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Ausgabe:

1986

Spalte:

569-573

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Zahlen, Fakten

Titel/Untertitel:

Hintergründe aus der Evangelischen Kirche in Deutschland 1986

Rezensent:

Bräuer, Siegfried

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Theologische Literaturzeitung 111. Jahrgang 1986 Nr. 8

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antwortlich und respektvoll in Besitz zu nehmen und über die Tiere in
der Weise des guten Hirten zu herrschen.

Hier erweist sich das Berufsethos des Quantenmechanikers, des
Atomphysikers. als erhellendes, sachliches Handlungsanalogon zu
dem, was wohlverstandene christliche Schöpfüngstheologie verlangt:
Der mit Kreativität beschenkte anthropos erweist sich nur dann als
echte Entsprechung zum Bild des theos, nach dem er erschaffen
wurde, wenn er zum Kosmos ein schöpfergerechtes Verhältnis hat.
Wie der Schöpfer seine Geschöpfe liebt und seine Verherrlichung in
deren Gedeihen sucht, ähnlich soll der kreative Mensch seinen Mitgeschöpfen
liebend gerecht werden. Das schließt subjektivistische
Willkür aus und einen echt sachlichen, objektiven Umgang mit den
Objekten ein. Damit ist m. E. schon die schöpfungstheologische
Grundlage für die heute dringlich gewordene Umwelt- und Mitweltethik
gegeben22.

Dieser Gedanke erlaubt mir, meine Skizze mit einer Überlegung,
die im weiteren Sinn ökumenischen Charakter besitzt, zu schließen.
Gerade die ethische und praktisch-theologische Dimension unserer
Schöpfungsdogmatik versetzt uns in die Nähe der großen Religionen,
die von sich aus zur Natur ein ungebrochenes und gewaltloscs Verhältnis
haben: Formen des Animismus, wie sie uns in der indianischen
Kultur begegnen, der Hinduismus, der Buddhismus, der Kon-
fuzianismus, ja z. T. auch der Islam. Gemeint ist also die interreligiöse
Ökumene. Die Gemeinschaft der „großen Religionen" ist bekanntlich
von Vertretern des „Club of Rome" mehrfach aufgerufen worden, zur
großen Umkehr unseres Produktions- und Konsumverhaltens je
nach eigener Tradition einen Beitrag zu leisten. Denn nur sie können,
so meinen diese Wissenschaftler, die dazu notwendige Motivation von
der fundamentalen Ebene des religiösen Glaubens her fördern. Daß
die Christen dieses interreligiöse Gespräch nicht ohne klares Bekenntnis
zu Jesus dem Chrisiiis antreten sollen, liegt auf der Hand. Aber es
dürfte nicht schwierig sein, gerade in dem bis zum Tod inkarnierten
Sohn Gottes, der zugleich der somatisch Auferweckte von den Toten
■st, Grundpfeiler einer in angemessenem Maß kosmologisch und
anthropologisch angereicherten Schöpfungstheologie zu finden.

' A. Ganoczy, Der schöpferische Mensch und die Schöpfung Gottes, Mainz
1976; Theologie der Natur, Zürich-Einsicdcln-Köln 1982; Schöplüngslehrc,
Düsseldorf 1983; Die Bedeutung des christlichen Schöpfungsglaubens für die
Einheit der Menschheit, in: Christliche Grundlagen des Dialogs mit den Wclt-
ndigionen, hg. von W. Strolz und H. Waldenfels. Quaestiones disputatac 98,
Freiburg-Bascl-Wien I983.S. 127-150.

2 Siehe vor allem N. Lohfink, „Macht euch die Erde Untertan"?, in:
Oben 38, 1974, 137-142: Die Priesterschrift und die Grenzen des Wachstums,
■n: StZ192, 1974, 435-450; nachgedruckt in: ThJ 1976. Leipzig 1976,
s-223-248; außerdem: E. Zenger, Der Gott der Bibel, Stuttgart, 2. Aufl.
1981.

' Le phenomene humain, Paris 1955, deutsch: Der Mensch im Kosmos,
München, 7. Aufl. 1964, Berlin 1966.

4 Die Geschichte der Natur. Göttingen, 8. Aufl. 1979; Die Einheit der
Natur, München, 3. Aufl. 1983; Der Garten des Menschlichen. München.
5. Aufl. 1978; Wege in der Gefahr, München, 5. Aufl. 1984.

5 P. Overhage - K. Rahner, Das Problem der Hominisation. Quaestiones
disputatac 12/13, Freiburg-Basel-Wien, 3. Aufl. 1965;K. Rahner, Grundkurs
desCilaubens, Freiburg-Basel-Wien. 7. Aufl. 1977; Leipzig 1978.

' A. M. K. Müller - W. Pannenberg. Erwägungen zu einer Theologie der'
Natur (zitiert: Müller-Panncnberg), Gütersloh 1970, darin: W. Pannenberg.
Kontingenz und Naturgesetz, S. 34-80; ders.. Was ist der Mensch? Anthropologie
der Gegenwart im Lichte der Theologie, Göttingen. 4. Aufl. 1972;
Anthropologie, Göttingen 1983.

7 LThK Erg.-Bd. Das Zweite Vatikanische Konzil. T. 3.S. 320.

* Vgl. Die Schöpfungsmythen, Darmstadt 1980; besonders das Vorwort von
M. Eliadc: S. 9-34; C. Westcrmann, Genesis 1-11, Ncukirehcn-Vluyn,
2. Aufl. 1976.S. 1-103, Berlin 1985.

4 Zu bedenken wären z. B. die Ableitung von „Adam" von „Adamah" und
die gemeinsame Bezeichnung von Mensch und Tier mit „näphäsch hajja".

■• Siehe G. von Rad, Theologie des AT. Bd. I. München 1969. Berlin 1963,
S. 372; Ganoczy, Schöplüngslehre, S. 36-42.

" G. Bornkamm, Jesus von Nazareth, Stuttgart-Berlin (West)-Köln-
Mainz,9. Aull. 1971, S. 1081", Berlin 1979.

12 A. Sauer, Die theologische Lehre von der materiellen Welt beim hl. Albert
demGroßen, Würzburg I935.S. 26fT.

" Vgl. J. B. Cobb Jr. u. D. R. Griflin, Prozeß-Theologie, Göttingen 1979,
Kap. 4: „Eine Theologie der Natur". S. 62-78.

14 Vgl. E. Scheibe. Die kontingenten Aussagen in der Physik. Axiomatischc
Untersuchungen zur Ontotogie der klassischen Physik und der Quantentheorie.
Frankfurt-Bonn 1964, und den Beitrag A. M. K. Müllers in: Müller-Pannenberg
(vgl. Anm. 6).

15 Siehe W. Heisenberg. Physik und Philosophie. Frankfurt-Berlin (West)-
Wien 1981,S. 155f bzw. 119.

■ Pannenberg. Konlingenz, S. 35 bzw. 37.
17 Zum Thema einer „praktischen Theologie der Natur" siehe die Beiträge
von J. Hübner, K. M. Mcycr-Abich und S. M. Daecke, in: Frieden mit der
Natur, hg. von K. M. Meyer-Abich, Freiburg-Basel-Wicn 1979.
'" Daß der Gedanke an den Exodus zum hermeneutischen Kontext der beiden
„Schöpfungsbcrichtc" gehört, zeigt G. v. Rad, Theologie des AT, Bd. I.
S. 143-178.

Kontingenz und Naturgesetz (vgl. Anm. 6), S. 58fT.
711 Kritik des Teilhardschen Tcleologiedcnkens bei G. Altner. Schöplüngs-
glaubc und Entwicklungsgedanke in der protestantischen Theologie zwischen
Ernst Haeckel und Teilhard de Chardin, Zürich 1965, S. 45-60 und 117-126.

21 Zum Thema „Entelechie" siehe A. Wenzl, Entelcchie, in: LThK. Bd. 3.
S. 895 und Finalität. in LThK, Bd. 4, S. 132f. In der „transzendentalen" Theologie
K. Rahners spielt dieser Begriff eine wichtige Rolle.

22 Beiträge zu einer Sozialcthik mit umweltcthischer Dimension finden sieh
z. B. in: Die deutschen Bischöfe. Zukunft der Schöpfung - Zukunft der Menschheit
. Bonn 1980.

Allgemeines, Festschriften

Bilanz des Lutherjubiläums. Mit Beiträgen von W.-D. Hauschild,
J- Jeziorowski, O. Kammer, I. Lent, B. Lohse, H. Löwe, L. Marken
. R. Mau. H. Zeddies. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus
Gerd Mohn 1985. VI, 214 S. 8- = Kirchliches Jahrbuch Tür die
Evang. Kirche in Deutschland 1983. 110 Jg., Lfg. 1. geb.
DM 48,-.

<*'* ükens, Erwin: Die Diskussion um die Friedensfrage in der Evangelischen
Kirche in Deutschland. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus
Gerd Mohn 1985. VII, 158 S. 8" = Kirchliches Jahrbuch für die
Evang. Kirche in Deutschland 1983, 110. Jg., Lfg. 2. geb.
DM 35.-.

Bahlen - Fakten - Hintergründe aus der Evangelischen Kirche in
Deutschland. Kirchliche Statistik von D. Rohde. Kirchentag 1983
III Hannover von K. von Bismarck, Personen und Ereignisse von
•I. Braun. Gütersloh: Gerd Mohn 1986. XII, 204 S. 8'= Kirchliches
Jahrbuch Für die Evang. Kirche in Deutschland 1983, 110. Jg.,
Lfg. 3. DM 28,-.

Wer kennt sie nicht, die stattliche Reihe der dicken olivgrünen Bde.
in den kirchlichen Diensträumen, eines der nicht allzu vielen schnell
erkennbaren Symbole kirchlicher Tradition. Mit dem I 10. Jg. wird
„dem altbewährten Hilfsmittel der Erforschung kirchlicher Zeitgeschichte
eine neue Gestalt gegeben" (1.3). Das geschieht nicht zum
ersten Mal, aber die letzte vergleichbar einschneidende Veränderung
liegt weit zurück. Auch in seiner neuen Gestalt soll das Kirchliche
Jahrbuch (= KJ) „einen Überblick über das gesamte Geschehen eines
Jahres soweit als möglich" vermitteln, wobei berücksichtigt werden
soll, daß anders als früher die Publikation von Material aus den kirchlichen
Handlungsfeldern in breitem Maße anderweitig erfolgt (1,3).
Formal findet die Veränderung im Übergang zu Teilbdn. (Berücksichtigung
des Leserbedürfnisses) ihren Ausdruck, konzeptionell, indem
die Gestalt der zusammenfassenden Berichte zu aktuellen
Themen aufgegriffen wird. Die Hgg. weisen darauf hin, daß das KJ
derartige Zusammenfassungen schon öfter gebracht habe. In der Tat.
in einigen Fällen boten derartige Beiträge sogar erhellende zeitgeschichtliche
Analysen der theologischen oder kirchlichen Situation