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Ausgabe:

1986

Spalte:

396-398

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Luther, Martin

Titel/Untertitel:

Theologisch-pädagogische Entwürfe 1986

Rezensent:

Mokrosch, Reinhold

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Theologische Literaturzeitung 111. Jahrgang 1986 Nr. 5

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lieh ist die relative Kürze, mit der die speziellen Fragen der Meßfeier
in diesem Rahmen abgehandelt werden: Nur 37 Seiten werden der
Eucharistiefeier gewidmet, obwohl sie doch „Mittel- und Höhepunkt
des sakramentalen Geschehens" ist, „auf den die übrigen Sakramente
mehr oder weniger ausgerichtet sind" (109). - Der katholische Opfer-
begriff (der in den jüngeren offiziellen Dokumenten auffallend
zurückgetreten ist) wird kritisch beleuchtet: Das Offertorium habe,
besonders im fränkisch-gallischen Liturgiebereich, einen fast kultischen
Opfercharakter erhalten, während doch deutlich sein muß, daß
alle menschlichen Gaben „nur im übertragenen Sinn als Opfer bezeichnet
werden" können, weil es „außer dem Opfer Christi keine
anderen sichtbaren Opfer im kultischen Sinn" gibt (145). Interessant
sind die neuen Möglichkeiten der Kommunionspendung durch
Laien, die vor allem in Gebieten mit akutem Priestermangel eröffnet
wurden (167f, 205 ff). Auch die Spannungen zwischen der Päpstlichen
Bibel kommission und der Kongregation für die Glaubenslehre werden
offen angesprochen: Während erstere einmütig erklärte, es gebe
keine biblische Begründung in der Frage, ob Frauen geweiht werden
können oder nicht, erklärte letztere im Jahr 1976: „Die Kirche hält
sich aus Treue zum Vorbild ihres Herrn nicht berechtigt, die Frauen
zur Priesterweihe zuzulassen" (208).

Ausführungen über das Stundengebet und seine Reform sowie über
Fragen des Kirchenbaus beschließen das höchst instruktive Buch.

Adolf Adam hat einen Grundriß vorgelegt, der in umfassender
Weise über die katholische Liturgik informiert. Der Hauptgewinn der
Lektüre dürfte in der sachkundigen Information über den neuesten
Stand der nachkonziliaren liturgischen Entwicklung zu sehen sein.
Die ausführlichen Literaturhinweise im (sonst wohltuend knapp gehaltenen
) kritischen Apparat versetzen den Leser in die Lage, sich
mühelos zu jedem beliebigen Teilgebiet authentisch umfassender zu
informieren, als dies durch einen Grundriß möglich ist.

Im übrigen legt man das Buch als evangelischer Liturgiker mit
einem gewissen Neid aus der Hand: Wann endlich wird die Liturgik in
der kirchlichen Praxis und theologischen Ausbildung bei uns einen
vergleichbaren Stellenwert erhalten?

Berlin Christoph Albrecht

Homiletisch-Liturgisches Korrespondenzblatt - Neue Folge. Hg. von

Gottfried Egg, Werner Leich, Klaus Petzoldt, Günter Schlichting.
Fürth: Flacius Verlag. Tu. 2. Jg., 1983/84 u. 1984/85.

Seit 1983 erscheint dieses Blatt in vier Heften jährlich. In einem
Wort an die Leser wird gesagt, die gegenwärtige Predigt rücke „nicht
eindeutig das Leben in die Perspektive des Heils ... Also unterbleibt
Erbauung der Gemeinde. Daran krankt unsere Kirche." Diesem Mangel
will das Blatt durch je eine Predigt für jeden Sonn- und Feiertag
abhelfen. Manche Predigten werden durch grundsätzliche Erläuterungen
eingeleitet. Jedes Heft enthält Aufsätze, z. B. R. Slenczka: „Die
theologische Verantwortung für den Gottesdienst, ihre Aufgaben und
Maßstäbe-ius liturgicum" (1. Jg., 237-251). Manche Themen gehen
über den homiletisch-liturgischen Rahmen hinaus, z. B. „Unser geistliches
Leben als Pastoren" (H. Kunst, Vortrag vor sächsischen Pfarrern
, 1. Jg., 391-401), „Theologische Überlegungen zum Auftrag der
Kirche" (M. Seitz, 2. Jg., 126-130). Einige Hefte bringen auch Buchbesprechungen
. Theologisch kommt in vielen Beiträgen ein lutherischer
Konfessionalismus zu Wort, der sich von der Leuenberger
Konkordie abgrenzt und ein hochkirchliches Amtsverständnis vertritt
.

E.W.

Cuva. Armando: 1 nuovi libri liturgivi: Rassegna documentaria (Sal.46,
1984,787-799).

Krusche, Peter, Rössler, Dietrich, u. Roman Roessler [Hg.]: Predigtstudien
für das Kirchenjahr 1985/86. Perikopenreihc II. l.Halbbd. Stuttgart: Kreuz
Verlag 1985.213 S. 8L geb. DM 32,-.

Praktische Theologie:
Katechetik/Religionspädagogik

Martin Luther. Theologisch-pädagogische Entwürfe. Ein Arbeitsbuch
für Lehrer der Sekundarstufen I und II, Hg. im Auftrag des Religionspädagogischen
Instituts Loccum von G. Besier, D. Pohlmann,
G. Ringshausen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1984,
301 S. m. 19 Abb. 8* = Analysen und Projekte zum Religionsunterricht
, 18. Kart. DM 34,-.

Das Leitwort zum Lutherjahr „Von und mit Luther lernen" hat die
Religionspädagogik herausgefordert. Verschiedenste Produktionen
sind erschienen. Viele unter ihnen bestehen aber, wie die Hg. im Vorwort
zu Recht beklagen, nur aus Medienangeboten - „als ob Luther
im Religionsunterricht nur ein Medicnproblcm sei". Der vorliegende
Band möchte diesem Mißverständnis abhelfen. Autoren und
Hg. fragen, „welcher Luther im RU mit welcher Zielsetzung thematisiert
werden sollte und muß", und wählen zur Beantwortung und Einlösung
dieser Frage einen religionspädagogisch ungewöhnlichen Weg:
Sie stellen keine geschlossenen Unterrichtseinheiten mit klassischen
didaktischen Reflexionen, mit Lernziel-, Lerninhalts-, Medien- und
Methodenanalysen usw. vor, sondern sie führen Lehrer und Schüler
mitten in die Werkstatt der Neuansätze und Neuentwicklungen der
Luther- und Reformationsforschung der letzten 20 Jahre ein und lassen
sie durch Beifügung zahlreicher Dokumente an dieser Forschung
direkt partizipieren.

Konkret: In einem /. Teil werfen sie Schlaglichter auf die neuere
Lutherforschung im Protestantismus, im Katholizismus und in der
marxistischen Geschichtswissenschaft, um Lehrenden und Lernenden
die Breite der Lutherforschung und die verschiedenen Zugangsmöglichkeiten
zu Luther vor Augen zu führen. In einem 2. Teil erschließen
sie zentrale, anliegende Informationen, die „lange verzeichnet
oder ausgeklammert worden sind": nämlich Frömmigkeit, Kirche
und Willensunfreiheit vor Gott. Und in einem (in dem 1. und 2. Teil
eingearbeiteten) 3. Teil stellen sie Gedanken zum Kirchengeschichtsunterricht
im allgemeinen und zu einem evangelisch-reformatorischen
im besonderen zur Diskussion.

Ist dieser an die alte Stoff- und Sachorientierung der Bildungsdidaktik
erinnernde Versuch, Lehrende und Lernende in die Forschung mit
einzubeziehen, um sie didaktisch besser und selbständig entscheiden
zu lassen, gelungen? Ich prüfe diese Frage, indem ich die einzelnen
Beiträge fachwissenschaftlich und fachdidaktisch untersuche:

Was leistet der Einblick in das protestantische, katholische und
marxistische Lutherbild für „Luther im RU" (/. Teil)! Besier verdeutlicht
an den Jubelfeiern dieses Jahrhunderts, wie der protestantische
Luther vom jeweiligen Zeitgeist rezipiert und zum Teil überfremdet
worden ist: Der protestantische Luther sei immer vom jeweiligen
Zeitgeist des Protestantismus eingefärbt worden. Um solcher
Pervertierung zu entgehen, schlägt Besier einen kirchengeschichts-
didaktischen Dreischritt vor: Analyse der historischen Sachverhalte -
Sachurteil über deren historische Wirkung bis in die Gegenwart -
Bewertung innerhalb der Gegenwart.

Ringshausen bietet einen interessanten, für Lehrer und Schüler
aber oft zu fach wissenschaftlichen Abriß der katholischen Lutherforschung
von 1883-1983, bei dem die katholische Einschätzung
Luthers als Ketzer im Mittelpunkt steht (warum nicht Luthers Menschenbild
, Rechtfertigungsverständnis oder Gottesvorstellung, die
ebenfalls im Zentrum katholischer Lutherforschung standen und
stehen?).

Der Göttinger Profanhistoriker von Thadden analysiert marxistische
Thesen zu Luther und kommt zu dem (m. E. nicht zutreffenden)
Ergebnis, daß das marxistische Lutherbild von Luthers angeblicher
These geprägt sei, daß die Kirche nicht in den Staat eingreifen dürfe,
daß sie sich auf innerkirchliche Aktivitäten zu beschränken habe, daß
der Christ dem Staat Gehorsam schulde und daß Glaube und Vernunft
auseinanderzuhalten seien.