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Ausgabe:

1986

Spalte:

38-40

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Titel/Untertitel:

Acta Cusana. Bd. 1, Lfg. 2: 1437 Mai 17 - 1450 Dezember 31 1986

Rezensent:

Kandler, Karl-Hermann

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Theologische Literaturzeitung III. Jahrgang 1986 Nr. 1

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steht (die in der Gegenwart dann die Geschehnisse der ..ganzen Welt"
aufnehmen soll), werden geschichtliche Zusammenhange nicht
immer deutlich. In den letzten 50 Jahren dürfte ohnehin zu viel
Material geboten sein. Auch hätte dureh typographische Gestaltung
einiges übersichtlicher geboten werden können.

Erfreulieherweise sind zu vielen Personen und Ereignissen erläuternde
Stichworte hinzugefügt. Sofern im vorangegangenen Text des
Buches Näheres dazu ausgeführt ist. genügt in der Tafel der Name.
E>och wer kennt ohne das Buch C. F. Bahrdt (t 1792)? Dies läßt nach
dem Benutzerkreis fragen (wenngleich man bei Taschenbüchern stets
an R-le Käufer denkt). So wäre es für die meisten sicher hilfreich,
wenn die Angabe ,.1907 Neuer Syllabus: Dekret .Lamentabili sane
exitu'" noch erläutert würde. Leider sind nicht bei allen Personen die
Vornamen genannt, viele auch nicht charakterisiert (wie z. B.: 1829
Dampflokomotive [Stephenson]).

Das Erscheinen dieser kirchengeschiehlliehen Zeittafeln als selbständige
Publikation ist zu begrüßen, liegt doch in dem Band eine
Fülle von geschichtlichem Material übersichtlich dargestellt vor.
Wünschenswert bliebe, verschiedene Themen in Übersichten gegliedert
zusammenzufassen.

Berlin Karl Matthiac

Kirchengeschichte: Mittelalter

Ksdlec. Jaroslav : Studien und feste zum Lehen und Wirken des Pra-
Ker Magisters Andreas von Brod. Münster/W.: Aschendorff 1981.
XV11I, 322 S. gr. 8' = Beiträge zur Geschichte der Philosophie und
Theologie des Mittelalters. N. F. 22. Kart. DM 98.-.

Die zeitgenössischen theologischen Widersacher und Gegner der
revolutionären Bewegung der böhmischen Hussitcn fanden bei den
Geschichtsschreibern zwar von jeher Gehör, sehr selten jedoch eine
eingehende monographische Behandlung. Nur auf Grundlage einer
Andienen Kenntnis des Lebens und der Gedanken, auch durch zeitgenössische
Berichte kann eine gerechtere Wertung ihres Zeugnisses
zu Worte kommen. Daß der Erforschung des Hussitentums eben in
dieser Richtung ein unentbehrlicher Dienst erwiesen werden kann,
zeigte z. B. Franz Maehileks Untersuchung ..Ludolf von Sagau und
seine Stellung in der Auseinandersetzung um Konziliarismus und
Hussitismus" (München 1967).

Die vorliegende Arbeit von Jaroslav Kadlee hat darüber hinaus den
Vorzug, nicht nur dem Lebenslauf von Andreas von Böhmiseh-Brod.
eines Zeitgenossen und Widersachers von Jan Hus. nachzugehen, sondern
auch einen beträchtlichen Teil seiner Schrillen zum ersten Mal
zugänglich zu machen.

Seit 1407 ist Andreas von Brod Rektor der Präger Universität, und
damit in der Nähe von Jan Hus. Doch trennt sie bereits zu diesem
Zeitpunkt die sehr ungleiche Einschätzung der Lehren Wyelifs. Für
Andreas sind sie häretisch, besonders was die F.ucharistie betrifft. Um
dieses Thema kreist dann auch die Mehrzahl der Schriften Andreas',
womit er die katholische herkömmliche Lehre gegen Hus und die Ansichten
seiner Anhänger zu verteidigen sucht. Seit 1412 wird der
Kampf auf beiden Seiten unerbittlich geführt. Bei Ausbruch der Revo-
'ution verbleibt Andreas noch in Böhmen, allerdings nur bis zum
Scheitern des ersten Kreuzzuges gegen die Hussitcn. 1421 fühlt ersieh
aber hier nicht mehr sicher. Zum (tändigen Zufluchtsort wird ihm
dann die Leipziger Universität, in deren Diensten er 1427 stirbt. Als
einer der größten und angesehensten Widersacher von Hus verfolgte
Andreas bis zu seinem Tode mit schmerzlicher Empörung die stürmischen
Ereignisse in seiner Heimat. Neben dogmatischen Aufsätzen,
in Welchen erden Utraquismus der Böhmen prinzipiell angriff, war er
Bestrebt, die soziale und materielle Seite der Revolution zu verdeutlichen
und davor zu warnen. In De origine Hussitarum lehnt er aus

konservativer Gesinnung die Hussitenrevolution nachdrücklich ab.
Sic ist ihm Aufstand und Empörung des gemeinen Volkes, durch
Kleinadel unterstützt und von Magistern und Priestern, die sich
Wyclif ergeben hätten, inspiriert. Diese scheußliche Bruderschaft,
deren Grausamkeiten im voraus der Prager Erzbischol Johannes von
Jcnstejn visionär geahnt hätte, könne nur mit Hilfe einer kräftigen
Fürbitte Marias beschworen werden. Eine Neuausgabe dieses Traktats
, die im besprochenen Buch noch nicht verzeichnet werden
konnte, ist dem gleichen Vf. zu verdanken (..Traktat mistra Ondfeje z
BroduOpuvodu hüsitü". Täbor 1980.36 S.).

Der Darstellung des Lebenslaufs von Andreas folgt aufS. 67-86 ein
wertvolles Verzeichnis der 22 erhaltenen Schriften aus seiner Feder,
wie auch weitere Angaben über Opera dubia und die Andreas unberechtigt
zugeschriebenen Werke, eine wahrlich unentbehrliche Hilfeleistung
für jede weitere Forschung. Als zweiten Teil des Buches bietet
dann Kadlee auf S. 87-309 eine kritische Edition von nicht weniger
als 14 vollständigen Texten von Andreas. Darunter findet man als
N. 4 einen historisch aufschlußreichen Brief, wahrscheinlich von
1407. an den Prager Erzbischof über die Rcmanenzlehrc. Oder als
N. 6 den bedeutenden Tractatus de sumptionc corporis ac sanguinis,
der 1415 die utraquistische Argumentation des Jacobellus von Mies
bestreitet. Als Ganzes stellt dieser Textteil dureh seinen sorgfältigen
Apparat mit philologischen quellenkundlichen Anmerkungen einen
der brauchbarsten Dossiers zur Erforschung der Utraquismuskontro-
verseim frühen Hussitentum dar.

Prag Aincdco Molnär

Acta ( tisana. Quellen zur I ebensgeschichte des Nikolaus von Kues,
Im Auftrag der Heidelberger Akademie der Wissenschalten hrsg.
vonE. Meuthen und H. Hallaucr. Bd. I. Lfg. I: 1401-1437 Mai 17:
Lfg. 2: 1437 Mai 17 - 1450 Dezember 31. Hrsg. von E. Meuthen.
Hamburg: Meiner 1976/83. XVI. VI, 667 S. 4*. Kart. DM 196 - u.
DM 320,-.

Die Heidelberger Akademie der Wissenschaften hat sich entschlossen
, zusätzlich zu den seit 1932 erseheinenden Opera omnia des Nikolaus
von Kucs(NvK) Acta C'usana erscheinen zu lassen. Hier werden
in zeitlicher Reihenfolge alle noch vorhandenen Dokumente und Urkunden
zu Leben und Werk des NvK veröffentlicht. Die Herausgeber
beabsichtigen. ..die gesamte schriftliche Überlieferung zu erschließen,
die Auskunft über seine acta, über die Lebcns-.geschichle' des Cusa-
nus im wörtlich verstandenen Sinne gibt" (S. VI).

Schon die erste Ausgabe seiner Werke (Slraßburg 1488) enthielt mit
den Briefen des Nv K von 1452 zur Kelehfrage bei den Böhmen ..acta"
theoretisch-theologischen Inhalts: mit den Anweisungen, die Nv K als
päpstlicher Legat erteilt, greifen sie aber auch aktiv in das politische
Geschehen ein. Es ist ernstlieh zu fragen, ob NvK seiner Zeit nicht
gerade durch seine politische und kirchliche Tätigkeit wichtiger war.
während seine theologisch-philosophische Leistung eigentlich erst im
20. Jahrhundert eine angemessene Beachtung erfahren hat (S. V).

Acta Cusana begegnen seit dem 16. Jahrhundert in Editionen und
Darstellungen zur Kirchen-, Reichs- und Territorialgcschichte. Die
Notwendigkeit der Ermittlung aller biographisch einschlägigen Quellen
ist die Voraussetzung für eine nach modernen geschichtswissen-
schaftliehen Maßstäben verfaßte Biographie des NvK.

So stellte sich dem ersten Biographen, der NvK unter diesen Gesichtspunkten
gerecht werden wollte. E. Vansteenbcrghe (1920).
schon die Notwendigkeit, ein C orpus der Briefe des NvK anzulegen,
das er später veröffentlichen w ollte. Doch zum Verständnis eines Briefes
muß der Zusammenhang erschlossen werden, die Gegenkorrespondenz
, ist zu berücksichtigen. Eine erste Malerialiensammlung in
diesem Sinne erfolgte 1929/30. 1944 veröffentlichte J. Koch in
Reihe IV der C'usanus-Te.xtc eine Übersicht der von ihm ermittelten
Briefe von und an Nv K. die bis 1451 reicht. Später wurden weitere
Texte veröffentlicht Seit 1950 hat Kochs Mitarbeiter H. Hailauerdas
Material systematisch geordnet und verkartet. 1954 trat E. Meuthen