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Ausgabe:

1986

Spalte:

13-14

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Kaiser, Otto

Titel/Untertitel:

Von der Gegenwartsbedeutung des Alten Testaments 1986

Rezensent:

Bernhardt, Karl-Heinz

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Seite 1

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Theologische Litcraturzeitung III. Jahrgang 1986 Nr. 1

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Aufsätze. Andere tragen einen stärker meditativen Charakter, regen
zum Weiterdenken an. indem sie vergangen-fremdes und gegenwärtig-
ertrautes Lebensverständnis gegenüberstellen und zu verbinden
suchen. Man meint C. Westermann nicht nur als Forscher oder Ex-
egeten. sondern auch als Prediger und Seelsorger zu hören. Diese Absicht
kommt immer wieder, in besonderer Weise in dem Aufsatz
..Heilung und Heil in der Gemeinde aus der Sicht des Alten Testaments
" zum Ausdruck. Einige Zitate mögen ein paar Andeutungen
geben.

Der Herausgeber des Bandes, R. Albertz, hebt einleitend als Intention
der Beiträge hervor: „Von Gott reden heißt vom Ganzen reden.
Eine Eigenart des Alten Testaments besteht darin, daß sein Reden das
Ganze umfaßt." „Gott hat zu allem, was es gibt, eine Beziehung; al les.
was es gibt, hat eine Beziehung zu Gott, denn alles, was es gibt, ist Gottes
Schöpfung." (9; vgl. 165, 205 u. ö.) Dabei unterscheidet Westermann
zwei Arten des Wirkens Gottes: Retten und - die Schöpfung
erhaltendes, stetiges - Segnen (14f u. ö.); diesem rechnet Westermann
etwa das Schöne (120f) oder die Erfahrung einer Heilung (175 IT) zu.

Menschliches Dasein mit Freud und Leid vollzieht sich in drei ursprünglich
zusammengehörigen „Grundbezichungen": „im Sclbst-
sein des Menschen, im Zusammensein mit anderen, in seinem Gegenüber
zu Gott" (155). „Eine von den konkreten Lebensbezügen abgelöste
Gottcsbezichung" begegnet im Alten Testament nur als Ausnahme
(174). Der Mensch weiß sich nicht nur im Wort, sondern etwa
Jauch im Mahl mit Gott verbunden (184). Von daher sieht Westermann
die Gefahr, das Verhältnis zu Gott - zu einseitig - als Glauben
zu bezeichnen. Alles kann mit Gott „in Verbindung gebracht werden.
Dazu bedarf es nicht des Glaubens" (165; vgl. 174f). Desgleichen
bedarf das Gebet in Klage und Lob keiner Vorbedingung, auch nicht
des Glaubens (23: vgl. 163.170).

Nach Westermann kann das Ganze „auf zwei grundverschiedene
Weisen" verstanden werden: als Seiendes oder Geschehendes. Während
der griechische Logos „das auf Seiendes bezogene Wort" meint,
wird im Alten Testament „das Ganze als Geschehendes verstanden".
Eine „das Alte und Neue Testament umfassende Theologie wird erst
möglich, wenn die für die ganze Bibel geltende Vorordnung des Geschehenden
vor das Seiende anerkannt wird" (90- „Das Geschehen ist
das Primäre, nicht die Deutung oder Interpretation" (206)- kann man
so unterscheiden? Bei solchem Bemühen, die Eigenart des Alten
Testaments, ja der Bibel insgesamt zu erfassen, fühlt man sich an den
Interpretationsversuch „Das hebräische Denken im Vergleich mit
dem griechischen" (Th. Boman) erinnert. Sind Geschehen und Sein,
die ja auch das hebräische Verb hajah „werden, sein" umfaßt, nicht
vielmehr zwei Aspekte des „Ganzen"?

Bonn Werner H. Schmidt

' Vgl.zuBandlundll:ThLZ91,1966,26-30bzw. 103,1978.733f.

Ist das Gotteswort Am 5.4 f nicht zu eng in die Verkündigung des Propheten
(4-4f u. a.) eingebunden, als daß es Arnos abgesprochen werden könnte (so
S- lllfl)?- Mit Recht wehrt sich Westermann in anderem Zusammenhang
('99l)gcgendie Bezeichnung „unecht".

Vgl. C. Westermann. Vergleiche und Gleichnisse im Alten und Neuen
Testament: Calwcr Theologische Monographien 14.1984.

Vgl. auch C. Westermanns Darstellung „Zur Frage einer Biblischen Theo-
lo8ie" in dem geplanten „Jahrbuch für Biblische Theologie" (I. 1986).

Jiscr. Otto: Von der Gegenwartsbedeutung des Alten Testaments.

Gesammelte Studien zur Hermeneutik und zur Redaktionsgeschichte
. Zu seinem 60. Geburtstag am 30. November 1984 hrsg.
von V. Fritz, K.-F. Pohlmann u. H.-Ch. Schmitt. Göttingen:
Vandenhoeck & Ruprecht 1984. 219 S. gr. 8". Kart. DM 36,-.

Aus den zahlreichen Publikationen des Marburger Alttcstamcntlcrs
Dito Kaiser (Bibliographie 201-211) haben die Herausgeber zwei

hemenkreise ausgewählt, die in engem Zusammenhang mit den
Weitverbreiteten Hauptwerken des Jubilars stehen, dem Kommentar

zu Jesaja I und der Einleitung in das Alte Testament. Einmal handelt
es sich um Arbeiten zur Hermeneutik des Alten Testaments unter besonderer
Berücksichtigung der Ansätze in der Aufklärungszeit. Geboten
werden sechs Abhandlungen aus den Jahren 1964 bis 1979 sowie
eine erstmalig gedruckte Vorlesung „Gott in Christus oder vom Sinn
des Gebets" (95-103). Der zweite Themenkreis umfaßt sechs weitere
Arbeiten zur Pcntateuchforschung und zur Redaktionsgeschichte der
Prophetenbücher. Die Auswahl ist auch insofern gut getroffen, als es
sich größtenteils um Publikationen handelt, die in nicht jedem sofort
greifbaren Festschriften oder in nicht speziell der alttestamentlichen
Forschung dienenden Zeitschriften veröffentlicht worden sind. Insbesondere
zu begrüßen ist der zusammenfassende Wiederabdruck der
weitverstreut erschienenen hcrmcneutischcn Aufsätze, die insgesamt
nach wie vor einen aktuellen und weiterführenden Beitrag zu
Grundfragen des theologischen Verstehens der alttestamentlichen
Botschaft in unserer Zeit bieten. Vorangestellt haben die Herausgeber
eine kurze Würdigung des Jubilars. Ein Bibelstcllenrcgister dient der
Erschließung des Bandes.

K.-H. B.

Butler, Trent C: Joshua. Waco, Texas: Word Books 1983. XL1I.
304 S. gr. 8" = Word Biblical Commentary, 7.

Die Erklärung des Josuabuches erscheint als erster alttestament-
licher Band einer neuen die gesamte Bibel umfassenden Kommentarreihe
, an der englischsprachigc und im Lehrfach tätige Forscher aller
Erdteile mitarbeiten. Sie kommen aus unterschiedlichen Denominationen
, sind aber vereint in der Hingabc an die Schrift als göttliche
Offenbarung und an die Wahrheit und Kraft des Evangeliums, wie es
die Herausgeber in einem beigefügten "Editorial Preface" formulieren
. Ausgehend von den biblischen Ursprachen soll die kritische Ex-
egesierung dem Studenten, dem Pfarrer sowie dem Forscher und Lehrer
zugute kommen.

Der vorliegende Kommentar präsentiert sich als eine fleißige und
hingebungsvolle Arbeit, der man gebührend Lob zollen muß. Sein
Autor bekennt, die Beschäftigung mit dem Stoff habe seinen Glauben
gefördert.

Nach Inhaltsverzeichnis. Vorworten und einem Verzeichnis der
Abkürzungen bespricht Vf. in der "Introduction" Text und Entstehung
des Buches, ferner die Bedeutung der Einzelteile in ihrem geschichtlichen
Werden. Einer Liste der wichtigsten Kommentare des
20. Jh. schließen sich die literar- und formkritischen Fragen an. Endlich
werden besonders die Amphiktyonie und die Relevanz archäologischer
Forschungsergebnisse, denen gegenüber B. eine Mittelposition
einnimmt, erörtert und zuletzt das Vorangehende bündelnde Überlegungen
angestellt.

Die einzelnen Abschnitte, bei deren Überschriften Vf. den Stabreim
anstrebte (z.B. 6.1-27: Faith felis Fortifications; 21.43-45: Gifts
from God's Goodness), werden - ähnlich wie im BK - in folgender
Weise behandelt: Bibliography. Translation. Notes (ausführliche textkritische
Bemerkungen), Form / Structure / Setting. Commcnt (Ein-
zelkommentierung). Explanation (geistiger und theologischer Gehalt
des Stückes: "the passagc's meaning and its relcvance to the ongoing
biblical revelation").

Das Buch Josua hat. der Meinung des Vf. zufolge, basierend auf
alten Überlieferungen und Quellen, die er allesamt in ihrer Grundlage
aus der ältesten Zeit herleitet, seine endgültige Gestalt in der Exilszeit
bekommen. Traditionsgeschichtlich lassen sich fünf Phasen unterscheiden
: zunächst die Entstehung der Einzelstücke, die in den politischen
und militärischen Kämpfen der israelitischen Stämme wurzeln
und in denen es um Fragen von Tod und Leben geht (mündliches Stadium
); danach die erste Sammlung an Traditionen im Kult des Heiligtums
Gilgal (andere Überlieferungen hafteten in Gibeon. Sichern.
Silo), die dazu dienten, die mächtigen Taten Gottes zu verherrlichen.
Daraufhin fand eine frühe Zusammenstellung von Erzählungen durch