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1986

Kategorie:

Praktische Theologie

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Theologische Litcraturzeitung III. Jahrgang 1986 Nr. 8

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schädliche Einstellung zum Leiden und zu hehindertem Leben?
überhaupt: Gehört zum Wesen des Mensehen nicht auch eine Un-
vollkommenhcit hinzu, über die die Gcntcehnologic hinwegzutäuschen
droht (E. Benda S. 231)? Gerade Theologie und Kirche sind
aufgefordert, auf diese Fragen des Alltagscthos. der Lebensanschauung
und des Menschenbildes aufmerksam zu machen und die
Achtung vor einem jeden menschlichen Leben im Bewußtsein zu
halten.

Genforschung - Fluch oder Segen? So lautet der Titel und zugleich
die Frage des Sammelbds. Eine eindeutige, gar einseitige Antwort läßt
sich nicht aufzeigen. Der Schritt hinter die Gentechnik zurück ist
nicht mehr möglich. Man kann darüber streiten, ob die Genetik eine
„neue" Ethik, eine eigene Gen-Ethik erfordert. Doch eine Ausweitung
normativ-ethischer Überlegungen auf den Bereich der Genetik
ist zwingend. Die gesellschaftliche und ethische Reflexion, zu der der
Sammelbd. einen repräsentativen Beitrag leistet, sollte nicht, wie bei
der Kernenergiedebatte, erst-mit Zeitvcrz.ögerung einsetzen. Es gilt
vielmehr, die gentechnologische Entwicklung an ethischen Kriterien
zu messen, vor allem an den Kriterien der Achtung und des Schutzes
des Lebens, der Achtung der Personwürde und der Vermeidung zusätzlicher
-gar irreversibler-Zukunftsrisiken.

Wachtberg-Niederbachem Hartmut Kreß

Bayer, Oswald: Christus als Mitte. Bonhoclfers Ethik im Banne der Rcli-
gionsphilosophic Hegels (BThZ 2, 1985,259-276).

Frey. Christofer: Kritische Überlegungen zur sogenannten Situationsethik
(im Hinblick auf die Probleme der Pränatalen Diagnostik) (ZEE29, 1985,
50-64).

Honecker. Martin: Humangenetik und Menschenwürde. Gen-Technik aus
dcrSicht der evangelischen Ethik (LM 25.1986,75-79).

Honecker. Martin: ..Die Religion läßt sich nicht in einen Scelcnwinkcl eingrenzen
". Gesichtspunkte evangelischer Sozialethik (PTh 74. 1985,
351-367).

Ringeling. Hermann: Ethische Normativität und Urtcilsfindung (ZEE 28.
1984.402-425).

Schillebceckx. Edward: Mcnsclijkc biotechnick cn de .hand Gods' (TTh 26,
1986.48-61).

Praktische Theologie: Allgemeines

Holze, Heinrich: Zwischen Studium und Pfarramt. Die Entstehung
des Predigerseminars in den welfischcn Fürstentümern zur Zeit der
Aufklärung. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1985. 332 S. gr.
8" = Studien zur Kirehengeschichtc Niedersachsens, 25. Kart.
DM 52,-.

Mit der Göttinger thcol. Diss. von R. Marbach, Säkularisation und
sozialer Wandel im 19. Jh.. Göttingen 1978, und der an der Yalc Universität
angefertigten Promotionssehriß von John Michael Stroup,
The struggle for identity in die clcrical estatc: northwest german Protestant
Opposition to absolutist policy in the eighteenth Century,
masehschr. 1980, liegen mit der hier zu besprechenden, ebenfalls in
Göttingen angenommenen thcol. Doktorarbeit nunmehr drei neuere
Untersuchungen zur nicdcrsächsischcn Plärrergeschichtc des 18. u.
19. Jhs. vor. H. widmet sich der Pfarrcrausbildung. indem er anhand
von hisher nicht ausgewerteten gedruckten und ungedruckten Quellen
die zunehmende Berücksichtigung der Pastoralthcologic an den Universitäten
und die Entstehung kirchlicher Predigerseminare im Fürstentum
Braunschweig-Wolfenbüttcl und im Kurfürstentum bzw.
Königreich Hannover nachzeichnet und in die allgemeine geistesgeschichtliche
, politische, soziale und wirtschaßliche Entwicklung
einhettet. Er zeigt, daß die orthodoxe These von der Theologie als
einer praktischen Wissensehaft noch nicht zu einer praxisorientierten
Theologenausbildung führte und auch die pictistischen Impulse nur
begrenzte ausbildungsrclevante Wirkungen hatten. Vielmehr hringt er
das Nachdenken über eine neue, die Berufsausübung stärker einbeziehende
Ausbildung der zukünftigen Pastoren auf den Universitäten

und in den Kirchenleitungen mit den Herausforderungen und Anfragen
der Aufklärung überzeugend in Beziehung. Niederschlag dieses
Nachdenkens waren einerseits die Einrichtung von Seminaren und Instituten
an den Hochschulen zur Einübung von Homiletik. Kateche-
tik und Seelsorge (1704 praktisch-theologisches Collegium. 1747/80
Seminarium Theologicum in Helmstedt. 1737 Prediger-Collegium.
1778 Prediger-Seminar, 1783 Pastoralinstitut in Göttingen), andererseits
die staatlich/konsistorialc Neuordnung des Prüfungswesens und
die Gründung von außeruniversitären Kandidatenseminaren zur Praxisvertiefung
und zum Selbststudium zwischen Hoehschulabgang und
Amtsantritt, der oft jahrelang auf sich warten ließ (1690 Collegium
(ündidatorum in Riddagshausen, 1717 in Miehaelstein. 1836 Predigerseminar
in Wolfenbüttcl, 1792 Kandidatenseminar in Loccum,
1816 Predigerseminar in Hannover). Damit wurde die Pastoraltheologie
- wenn auch in einem mühsamen, durch Mißerfolge und Rückschläge
gezeichneten Prozeß und noch ohne entsprechende Lehrstühle
- zu einem ernstzunchmenden Faktor neben den übrigen theologischen
Disziplinen. Und auch die Kirchenleitungen begannen
schrittweise. Verantwortung für die berufliche Qualifikation ihrer
Mitarbeiter zu übernehmen und den Abstand zwischen akademischer
Theologie und pastoralem Berufsalltag zu verringern. Im Konsisto-
rialbezirk Hannover standen allerdings um 1820 bei etwa
70-80 Pfarramtsanwärtern nur 12 Ausbildungsplätze für die nachuniversitäre
Zeit zur Verfügung. Geistige Wegbereiter, Träger und
z. T. auch Realisierer einer praktischen Pfarrerausbildung waren u. a.
der Riddagshäuser Abt Johann Friedrich Wilhelm Jerusalem, der
Helmstedter Kirchenhistoriker und erste Göttinger Kurator Johann
Lorenz v. Mosheim, der Göttinger Pfarrer, Prof. in Helmstedt und
Göttingen und Hannoversche Konsistorialrat Heinrich Philipp Sex-
tro und der Loccumer Abt Johann Christoph Salfeld, dessen geschicktes
Anknüpfen an die aus der späten Reformationszeit stammende
Hospiztradition unter Wahrung und Nutzung der wirtschaßlichen
Selbständigkeit des Klosters Loccum zu beispielhafter Bedeutung für
die Geschichte der deutschen Predigerseminarc gelangen ließ. Während
Riddagshausen ähnliche Möglichkeiten besaß, wurden diese
doch nicht entsprechend ausgebaut. So wendet H. mit Recht sein
Hauptaugenmerk auf die Vorgänge im Kurlürstentum bzw. Königreich
Hannover, während er die zeitlich früheren oder weniger erfolgreich
parallelen Entwicklungen in Braunschweig-Wolfenbüttcl immer
nur streift. Angesichts des Buchtitels erwartet der Leser allerdings ein
intensiveres Eingehen auch auf dieses Territorium. Die Einrichtung
des Predigerseminars in Wolfenbüttel wird nur erwähnt.

Aufs ganze gesehen liefert Holze trotz eingehender, an den Quellen
orientierter Rekonstruktionsarbeit keine reine Institutionengeschichte
, sondern bemüht sich, diese in den allgemeinen geistes-
gcschichtlichen. speziellen politischen und sozialen Kontext zu integrieren
und gelegentlich auch den Blick auf außerniedersächsische
Entwieklungen zu lenken. Es wäre zu wünschen, daß ähnlieh gründliche
Untersuchungen auch für andere Landeskirchen angestellt würden
, damit das Material zur Abfassung einer immer noch ausstehenden
deutschen Pfarrergeschichtc immer vollständiger wird.

Anmerkungen im einzelnen: S. 16: Über die Vorgeschichte des Kloster Berge
hei Magdeburg als dem ersten Ort eines Kandidatenseminars schon im 16. Jh.
ist durchaus Näheres bekannt (vgl. Chr. Römer. Das Kloster Berge bei Magdeburg
und seine Dörfer. StGS 10, Göttingen 1970). 182: Um Mißverständnisse
zu vermeiden, sollte von der Wiedereinrichtung der Bistümer Hildesheim und
Osnabrück nach der Säkularisierung von 1803 gesprochen werden.
184.239.253: Die Begriffe „Aulklärung" und „Rationalismus" müßten gerade
im Blick auf Niedersachsen dilferenziertergebraucht werden .

Göttingen Inge Mager

Brown. Harold O. J.: Evangelicalism in America (Dialog 24, 1985,
188-192).

Daiber, Karl-Fritz: Gcsamlplärramt auf Probe. Mit Berichten von M. Giese.
K. Mahn. R. Pfaff. J. B. Zicrau. und einer Einführung von H. Badenhop.
Hannover: Lutherhaus Verlag 1985.61 S. 8' = Vorlagen 30/31. DM 8.-.