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Ausgabe:

1986

Spalte:

431-432

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Quesnel, Michel

Titel/Untertitel:

Baptisés dans l'esprit 1986

Rezensent:

Hartmann, Lars

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Seite 1

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431

Theologische Literaturzeitung 111. Jahrgang 1986 Nr. 6

432

Leiden keine besondere Qualität, wohl aber - auf Grund der exponierten
Stellung des Apostels - eine einzigartige Quantität und Intensität
eignen.

Ein „Ausblick" erörtert die Wirkungsgeschichte (Kol, Eph, 2Tim,
Apg, lClem, Ignatianen) und die Aktualität des paulinischen Leidensverständnisses
sowie das Problem „Traditionsgeschichte und biblische
Theologie".

Die von Kl. vorgelegte Untersuchung zeichnet sich vor allem durch
eine umfassende Auswertung der alttestamentlichen und frühjüdischen
Belege und durch gründliche Analysen der paulinischen Texte
aus. Überlegungen zur Struktur zeigen den jeweiligen Gedankengang
des Kontextes auf; der Nachweis von Traditionseinwirkungen erhellt
den Hintergrund der Einzelaussagen; die sich anschließende Interpretation
arbeitet die Intentionen der Texte klar heraus. Kl. hat die alt-
testamentlich-jüdische Entwicklung der Vorstellung vom leidenden
Gerechten sowie ihre Bedeutung für Paulus und ihre Umprägung zur
Vorstellung vom leidenden Gerechtfertigten einleuchtend dargestellt
und mit der Nachzeichnung dieses Traditionsprozesses einen
dankenswerten Beitrag zur Erarbeitung einer biblischen Theologie
geleistet.

Berlin Christian Wolff

Quesnel, Michel: Baptises dans l'Esprit. Bapteme et Esprit Saint dans
les Actes des Apötres. Paris; Cerf 1985. 255 S. 8° = Lectio Divina,
120. Kart, ffr 128.-.

Der Vf. dieser am Institut Catholique in Paris vorgelegten und dann
für einen weiteren Leserkreis bearbeiteten Dissertation stellt sich weitgehende
Aufgaben: Vom Zeugnis der Apg ausgehend will er heutige
Probleme von Taufe und Gabe des Geistes erläutern, und als Basis
will er die Texte als Zeugnisse einer in Traditionen sich dokumentierenden
Geschichte und als Ausdrücke einer lukanischen Theologie
untersuchen (S. 12). Dabei will er zwischen Redaktion, Tradition und
Geschichte unterscheiden, indem er in der Redaktionskritik die Einzelstellen
im Ganzen des lukanischen Doppelwcrkes verstehen und
die literarische Analyse möglichst weit treiben will (S. 28 f).

Kurz wird im Kap. 1 der Stand der Forschung durch kritische Referate
von sechs Arbeiten über die Tauftexte der Apg vorgestellt. Man
könnte sich 'hier eine breitere Auseinandersetzung wünschen: Da
nämlich der Vf. später so viel Redaktions-, Traditions- und Stil-
Analyse betreibt, wäre es wohl angebracht gewesen, auch die Forschungslage
in diesen Hinsichten bezüglich der Apg zu berühren.

Kap. 2 enthält eine Hauptthese der Arbeit: Lukas soll zwei verschiedene
Taufriten gekannt haben. Der eine, von Lukas bevorzugt,
sei eine Fortsetzung der Johannestaufe, wird im Passiv erwähnt (man
wird getauft), „im (Griech. en oder epi) Namen Jesu Christi"
vollzogen und mit Umkehr verbunden; er gibt Vergebung der Sünden
und den heiligen Geist. Diese Taufe wird in Apg 2,38 (Pfingsten) und
10,44-48 (Kornelius) geschildert. Ein anderer mehr heidenchristlicher
Taufritus ist im Passiv, aber auch im Aktiv oder Medium
erwähnt. Er soll „auf (Griech. eis) den Namen des Herrn Jesus" vollzogen
werden, sei mehr von der Johannestaufe verschieden und ziele
nicht auf eine Geistesausgießung - diese geschehe statt dessen durch
einen anderen Ritus, die Handauflegung. Die Weise, in der Lukas von
dieser Taufe spricht, sei von Paulus inspiriert (S. 58). Wir begegnen
ihr in Apg8,12-17 (Philippus) und 19,1-7 (Ephesusjünger). Zu diesem
Typus sollen auch die Taufen gerechnet werden, die in 9,17f
(Paulus), 16,15 (Lydia), 16,33 (der Wärter), 18,8 (die Korinther) und-
nach gewissen Anstrengungen seitens des Vf. -22,16 (Paulus) erwähnt
werden.

Im Kap. 3 behandelt der Vf. die verschiedenen Formen des Ausdrucks
„im Namen", leider ohne dabei die mit den verschiedenen Präpositionsausdrücken
vorkommenden Verben zu erörtern. Es fallt ihm
nicht schwer, den biblisch-jüdischen Hintergrund der Formel mit
epi/en aufzuweisen, und es ist schon lange wohl bekannt, daß im
Griechischen der Ausdruck mit eis („auf den Namen") sonst eigentlich
nur in der Girosprache vorkommt. Die recht verbreitete Auffassung
, die ra-Formel sei aus dem jüdischen, u. a. auch von dem in
Riten angewandten Ausdruck P'schem herzuleiten, lehnt der Vf. ab, da
diesem in der Regel kein betonter Name einer Person folgt, und da der
Vf. keine Garantie dafür findet, daß P'schem zu einer Tauftbrmel
werden könnte (S. 1 12). Also wird Heitmüllers klassische These von
der Girosprache als Ursprungder Formel aufgenommen.

Im vierten Kapitel werden die christologischen Titel erörtert.
„Jesus Christus" sei historisch gesehen mit dem juden-christlichen
Taufritus verbunden, während „Kyrios Christus" zum heidenchristlichen
gehöre. Auf dem Hintergrund der vorhergehenden
Ausführungen vergleicht dana der Vf. im Kap. 5 die „heidenchristliche
" Taufe in der Apg mit der paulinischen Tauftheologie, um
danach im Kap. 6 eine lukanische Taufauftassung zu entwerfen und
im Kap. 7 sich an einer hypothetischen Skizze über die erste Geschichte
der Taufe und ihre Beziehung zur Geistesgabe zu
versuchen.

Es fällt schwer, die Zuverlässigkeit der Folgerungen dieser Arbeit zu
beurteilen, wenn man, wie der Rez., Gefahr läuft, allzu negativ zu
sein, weil man in eigenen Arbeiten ganz andere Lösungen für die Probleme
vorgeschlagen hat, die den Vf. beschäftigen. Aber so sehr ich
auch die Ähnlichkeiten der Taufen in Apg 2 und 10, bzw. 8 und 19
sehe, welche ein Ausgangspunkt der Ausführungen des Vf. sind, bestehen
für mich doch einige Zweifel an der Stichhaltigkeit dieser Ausführungen
. U. a. die Studien von E. Plümacher über Lukas als hellenistischer
Schriftsteller (1972) haben gezeigt, in welch hohem Grade Lukas
seinen Stil dem Berichteten anpaßt. Es wäre demnach zu fragen, ob
nicht Lukas Petrus von der Taufe in Apg 2 und 10 ebenso jüdisch und
biblisch, (d. h. wie die LXX), reden läßt als anderswo, und somit hier
mehr mit lukanischem Stil als mit Tradition zu rechnen wäre.

Betreffend der Girosprache als Ursprung der „auf den Namen"-
Formel erinnert der Vf. seinen Leser an das Prinzip, daß eine
Ursprungsbedeutung eines Ausdrucks nicht notwendigerweise die
gleiche bleibt, wenn er weiter gebraucht wird. Aber dann sollte es
wenigstens naheliegen, die Ursprungsbedeutung der girosprachlichen
Redensart auf die Taufe zu beziehen, als man anfing, „auf den
Namen" Jesu zu taufen. Wenn man später nicht gedacht hat, daß der
Täufling auf das Konto des Herrn gehört, sollte man ursprünglich
doch etwas gleiches gemeint haben. Aber ist das wahrscheinlich? Der
Gebrauch der Wendung bei Mt, an welchem der Vf. ziemlich schnell
vorbeigeht, könnte vielleicht die Annahme eines Ursprungs im jüdischen
P'schem mehr stützen als es der Vf. meint. Falls dem so ist,
kommt auch nicht Paulus die inspirierende Rolle zu, die ihm der Vf.
zuteilt; um so mehr kann man, wie dies üblich ist, damit rechnen, daß
die Formel „aufden Namen" dem Apostel vorgegeben ist.

Dies seien einige, möglicherweise allzu kritische Fragen an ein
Werk, das sich über weite Felder spannt und schwierige Probleme
frisch anzuschneiden wagt. Es ist klar aufgebaut, und der Vf. hilft dem
Leser, dem Arbeitsgang zu folgen, indem er ihn reichlich mit Zusammenfassungen
und Hinweisen versieht. Man muß ihm zumindest dafür
dankbar sein, daß er einen Versuch zu einer Traditionsgeschichte
der Taufe gewagt hat. die uns längst gefehlt hat.

Uppsala Lars Hartman

Willis, Wendeil Lee: Idol Meat in Corinth. The Pauline Argument in
1 Corinthians8 and 10. Chico, CA: Scholars Press 1985. XIII,
322 S. 8° = SBL. Dissertation Series,68. Kart.S 12.95;Lw.$ 19.50.

Die hier anzuzeigende Arbeit von W. entstand unter der Leitung
von V. P. Furnish. Sie wurde 1981 von der Southern Methodist Uni-
versity in Dallas/Texas als Diss. angenommen. Ihr Ziel, nämlich
einen Beitrag zum besseren Verständnis von I Kor 8 und 10 zu leisten,
geht sie in zwei großen Schritten an: Nach einer knappen Einleitung
beschäftigt sich ein erster Hauptteil mit "Sacrificc, Cultic Meals, and
Associations in Hellenigtic Life" (7-64). Der zweite, weitaus gewichtigere
Hauptteil ist einer detaillierten Exegese der betreffenden Texte