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Ausgabe:

1986

Spalte:

534-536

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Schäfer, Philipp

Titel/Untertitel:

Eschatologie 1986

Rezensent:

Kandler, Karl-Hermann

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Theologische Lileraturzeitung III. Jahrgang 1986 Nr. 7

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hier Honorius Augustodunensis. Rupert von Deutz und I lervacus von
Bourg-Dieu. Das Paschasische Modell betont, Christus sei ..real".
..naturhaft". ..substantiell" bei der Eucharistie gegenwärtig.

Den mystischen Zugang zur Eucharistie (Kap. 3) wählen die Schulen
son Laon und von St. Viktor. Wilhelm von Champeaux, Guibert
von Nogent. Hugo von St. Viktor sind die wichtigsten Zeugen. Die
eucharistische Erönimigkeit erhält eine gesonderte Darstellung. Die
nun betonte spirituelle Kommunion mit Christus bringt die Frage mit
sich, wieweit der eigentliche sakramentale Vorgang ersetzbar ist. Als
möglicher Ersatz gilt etwa der Friedenskuß: auch Gras, so wird im
Rahmen dieses Ansatzes gefragt, könnte womöglich in Notfällen als
letzte Wegzeh runggenommen werden.

Wird mystisch die Erlösung individuell verstanden, so versucht der
dritte theologische Ansatz die Rolle der Gemeinschaft, der Kirche
herauszustellen. Gilbert de la Porree,Gerhoh von Reichersberg. Peter
Abälard und der Lombarde sind hier die wichtigsten Autoren. Die
Mehrdeutigkeit des Begriffs corpus Christi spielt hier eine Rolle wie
der Primat des Heilsvolks.

Im Abschlußkapitel linden Wilhelm von Auxerre und Wilhelm von
Auvergne eine Darstellung, dann folgt eine schöne, klare Zusammenfassung
. Zum 4. Laterankonzil bemerkt Vf., erst Duns Scotus habe
dessen TranssubstantiationsbegrilTals Definition interpretiert, es sei
dem Konzil selbst aber gar nicht um die Art der Präsenz, sondern um
die Behauptung dieser Präsenz überhaupt gegangen. Vf. hat eine
interessante Studie vorgelegt.

Rostock Peter Hcidrich

Blum. Paul Riehard [Hg.]: Studien zur Thematik des Todes im
16. Jahrhundert. Wolfenbütlel: Herzog August Bibliothek; Wiesbaden
: Harrassowitz 1983. VIII. 198 S. m. zahlr. Abb. 8" = Wolfen-
büttelcr Forschungen, 22. Kart. DM 64.-.

Seitdem die wichtigsten Arbeiten über die Geschichte des Todes
v°n Phillip Aries in deutscher Übersetzung vorliegen, hat die Mentali-
•atslorschung auch in den deutschen historischen Disziplinen größere
Aufmerksamkeit erfahren. Die gegenwärtig noch anhaltende Anziehungskraft
der Todcsthemalik in der Publizistik wird in diesem Zusammenhang
nicht übersehen werden dürfen. Diesem doppelten
'mpuls verdankt auch ein interdisziplinäres Gastseminar in der
Herzog-August-Bibliothek im April 1981 zum Todesverständnis im
'f>. Jh. sein Thema. Die aus diesem Anlaß gehaltenen Referate wurden
im vorliegenden Bd. veröffentlicht, von dem sich die Veranstalter
sowohl in inhaltlicher, als auch in methodischer Hinsicht Interesse
selbst bei Spezialisten erholten.

Der Eingangsbeitrag von Kuno Böse. ..Das Thema .Tod" in der
neueren französischen Geschichtsschreibung" (1-20) ist als knapper
Überblick recht instruktiv, läßt aber auch die Grenzen der bisherigen,
wesentlich auf französische Verhältnisse bezogenen Forschung erkennbar
werden. Die Auffassung von Aries, daß sieh „das Skelett bzw.
die Gebeine" erst im I 7. Jh. „Eingang in das tägliche Leben des Menschen
verschafft" haben (45). kann u. a. in dem emblematischcn Bei-
,rag von Wolfgang Eckart. „Die Darstellung des Skeletts als Todes-
symbol in der Sinnbildkunst des 16. und 17. Jahrhunderts" (21-47)
korrigiert werden. Einen Einblick in mittelalterliche und humanistische
Kommentare zum Tod des Palinarus im 5. Buch der Acneis
B'bt Thomas Brückner (49-62). Thomas Habel äußert sieh zum
Todesverständnis im Fastnachtsspiel (63-95). Wichtige Beobachtungen
vermitteln die Beiträge von Elisabeth Blum, „Tod und Begräbnis
"i evangelischen Kirchenliedern aus dem 16. Jahrhundert" (97-1 10).
Und von Paul Richard Blum. ..Leichenpredigten: Bemerkungen zu
einem Forschungsgebiet und Vorstellung der 'J'übingcr Sammlung des
Martin Crusius" (I 1 1-124). z. B. die Dominanz des memento mori
gegenüber anderen möglichen Aspekten wie der Tröstung der Hinterbliebenen
. Die Absage an Trauer und Klage in Form einer direkten
Anrede des Sterbenden bzw. des Toten an die Hinterbliebenen kommt

erst gegen Ende des 16. Jh. auf. Durch ihren Materialreichtum zeichnen
sich die beiden letzten Beiträge aus. „Armen- und Eselsbegräbnis
in der europäischen Frühneuzeit, eine Methode sozialer Kontrolle"
von Mary Lindemann (125-139) und „Exequien für Kaiser Karl V. in
Augsburg. Brüssel und Bologna" von Achim Aurnhammer und Friedrich
Däuble (141-190). Die Exequien in den drei genannten Städten
waren die wichtigsten von den angeblieh 3 700 Totenfeiern für
Karl V.

Es liegt in der Natur dieser fachspezifischen Beiträge, daß kirchenhistorische
Aspekte wenig Berücksichtigung linden. Die Materialdarbietung
und die Beobachtung von dominierenden Aspekten sowie
Trendentwicklungen stehen insgesamt bei den Seminarreferaten im
Mittelpunkt. Theologen werden tieferlotende Erwägungen vermissen
(so kommt beispielsweise die Bibelorientierung im Kirchenlied des
16. Jh. kaum in den Blick). Sic erhalten dennoch durch den Bd.. dem
ein Namensregistcr beigegeben ist. eine Fülle wichtiger Anregungen
.

Berlin Siegfried Brauer

Schäfer. Philipp: Kschatologie. Trient und Gegenreformation. Frei-
burg-Basel-Wicn: Herder 1984. VI. 85 S. gr. 8* = Handbuch der
Dogmengeschichte. Bd. IV: Sakramente-Eschatologic. Fasz. 7c
(2. Teil). Kart. DM32.-.

W.Andersen hat noch die „Protestantische Eschatologic" von
F. Kunz (HDG IV. Fase. 7c (I. Teil) besprochen (ThLZ 106. 1981.
5901) und aufdas Problem der Einordnung des Sachgebiets Eschatologic
in den Gesamtaulbau des I landbuchs hingewiesen. Ihm war aufgefallen
, daß das Handbuch „fast zwangsläufig zu einer Zusammenstellung
von Einzelmonographien" wird. Das hängt damit zusammen, daß
die Einzelbände nicht in chronologischer Reihenfolge erseheinen und so
nicht aufeinander abgestimmt sind. Zur Eschatologic sind bis heute
weder die Faszikel über Schrift und Patristik noch über die Scholastik
erschienen. Auch Seh. stellt die röm.-kath. Eschatologic nicht genügend
im Gegenüber bzw. im Dialog zur „protestantischen" dar.

Denn das lallt auf: „Die Lehre von den Letzten Dingen war in der
Reformationszeit zwischen katholischen und reformatorischen Theologen
nicht umstritten" (.7; vgl. Kunz. a.a.O., 3) - außer in der
Kontroverse über das Fegefeuer (s. u.). Es lallt auf. wie stark die
Behandlung der Eschatologic in der Zeit der Reformation und Gegenreformation
von der Rechtfertigungsproblematik her bestimmt ist.
Das gilt auch für die röm. Theologie, die nolens volens von Luther
geprägt war.

Vf. behandelt im I. Kap. „Die Eschatologic der Kontroverstheologie
bis zum Konzil von Trient" (3-40). wobei er dem Thema bei Erasmus
und in den Katechismen einen besonderen Paragraphen je widmet
.

Von den Kontroverstheologen ist kaum erkannt worden, „daß die
Themen der Theologie Luthers zutiefst eschatologiseh bestimmt sind
und die reformatorische Grundentscheidung nur in der eschatologi-
schen Dimension zu begreifen ist". Nur einige „sehen, daß die Freiheit
eines Christenmensehen . . . erst im vollendeten Reich Gottes
geschenkt wird" oder „sind bereit, die Erfahrung Luthers von der
Unvollkommcnheit christliehen Lebens ernst zu nehmen und zu bedenken
" und so von „einer doppelten Gerechtigkeit zu sprechen". (3)
Das Thema Freiheit hat nur Schatzgeyer aufgegriffen. Freiheit ist ihm
Gabe der Taufe, die erst in der Seligkeit vollendet wird (50- Stimmt er
hier nicht mit Luther überein? Der Dissensus liegt dort, wo - von
anderen Kontroverstheologen - gesagt wird, die Freiheit „wächst im
Eifer um gute Werke und im Gehorsam gegenüber der Kirche . . .".
Einige übernehmen Luthers „Erfahrung von der Schwachheit des
Menschen oder seinem Dngenügcn vor der von Gott geschenkten
Liebe" (8). So ist fürGropper Rechtfertigung „Vergebung der Sünden
und inneren Erneuerung des Menschen", das Heil wird im Glauben
empfangen, aber nie Besitz (9). „Der Glaube cmplangt hier eine