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Ausgabe:

1986

Spalte:

683-684

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Krause, Gerhard

Titel/Untertitel:

Andreas Gerhard Hyperius Briefe 1530-1563 1986

Rezensent:

Bräuer, Siegfried

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Seite 1

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683

Theologische Literatur/eilung III. Jahrgang 1986 Nr. 9

684

testantischer Theologie eine so untergeordnete Rolle spielen" (206).
Abschließend legt H. drei Gesichtspunkte vor. die bei einer alternativen
Deutung Tertullians beachtet werden sollten. An I.Stelle
nennt er die Beobachtung, daß die bei Tertullian oll vorkommende
Rede vom Zorn Gottes, von Lohn oder von Furcht des Menschen vor
Gott durchaus „neutestamentlich und allgemeinchristlich sind"
(208). Der 2. Gesichtspunkt ist für H.. daß bestimmte ..merita" wie
Zölibat oder Martyrium auch schon in der Tradition vor Tertullian
vorhanden sind. Punkt 3 verweist aul'die eschatologische Ausrichtung
Tertullians: ,,Es geht letztlieh darum, in der Endzeit der Heilsgeschichte
in einer Vollkommenheit zu leben, wie Gott sie ursprünglich
gewollt hatte und aul'die hin er nun die Menschen durch
den Geist-Paraklcten führt" (209). Den Schlußabsatz hat H. vorsichtig
formuliert, sein Schlußsatz ist eindeutig: ..Unsere Vermutung
ist. daß Tcrtuliian, wenn er unter dieser Perspektive gedeutet wird,
kaum als Antizipator oder Schöpfer des Verdienstgedankens betrachtet
werden kann. Wahrscheinlich würde seine Auflassung vom
christlichen Leben einer Überprüfung, die von reformatorischen Kriterien
ausgehl, nicht standhalten. Schöpfer oder Antizipator der
abendländischen Verdicnstlchrc ist dieser unzeitgemäße Enthusiast
und Rigorist jedoch nicht" (2 10).

Rostock GertHaendler

Krause. Gerhard: Andreas Gerhard Hyperius Briefe 1530-1563.
hg., übers, u. kommentiert. Tübingen: Mohr 1981. XIV. 290 S.
gr. 8 "= Beiträge zur historischen Theologie, 64. Lw. DM 98.-.

Der Bonner Praktische Theologe Gerhard Krause, durch seinen
Forschungsbericht von 1969 und die Studien über Leben. Bilder und
Schrillen seines Marburger ..Vorgängers" ausgewiesen, konnte seine
langjährigen Forschungen kurz vor seinem Tode mit der Edition der
Briefe des Hyperius abschließen. Er hat damit der reformationsgeschichtlichen
Forschung einen großen Dienst erwiesen. Die meisten
Briefe waren zwar ihrem Inhalt nach bekannt, die Nuancen in der
theologischen Haltung des Hyperius (an der Seite der Schweizer, aber
nicht ohne freundliche Kritik im Abendmahlstreit; 198), die Dichte
seiner Beziehungen nach Zürich, das Interessenspektrum von europäischem
Ausmaß und die engen Kontakte zum landgräflichen Hof
lassen sich jetzt erst in der ganzen Differenzierung überblicken. Sofern,
bereits ediert, war das Quellenmatcrial weil verstreut. Hyperius fungierte
für die Zürcher genauso wie für den hessischen Hof als Nachrichtenmultiplikator
. Einzelne seiner Briefe nehmen partienweise fast
die Form der ,,newen Zeitung" an. Wir werden nicht nur über die
Marburger Universitätsverhältnisse, sondern auch über das Schicksal
des reformatorischen Einflusses in Frankreich, in den Niederlanden
und England unterrichtet. Vor allem aber enthalten die Briefe reiche
Information über die konfessionellen Spannungen im Reich unter
Ferdinand I. und die Auseinandersetzungen zwischen Gnesioluthcra-
nern und Mclanchthonianern. Für eine notwendige neue Darstellung
der Reformationsgeschichte in der zweiten Hälfte des 16. Jh. steht
dem Kirchenhistoriker mit der Edition von 74 erhaltenen Briefen,
von denen 26 an Heinrich Bullinger gerichtet sind, ein leicht zugängliches
illustratives Quellenmaterial zur Verfügung.

Der Ausgabe ist eine aussagekräftige Einleitung vorangestellt, die
auch über die Editionsprinzipien Auskunft gibt. Die Originaltexte
werden „diplomatisch getreu" wiedergegeben. Zu dieser Angabe
paßt allerdings nicht der Hinweis, daß „selten ein das Lesen erschwerendes
u als v gesetzt" wurde (XIII). Mit der Entscheidung, den
fast durchweg lateinischen Texten deutsche Übersetzungen beizugeben
, wird zwar die Tradition der wissenschaftlichen Ausgaben
durchbrochen, angesichts der heutigen Situation aber mit Sicherheit
die Kenntnisnahme der Hyperiusbriefe sehr gefördert. Krause hat sich
bemüht, dem Humanistenstil auch in der Übersetzung Rechnung zu
tragen. In einigen Fällen erhebt sich die Frage, ob die Übersetzung
angemessen ist, z. B. 66 (equitum et peditum . . . esse= Kavallerie und

Infanterie, arenam . . . scholasticam = schulischer Wettstreit). Leider
ist aul'die Beifügung von Kopfregesten verzichtet worden, durch die
sich die Benutzbarkeit erhöht hätte. Die Verifizierung von Bibelzitaten
oder -anspielungen ist ergänzbar (z. B. 38: Jes 44.28-45.1: 80:
Mt9.37f;94:Lk 1.1 7 und 1 Joh 2.19).

Zu den Anmerkungen lassen sieh ebenfalls Ergänzungen beibringen. So lallt
auf; daß die Lileralurhinweise nicht in allen Fällen den Anforderungen dieser
Ausgabe entsprechen, vgl. z. B. 236 Anm. .3: R. Sehneider zu Philipp II.; 253
Anm. 4: W. Dilthey zu L'Höspital: 229 Anm. 4: Zu Hyperius' Gutachten für
Flaeius vgl. Heinz. Seheible: Die Entstellung der Magdeburger Zcnturien.
Gütersloh 1966. 47-49: 240 Anm. 13: Zu Anton Otho vgl. Ernst Koch: Anton
Otho. Weg und Werk eines I.ulhersehülers. Herbergen der Christenheit 13.
1981 82.67-92; 248 Anm. 5: Zu Bullingers Wicdertäuferbueh vgl. Heina Fast:
Heinrich Bullinger und die Täufer. Weierhof 1959; 255 Anm. 7: Zu Baptist
Johannes Wiesamer, der vermutlich Bullingers Wiedertäuferschrift angeregt hat
vgl. u. a. Fast: A. a. ().. 9()f; 223 Anm. 2: Weitere Absehrillen des Protokolls
der Naumburger Verhandlungen befinden sich z. B. in der Herzog August
Bibliothek Wolfenbüttel, vgl. Die Melanchthondlandschrillen der Herzog
August Bibliothek. Beschrieben von Walther Thüringer. Frankfurt a. M. 1982.
37.77.79.107.119.145.169. Druckfehler: 253 Anm. 4: Dilthey: 262 Anm. I:
Simon Bing.

Der gut ausgestalteten Edition sind detaillierte Register (Adressaten
, Bibelstellen,Orts-, Länder- und Personennahmen. Begriffe und
Sachen. Archive und Bibliotheken) sowie ein Faksimile (Brief Nr. 51
an LandgrafWilhelm IV. vom 8. August 1 561)heigegeben.

Berlin Siegfried Bräuer

Baumeister. Thomas: Kierkegaards Glaubensbegriff als systematisches Zentrum
seines Denkens (Bijdr. 46. 1985.41 1-429).

Birkenhauer. Josef: Herder - nur eine ideengeschichtliche „Station"?
(Univ. 41. 1986.259-269).

Darlap. Adolf: Zur Rekonstruktion der Theologiegeschichte des 20. Jahrhunderts
(ZKTh 107. 1985.377-384).

Hof mann. Peter: Der fragende Guardini, Philosophische Anmerkungen zu
den ..Theologischen Briefen an einen Frcund'HZKTh 108. 1986.45-54).

McDermott, John M.: The Christologies of Karl Rahher*(Gr. 67, 19X6.
87-123). wjrl

Meier. Kurt: Kulturkrisc und Syntheseproblem. Zum Verständnis von Christentum
und Moderne hei Werner Flerl (KuD .31. 1985. 293-306).

Pannenberg, Wolfhart: Christentum und Piatonismus: die kritische Platon-
rezeption Augustins in ihrer Bedeutung für das gegen wattige christliche Denken
(ZKG 96, 1985, 147-161).

Schöpfer, Johannes: Der (Ihrisl stein vor Gott. Alheims Magnus und Marlin
Luther kommentieren das Magnilieat (Gut 58. 1985.460-466).

Schwager. Raymund: Der Sohn (Jones und die Wellsünde. Zur Erlösungslehre
Von Hans Uriiv. Balthasar (ZKTh 108. 1986.5-44).

Sieglohr. Bernhard: Die Ars Moriendi des Johannes Gerson. Ein pastorales
Handbuch des Mittelalters (EuA 61. 1985.209-215).

Kirchen- und Konfessionskunde

Nastol'naja kniga svjascennosluzitelja (Handbuch für den Geistlichen
, russ.). Tom 4. Moskva: Izdanie Moskovskoj Patriarch»
1983. 824 S..23 S.III., Beil. mit 24 Farbfotos.

Nach den das „Mcsjaccslov" beinhaltenden Bänden 2 und 3 (vgl.
ThLZ 106. 1981, 8580 erweist sich der inzwischen ausgelieferte
4. Band als Fortsetzung und Ergänzung des liturgischen Fragen gewidmeten
Bd. I (vgl. ThLZ 104, 1979. 779f).

Der mit dem Segen des Patriarchen Pimcn von Moskau und ganz
Rußland unter der Redaktion des Leiters der Verlagsabteilung des
Moskauer Patriarchats, Erzbischof Pitirim von Volokoiamsk. herausgegebene
Bd. wurde vom früheren Exarchen Für Mitteleuropa. Erzbischof
Mclchisedek, vom Bischof Afanasij von Pinsk. den Erzprie-
stern Lcv Lcbcdcv und Alcksandr Slozenikin sowie den Kandidaten
der Theologie G. F. Troickij und P. V. Urzumcev erarbeitet.