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Ausgabe:

1986

Spalte:

536

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Titel/Untertitel:

Gregorius Nazianzenus, Carmina de virtute Ia/Ib 1986

Rezensent:

Haendler, Gert

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Theologische Litcraturzeilung III. Jahrgang 1986 Nr. 7

536

Gerechtigkeit, die nicht genügt, und erhofft eine neue Gerechtigkeit,
die ihn rettet." (II) Ähnliches findet sich bei Contarini. Der Glaube
ist ..zutiefst bezogen auf die Verheißung des kommenden Lebens"
(13). Welche Möglichkeiten hätten sich für das theologische Gespräch
in der Reformationszeit über Worms und Regensburg hinaus ergeben!
Schäfer geht darauf kurz ein (101).

„Eine umfassende Darstellung aller Themen der Eschatologie findet
sich in der eingesehenen Literatur nicht." (14) Apokalyptische
Themen stehen nur am Rande. So gilt manchen Luther als falscher
Prophet, aber der Antichrist selbst ist erst im Kommen (15). Auf den
Tod kommt man kaum zu sprechen, dafür um so ausführlicher auf das
Fegefeuer. Seine Leugnung widerspreche den Schriftauslegern und
Vätern (interessant: ..Die Väter haben über das Fegefeuer erst nachgedacht
, als die Kommunion nicht mehr so häufig empfangen wurde".
I 7). aberauf Mißbräuche ist man kaum eingegangen.

Gropper sucht die Auferstehung der Toten von Christi Auferstehung
her zu deuten, Nausea bewegt mehr die Unsterblichkeit der
Seele. Christus ist Richter. Da, wer nicht glaubt, schon gerichtet ist. ist
vom Glauben im Gericht keine Rede! Von der Hölle wird wenig,
dafür aber reichlich vom Lohn des ewigen Lebens geschrieben. ..In der
Seligkeit gibt es Grade und Stufen je nach dem Grad der Liebe und
dem Gewicht der guten Werke." (Wimpina, 24)

„Erasmus sieht den Christen in seinem Kampf ausgerichtet auf die
kommende Herrlichkeit." (26)

Am stärksten kommt die Eschatologie in den gegen reformatorischen
Katechismen zu Wort. Es lallt auf. daß das ewige Leben
sowohl als Verdienst als auch als Geschenk bezeichnet wird (29). Als
Literatur wäre nachzutragen: G. Marx, Glaube. Werke und Sakramente
im Dienste der Rechtfertigung. Leipzig 1982.

Das Tridcntinum hat sich mit eschatologischen Themen speziell
nicht befaßt und über das Fegefeuer nur innerhalb der Reformdebatte
Aussagen gemacht (3 I). Dagegen hat es die Frage nach der Ausrichtung
des Glaubens auf die Letzten Dinge im Zusammenhang mit Erbsünde
bzw. Rechtfertigung behandelt.

„Seripando unterscheidet ofl'ensichtlich die Gerechtigkeit Christi,
die den Glaubenden geschenkt ist, von der Gerechtigkeit der Werke"
und „betrachtet den Menschen von der Vollendung her" (32). „Gnade
ist dem Getauften eingeschaffen", sie wird aber „nie zur Natur des
Menschen", die „Gerechtigkeit Christi wird nie letztlich unsere
Gerechtigkeit" (.331). Zum Fegefeuer bestätigt das Tridcntinum bzw.
dessen Theologen die „Fundamcntalwahrheit, daß es einen dritten
Zustand zwischen Himmel und Hölle gebe" (Jcdin, 36). im Fegefeuer
sind die Seelen ihres Heils sicher, aber noch nicht ans Ziel gekommen,
ihnen kann „durch Fürbitte und die Feier der Eucharistie geholfen
werden" (40).

Das 2. Kap. behandelt „Die Eschatologie in der nachtridentini-
schen Theologie" (41-85). Nach der ersten Generation der Koniroverstheologen
war in Deutschland die Dogmatik „so gut wie zusammengebrochen
" und bekam erst von Spanien her die dort erneuerte
Scholastik. „Die Ausrichtung des Menschen und des Glaubens auf die
Vollendung wird im Zusammenhang mit der Frage nach dem Ziel des
Menschen behandelt." (42) Auf die Auslegung der Summe des
Thomas durch F. de Vitoria und D. de Soto geht Vf. ziemlich ausführlich
ein. Weder Luther noch das Tridentinum spielen bei de Vitoria
eine wesentliche Rolle. In der Auslegung der Sentenzen des Lombarden
geht de Soto ausführlich auf die Eschatologie ein. spätere
Theologen bezichen sich häufig auf ihn. Intercssanterwcisc vermeidet
er „allzu kräftige apokalyptische Vorstellungen" (51).

Keiner der bekannten Barockscholastiker hat ein Traktat über die
gesamte Eschatologie vorgelegt, die Einzelthcmen werden wieder in
Anlehnung an Themas behandelt. Vor allem geht es um das Ziel des
Menschen, um seine Seligkeit, die in der Schau Gottes besteht. Nach
Medina ist dem Menschen die Gnade nie ohne sein Mitwirken geschenkt
(69). Im Gegensatz zur Lebensauffassung des Barocks stellt
die röm.-kath. Theologie dieser Zeil nie ausdrücklich die Frage nach
dem Tod.

Die Katechismen haben hohe Autorität erlangt, die des Canisius
und Bellarmins mehr als der Catechismus Romanus (so 78). Sie gehen
die Eschatologie von der Sakramentenlehre her an. diese werden auf
das ewige Leben bezogen (79). Bellarmin räumt der Darstellung der
Hölle und des Fegefeuers breiten Raum ein. Zunehmend tritt die Ausrichtung
des Glaubens auf die ewige Seligkeit zurück, die „Lehre von
den Letzten Dingen wird nach Art einer eindrucksmächtigen Schaubühne
vorgetragen" (80).

Im Barock, angeregt von der spanischen Mystik, wird der Himmel
in die Kirchen hereingeholt und der Sieg Christi. Marias und der
Kirche dargestellt. In diesen Sieg findet sieh der um seine Vergänglichkeit
wissende Mensch des Barocks hineingenommen, „die ewige Seligkeil
versteht sieh von selbst" (85).

Das Ernstnehmen der Rechtfertigung, bei Gropper. Seripando u. a.
anzutreffen, geht verloren, die eschatologische Ausrichtung der Theologie
ist kaum erkennbar (vgl. 41).

Es fällt auf, wieviel Primär- und wie wenig Sekundärliteratur Vf.
nennen kann. Mir ist nicht klargeworden, was mit „Quetif: Sommcr-
vogel; Hurter; Grabmann G" beim Schrifttum (41) gemeint ist. ein
SiglenVerzeichnis fehlt.

Freiberg Karl-Hermann Kandier

Gregor von Na/.ianz: (armina de virtute la/Ib. ediert von R. Rai Fa.

Übers, u. kommentiert von M. Kertseh. Graz: Institut für Ökumenische
Theologie u. Patrologie 1985. 239 S. 8' = Grazer theologische
Studien. 10.

Der Band wird im Vorwort als „mehrjährige Frucht unserer
Gemeinschaftsarbeit" vorgestellt. Roberto Palla (Pisa) informiert
über die handschriftliche Überlieferung und zeichnet ein Stemma
codicum (84). Die Edition des I 56 Zeilen langen Gedichts füllt die
Seiten 89-96. Manfred Kertseh (Graz) bietet eine Einführung mit
Kurzbiographie sowie einen Überblick über die Werke Gregors. Die
deutsche Übersetzung steht auf Seite 113-118. Der folgende Kommentarbezieht
sich sowohl aufden griechischen Text wieaueh auf die
deutsehe Übersetzung (119-222). Er war bestrebt, „durch Vergleichsmaterial
, wie es mir aus mannigfacher Lektüre gerade zugeflossen ist.
den Gregor-Text zu beleuchten und nötigenfalls verständlich zu
machen" (97). Zuletzt bietet K. Nachträge, um „aus der großen I ülle
von Vergleichsmaterial, das ich teils absichtlieh beiseite gelassen
habe, um den Kommentar nicht zu überladen, teils erst nach der
längere Zeit zurückliegenden Fertigstellung des Manuskripts aufgefunden
habe, einen relativ breiten Querschnitt zu geben" (231). Er
geht auch noch aufden letzten Band der Werke Gregors in der Reihe
Sourees C hrcticnnes ein: Nr. 318. Paris 1985, ed. Moresehini
(S. 2381). Das Gedieht Gregors zeigt die Verbindung von antiken und
christlichen Elementen. Bei seinem Streben nach Tugend, die ein
Geschenk Gottes ist, fühlt sieh Gregor von Nazianz „wie ein nicht
besonders leichtfüßiger Stadionläufer in der Hoffnung, nicht ohne
Lohn zu bleiben. Bei diesem Vorwärtsstreben strecke ich die Glieder:
C hristus ist mir Atem. Kraft und wundersamer Reichtum; er macht
mich scharfsichtig und zum guten Läufer" (S. 116. Vers 99-104).
Paulus klingt an: Phil 3,13 sowie I Kor 9,24-27. Es ist zu begrüßen,
daß dieser Text einem breiteren Publikum zugänglich genta 'tt wird:
der Umläng des Bandes scheint etwas zu groß geraten zu sein.

Ci. II.

Fcrreres. L.: El Tratado „Moriundum esse pro dei lüio" de Lucilla de Cäg-
liari. (C'omcntarios y edicion eritiea). Barcelona: Lnivcrsidad de Barcelona
1982. VII.99 S. gr. 8=Studia Latina Barcinonensia. V.

Rastor. Felix-Alcjandro: La interpretaeiön de Paul Tillich (Gr. 66, 1985.
709-739).

Rastor. I elix-Alcjandro: Itinerario espiritual de Paul Tillich. Consideracio-
nesantc an Centenarto (Gr 67,1986.47-86).

Risse. Wilhelm: Petrus Ranuis und sein Verhältnis zur Sehullradition
(RSPh'Th 70. 1986.49-65).