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Ausgabe:

1986

Spalte:

573-575

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Vom Amt des Laien in Kirche und Theologie 1986

Rezensent:

Winkler, Eberhard

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Theologische Literaturzeitung 111. Jahrgang 1986 Nr. 8

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Statistik begrenzt, da sie fast ausschließlich an den traditionellen
Handlungsfeldcrn (vor allem an den Kasualicn) orientiert ist. Auffällig
ist auch - wie herkömmlich - die starke Berücksichtigung der
Pfarrer. Sie dominieren beispielsweise im 1. Kapitel „Kirchgemeinden
. Kirchenkreise, Plärrstellen und Pfarrer" (3-34) absolut. Im Unterschied
zum Beitrag über die Kirchentage in der DDR spielt das
Lutherjubiläum im Bericht von Klaus von Bismarck über den
Kirchentag 1983 in Hannover keine Rolle. Im Kalendarium der wichtigen
Ereignisse des Jahres 1983 von Hannelorc Braun werden auch
für die Kirche relevante Tagungen verzeichnet, die außerhalb der
Bundesrepublik stattfanden, z. B. die von der Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg zusammen mit der Akademie der Wissenschaften
der DDR veranstaltete Hallenser Luthertagung vom
18.-20. Oktober oder das von der evangelisch augsburgischen Kirche
Polens verantwortete Luthersymposion am 21./22. November in
Warschau.

Ob in der vertrauten Gestalt eines voluminösen Ganzlcinenbandes
oder in der flexiblen Form von drei Teilbänden, die Fachvertreter der
kirchlichen Zeitgeschichte haben genauso Anlaß, den Bearbeitern des
Jahrbuches zu danken wie die Benutzer aus den mehr praktisch theologischen
oder institutionellen Bereichen der Kirche.

Berlin Siegfried Brauer

(Krause, Gerhard:] Vom Amt des Laien in Kirche und Theologie. Festschrift
für Gerhard Krause zum 70. Geburtstag, hg. von H.
Schröcr u. G. Müller. Berlin (Wcst)-New York: de Gruytcr 1982.
XI. 431 S„ 1 Porträt 8" = Theologische Bibliothek Töpelmann, 39.
Lw. DM 158,-.

Ohne Schuld des Rezensenten erscheint die Anzeige dieser wertvollen
Festschrift mit bedauerlicher Verspätung. Die Beiträge haben
seit ihrem Erscheinen nichts an Aktualität eingebüßt. Alle nehmen,
wenn auch in sehr unterschiedlicher Ausführlichkeit und Direktheit,
auf das „Amt des Laien" und das weitgespannte Lebenswerk Gerhard
Krauses Bezug.

G. Wingrefl („Der Begriff.Laie'", S. ß-l 6) geht von der fatalen Ne-
gativität dieses Begriffes aus: Der Laie ist nicht Fachmann und nicht
Priester. W. kritisiert, daß die Taufe auch im Protestantismus die Aufteilung
der Kirche in Priester und Laien nicht aufgehoben hat. Eine
Änderung verspricht er sich davon, daß der Rückgang der Taufe ihre
ßedeutung verstärken wird, so daß es für die Getauften wichtiger ist,
getauft als nicht zum Priester geweiht zu sein. - C. Thoma („Amt.
Seelsorge und Laienbewußtscin im Judentum", S. 17-26) zeigt, „daß
mnerhalb des traditionell religiösen Judentums ein außerordentlich
Prominentes Laienbewußtscin vorherrscht", so daß der Unterschied
zwischen Amtsträgern und Laien nicht wie in den christlichen
Kirchen ausgeprägt ist. A. H. (iunnewee beschreibt den Bedeutungswandel
von „ am ha ärez" als term. techn. für den Vollbürger zur negativen
Kennzeichnung der Heiden seitens der nachexilischen Gemeinde
(S. 19-36). H.-J. HermiSSOB („Zur Erwählung Israels",
S. 37-66)gibt ein schönes Beispiel biblischer Theologie, indem erden
Erwählungsgedankcn zunächst im Deuteronomium, bei Deuteroje-
saja und in späteren alttestamentlichen Texten untersucht, um dann
-zu bezeichnen, wasderalttcstamentliche Erwählungsglaube in seiner
neutestamentlichen Aneignung für die christliche Gemeinde bedeu-
*et". - „Die Gemeindevorsteher im HcbräcrbrieP' (S. 67-84) sind
nach E. Größer ein „kollegial geleiteter Vorstcherkreis", der seine
Autorität aus der Verantwortung für die Lehre bezieht. Hebr treibe
■•keinerlei Theologie des Amtes", sondern „eher eine solche des
Ericstcrtums aller Gläubigen", weil Aufgabe jedes Christen sei, wofür
die hegumenot besondere Verantwortung tragen. - G Andresen interpretiert
Tertullians Satz „Ubi tres, ecclesia est, licet laici"
(S. 103-121) und untersucht den Rückgriff auf die sog. Gemeindeordnung
Mt 18. 15-20 von Tertullian bis zu den reformatorischen
Kirchenordnungen. K. Sehd/erdiek („Das Heilige in Laienhand",
S- 122-140) findet die Ursprünge der fränkischen Eigenkirchen im

Gegensatz zu U. Stutz in gallischen Gutsoratorien und in „Landkirchen
, die unter maßgeblicher Beteiligung der Grundherren auf
Landgütern eingerichtet werden". Die Grundherren nahmen auf ihre
Weise das „Amt des Laien zur Mitverantwortung der Präsenz der
Kirche in der Weit" wahr. R. Schäfer („Allgemeines Priestertum oder
Vollmacht durch Handauflegung?", S. 141-167) widerlegt die Meinung
, Luther habe im Brief an J. Sütel die Ordination mit Handauflegung
als Voraussetzung für die Abendmahlsspendung betrachtet.
Nicht die Ordination, sondern die ordentliche Berufung, die kraft des
allgemeinen Priestertums auch durch Laien erfolgen könne, sei notwendig
. G. Müller, der mit dem Jubilar als Herausgeber der TRE verbunden
war, stellt mit „Lazarus Spengler als Theologe" (S. 168-184)
einen prominenten mündigen Laien der Reformationszeit vor.
.1. Mehlhausen („Friedrich Wilhelm IV", S. 185-214) schildert den
umstrittenen König als tief gläubigen, ökumenisch offenen Laientheologen
, der die „rechten Hände" suchte, in die er das „Lehen" des landesherrlichen
Kirchenregimentes hätte zurückgeben können.

Die systematischen Aspekte eröffnet G. Ehelinv („Der Lauf des
Evangeliums und der Lauf der Welt", S. 217-245). indem er anläßlich
des Augustanajubiläums die CA von den Stichworten confessio. con-
sensus und conscientia her interpretiert, wobei er das Gewissen als
„Brennpunkt aller Aussagen des Bekenntnisses und . . . Schlüssel zu
ihrem Verständnis" betrachtet. B. L. fftbMelhwaite bejahte die Frage
"Can there be genuine dialogue between the belicver and Lhe unbc-
licver?" (S. 246-255) unter der Voraussetzung, daß beide Seiten die je
aridere phänomenologisch verstehen. M. Honecker(„Autonomie und
Prophet je", S. 256-277) würdigt die Debatte um sittliche Autonomie
in der modernen katholischen Moraltheologie und die scheinbar gegenläufige
evangelische Tendenz, aus der Christologie. speziell aus
dem munus propheticum. das Recht zu autoritativen Weisungen und
zu prophetischer Forderung abzuleiten. Im reformatorischen Recht-
fertigungsverständnis findet er den Ansatz, sittliche Autonomie so zu
gewinnen, daß der Laie im Alltag sein allgemeines Priestertum leben
kann. „Der Dogmatiker als Anwalt des Laien in der Theologie"
(G. Sanier, S. 278-295) soll „Für die Praxis des Laien Rechenschaft
ablegen, nicht um dessen Verantwortung zu ersetzen, sondern um sein
Handeln als Sein in der Kirche deutlich werden zu lassen und argumentativ
zu vertreten". Dazu muß er die Anfragen und Sorgen der
Laien vernehmen.

G. Besch, „Amt und allgemeines Priestertum in den Kirchen der
Diaspora" (S. 299-310) zeigt, daß Diasporakirchen sich eher als
Volkskirchen auf die Bedeutung des Priestertums aller Gläubigen besinnen
. Missionarisch können sie nur durch den Laienapostolat sein,
der Ämter nicht überllüssig macht. Laienordination ist keine Verlegenheitslösung
. H. Sehröer, „Die theologische Kompetenz des
Laien im kirchenlcitenden Handeln" (S. 320-342) plädiert lür „förderliche
Drciecksbezichungen zwischen Fachtheologie, kirchenregi-
mentlicher Theologie und Laicntheologic". Es ist nicht nur „Theologie
für Nichttheologen, für Laien nötig, sondern Theologie der Nicht-
thcologen" (Hervorhebungen vom Rez.). und sie ist von der charismatischen
Struktur der Kirche her möglich. Dieser Impuls. Laientheologie
als Funktion des Priestertums aller Gläubigen zu entdecken und zu
fördern, sollte so aufgenommen werden, daß nicht nur die Akademiker
und die Musterlaien zur Geltung kommen. F. Wintzer bedenkt
das Selbstverständnis und die Rolle der Pfarrfrau als ..Laiendienst im
Pfarrhaus" (S. 343-356), der durch die Berufstätigkeit der Ehepartner
von Pfarrern und Pfarrcrinnen vor neue Erprobungen gestellt wird
und die Veränderung traditioneller Erwartungen unter dem Ziel der
mitdenkenden und mitarbeitenden Gemeinde einschließt. Daß das
„Amt des Laien" zum großen Teil von Frauen wahrgenommen wird,
kommt übrigens außer in diesem Beitrag kaum zum Ausdruck.
H. Karpp, „Der Laie als Bibelleser und Predigthörer" (S. 357-371)
fragt anhand von Beispielen danach, wie der Prediger „dazu beitragen
kann, daß der Laie die sachgemäße Einheit zwischen seinem Bibcl-
lescn und Predigthören findet".

J. Ilenkys, „Dietrich Bonhoeffers letztes Gedicht auf dem Weg in