.141-153).

Ladurner. Hans-Georg: L'hommcet le langage(RThPh 118.1986. 11-19).

Gilbert, Paul: La christologic soteriologique de Kant (Gr. 66. 1985.
491-515).

Guardini Romano: Der Gegensatz. Versuche zu einer Philosophie des
Lebendig-Konkreten. 3. Aufl. Mit einem Nachwort von H.-B. Gert Mainz.
Grünewald 1985. 235 S. 8 Kart. DM 29.80.

Ilornauer. Uwe: Abgesang der Postmoderne. Die unvernünftige Rede vom
Ende der Aulklärung(EK 18.1985.492-494).

Kaiser. Jochcn-C hristoph: Organisierte Religionskritik im 19. und 20. Jahrhundert
(ZRGG 37. 1985.203-215).

Koekelmans, J. J.: Heidegger on Melaphorand Mctaphysics (TFil 47. 1985.
415-451).

Müller. Horst: Kritische Theorie und Revolutionärer Humanismus
(Univ. 41.1986.153-163).

Torrance. Thomas F.: The Christian Frame of Mind. Edinburgh: Handscl
Press 1985. 63 S. 8". Kart. £ .3.50.

Systematische Theologie: Allgemeines

Long. Eugene Thomas: Existcncv, Boing and God. An Introduction to
the Philosophical Thcology of John Macquarrie. New York: Para-
gon House 1985. XI. 124 S. gr. 8'.

Das erste Kapitel enthält eine ..intellektuelle Biographie" des gebürtigen
Schotten (Jahrgang 1919). Von seinem Studium in Glasgow
an zeigte sich M.s Interesse an philosophischer Grundlegung der
Theologie im Kontext angelsächsischer Tradition. Die Bibliographie
(S. 107-1 16) weist dabei freilich zugleich ein weitgespanntes Interesse
an den theologischen Diskussionen des Kontinents aus. Bis in die
sechziger Jahre hinein setzt sich M. beispielsweise mit Existentialismus
und Hermeneutik vor allem Bultmanns auseinander. Ebenso
widmet er sich Tcilhard de Chardin und Karl Rahner. Er schreibt eine
Geschichte des religiösen Denkens im zwanzigsten Jahrhundert, die er
in mehreren Auflagen bis zum Stand Von 1980 fortführt. Unübersehbar
ist seine Anstrengung um eine sprachphilosophischc Prüfung der
Theologie (z. B. „Gott-Rede: Eine Untersuchung der Sprache und
Logik der Theologie". Würzburg 1974). Diese theologia naturalis
oder - so die von M. vorgezogene Selbstbezeichnung - Philosophische
Theologie zwischen Panentheismus utlfl „dialektischem Theismus"
(S. IX) versteht Long als einen neuen Stil theologischer Arbeit, der
sich gründet auf Heideggers Analyse von Existenz und Sein. Diese
Philosophische Theologie könne diejenigen befriedigen, die sich
durch die institutionalisierte Religion nicht angezogen fühlten. In
diesem Rahmen wird Glaube als Eigenverständnis des Selbst im Verhältnis
zum Sein interpretiert. Gott ist lür M. „Heiliges Sein". Die
eigentümliche Verbindung von Erfahrung und Wissen führt dazu, daß
M. dem existentiellen Glauben an Gott sein Recht zugesteht, aber
gleichzeitig für das religiöse Wissen die Vernunft und das darauf

fußende Argument als notwendig ansieht. In einem abschließenden
Kapitel setzt der Vf. sich noch einmal beschreibend und differenzierend
mit der Bedeutung des Glaubens bei M. auseinander.

Rostock Jens Langer

Mehedin(u, Viorel: Offenbarung und Überlieferung. Neue Möglichkeiten
eines Dialogs zwischen der orthodoxen und der evangelisch-
lutherischen Kirche. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1980.
352 S. gr. 8'= Forschungen zur systematischen und ökumenischen
Theologie. 40. Kart. DM 64.-.

Das Problem Schrift und Tradition ist ein Grundproblem jedes
orthodox-evangelischen theologischen Gesprächs. Der erste Briefwechsel
zwischen dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantino-
pcl. Jeremias IL. und den Tübinger Theologen (1573-1581) ist außer
an dem verschiedenen Verständnis des Heils eben an diesem Problem
gescheitert (S. 305-316. vgl. auch Georg Kretschmar. Die Confessio
Augustana graeca. Kirche im Osten, 20/1977. S. 1 1-39). In unserem
Jh. vermochten auf diesem Problemfeld die evangelisch-orthodoxen
Dialoge den Bereich gegenseitig tolcrabler Aussagen weiter abzustecken
. Das vor kurzem begonnene, produktive theologische Gespräch
zwischen der EKD und der Rumänischen Orthodoxen Kirche
zum Thema: Die Heilige Schrift, die Tradition und das Bekenntnis
formulierte in seiner ersten Thesenreihe:

„Nach orthodoxem wie nach evangelischem Verständnis gibt es
neben der .apostolischen Tradition' eine verlängerte lebendige Tradition
, die für Glaube und Kirche unerläßlich ist. Wir sind auch beide
der Auffassung, daß es in nachncutestamcntlicher Zeit eine Tradition
gibt, deren sachliche Identität mit dem biblischen Zeugnis nicht in
Frage steht. Wir unterscheiden uns darin, daß für die orthodoxe
Kirche die verbindliche Tradition der ersten acht Jahrhunderte als Bestandteil
der .apostolischen Tradition' neben der Heiligen Schrift angesehen
wird, während für die evangelische Kirche die Überlieferung
der Alten Kirche ebenfalls als kirchliche Tradition beurteilt wird."
(Beiheft zurÖR 42, 1982,23)

Gelöst ist dies Grundproblcm aber keineswegs. Der theologische
Fortschritt ist wohl nur im mühsamen Geschäft der einzelnen Dialoge
anzustreben und zu erproben und durch Monographien, wie etwa die
vorgelegte, zu fördern.

Der Monographie kommt zweifelsohne zugute: Sie weitet die zu
Engführungen neigende Frage des Verhältnisses von Schrift und Tradition
aus und spricht grundsätzlich von Offenbarung und Überlieferung
, da „das Traditionsverständnis von dem der Offenbarung geprägt
und bestimmt ist" (S. 13). Das ermöglicht es. „von der Mitte der beiden
Positionen" auszugehen (S. 14). Die „Theologien verschiedener
Kirchen . . . können ... als gegenseitige Ergänzung und Bereicherung
. . . zum Verständnis der Heilswahrheit verstanden werden. Als
solche gehörten sie zu der Mannigfaltigkeit der Katholizität der frühen
ungeteilten Kirche." Es bleibt jedoch „notwendig, diese nach dem
Zeugnis der Schrift und der Tradition der frühen Kirche zu befragen,
denn nur auf diese Weise könnte eine echte Annäherung zwischen den
Kirchen erfolgen mit dem Ziel der Rückgewinnung ihrer Lchrcinheit
und Gemeinschaft" (S. 17).

Teil I „Der Gcschichts- und Geschehenscharaktcr der Offenbarung
" behandelt Offenbarung und Geschichte, zum anderen
Offenbarung als gegenwärtiges und personales Geschehen (mit den
Unterpunkten: Wort und Sakrament in der evangelischen Theologie.
Sakrament und Wort in der orthodoxen Theologie, das personale
Olfenbarungsvcrständnis in der evangelischen Theologie, das Offenbarungsverständnis
aus der Sicht der orthodoxen Theologie). In der
Zusammenfassung heißt es u.a.: „Aus dem Anspruch der Oftenbarung
. an alle Menschen gerichtet zu sein, ergibt sich, daß sie nicht
nur als einmalige, sondern zugleich als immer neue gegenwärtige Tat
Gottes zu verstehen ist... Sowohl in der evangelischen als auch in der
orthodoxen Theologie gelangte man zu einem personalen Olfen -
barungsverständnis . . . Die Offenbarung wird als Erlösung aufgefaßt.