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Ausgabe:

1986

Spalte:

367-368

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Der erste Brief des Paulus an Timotheus. Der Brief des Paulus an Titus. Der erste Brief des Petrus. Der erste Brief des Johannes. Der Brief an die Hebräer. Der Brief des Jakobus 1986

Rezensent:

Rogge, Joachim

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367

Theologische Literaturzeitung III. Jahrgang 1986 Nr. 5

368

der inneren Begründung einer absteigenden Linie in die Symbole der
niederen Sinneswahrnehmung (Ende von DN), die Mystiea Theologia
als methodisches Verbindungsglied, dann aufsteigend von der biblischen
Hierarchie (CH) zur kirchlichen Liturgie (EH). Hier bleiben
mindestens zwei unbeantwortete Fragen: Warum bietet die handschriftliche
Uberlieferung durchgehend zwar die Abfolge CH - EH,
aber auch durchgehend die MTh als vorletzten Traktat vor den Briefen
? (vgl. B. Suchla, Eine Redaktion des griechischen Corpus Diony-
siacum. 1985, S. 7) Und wie lassen sich die sukzessiven Negationen in
Kap. 4 und 5 der Mystiea Theologia mit den beiden Traktaten über
die Hierarchien vereinbaren? Vf. gründet sein Argument auf zwei Behauptungen
: Erstens seien Kap. 4 und 5 der MTh nicht der ganze
inhaltliche Umfang der negativen Theologie, sondern nur ihre methodische
Vorschau bzw. Rückschau - darüber läßt sich diskutieren. Und
zweitens sei die methodische Anweisung zur negierenden Interpretation
der Symbole in CH 2 gültig für die folgenden Ausführungen in
CH und gleichfalls in der sich anschließenden EH - das hat Vf. m. E.
nicht überzeugend dargelegt, sondern nur thetisch gefolgert (vgl. S. 95
und 96).

In seinem letzten Kapitel (S. 132-149) versucht Vf. die Mystik des
Corpus Dionysiacum genauer zu definieren. Vf. geht von der Beschreibung
der Ekstase für die beiden Autoritäten Hicrothcus und
Karpos aus und hat m. E. darin Recht, daß Ekstase kein „privates,
emotionales und übervernünftiges Erlebnis" (S. 137) meint, sondern
die Endstufe des kognitiven Aufstieges zur Schau der Transzendenz
Gottes. Dieses Ergebnis beschreibt richtig, daß die aufsteigende Rückkehr
zum thearchischen Ursprung in dem Weg der Symbolauslegung
von Bibel und Liturgie besteht. Ein Ausblick auf die mittelalterliche
Rezeption dieser entscheidenden Einsicht beschließt die Studie.

Die Studie ist ein Beitrag zum Verstehen des Corpus Dionysiacum,
weil sie auf die Bindung des aufsteigenden Erkenntnisweges an die
Auslegung von biblischen und liturgischen Symbolen aufmerksam
macht. In der Bindung an Auslegung läßt sich eine Eigenart christlicher
Theologie erkennen; sie beginnt methodisch mit der Schriftauslegung
des Origenes. Aber warum läßt Vf. überhaupt nicht erkennen,
daß das Corpus Dionysiacum hier einen Sonderweg beschreitet, etwa
gerade auch im Vergleich mit Gregor von Nyssa, dem die biblischen
Texte als kontinuierliche Texte die Basis zur Auslegung sind (z. B.
Hohelied-Kommentar und Leben des Mose)? Was geschieht, wenn
biblische Aussagen und liturgische Handlungen zu Symbolen von
ontologischer Qualität reduziert werden? Außerdem ist ein Vergleich
mit des Proklos Bindung an Platotexte dringend erforderlich. Dem
Urteil von B. Brons (Gott und die Seienden, 1976, z. B. S. 71) hätte
sich der Vf. stellen sollen: „.Vergottung' ist also nicht das wie auch
immer applizierte Resultat der Menschwerdung Gottes, sondern der
retrospektive erkenntnismäßige Nachvollzug der Selbstmanifcstation
Gottes in dem Seienden."

Die Studie enthält gute Erklärungen dionysischer Terminologie, zu
der auch ein analytischer Index hinführt; es konnte ein vollständiges
Wortregister der Göttinger Arbeitsstelle der Patristischen Kommission
benutzt werden. Die übersetzten Texte sind gut lesbar, was aber
auf Kosten der bekanntlich gekünstelten Wortwahl des Ps. Dionysius
erreicht wurde. Das Stellenregister ist kaum hilfreich, da besprochene
Belege und Verweise unterschiedlos aufgenommen sind.

Göttingen Ekkehard Mühlcnberg

Kirchengeschichte: Reformationszeit

[Luther, Martin:] D. Martin Luthers Epistel-Auslegung. 5. Bd.: Der
erste Brief des Paulus an Timotheus; Der Brief des Paulus an Titus;
Der erste Brief des Petrus; Der erste Brief des Johannes; Der Brief an
die Hebräer; Der Brief des Jakobus. Hg. von H. Günther und
E. Volk. Göttingen: Vandenhocck & Ruprecht 1983. 467 S. gr. 8".
Lw. DM 80,-.

Dieser Band einer Reihe schließt ein Werk zu Luthers Schriftauslegung
ab. Die Übertragung von Luthertexten in heutiges Deutsch
umläßt in drei Abteilungen ausführliche Beispiele zur Epistel-, Evangelien
- und Psalmenauslegung. Manchem, der das Erscheinen der
13 Einzelbände nicht lückenlos verfolgt hat, mag willkommen sein,
wenn das jetzt vorliegende Ganze in seinem Auswahl-Charakter noch
einmal aufgelistet wird. Im Rahmen der Epistclauslcgung sind
erschienen: Der Römerbrief (I). die Korintherbriefc (2), die Briefe an
die Ephcscr, Philipper und Kolosser (3). der Galatcrbrief (4). die in
dem hier anzuzeigenden Band aufgenommenen Briefe (5). Luthers
Evangelicnausiegung wurde ebenfalls in 5 Ein/.clbänden herausgebracht
: Die Wcihnachts- und Vorgeschichte bei Matthäus und
Lukas (1), das Matthäus-Evangelium (2), das Markus- und Lukas-
Evangelium (3), das Johannes-Evangelium (4). die Passions- und
Ostergeschichten aus allen vier Evangelien (5). Die Auswahl der Psal-
mcnauslcgung umfaßt 3 weitere Linzelbände.

Die Hg. und Bearbeiter der 3 in ihrer Gesamtheit nun zu überschauenden
Reihen, E. Ellwein, H. Günther, H. Kleinknecht und
E. Mülhaupt, geben in sorgfältiger Auswahl vielen an Luthers Lebenswerk
Interessierten eine gute Möglichkeit des Quellenstudiums, und
zwar gerade dort, wo der Reformator selbst sein Hauptvermächtnis für
alle Christenheit erkennen ließ: in der Bibelauslegung. Nur wenig Einführendes
, Kommentierendes - dieses alles aber immer hilfreich ergänzt
durch Bibelstellen-, Namen- und Sachverzeichnisse - ist den
ausgewählten langen Textpassagen hinzugefügt. Wer Auswahlkriterien
oder Übersetzungsvarianten prüfen will, ist dazu leicht in der
Lage; denn die Fundorte in der wissenschaftlichen Lutherausgabe, der
Weimarana, sind jeweils in Marginalziffern notiert.

Die beiden Hg. des 5. Bandes der Epistelauslegung stellen Texte aus
6 kleineren Briefen des Neuen Testaments vor. Somit konnte die theologische
Geschlossenheit nicht erreicht und angesprochen werden,
wie das im Zusammenhang des 4. Bandes, im Falle des Galatcr-
Bricfes, möglich war (dazu ThLZ 108, 1983, 375-377). H. Kleinknecht
hatte sich entschlossen, in seiner Auswahl Luthers große Gala-
terbriefvorlesung von 1531 vorzustellen. Trotz der in Band 5 nun
nötigen breiteren Streuung sind die Sclcktionsprinzipien deutlich erkennbar
. H. Günther und E. Volk geben Nachschriften Rörers von
Luthers lateinischen Vorlesungen den Vorzug. Diese sind zwischen
1517 und 1528 gehalten worden. Dazu kommen regelmäßig die Vorreden
zu den aufgenommenen Briefen aus der Bibelausgabc von 1546.
Schließlich sind Predigten aus verschiedenen Jahren angefügt. Auch
dafür wurden Rörcr-Nachschriftcn benutzt.

Zweierlei war für die Auswahl maßgebend, wie in der Einleitung betont
wird: L soll Luther „als Zeuge der Auslegungsgeschichte"
erkennbar werden, und 2. soll der Reformator „als Ausleger zu Wort
kommen, der dem Prediger heute helfen kann" (7). Deshalb sind auch
Luthers „Hinweise zu solchen Perikopen" aufgenommen worden,
„die unter den Predigttexten in der Gegenwart aufgeführt werden".

In jedem Falle gibt einer der Hg. eine Einführung in die nachstehend
abgedruckten Texte zur Brieläuslegung, so daß das immer
wieder betonte Erfordernis, Luthers theologische Aussagen aus dem
jeweiligen biographischen Umfeld heraus zu verstehen, in guter Weise
berücksichtigt worden ist. Die Einführungen machen außerdem auch
systematisch-theologische Aussagen zur Gesamteinschätzung des
jeweils folgenden Briefes, so daß die Lektüre des ganzen Bandes, den
wir vor uns haben, über wesentliche Fragen der Theologie Luthers
Aufschluß gibt.

Die gute Übersichtlichkeit des Buches, besonders die leichte Auffindbarkeit
der ausgelegten Texte, die hilfreiche Einleitung in die ausgelegte
Bricfliteratur, die sparsame und doch durchsichtige Kommentierung
, das alles wird sehr wohl dazu führen können, daß der Band in
viele Pfarrbibliotheken, aber auch in den Buchbestand derer wandert,
die Luthers Theologie ohne schon weit gediehene Vorbildung kennenlernen
wollen.

Görlitz Joachim Roggc