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Ausgabe:

1986

Spalte:

591-594

Kategorie:

Neues Testament

Titel/Untertitel:

Apocalypticism in the Mediterranean world and the Near East 1986

Rezensent:

Holtz, Traugott

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Theologische Literaturzeitung III. Jahrgang 1986 Nr. 8

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beachtet (S. 222). - Mit dem Thema „Paulus und die Sexualität nach
I Kor 7" beschäftigt sich Helmut Merklein in „Es ist gut für den
Menschen, eine Frau nicht anzufassen" (S. 225-253). Entgegen dem
Eindruck, I Kor 7 werte Ehe bzw. Sexualität und Frau ab, weist er
nach: Die hier gemachten Aussagen sind teils in der Naherwartung
der Parusie begründet, teils erklären sie sich „aus der Pragmatik des
Textes. Worum es Paulus bei seinen Ausführungen über Ehe und Ehelosigkeit
letztlich geht, ist die Freiheit für den Kyrios" (S. 252). Von da
aus ist „nicht die Ehelosigkeit als solche schon heilseffektiv", sondern
erst „die Bindung an den Kyrios, die in der Ehelosigkeit zum Ausdruck
kommen soll" (S. 253). - Explizit mit dem Thema der Unterordnung
von Frauen befassen sich die beiden nächsten Abhandlungen
. Claus Bussmann geht der Frage nach „Gibt es christologische Begründungen
für eine Unterordnung der Frau im Neuen Testament?"
(S. 254-262). Auf Grund der Untersuchung von Gal3,28;
IKor 1 1,2-16: Kol 3,18; Eph 5,21-33 und 1 Petr 3,1-7 kommt er zu
dem Ergebnis, daß christologische Gründe hierfür nicht entscheidend
gewesen sein dürften. - Karlheinz Müller erörtert „Die Haustafel des
Kolosserbriefes und das antike Frauenthema" (S. 263-319) mit dem
Ziel, „die anstößige Fremdheit" der neutestamentlichen Haustafeln
„vordem aufgeklärten hermeneutischen Horizont der eigenen Gegenwart
zur Geltung zu bringen" (S. 2640- Dabei lautet seine These:
Kol 3.18-19 (4,1) bestreitet nicht die häusliche Führungsrolle des
Mannes, jedoch wird sie durch „Appelle zur Partnerschaft und strikter
Gegenseitigkeit versittlicht und humanisiert" (S. 310). Die Formel
„im Herrn" aber autorisiert urchristlicherseits noch diese Position
„ökonomischerGegenseitigkeit" (S. 314).

Der Bd. wird von zwei Artikeln beschlossen, die über den Rahmen
des Gesamtthemas hinausführen. Gerhard Lohfink wendet sich in
„Weibliche Diakonie im Neuen Testament" (S. 320-338) gegen eine
nur christologisch begründete Kirche im Sinne eines hierarchischen
Amtspriestertums. Unter Hinweis auf das Werden und Vergehen von
Ämtern in urchristlicher Zeit plädiert er für eine trinitarische Begründung
der Kirche. Damit fordert er eine Kirche, die u. a. in der
Lage ist, „längst bestehende Funktionen und Dienstleistungen zur
Würde und Verpflichtung eines Amtes zu erheben, gerade auch den
gläubigen und geduldigen Dienst vieler Frauen in der Kirche"
(S. 338). In diesem Zusammenhang stellt er (anhand von
Rom 16,1-2,7 und I Tim 3,11) die Anfänge des weiblichen Diakonats
dar. - Magdalena Bußmann informiert in „Anliegen und Ansatz feministischer
Theologie" (S. 339-358) engagiert über Entstehung, Themen
und Ziele dieser kirchlichen Frauenbewegung.

Der letzte Aufsatz ordnet sich den voranstehenden Beiträgen insofern
zu, als alle Autoren dieses Bds. darum bemüht sind, den Nachweis
zu erbringen, daß das Verlangen der Frau nach Gleichberechtigung
in der Kirche im Neuen Testament seine Rechtfertigung findet.
Von da aus vermitteln die vorliegenden Untersuchungen nicht nur anspruchsvolle
Sachinformation, sondern machen zudem bewußt, daß
bereits die Erhebung des (ältesten) neutestamentlichen Befundes kritische
Anfragen an die Kirche zu ihrer Haltung gegenüber der Frau in
Geschichte und Gegenwart stellt.

Leipzig Werner Vogler

Hellholm, David [Ed.]: Apocalypticism in the Mediterranean World
and the Near East. Proceedings of the International Colloquium on
Apocalypticism Uppsala, August 12-17, 1979. Tübingen: Mohr
1983. XI, 878 S„ 1 Taf.gr. 8". Lw. DM 285,-.

Der umfangreiche Band gibt die Beiträge wieder, die auf dem Internationalen
Kolloquium über das Thema „Apokalyptik" in Uppsala
im August 1979 verhandelt worden sind. Gewidmet ist er dem Andenken
an Philipp Vielhauer, der ein halbes Jahr nach der Einladung, '
auf diesem Kongreß einen Vortrag zu halten, am 23. 12. 1977 starb;
sein Beitrag zum Gegenstand in Hennecke-Schneemelcher II,
405-427, spielt in den Überlegungen der Autoren insbesondere zur

Frage der Definition des Phänomens „Apokalyptik" eine gewichtige
Rolle.

Die Planung des Kongresses geht auf gemeinsame Überlegungen
von Geo Widengren, Hans Dieter Betz und David Hellholm im Mai
1977 zurück. Anregungen dazu gaben die Gnosis-Kolloquien in
Messina 1966 und in Stockholm 1973. Die Königlich-Schwedische
Akademie der Literatur, Geschichte und Altertumskunde und die
Theologische Fakultät der Universität Uppsala unterstützten den
Plan, ein Organisationskomitee übernahm seine Ausführung. Sekretär
des Komitees war der Hg. dieses Bds., David Hellholm; ihm verdankt
das Gesamtunternehmen Entscheidendes.

Die Frist zwischen dem Kongreß und dem Erscheinen des Bandes
ist beträchtlich. Freilich wird man auch die Schwierigkeiten einer solchen
Publikation nicht gering achten dürfen. Die Beiträge sind mindestens
zum Teil beträchtlich für den Druck überarbeitet und erweitert
worden; bei anderen ist allerdings der Vortragscharakter erhalten geblieben
. Das Buch selbst ist mit äußerster Sorgfalt hergestellt, Satz,
Druck und Ausstattung sind vorzüglich, Druckfehler sind mir nur
ganz selten begegnet. Die Beiträge sind englisch, deutsch und französisch
, wobei sich das Englische (16) und das Deutsche (15) beinahe die
Waage halten (Französisch 3).

Der Gegenstand des Kongresses war: Apokalyptik in der Mittelmeerwelt
und im Nahen Osten in der Antike mit besonderer Betonung
der jüdischen und der christlichen Religion (s. S. 3). Die Beiträge halten
sich genau an diesen Rahmen und sie füllen ihn - entsprechend
den Möglichkeiten eines Kolloquiums - auch im wesentlichen aus.
Die Aufarbeitung des Gegenstandes ist in dem Bd. in drei Sektionen
gegliedert: 1. Die Vorstellungswelt der Apokalyptik; 2. Die Literaturgattung
Apokalypse; 3. Die Soziologie der Apokalyptik und der Sitz
im Leben der Apokalypsen. In der letzten Sektion ist eine vierte des
Kongresses aufgegangen, die sich mit der Funktion der Apokalyptik
(in ihrer geschichtlichen Situation) befaßte. In den verschiedenen Sektionen
kommen gleiche Bereiche wiederholt zur Verhandlung. Das ist
in der Sache begründet und erhöht ebenso den Reiz wie den Wert der
Publikation. Gelegentliche Differenzen, auch solche weitreichender
Art, signalisieren nur den Stand der Diskussion.

Als das entscheidende Problem durchzieht die Definition der Apokalyptik
den gesamten Bd. Offenbar bestand die Hoffnung, daß das
Kolloquium eine allgemein akzeptable Definition der Apokalyptik
erbringen würde, ähnlich wie es die Messina-Konferenz für Gnosis
und Gnostizismus tat. Sie hat sich nicht erfüllt. Das dürfte aufschlußreich
sein. Man muß fragen, ob es „Apokalyptik" überhaupt als
selbständige, definierbare Größe gibt. Der Begriff ist abgeleitet aus
einer Bezeichnung für Literatur, die erst spät aufgekommen ist.
Offb 1,1 ist nicht als Buchtitel gemeint (auch wenn alsbald so verstanden
wurde). Erst in Abhängigkeit davon taucht im 2. Jh. die Bezeichnung
„Apokalypse" für Offenbarungsliteratur auf (M. Smith),
wird aber keineswegs nur auf solche Literatur bezogen, die wir - auch
bei extensiver Definition - so bezeichnen, wie besonders die Nag
Hammadi-Texte zeigen (M. Krause). Von der (modernen) Klassifizierung
bestimmter Schriften als Apokalypsen sind die Bezeichnungen
„Apokalyptik" und „apokalyptisch" abgeleitet. Dabei umgreifen
diese Termini aber in der Regel keineswegs den gesamten Inhalt der
Apokalypsen, sondern nur bestimmte, für gerade diese Literatur als
charakteristisch angesehene Bestandteile. Besonders weitgehend
„apokalyptisch" ist die Joh-Offb; von ihr her ist freilich die Bezeichnung
auch gewonnen. In der Regel aber, und das gilt gerade für die
Frühzeit, erscheint das Apokalyptische in Verbindung mit Aussagen
und Vorstellungsformen, die wir anders zu klassifizieren gewohnt
sind. Da man nicht ausschließen kann, daß auch verhältnismäßig
reine „apokalyptische" Apokalypsen, wie etwa die Joh-Oflb, einem
Kontext zugehören, in dem auch andersgeartete Literatur beheimatet
war (es gibt nach wie vor Verfechter der Identität des Verlässers von
Joh-Ev und Joh-Offb!), ist es nicht unmöglich anzunehmen, daß es
„Apokalyptik" als eigene geistige Größe gar nicht gegeben hat. Dazu
würde durchaus passen, daß sich „apokalyptische" Vorstellungen und