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Ausgabe:

1986

Spalte:

524-527

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Outler, Albert C.

Titel/Untertitel:

The Works of John Wesley. 1: Sermons I, 1 - 33 1986

Rezensent:

Zehrer, Karl

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Theologische Literaturzeitung III. Jahrgang 1986 Nr. 7

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reformatorische Zeit zurückreicht. Die Quellen- und Forschungslage
ist. verglichen mit anderen Fürsten seiner Zeit, günstig; dies gilt für
Friedrich ebenso wie für seine Umgebung, auch wenn die Autorin
meint: der Kurfürst war ..eine verschwiegene und auch herbe Persönlichkeit
, er ließ sich von keinem seiner Zeitgenossen und läßt sich
dementsprechend noch viel weniger von uns in die Karten schauen"
(S. 5). Die von Ludolphy als „ungewöhnlicher Weg" bezeichnete Vor-
gangsweisc kommt den Erwartungen an eine moderne Biographie entgegen
: Den Ausgangspunkt bildet der Fürst, sein äußeres Erscheinungsbild
, seine Herkunft und seine ..persönlichen Lebensumstände
" (Teil A, S. I3IT). Im Kontrapost dazu stehen die Erörterungen
über das Kurfürstentum Sachsen (Teil B, S. 65ff). Teil C
(S. 7511) befaßt sieh mit dem kurfürstlichen Lebensstil (alltägliches
Leben. Festlichkeiten. Erholung, Repräsentation, Bautätigkeit). Erst
ab Teil D (S. 1.3711) wendet sieh Ludolphy den „Handlungen" des
Kurfürsten zu, und zwar seinen Aufgaben als Rciehsfürst. die weit in
die ma.ximiliancische Ära zurückreichen, Teil E (S. 23911) hat Friedrichs
Aktivitäten als Landesfürst zum Thema. Schließlich verfolgt die
Autorin in Teil F (S. 33711) den „landesfürstlichen Laienchristen":
Friedrichs Frömmigkeit und Kirchlichkeit vor Luthers Auftreten sowie
seine Stellung zu Luther und zur Reformation. Die Ausführungen
über Friedrichs Politik als ..Rciehsfürst". d. h. als Fürst, der an Entscheidungen
über Reichsangelegenheiten besonderen Anteil hatte
(S. 137IT), zeigen den Weg zur engen Kooperation mit Maximilian I.
als Mitglied des königlichen Hofrates (1497/98) auf. Aus welchen
Gründen der sächsische Kurfürst in der Folgezeit zunehmend die
Distanz zu Maximilian suchte, vermag Ludolphy nicht überzeugend
zu erklären: war es wirklieh nur die Sehnsucht Friedrichs „nach dem
heimatliehen Hof' (S. 173)7 Wie läßt sieh die zunehmende innere
Distanz zu den Reichsangelegenheiten, insbesondere nach der Abreise
Friedrichs vom Reichsregiment 1500 deuten, wo wir doch wissen,
daß, wie Ludolphy zu Recht hervorhebt. Friedrichs Handeln, ganz im
Gegensatz zu vielen fürstliehen Zeitgenossen, „ein gewisses Reichsund
Nationalbewußtsein" mittelalterlichen Ursprungs zur Richtschnur
hatte (S. 176), das im übrigen bis zu seinem Neffen Johann
Friedrieh festzustellen ist? Ludolphy würdigt auch die herausragende
Rolle des sächsischen Kurfürsten bei der römischen Königswahl
1519, die reservierte Haltung Friedrichs gegenüber Karl V. oder
dessen Mitarbeit an der Wahlkapitulation. Auch mit Klischees räumt
die Autorin auf; so mit der von Kalkoff behaupteten und bis heute
gelegentlich geglaubten Wahl Friedrichs in Frankfurt (1519), die auf
eine Äußerung Luthers in seinen Tischreden zurückgeht (S. 218).

In Abschnitt E vermag Ludolphy den Kontrast zwischen Landesausbau
und territorialem Machtverlust nach außen überzeugend darzulegen
. „Heiratsverträge als Methode der Machtausbreitung spielten
bei den ernestinischen Wettinern keine Rolle" (S. 241). Statt dessen
konzentrierte sieh Friedrieh auf Erbverträge (mit Hessen. Brandenburg
, Jülich). Die Macht der Wettiner war insgesamt betrachtet im
Reich „seit der Leipziger Teilung in stetem Rückgang begriffen"
(S. 243). Umsichtig analysiert die Autorin auch das Verhältnis der
Wettiner zu den benachbarten weltliehen und geistlichen Dynastien,
ebenso mit Erfurt, Mühlhausen und Nordhausen, auch Friedrichs
Rolle bei den Vormundsehaftskämpfen in Hessen, in der Hildesheimer
Stiftsfehde und in den dänischen Verwicklungen seit 1513.
Der Landesausbau war unter Friedrieh beachtlieh: Der im Vergleich
mit den meisten Territorien große finanzielle Spielraum (geringer
Sehuldcnstand). moderne Verwaltungseinrichtungen, der Ausbau der
Residenzen und Landesfestungen, voran Wittenberg, deren Universitätsgeschichte
Ludolphy breiten Raum widmet (S. 315IT). Von
großem Interesse ist schließlich der letzte Abschnitt, in dem sieh die
Autorin mit der Religiosität Friedrichs sowohl vor wie seit Luthers
Auftreten beschäftigt. In einem systematischen Zugriff entfaltet
Ludolphy die einzelnen Facetten von Friedrichs Frömmigkeit: Eine
von franziskanischen und augustinischen Einflüssen geformte „Passionsfrömmigkeit
, die ein Leben in der Hl. Schrift voraussetzt"
(S. 342). Die religiöse Praxis des Kurfürsten scheint dazu im Kontrast

zu stehen, ist sie doch erfüllt von den typischen Formen der Werkgerechtigkeit
(Pilgerfahrt nach Jerusalem, 1493, Reliquienkult und
Ablaßwesen). Mag darin der „Primat des Religiösen" in Friedrichs
Leben am besten zum Ausdruck kommen, so läßt sieh doch ein gewisses
„Prestige- oder Machtstreben oder territorialistisches Denken"
(S. 367) nicht bestreiten. Vor diesem Kontrastbild entfaltet Ludolphy
die Fragestellung: Friedrieh - Luther und die Reformation. „Eine
gewisse Affinität der Glaubenshaltung Friedrichs zu der Luthers"
(S. 383), eine gute Kenntnis und ein Verständnis des Kurfürsten für
die Werke Luthers, wie ein intensiver Briefwechsel - oftmals über die
Adresse und Vermittlung Spalatins - verdeutlicht. Ein Kurfürst, der
in seinem Theologieprofessor wohl ein Werkzeug Gottes gesehen hat,
der Luther deshalb auch nicht in die Schranken wies, sondern der Reformation
den Weg zu bereiten half. Minutiös verfolgt die Autorin auf
S. 39711'die Beziehungen zwischen dem Kurfürsten und dem Reformator
von 1517 bis 1525 anhand der wichtigsten Ereignisse, doch
bleiben ihre Ausführungen eindimensional, indem nur die reformationsgeschichtliche
Perspektive und Friedrichs Handlungen als die
eines „Weisen" entfallet und bewertet werden. Hierbei weiß sieh
Ludolphy ganz der Tradition der protestantischen Geschichtsschreibung
des 19. Jh. verpflichtet, wie dies der Rückgriff auf Plitt
(vgl. S. 7) verdeutlicht. Es ist der Kurfürst, der Luther duldet und erduldet
, der als einsichtig und aufgeschlossen für das Neue dargestellt
wird. Und es paßt in dieses Bild, wenn Ludolphy auf S. 482 ff den Bericht
Spalatins über die letzten Stunden des Kurfürsten ausführlich
zitiert, die im Zeichen der Communio sub utraque standen und die
seitdem im Verständnis des deutsehen Luthertums als ein „Siegel
unter sein [des Kurlürsten] nie öffentlich abgelegtes Bekenntnis zur
Reformation" (S. 482) verstanden wurden und werden. Die Autorin
verstellte sieh hierbei aber den Blick für die höchst interessante f rage,
inwiefern Luthers Neuerungen das, Zentrum der Religiosität und
Kirehliehkeit Friedrichs treffen mußten. Das Allerheiligenstift in
Wittenberg, seine „Lieblingssehöplüng". die Wertsehätzung der
Messe, der Vigilien, der Prozessionen und so fort. Das alles muß für
Friedrich einen großen Verlust bedeutet haben. Der aufmerksame Leser
kann diese Perspektive anhand der ausführliehen Darlegungen
Ludolphys sehr wohl nachvollziehen. Es ist schade, daß dieses
Lebenswerk der Autorin, das durchaus von methodischer Aufgeschlossenheit
und von dem Versuch einer umfassenden Erfassung
und Darbietung der Persönlichkeit des Kurlürsten. seiner Umgebung
und seines politischen Wirkens geprägt ist, älteren Positionen mitunter
doch sehr stark verhaftet und verpflichtet bleibt.

Wien Alfred Köhler

Hamm. Bcrndt: Was ist reformatorische Rcchlfertigungslehre? (ZThK 8.3.
1986. 1-38).

Junghans. Helmar: Die Schällein, die ihres Hirten Stimme hören, Verkündigung
. Glaube und Lehen in Luthers Beschreibung der Kirche (Luther 57.
1986, 19-34).

Müller, Gerhard: Die Botschall von der Rechtfertigung. Vermittlung und
Aktualisierung (Luther 57.1986. 34-41).

Kirchengeschichte: Neuzeit

Outler, Albert C..[Ed.]: The Works of John Wesley. I: Sermons I.
I -3.7. Nashville: Abingdon Press 1984. XXI, 722 S„ I Taf. 8° = The
Bieentennial Edition of the Works of John Wesley.

Das vorliegende Buch ist der erste Band einer wissenschaftlich-
kritischen Ausgabe der Predigten des methodistischen „Kirchenvaters
" John Wesley, der 1791 88jährig verstorben ist. Das Buch
wurde von Abingdon Press in Nashville/USA herausgebracht, während
andere Teile von Wcslcys "Works" schon vorher bei dem bri-