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Ausgabe:

1986

Spalte:

581-583

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

II Samuel 1986

Rezensent:

Stoebe, Hans Joachim

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581

Theologische Literaturzeitung 111. Jahrgang 1986 Nr. 8

582

Balic, Smail: Religion und Politik im Islam (Univ. 41, 1986,
349-360).

Christentum zwischen den Weltreligionen (Themenheft Concilium 22, 1986,
Heft 1): Islam und Christentum (S. H. Nasr, J. Johns, C. Duran) (S. 5-21) -
Hinduismus und Christentum (B. Mukerji. P. M. Gregorios) (22-36) - Buddhismus
und Christentum (S. Sivaraksa, A. Pieris, S. Phongphit) (37-48) -
Chinesische Religion und Christentum (S-h. Liu, J. Ching, W. Hsien-Chih)
(49-62)- Katholische Religionsthcologie am Scheidewcg(P. Knitter) (63-69)-
Die Religionstheologie in der jüngeren protestantischen Theologie (L. Rouner)
(69-75) - Zu einer ökumenischen Theologie der Religionen (H. Küng)
(76-80).

Visible Religion 3: Populär Religion, cd. by H. G. Kippenberg, L. P. van den
Bosch, L. Lcertouwer, H. A. Witte. Leiden: Brill 1984. VIII, 171 S. m. zahlr.
Abb. gr. 8' = Institute of Religious Iconography. State University Groningen,
hfl 72.-.

Altes Testament

McCarter, P. Kyle, Jr.: II Samuel. A New Translation with Intro-
duetion, Notes and Commentary. Garden City: Doubleday 1984.
XVII, 553 S. gr. 8* = The Anchor Bible,9. Lw. $ 18.-.

Überraschend schnell nach der sehr anerkennend aufgenommenen
Auslegung des 1. Samuel-Buches legt P. Kyle McCarter den zweiten
Teil vor, der sich in der Zielsetzung eng an den ersten anschließt. Wie
in Bd. 1 führt eine kurze, aber instruktive Einleitung auf die Probleme
, die sich aus dern zweiten Buch Tür die Auslegung ergeben.

Teil I, Text and Introduction, weist auf die Besonderheit hin, daß
mit Kap. 9 eine nach einer älteren Gestalt des Masoretischen Textes
(M) revidierte Rezension der LXX (Barthelemy: Kat-tfe-Rezension)
beginnt. Teil II. Literary History, ventiliert im Absatz „Literary
Framework" die Frage nach der Stellung des Buches im deuterono-
mistischen Geschichtswerk. Sie setzt, das versteht sich, bei Noths
Überlieferungsgeschichtlichen Studien (1943) ein, führt sie mit einer
Kritik an Noths Unterbewertung des Einflusses deuteronomistischer
Theologie weiter, die die Stellung von 2Sam 7 als Schlüssel dieses
Geschichtswerkes verkennt. Der Absatz "Case against Literary
Unity" verfolgt an Hand von Namen wie Cross, Dietrich, Vcijola die
verschiedenen Schichten innerhalb der deutcronomistischen Bearbeitung
. Von Veijolas DtrG, Dtrp, ÖtrN unterscheidet Vf. sich darin, daß
er für die erste Ausgabe des Geschichtswerkes, dessen exilische Retusche
äußerst begrenzt ist, ein vorexilisches Datum annimmt, dazu
stärkeres Gewicht auf ältere Quellen legt. S. 8 gibt er vorwegnehmend
eine Übersicht über die Schlüsse, die er selbst für die Redaktionsgeschichte
zieht. Der dritte Teil, Narrative Source, referiert über die
seit Rost (Thronfolgegeschichte, 1926) in der Forschung aktuelle Diskussion
über die inhaltlichen Zielsetzungen des Buches (Solomonic
Apology. Sources from the Reign of David, For or against Solomon?,
Succession Narrative Hypothesis). Ein letzter Abschnitt ist der Stellung
des Anhangs (Kap. 21-24) im Zusammenhang gewidmet. Mit
dieser Einleitung ist vorgezeichnet, wo das Hauptgewicht der Auslegung
liegen soll.

Der Inhalt des Buches ist in 40 Sinnabschnitte eingeteilt. Wie im
ersten Band gliedert sich das jeweilige Stück in Übersetzung. Textkritische
Anmerkungen, ein entsprechend der Konzeption des Verfassers
selbständiger Teil, der die Abweichungen der Versionen bis hin
zu 4QSama umfangreich berücksichtigt. Davon getrennt behandeln
die „Notes" in einer Art niederer Exegese, die semasiologisch-syntak-
dschen Probleme der Stelle, die Realien, diskutieren dazu umfassend
außeratttestamentliche Parallelen und Analogien. Schließlich werden
"i einem bisweilen recht kurz gehaltenen „Comment" die sich aus
dem Text ergebenden inhaltlichen Fragen dargestellt und diese in
einen größeren Zusammenhang eingeordnet.

Diese Art der Anlage ist zunächst in einer Hinsicht vorteilhaft. In
den "Textual Notes" und den "Notes" schafft sie Raum für eine bemerkenswerte
Fülle und eingehende Würdigung des herangezogenen
Materials, das sonst zu einem guten Teil in komprimierter Form von
Anmerkungen Platz zu finden pflegt. Eine Bibliographie von

33 Seiten kennzeichnet die Weite der herangezogenen und gewürdigten
Literatur.

Auf der anderen Seite hat sie auch Nachteile. Auch wenn Vf. sich
darum bemüht, Wiederholungen zu vermeiden, kann er nicht ganz
auf sie verzichten, ist mindestens auf Querverweise angewiesen. Das
kann bisweilen die Geschlossenheit einer Darstellung stören und ihr
etwas Atomisiertes geben. Es bringt auch die Gefahr, daß damit nun
eine Breite und Ausführlichkeit an einzelnen Punkten gefordert wird,
die nicht so wesentlich sind und vom Ganzen her eine andere Proportion
haben könnten, während Entscheidendes im "Comment" oft
überraschend kurz gehalten wird.

Damit bin ich am Hauptpunkt meiner Überlegungen. Auch wenn
sie in manchem kritisch klingen, können sie in keiner Weise meine
hohe Anerkennung dieser eingehenden und sorgfaltigen Auslegung
einschränken, zu der ich mich berechtigt fühle, weil ich selber auf diesem
Gebiet arbeite, und mein Urteil auf der Grundlage eigener Ergebnisse
steht. Es sind die Fragen, die einer an sich stellt, der auch mit
dieser Kommentierung beschäftigt ist, und der sich vielleicht dessen
bewußt ist, daß er sie selber nicht genügend beachtet hat.

Welches ist Ziel und Aufgabe der Auslegung eines Biblischen
Buches, im besonderen eines geschichtlichen Buches? Mit der Aufzeigung
der Fragestellungen, die Vf. am Anfang skizziert, ist eine gewisse
Zielsetzung angegeben.

Eine sorgfältig umfassende Prüfung der Versionen gehört unumgänglich
zu jeder Vorarbeit; ihre Abweichungen können hilfreich
dazu sein, den Sinn von M zu profilieren. Ob man dann die Versionen
oder M als ursprünglichen Text wählt, muß man von Fall zu Fall aus
dem Zusammenhang entscheiden. Es darf nicht präjudiziell werden,
daß eine Version auf jeden Fall die bessere Lesart biete (vgl. dazu etwa
Pisano: Additions or Omissions in the Books of Samuel. OBO 57
1984). Wo die von einer Version gebotene Variante nicht auf eine
andere hebräische Vorlage oder einen sinnverschiedenen Text führt,
scheint ihr Zitieren für eine Auslegung nicht hilfreich, sondern eher
ablenkend. Ich denke an 2,4; 3,7.9, wo weder verbales noch substantivisches
Verständnis den Konsonantenbestand, oder an 2,8, wo ein
waw nicht den Sinn ändert. Ebenso haben innergriechische Varianten
wohl für textkritische Spezialuntersuchungen - dazu sind sie hier aber
zu verstreut - für die Auslegung wenig Gewicht. Manchmal scheint
die Dimension für die Textkritik im Rahmen des Ganzen etwas verloren
, denn sie ist von inhaltlichen Erwägungen nicht zu trennen.

11,22 wird das plus der LXX zur Rekonstruktion eines als ursprünglich
angenommenen Textes von M benutzt, dabei aber auf die
Frage verzichtet, ob und wie in M und LXX - wie ich glaube -
verschiedene Akzente der Darstellung vorliegen, die für das Verständnisaufschlußreich
sein könnten.

Ähnlich sehe ich eine zu starke Betonung der deuteronomistischen
Endgestalt als Grundlage und Ziel der Auslegung. Daß diese Schlußgestalt
keine einheitliche Größe, sondern ihrerseits einem redaktionellen
Wachstumsprozeß unterworfen war, ist allgemein anerkannt -
wenn auch verschiedene Folgerungen gezogen werden - und ich
stimme dem zu. Daß sich dabei immer gleichbleibende Merkmale
feststellen lassen, kann nicht verwundern. Zurückhaltender wäre ich
aber schon bei einer zu statischen Aufteilung auf Schichten und einem
zu fest umrissenen Begriff Deuteronomist. Das Werden einer Überlieferung
scheint mir viel fluktuierender und in einzelnen Texten und
Komplexen in eine sehr frühe, weit vorexilische Zeit zurückreichend
zu sein. Ich gestehe, daß ich auf Grund meiner Arbeiten dem
Nothschen Ansatz wieder sehr viel stärker zustimme und glaube, daß
mit seiner Aufgabe auch viel vom Verstehen der alttestamentlichen
Geschichte gerade dieser frühen Übergangszeit verloren gegangen ist.
Ich nehme an, daß mit dieser Orientierung an einer deuteronomistischen
Endgestalt als Gegenstand einer (z. T. nomistischen) Auslegung
der Reichtum und die Lebendigkeit der alttestamentlichen Geschichtsschau
verkürzt worden ist. Wenn der Deuteronomist schon in
einem langen Werdegang geformte Darstellungsblöcke übernehmen
konnte, dürfen und müssen diese zunächst aus sich heraus verstanden