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Ausgabe:

1986

Spalte:

531-533

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Macy, Gary

Titel/Untertitel:

The theologies of the Eucharist in the early scholastic period 1986

Rezensent:

Heidrich, Peter

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Theologische Literaturzeitung III. Jahrgang 1986 Nr. 7

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ten erkannt, aber er ist nicht unbestreitbare Autorität. Autorität ist für
Klemens allein die göttliche Offenbarung, die schon Moses zuteil
wurde. Und da nach der Ansicht des Klemens (und anderer Zeitgenossen
) Piaton von Moses abhängig ist, d. h. da Piaton göttliche OfTen-

. barung getrübt weitergibt, kann Klemens in aller Freiheit dies aufweisen
und seine Korrekturen anbringen. In gleicher Freiheit und Eigenständigkeit
behandelt er die platonische Tradition. Seinen (hellenischen
) Lesern aber führt Klemens vor, daß Piaton das Barbari-

, sehe, d. h. Moses, geschätzt habe, und daß der Leser nicht nur solche
Schätzung nachvollziehen, sondern auf diesem Wege zur göttlichen
Offenbarung fortschreiten könne und solle. Die Ausführungen über
den Diebstahl der Hellenen (genauer ihre Übernahme von Barbarischem
) sind die Klammer, die die Platon-Zitate umschließt. Gerade
an diesem Punkt - wie auch sonst - stellt Vf. eine direkte Auseinandersetzung
Klemens' mit Kelsos fest, der die Abhängigkeit der Juden und
Christen von den Griechen behauptet hatte (S. 172 f 303).

Hauptunterscheidungspunkt ist gerade die Offenbarung. Wo Piaton
menschliches Streben ermuntert, da tritt sehr bald bei Klemens die
göttliche Zuwendung und Hilfe ein (was freilich Klemens auch aus
Piaton zu erheben versucht). So ist die Gnosis als Gotteserkenntnis
durch den Logos vermitteltes Gottesgeschenk, die Vollkommenheit
ist christlich qualifiziert, der Gnostiker handelt nicht mehr aus Furcht
vor Strafe oder Hoffnung auf Lohn, sondern nur noch aus Liebe zum
Herrn. Diese beweist sich im Martyrium, das im weitesten Sinne als
Überwindung der Leidenschaften (auch des Hasses gegen die Verfolger
) zum Wesen christlicher Existenz gehört. So ergibt sich ein eindrückliches
Bild von der Leistung des Klemens, der seinem Glauhcn
theologischen Ausdruck gibt, d. h. ihn mit den Dcnkmitteln seiner
Zeit begründet und in einen systematischen Zusammenhang bringt,
der nur verhüllt angedeutet wird. Piaton ist ihm dabei Lehrer und
gleichzeitig Vermittler bei der werbenden Anrede an seine Zeitgenossen
, aber Klemens hat ihm nicht seinen Glauben geopfert.

Was der Leser vermißt, ist eine Zusammenfassung des theologischen
Ergebnisses, eine Antwort nicht nur auf die Frage, in welchem
Argumentationszusammenhang die einzelnen' Aussagen, sondern
auch auf die Frage, in welchem Systemzusammenhang sie bei Piaton
wie bei Klemens stehen. Das auf den letzten 2-3 Seiten Gesagte ist zu
wenig. Freilich wäre solche Systematik genau das, was sowohl Piaton
wie Klemens nicht geben wollten.

Greifswald Hans Georg Thüinmcl

Fries. Alberl: Der Duppeltraktat über die Eucharistie unter dem
Namen des Albertus Magnus. Münstcr/W.: Aschendorff 1984. XI,
201 S. gr. 8" = Beiträge zur Geschichte der Philosophie und Theologie
des Mittelalters. Texte und Untersuchungen. N. F. 25. Kart.
DM 58,-.

Macy, Gary: The Theologies of the Eucharist in the Early Scholastic
Period. A Study of the Salvific Function of the Sacrament aecording
totheTheologiansc. 1980-c. 1220. Oxford: Clarendon Press 1984.
IX, 248 S.8'. Lw.£ 15.-.

Zum 3. Mal nimmt Albert Fries das Wort in der Frage der Echtheit
eines Albert zugeschriebenen Doppeltraktats über die Eucharistie.
1955, 1974 und nun 1984. Auf 201 Textseiten bleibt er von Anfang
bis Schluß streng beim Thema, seine methodische Beharrlichkeit verdient
Bewunderung, doch der seiner Sache hingegebene Vf. wird sie
gar nicht registrieren. In der Darstellung und Begründung seiner
Meinung ist das Buch stets deutlich, in seiner Form immer sachlich.
Dabei handelt es sich um Verteidigung von inzwischen angegriffenen
Thesen. Das Buch ist in bewährter Weise herausgebracht worden, nur
auf S. 58 und 198 blieben unwichtige Setzerversehen stehen.

Vf. gliedert seine Arbeit übersichtlich in 14 Kapitel. Er klärt den
Handschriftenbestand, erwähnt alte Handschriftenverzeichnisse. Fr
führt Selbstzitationen vor: hier und in den folgenden Kapiteln werden

nicht nur Stellen angegeben, sondern Texte ausgedruckt. Vf. bedauert
das und meint, der Leser werde das auch tun: Das mag Für den Albertus
-Spezialisten richtig sein, andere Mediävisten werden diese Form
literar-kritischer Analyse begrüßen, da sie den Überlegungen unmittelbarfolgen
können.

Kap. 3 geht Zilationen nach, Kap. 4 behandelt Zuschreibungcn von
Texten im Doppcltraktat und bei Albert sonst. Literarische Abhängigkeiten
, Ausdrucksgewohnheiten, Eigentümlichkeiten der
Beschreibung von Riten, Beziehungen zu Jakob von Varazze sind
weitere Themen. Fast 20 Seiten sind eingehender Erörterung mariologischer
Gesichtspunkte im Doppellraktat und bei Albert gewidmet.
Zwanzig verschiedene Lehrfragen finden ihre Darstellung (über
Höllenstrafen, die Symbolik der drei Hostienteile, ob Christus Haupt
oder auch Herz der Kirche sei u. a.). Ausführlich wird der Deutung
der Akzidentien im Sakrament nachgegangen.

Das abschließende 14. Kapitel faßt die Ergebnisse zusammen, in
der Reihenfolge der Kapitel. ,,Aufgrund der hier vorgelegten, bei
weitem nicht vollständig ausgebreiteten inhaltlichen Unterschiede
und Gegensätze" stehe ..fest, daß nicht Albertus Magnus der Vf. des
Doppeltraktates ist" (200). Darüber mit dem Vf. zu streiten wird ggf.
Aufgabe seiner unmittelbaren, oft zitierten Gesprächspartner sein.
Der darüber hinausgehende Leserkreis gewinnt bei dieser ausschließlich
dem einen Echtheitsproblem zugewandten Studie differenzierte
Kenntnis aus dem Umkreis Albertschcn Denkens, der Student findet
ein Mcthodenbcispiel.

Die Arbeit von Gary Macy ist aus einer Dissertation erwachsen. Sie
ist ausgezeichnet lesbar, was einmal dem Verlag zu danken ist (S. 38
blieb die erste Silbe von unleavencd übersehen), aber auch der Dar-
slellungswcisc des Vf. Die Arbeit ist klar gegliedert. Jedes Kapitel
schließt mit einer Zusammenfassung, das ganze Buch entsprechend
auch. Die Belege sind hinter den 141 Textseiten gedruckt, dort aber
leicht zu finden.

In der Einleitung wird wichtige Forschungsliteratur vorgestellt und
die zur Frage stehende Epoche charakterisiert. Vf. ist sich dessen
bewußt, daß Theologie an der Feier des Hcrrenmahls an eine Grenze
ihrer Möglichkeiten kommt, er sieht auch, daß die Frühscholastik bei
aller theologischer Diskussion Ritus, Frömmigkeit und Sakramentstheologie
stärker als Einheit empfand, als das heute üblich ist.
Andererseits ist es das Anliegen des Buchs, die Differenzen in der
Sakramentstheologie aufzuzeigen, in denen heutige Anschauungen in
abendländischen Kirchen ihre Wurzeln haben.

Ausgangspunkt für die Darstellung sind die Impulse der Theologie
der karolingischen Zeit. Vf. arbeitet heraus, welche Akzente aus der
Theologie des Ambrosius und Augustins aufgenommen und verwertet
worden sind. Der eine betone die sakramentale Präsenz, damit also
auch die Wandlung der Elemente, dem anderen symbolisiere das
Herrenmahl stärker Glauben und Liebe der Kirchengemeinschaft. Vf.
meint, auch s. Z. gebräuchliche Liturgien akzentuierten unterschiedlich
- die gallische Liturgie stelle die Wandlung heraus, die römische
sei eher augustinisch-symbolisch. Die beiden ersten Abhandlungen
zur Eucharistie, mehr doktrinal als rituell interessiert, stammen aus
Corbie, von Paschasius und von Ratramnus. Paschasius identifiziert
die Gegenwart des Herrn mit dem irdischen, auferstandenen, nun verherrlichten
Leib Christi, Ratramnus verzichtet auf solche Identifikation
. Des weiteren beschreibt Vf. die theologischen Kontroversen der
Zeit, zumal die mit Goltschalk und mit Berengar. Er macht deutlich,
daß in der Folge der Name Berengars mit Häretikern überhaupt verknüpft
wird, denen gar nicht an den speziellen Positionen Berengars
lag. In den Auseinandersetzungen mit den Waldensern und den
Katharem spielt ,,Berengar" dann eine Rolle. Vf. sucht zu zeigen,
welche Bedeutung dieser Ketzerstreit für die Behauptung bestimmter
theologischer Positionen in der Abendmahlslehre hat, manche
Schärfe bekommt erst von daher ihre Begründung.

Die Kapitel 2, 3 und 4 bilden den Hauptteil des Buchs. Sie charakterisieren
jeweils einen besonderen Zugang zur Eucharistie. Kap. 3
steht unter dem Namen des Paschasius. Besonders behandelt werden