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Ausgabe:

1986

Spalte:

605-606

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Swedenborg, Emanuel

Titel/Untertitel:

Festivus applausus in Caroli XII in Pomeraniam suam adventum 1986

Rezensent:

Kern, Udo

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605

Theologische Literaturzeitung III. Jahrgang 1986 Nr. 8

606

der kirchlichen Mißstände (97). Der Seufzer von Lortz, als er einst die
altgläubigen Kontroverstheologen durchmusterte: „Wir finden keinen
Stern erster Größe", wird auch nach der Lektüre dieses 2. Heftes
mit Kurzviten nicht gegenstandslos.

Berlin Siegfried Bräuer

Kirchengeschichte: Neuzeit

Swedenborg, Emanuel: Festivus applausus in Caroli XII in Pomera-
niam suam adventum, ed., with introduetion, translation and
commentary by H. Heiander. Uppsala-Stockholm: Almqvist &
Wikscll 1985. 182 S. m. 6 Abb. 8° = Acta Universitatis Upsaliensis,
17. Kart, skr 115.-.

Seit 1961 gibt es die „Acta Universitatis Upsaliensis. Studia Laiina
Upsaliensia", deren Hg. Lennart Hakanson ist. Als Band 17 dieser
Reihe erschien 1985 der von dem schwedischen Latinisten Hans
Heiander edierte, eingeleitete, mit Kommentar, Bibliographie, Kartenwerk
, Indices und Übersetzung ins Englische versehene lateinische
Originaltext von Emanuel Swedenborgs zu Recht wenig beachtetem
„Festivus applausus in Caroli XII in Pomeraniam suam adventum"
(zitiert: F. a.). - Alfred H. Stroh entdeckte 1905 in der Greifswalder
Universitätsbibliothek zwei Kopien des ursprünglich - entweder im
Dezember 1714 (so J. Hyde, A bibliography of the works of Emanuel
Swedenborg, London 1906, nr. 3481) oder im Frühjahr 1715
(A. Acton, Letters and Memorials of Emanuel Swedenborg, Bryn
Athyn 1948ff, 1,63) - in Grcifswald gedruckten F. a. Heute befindet
sich eine dieser Kopien in Greifswald, die andere in der Bibliothek der
Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften in Stockholm
. In Stockholm brachte A. H. Stroh 1908 und 1910 einen phototypographischen
Reprint des F. a. heraus. Zwar hat schon W. White
(Emanuel Swedenborg. His life and writings, London 1867, 1,41) den
F. a. erwähnt, aber in seiner Übersicht der Schriften Swedenborgs
nicht aufgeführt, so daß Hclander zu Recht vermutet, daß White dieses
Werk nicht kannte. (12, Anm. 9) - A. Acton fertigte eine unveröffentlichte
Übersetzung des F. a. an, die H. Heiander aber für seine
vorliegende Übertragung ins Englische nicht benutzte, sondern lediglich
fürdie Kommentierung des F. a. heranzog. (14, 50)

Emanuel Swedenborg (1688-1772) schrieb den F. a. Ende 1714 in
Greifswald. Swedenborg hatte nach Abschluß seiner Studien in
Uppsala (1709) in England vor allem Naturwissenschaften studiert
(1710-1712) und war nach Aufenthalten in Holland, Paris, Hamburg,
Hannover und Rostock nach Greifswald gelangt. Hier erreicht ihn die
Nachricht, daß der infolge der Kampfhandlungen des „Großen Nordischen
Krieges" (1700-1721) fünf Jahre abwesende schwedische
König Karl XII. (1697-1718) nach Kampf, Gefangenschaft und abenteuerlicher
Flucht am 10. I 1. 1714 nach Stralsund (damals schwedisch
) zurückgekehrt war.

Der F. a. ist eine hyperbolische, für moderne - wenn auch nicht, wie
Heiander (103) meint, für zeitgenössische - Leser unerträglich überzogene
Lobrede Swedenborgs auf die Ankunft Karl XII. in Stralsund:
„Sed jam praesentem habemus Te, Carole! Factis maxime, cujus
Dextera perferrum est. pietas spectala per ignesl (U K: Zitat aus Ovid,
Met. 14, 1080 et cujus adventum ipse Olympus retulit et ob qvem
toties arae fumarunt et sangvine maduerunt et ob qvem victimae toties
öalarunt et Deorum tecta clamore et votivis gemitibus ferierunt et ob
dvem aura suspiriis incaluerat et frigidissimus nosteraxis inteperuat.
Jam solvamus vota et in templa et ad aras cum thure et acerris
ftiamus! Coronemus hastas hederis et victrieibus laureis et ad Deos
festivas purpuras ducamus! Et humum, qvae prima Illum ceperat,
osculis el amplexu foveamus!. .." (80, 82 §33) Karl XII., „Heros
noster", der „Phoenix der alten Schweden" (70 §21), der „Führer aus
dem Norden" (64 § 12) wird glorreich verklärt. Unglaubliches hat er
geleistet, Asien. Afrika und Europa sind durch ihn erneuert und durch
den wahren Olymp auf den Sternenweg gebracht. (64 § 12) Der Wille

des Himmels (60 §9) bestimmte den Weg des königlichen Helden.
Seine Augen, sein Gesicht, seine Schultern, Haare, sein ganzer Körper
ist von geschichtsträchtiger Symbolik. (82, 84, §35) Die alte Geschichte
Asiens, Äthiopiens, Trojas, Hellas, der Araber und der Goten
(62, 64 § 11) mit ihren Helden (78, 80 §31 und 80 §32) kommt in
Karl XII. zum Leben. Wieviel Todesgefahren ist der Totgeglaubte
entronnen (70 § 20), wieviel Gefahren hat er mannhaft überwunden
(72 ff § 23fT)! Schienen nicht Sonne,Mond und Sterne heller, als der
König heimatliche Erde betrat? (76 §270 Ja, das, was im Sterben
begriffen war, hat neuen Lebensodem bekommen. Aus dem kalten
toten Winter ist Frühling und Sommer geworden. (86 § 38)

Diese zeitübliche Lobrede Swedenborgs, die die eher reservierte
und indifferente Haltung seines jungen Autors zum Königtum (I9ff)
nicht ahnen läßt, wird durch H. Heiander ausführlich kommentiert
(88IT) und mit den notwendigen historischen (9ff) und philologischen
(16ff, 88ff) Daten versehen. Hans Heiander möchte mit der Herausgabe
des F. a. einmal einen Beitrag zur Erforschung des um 1700 in
Schweden blühenden Neolateins, das nicht so sehr am mittelalterlichen
, sondern am klassischen Latein orientiert war(26flf), leisten. Er
untersucht Orthographie (270, Morphologie (28 fT), Syntax (300,
Vokabular (31 ff) und Stil (33fif) des F. a. mit dem Ergebnis, das hier
ein ausgezeichnetes Exempel für das schwedische Neolatein um 1700
gegeben ist. - Während man dieser ersten Intention Helanders in
bezug auf die Edition des F. a. als erreicht ansehen kann, gilt das von
seinen beiden anderen Intentionen nur bedingt: Um sich auf Grund
des F. a. „ein Bild der schwedischen politischen Ideen und Propaganda
während des Großen Nordischen Krieges" zu machen (Ab-
stract), ist das Material des F. a. zu dürftig. Noch unergiebiger ist der
F. a. für die Erhellung von "Swedenborg's early intellectual develop-
ment" (Preface). So ist die Herausgabe dieses Bandes als Beitrag zur
Erforschung des Neolateins um 1700 anzusehen. F. a. hat kaum Bedeutung
tür Swedenborgs religionsphilosophische und theologische
Argumentation.

Jena Udo Kern

Röhm, Eberhard: Sterben für den Frieden. Spurensicherung: Hermann
Stöhr (1898-1940) und die ökumenische Friedensbewegung.
Mit einem Vorwort von Bischof (em.) D. Kurt Scharf. Stuttgart:
Calwer 1985. 278 S. m. zahlr. Abb. 8 Kart. DM 24,80.

In Sammclbändcn, die Biographien und Briefe von Opfern des
faschistischen Systems enthalten, taucht häufiger der Name Hermann
Stöhrs auf. Röhm hatte (mit J. Thierfelder) in das Buch „Evangelische
Kirche zwischen Kreuz und Hakenkreuz. Bilder und Texte einer Ausstellung
, Stuttgart 1981" ebenfalls einen Abschnitt über Stöhr
(S. llöff) aufgenommen. Da die Kenntnisse über diesen Mann nur
dürftig waren, er aber als einziger evangelische Christ wegen Wehrdienstverweigerung
vor einem Kriegsgericht zum Tode verurteilt und
hingerichtet worden war, sah sich Röhm veranlaßt, seinen Spuren
nachzugehen, um der in der bundesdeutschen Friedensbewegung
engagierten Jugend eine Identifikationsgestalt zu zeigen. Aus dieser
Absicht und mit solchem Interesse ist das vorliegende Buch entstanden
.

In den ersten drei Kapiteln (S. 13-24) stellt Röhm die bekannten
Fakten und Quellen (letzte Briefe von 1940) und ein Gedenkheft von
1951 vor. Das inzwischen nicht mehr vorhandene Grab Stöhrs wird
zum Ausgangspunkt der „Spurensicherung". Dabei wird die Arbeitsweise
des Autors durchsichtig. Die übrigen Kapitel (4-35) sind dem
Lebensweg Stöhrs in den Ereignissen seinerzeit gewidmet und enthalten
den ganzen Ertrag der Nachforschungen. Er soll hier skizziert
werden.

Stöhr hat in Rostock Jura studiert und eine Dissertation zum
Thema: „Die Auslandshilfe 1919-1921" geschrieben. Nach einem
kurzen theologischen Studium - genaueres erfährt man dazu nicht -
beteiligte sich Stöhr an den sozialen und ökumenischen Projekten
Friedrich Sigmund-Schultzes in Berlin. Er wurde gleichzeitig Ge-