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1986

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Neues Testament

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Theologische Literaturzeitung III. Jahrgang 1986 Nr. 9

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men - redlich darum, auch Uneingeweihten die spröde Materie klarzumachen
. Wie lange werden wir brauchen, bis wir knappe Einführungen
haben, mit denen auch nichtspczialisicrte Theologiestudenten
im Rahmen des NT-Proseminars etwas anfangen können! Aber im
ganzen scheinen mir die methodologischen Überlegungen und Ergebnisse
des Vf. durchaus gesund zu sein. Wichtig ist sein Hinweis darauf
(§4.3.1), daß die von ihm zugrundegelegte Texttheorie eine Hilfe für
die Bewältigung der hcrmcncutischen Aufgabe sein kann, gewissermaßen
als Gegengewicht zum „Verfremdungseffekt" bloßer historisch
-kritischer Texterklärung. Immerhin kommt es mir freilich so
vor, als hätten wir- in wenig anderer Sprache - das, was B. etwa zur
Diskurspragmatik ausführt (S. 105-110), schon durch Ernst Fuchs'
Hermeneutik gelernt.

Es ist offensichtlich, daß sich jede Generation einen eigenen Weg zu
sachgemäßer und wissenschaftlich verantwortbarer Exegese biblischer
Texte bahnen muß. Sympathisch an B.s Arbeit ist, daß er dabei
sowohl den Kontakt zur hisherigen Forschung ganz bewußt hält als
auch nirgends den Eindruck erweckt, als meine er, mit der von ihm
beschriebenen „Methode" den allein brauchbaren Weg zu zeigen.
Methodenmonismus liegt ihm ebenso fern wie der Versuch, seinerseits
den Textwissenschaftlern gute Ratschläge erteilen zu wollen.
Gewiß muß die Methodendiskussion im interdisziplinären Gespräch
weitergetrieben werden, und die Richtung, die B. einschlägt, scheint
mir durchaus verheißungsvoll zu sein, zumal im Blick auf das herme-
neutische Problem. Nur wünscht rnan sich, daß exegetische Arbeiten
nicht auf die Dauer durch methodologische Erörterungen überwuchert
werden. Die Faszination der Methodologie liegt auf der
Hand, zumal im Zusammenhang mit der Frage nach der „Wissenschaftlichkeit
" theologisch-exegetischer Arbeit. Aber letztlich sind
die sog. „Methoden" doch Fragehinsichten, deren Fruchtbarkeit sich
nicht in theoretischen Diskussionen, sondern in der Arbeit an den
Texten erweisen muß, so sehr ihre Angemessenheit immer wieder
genau bedacht werden muß. Aher trotzdem: Sowohl in methodologischer
wie in inhaltlicher Hinsicht bringt die Arbeit von B. viel
Beachtenswertes.

Zum Technischen seien ein paar Worte gestattet. Der Schreibsatz
ist an sich sauber, wenn man auch öfter merkt, daß die Fahnenkorrektur
durch einen Verlagsicktor ausfällt. Ärgerlich ist aber das kom-
Prcsse Schriftbild in den Anmerkungen, wo vor allem diejenigen, die
längere Auflistungen von Literatur enthalten, ganz unübersichtlich
sind - aber der Leser ist infolge des Fehlens eines Literaturverzeichnisses
(ersetzt durch ein Register mit Verweis auf jene Anmerkungen)
darauf angewiesen, sie zu entziffern. Daß sich Querverweise innerhalb
der Arbeit ebenso wie die Hinweise auf die mit jedem § neu gezählten
Anmerkungen nicht auf Seiten, sondern auf §§ und Anmerkungsziffern
beziehen, muß man um der Technik willen hinnehmen - dann
hätten aber wenigstens die §§ in den (ohnehin vorhandenen) laufenden
Seitentiteln angegeben werden sollen. Etwas mehr Rücksicht auf den
Benutzer (und seine Augen - nicht nur der Rcz. ist über 50!) sollte
auch der „modernen" Typographie möglich sein!

Naumburg Nikolaus Walter

üuedemann, Gerd: Paul. Apostle to the Gentiles. Studies in Chrono-
logy. Foreword by J. Knox, Transl. by F. S. Jones. Philadelphia,
PA: Fortress Press 1984. XXII, 31 1 S. gr. 8*. geb. $ 29.95.

Das Buch ist eine Übersetzung von Gerd Lüdemann, Paulus, der
Heidenapostel E, Studien zur Chronologie (FRLANT 123), Göttingen
1980. In ThLZ 107, 1982, 741-745, habe ich das deutsche Original
rezensiert. Wenn ich jetzt nicht nur auf diese Besprechung verweise,
so deshalb, weil die englische Übersetzung ein Nachwort enthält, in
dem der Autor auf einige Rezensionen antwortet; auf die von mir
geschriebene bezieht ersieh sogar mehrfach. Hier ist nun freilich nicht
der Ort, um in ein ausführliches wissenschaftliches Gespräch einzutreten
. So kann hier z. B. nicht die Differenz hinsichtlich des

Datums des Claudius-Ediktes diskutiert werden. Nur als Anmerkung:
Wenn L. auf mein Monitum, er habe die Monographie von
E. M. Smallwood nicht berücksichtigt, einwendet, er habe das Werk
in einer Anmerkung genannt, so bleibt der Tatbestand, daß er sich mit
ihren Argumenten eben nicht auseinandergesetzt hat. Die inhaltliche
Diskussion über diese chronologische Frage werde ich an anderer
Stelle führen. Ob die Datierung des Ediktes auf 41 n. Chr. "will soon
become pari of common knowledge in New Testament scholarship"
(S. 290), muß sich noch herausstellen.

Wichtiger ist schon, daß er in seiner Replik auf meinen Einwand
gegen seinen Versuch, die chronologische Reihenfolge von „Apostelkonvent
" und Zwischenfall von Antiochien umzustellen, eingegangen
ist; freilich mit einem etwas verblüffenden Argument. Zur Erinnerung
: Er hatte auf S. 44f mit <ne 6e in Gal 2,11 argumentiert,
das nicht wie linaza 2.18.21; 2,1 den zeitlichen Anschluß zum
Ausdruck bringe. Auf meinen Hinweis auf örs de in 1,15 antwortet
er: "The (he de. of Gal. 1:15 emphasizes the contrast between
Paul's Jcwish zeal and his call to be an apostle and is not primarily a
sequential adverb" (291). Aber der Kontrast im Leben des Paulus hat
doch seine chronologische Dimension - in der Biographie des Paulus
und in der Darstellung des Gal! L. scheint jedoch selber zu merken,
daß er mit der chronologischen Umstellung nicht zu überzeugen vermag
. Das zeigt deutlich der 2. Band seiner Paulustrilogie (s. meine
Rezension ThLZ I 10, 1985, 105-108) und auch, was er in der hier zu
rezensierenden englischen Übersetzung auf S. 291 sagt.

Ich bedauere sehr, daß er auf meinen Haupteinwand, man könne
bei Erstellung einer Chronologie nicht nur äußere Kriterien
zugrundelegen, sondern müsse auch die inneren, also vor allem theologisch
-inhaltliche, berücksichtigen, gar nicht zur Kenntnis genommen
hat. So bleibt er beim Vorwurf mir gegenüber: ". . . he limits
himself - in a manner weak in terms of method - to listing internal
criteria in order to render probable the order Gal. - lCor." (130). So
kann ich nur wi'ederholen, was ich damals sagte: Er verabsolutiert
bewußt einen Partialaspekt, nämlich den der äußeren Kriterien, und
wirft mir zugleich genau dieses, nämlich Verabsolutierung eines
Partialaspektes, vor.

Noch eine kurze Bemerkung zu L.s These einer paulinischen Mission
auf griechischem Boden vor der Missionssynode. Mag er auch
hier zuweilen auf Zustimmung gestoßen sein, so steht seiner Hypothese
entgegen, daß vor allem im Blick auf Gal 1,21 nur dann, wie L.
annimmt, ein argumentum e silentio vorliegt, wenn man es in die
•paulinische Aussage einträgt. Die Berufung auf die antike Rhetorik
überzeugt hier nicht. Für ein Negativalibi hinsichtlich Jerusalem
würde Makedonien besser wirken als Syrien und Kilikien.

Alles in allem: Daß L.s Buch ins Englische übersetzt wurde, ist zu
begrüßen. Soweit ich es als einer, der nicht native Speaker ist, beurteilen
kann, ist die Übersetzung von F. Stanley Jones sehr ordentlich und
gibt den Sinn des deutschen Originals sinngetreu wieder. Das Vorwort
von John Knox zeigt, von welcher Seite er vor allem in Amerika
Zustimmung, zumindest partiell, finden wird. Es bleibt dabei, daß der
Autor ein anregendes und die Diskussion befruchtendes Werk vorgelegt
hat. Daß diese Monographie in der Lage ist, das Problembewußtsein
zu schärfen, sollte höher wiegen als das, was ich meinte
kritisch sagen zu müssen.

Göttingen Hans Hübner

Achtemeier, Paul J.: An Elusive Unity: Paul, Acts, and the Early Church
(CBQ48.1986, 1-26).

Berger. Paul-Richard: Zum Aramäischen der Evangelien und der Apostelgeschichte
(ThRv 82, 1-17).

Branick, Vincent P : Apocalyptic Paul?(CBQ 47,1985,664-675).

Chevallier, M.-A.: Lünite pluriellc de l'Eglisc d'apres Ic Nouveau Testament
(RhPhR66, 1986,3-20).

Hahn. Ferdinand. Jesu Wort vom bergversetzenden Glauben (ZNW 76.
1985,149-169).