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Ausgabe:

1986

Spalte:

546-548

Kategorie:

Systematische Theologie: Ethik

Autor/Hrsg.:

Ermecke, Gustav

Titel/Untertitel:

Sein und Leben in Christus 1986

Rezensent:

Honecker, Martin

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Theologische Literaturzeitung III. Jahrgang 1986 Nr. 7

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Eine Fülle von Materialien sind in Roths Entwurf einer Störy-
Theologie eingearbeitet. Dem ganzen Konzept gegenüberstellen sich
aber eine Reihe drängender Fragen: Ist sein vfon-Begriff (und seine
Vorstellung vom TheaterGottes auf der Bühne der Welt) nicht zu unkritisch
und vage, um als theologisches (!) Konzept zu dienen? Er
bedürfte dringend einer erkenntnistheoretischen Abklärung (wie sie
etwa in Auseinandersetzung mit M. Polanyi. L. Wittgenstein.
R. M. Harc. J. Hick. 1. Barbour. P. M. van Buren u. a. zu finden ist bei
E>. Ritschi. Zur Logik der Theologie. München 1984. und
H. O. Jones. Die Logik theologischer Perspektiven. CJöttingen 1985).
Es genügt wohl nicht, unmittelbar und ohne präzise Erläuterungen
von vMn-Theologie zu sprechen und philosophischen Konzeptionen
gegenüber einfach zu fragen: "What shall we say then from the
Perspective of story theology about . . .?" (30). Verwendet Roth das
v/wi-Konzept als Passepartout zur Überwindung der logischen und
epistemologischen Schwierigkeiten der Theologie? Verwendet er es
als Mittel zur nahezu unveränderten Herübernahme fast aller Elemente
der Überlieferung ins gegenwärtige Bewußtsein von Christen?
Aus Gründen der Dramaturgie des Weltgeschehens muß sogar der
Teufel als Antagonist Gottes wieder auf der Bühne erscheinen. Ist aber
die Tatsache, daß eine jahrhundertelange Tradition vom Teufel
spricht. Beweis Für seine Existenz. (79-82)? Stehen in Roths slory-
Thcologie einzelne biblische Storks nicht nur lose verbunden nebeneinander
und entfalten ein Eigenleben, ohne daß regulative theologische
Sätze, die als Korrektiv wirken könnten, eine Funktion hätten?
Hat die Faszination der Universalkategorie Störy sie weggeschwemmt
? Droht nicht die Unterscheidung zwischen Zentrum und
Peripherie verlorenzugehen, und alle Morien scheinen gleich wichtig?
Hängt das nicht auch damit zusammen, daß exegetische Errungenschaften
der letzten Jahrzehnte wie Redaktions- und Traditionsgeschichte
weitgehend vernachlässigt sind?

Ein Buch, das w egen seiner Perspektiven auf Themen der biblischen
und theologischen Tradition und wegen seiner eingängigen Thesen anregend
und wohl gerade auch deswegen lesenswert ist. weil es zum
Widerspruch, zur Klärung und zur Weiterarbeit herausfordert.

Großkarlhach Werner Schwanz

Bari. Fritz: Das Sinn-Sein-Problem in heuliger amerikanischer Imagina-
•'ons- und Prozeß-Theologie (ThZ 42. 1986.46-65).

Harrisiillc. Roy V: Crux Sola Noslra Theologie A Relrospeelive Review of
"ie Work of Ernst Käsemann (Religious Studics Review 11.1985.256-259).

Schwarz. Hans: Verstehen wir das Glaubensbekenntnis noch? Der gemein-
** Cilaube der C hristen. Mit einem Nachwort von H. Fries. Frciburg-
fctsel-Wien: Herder 1986. 156 S. kl. 8' = Herderbücherei 1256. DM 8.90.

Systematische Theologie: Ethik

Ginters. Rudolf: Werte und Normen. Einführung in die philosophische
und theologische Ethik. Göttingen: Vandcnhocck &
Ruprecht: Düsseldorf: Patmos Verlag 1982. 346 S. 8'. Kart.
E>M 38.-.

Die verspätete Anzeige dieses interessant gearbeiteten Buches geht
?u Lasten des Rez. Der Vf. geht davon aus. daß jeder vor dem Studium
°-cr Ethik ..bereits moralisch Wisscndc(r)" (13) ist. Deshalb geht es in
der Ethik ..um die gedankliche Sonderung von Phänomenen, mit
denen w ir immer schon vertraut sind . . .. um die Klärung der von uns
verwendeten Sprache .... um die Analyse der in ethischen Überlegungen
und Diskussionen von uns herangezogenen Argumente"
!ehd.). Moralische Einstellungen. Urteile und Handlungen eines
Menschen seien keine bloße Geschmackssache, auch nicht einfach
"rationale Setzungen und Entscheidungen, sondern sie lassen ..sich
Mitgehend auch begründen" (16). Dieses Plädoyer für die Begründ-
barkeit - abcrauch für die Begründungsfähigkeit - von Ethik steht auf
dem Postulat der Abwägung der Urteile anhand von Beispiel und
Gegenbeispiel. In I I Abschnitten, die jeder mit einer Beispielgeschichte
beginnen, wird dieses Verlähren vorgeführt und unter
Beweis gestellt. Die Themen sind folgende:

I. Umweltschutz: Haben Tiere und Pflanzen Ansprüche an uns? 19-36; II.
Sehwangerschaflsabbruch: Sind Föten Kinder? 37-77; III. Sexualethik:
Geschlechtliche Beziehungen nur in der Ehe? 78-115; IV. Menschenwürde
und Menschenrechte: Berufung auf sie - Appell oder Argument? 116-147;

V. Der Standpunkt der Moral: Selbstlosigkeit oder Selbstsucht? 148-175;

VI. Eine allgemein ethische Normierungstheorie: Kann etwas recht sein ohne
Rücksicht auf noch so üble Folgen? Eine Moral ohne fundamentalen Verzieht?
176-217; VII. Das in sich Gute: Was macht das Leben lebenswert? 218-234;
VIII. Relativismus: Kann etwas nur für mich richtig sein? 235-271; IX. Gewissen
: Stimme Gottes oder Stimme einiger Menschen im Menschen? 272-314;
XI. Sittlichkeit und christlicher Glaube: Moral ohne Gott? 31 5-334. Worterklärungen
. Litcraturhinweisc und ein kurzes Sachregister beschließen den
Band.

In Kapitel VI. kommt Ginters zu einer grundsätzlichen Darstellung
seiner Position, die er mit Hilfe der Unterscheidung dreier normativer
Positionen beschreibt: „L Die rein teleologische Position, nach der
die Richtigkeit aller Handlungen letztlich allein von ihren Folgen . . .
abhängt. 2. Die dcontologische Position präsumtiver (bedingter)
Pflichten, nach der die Richtigkeit aller Handlungen immer auch,
aber nicht immer allein von ihren Folgen abhängt. 3. Die dcontologische
Position unbedingter Pflichten, nach der die Richtigkeit
wenigstens einiger Handlungen völlig unabhängig von ihren Folgen
ist." (192 f). Damit greift er auf frühere Arbeiten zurück, die der gleichen
Intention folgen (bes. Typen ethischer Argumentation. Düsseldorf
1976). In dem vorliegenden Buch tritt der Vf. aus der ausschließlich
theoretischen Erörterung heraus und bietet jeweils nach einer
Beispielgeschichte die gängigen Formen ethischen Argumentierens
an. die er als Weg zu einer eigenen begründeten Position des Lesers
verstanden wissen will. Dieser in sich klare ethische Grundsatz hat
aber nicht die Beliebigkeit des Urteilcns zur Folge, verschweigt also
nicht die eigene Stellungnahme, sondern drängt aufgrund einer weiträumigen
Darstellung von Argumenten zur Entscheidung des Lesers.
Das ist wohl das Wertvollste an diesem Buch, daß es neben der
argumentativen Aufarbeitung wirklich brisanter Ehernen der
ethischen Diskussion der Gegenwart den Leser hilfreich dazu nötigt.
Position zu zeigen.

Leipzig Marlin Petzoktt

Ermecke. Gustav. Sein und Leben in Christus. Uber die Seinsgrundlagen
der katholischen Moraltheologie. Paderborn-München-
Wien-Zürich: Schöningh 1985. 375 S. gr. 8'. Lw. DM 44.-.

Das Werk von G. Ermecke ist bemerkenswert unzeitgemäß. Der
Autor deutet dies im vorangestellten Motto aus Mt 1.7.52 unter dem
Generallhcma ..Nova et vetera" selbst an und erklärt: ...So denkt und
so diskutiert man heute nicht mehr', wurde als allerdümmstc Entschuldigung
für die Preisgabe der Wahrheitserkenntnissc der Vergangenheit
vorgetragen" (S. 14). Seine Argumentation für eine Begründung
christlicher Moral bedient sich, wie schon im Buchtitel ..Seinsgrundlagen
" angedeutet, der neuthomistischen Ontotogie. Sic ist als
Fortsetzung der moraltheologischen Dissertation des Autors ..Die
natürlichen Scinsgrundlagen der christlichen Ethik". 1941. angelegt
und entfaltet durchgängig den Grundsatz ..agerc sequitur esse". Die
im Text benutzte Literatur reicht etwa bis 1942. Autoren katholischer
Moraltheologie, die im deutschen Raum die Diskussion geprägt
haben, wie Franz. Böckle. Volker Eid und Johannes Griindcl. sind im
Literaturverzeichnis gar nicht erwähnt. A. Auer. F. Furger und
B. Schüller, die sich um ..autonome Moral" und eine ..Begründung
sittlicher Urteile" bemüht haben, sind zwar ins Literaturverzeichnis
aufgenommen; eine Auseinandersetzung mit ihnen im Text unterbleibt
. Auch der gelegentliche Hinweis auf das Vaticanum II geschieht
nur ganz beiläufig (z. B. S. 179. 298. vgl. die spärlichen Nachweise
S. 368) und ohne jede Interpretation. Die Arbeit bewegt sich im onto-
logischcn Schema von Natur und Gnade und legt metaphysisch die