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Ausgabe:

1986

Spalte:

347-349

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Zaman, L.

Titel/Untertitel:

R. Rendtorff en zijn Das uberlieferungsgeschichtliche Problem des Pentateuch 1986

Rezensent:

Schunck, Klaus-Dietrich

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Theologische Literaturzeitung III. Jahrgang 1986 Nr. 5

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Schwierigkeit zu überwinden versuchen. In bezug auf Ex 33,14.17, wo
von der Gnade des Mitgehens des Gesichtes Gottes mit dem Volk
Israel die Rede ist, schreibt M. Buber: „In der Vergebung wird gewährt
, daß sein Antlitz mitziehe. Das bedeutet, daß eine Sichtbarkeit
zugestanden wird, die keine ist; nicht die eines Schnitzbildes oder
einer Gestalt (Ex 20,4), sondern wie in der Schau der Alten (24,10) die
eines Ortes." (ders., Thorat Haneviim, 1942, S. 47; ders.. Der Glaube
der Propheten, 1950, S. 76) Dieser „Ort" kann m. E. nicht anders als
der Ort des Nichts gedeutet werden. Ein anderer jüdischer Gelehrter,
A. Neher, spricht unmittelbar von dem Mysterium des Nichts (ders.,
L'Essence du Prophetisme, 1955, S. 226). Der Dualismus in der Hermeneutik
der Bibel kann meiner Meinung nach nur durch die Einführung
der Kategorie des Nichts überwunden werden, wie wir bei Buber
und Neher sahen.

Der Ort des Nichts bei Buber erinnert mich an die Philosophie des
Absoluten Nichts unserer Kiotoschule. in der der Gedanke des Ortes
des Nichts die entscheidende Rolle spielt. Die Philosophie der absoluten
Dialektik, die am Anfang weitgehend budhistisch orientiert war,
ist nun zu einer Geschichtsphilosophie der Dialektik des prozessualen
Ortes entwickelt, die ich zur Grundlegung meiner biblischen Forschung
immer im Auge habe.

Die europäisch-amerikanischen Fachkollegen, die in dem besprochenen
Band mitarbeiten, sind philosophisch bewußt oder unbewußt
griechisch-europäisch eingestellt, was sich wohl am deutlichsten darin
zeigt, daß sie weitgehend logozentrisch denken und schreiben, d. h„
daß sie vom Wort und nicht vom Geist her bewegt sind. M. E. muß
aber in der Bibel das Geistereignis immer hinter dem Wortereignis
angenommen und Wort und Geist immer gleichzeitig mitgedacht
werden.

Hinzufügen möchte ich noch, daß die Kategorie des Nichts, von der
oben die Rede war, in der Bibel wesentlich mit dem „Geist" verbunden
ist. Es wäre anzunehmen, daß die Änderung der Grundhaltung
auch zu anderen Ergebnissen in Einzelheiten führen würde.

Tokio MasaoSckinc

Zaman, L.: R. Rendtorff en zijn „Das überlieferungsgeschichtlichc
Problem des Pentateuch". Schets van een Maccabeer binnen de
hedendaagse Pentateuchexegesc. Brüssel: Universitaire Faculteit
voor Proestantse Godgeleerdheid 1984. V, 276 S. 4".

Es gehört zu den Ausnahmeerscheinungen in der wissenschaftlichen
Fachliteratur, daß eine dem wissenschaftlichen Lebenswerk
eines Gelehrten gewidmete Monographie bereits zu dessen Lebzeiten
erscheint. Rolf Rendtorff, seit 1958 Ordinarius für Altes Testament
und seit 1963 an der Universität Heidelberg wirkend, darf diese Auszeichnung
für sich in Anspruch nehmen. Mit der vorliegenden Arbeit,
die 1984 der Protestantischen Theologischen Fakultät der Universität
Brüssel zugleich zum Erwerb des Licentiatengrades eingereicht
wurde, versucht der flämische Katholik L. Zaman eine ausführliche
Darstellung und kritische Wertung des wohl bedeutendsten und am
nachhaltigsten auf die Fachdiskussion einwirkenden Werkes von Rolf
Rendtorff, der 1977 erschienenen Monographie „Das überlieferungsgeschichtliche
Problem des Pentateuch" (= BZAW 147).

Der eigentlichen Entfaltung dieses Themas, die in den Teilen IV
(Voorgeschiedenis; 23 S.), V (Inhoud en beoordeling van „Das überlieferungsgeschichtliche
Problem"; 216 S.) und VI (Besluit: Hei effect
van „Das überlieferungsgeschichtlichc Problem"; 8 S.) erfolgt, hat
der Vf. nach einem Vorwort und einer Einleitung noch eine „Levens-
beschrijving" von R. Rendtorff vorangestellt. Die im Xerographieverfahren
herausgebrachte Arbeit wird abgeschlossen von einem Abkürzungsverzeichnis
, Registern der angeführten Bibelstellen und
Autoren sowie einer ausführlichen Bibliographie, die zugleich um
eine Auflistung aller wesentlichen Publikationen von R. Rendtorffbe-
müht ist und dabei 70 Titel nennt. Dem Band sind am Ende noch
8 Thesen angefügt, die Problemen aus den anderen theologischen

Disziplinen gelten und bei der Verteidigung dieser Arbeit ebenfalls zu
berücksichtigen waren.

Es kann in dieser Besprechung nicht darum gehen, erneut den Inhalt
des dieser Arbeit zugrunde liegenden Buches von R. Rendtorff
darzustellen sowie die Beweiskraft und Berechtigung seiner Auffassung
von der Entstehung des Pentateuchs zu erörtern; dafür sei über
die vorliegende Arbeit hinaus auf die zahlreichen in den letzten 7 Jahren
in den Fachzeitschriften bereits erschienenen Beiträge verwiesen
(vgl. u. a. W. McKane, VT 28, 1978, 371-382). Hier soll nur die spezielle
Intention der Arbeit von Z. aufgezeigt und ihr Ergebnis dargelegt
werden.

Die Untersuchung des Vf. geht von der Feststellung aus. daß
R. RendtorfT mit seiner Auseinandersetzung mit den methodischen
Grundfragen der Pentateuchkritik auf die zeitgenössische Pentateuchexegesc
wie ein Makkabäer in der ureigenen Bedeutung dieses Wortes
eingewirkt habe, womit der Vf. bereits im Untertitel seiner Arbeit den
Anlaß für diese erkennen läßt. Diese Einschätzung der Wirkung des
methodischen Neuansatzes von R. Rendtorff bedeutet nun jedoch keineswegs
, daß Z. diesem Ansatz und den daraus folgenden Ergebnissen
zustimme. Vielmehr kritisiert er Rendtorff von einer konservativen
Position her, wobei ihn ein sehr feines Gespür für methodische Inkonsequenzen
Rendtorffs auszeichnet. Diese werden dann vor allem
dadurch deutlich gemacht, daß die von Rendtorff in drei neueren
Arbeiten1 geäußerten Auffassungen mit seinen Ausführungen in dem
grundlegenden Werk zur Uberliefcrungsgeschichtc des Pentateuchs
verglichen werden und dabei auch besonders seine Beeinflussung
durch die von B. S. Childs vertretene Konzeption von der Einheit des
AT und seines Kanons2 herausgestellt wird.

Eine Analyse der neueren einschlägigen Arbeiten Rendtorffs ergibt:
„Globaal blijft Rendtorff dus zichzelf getrouw. Toch blijken de
binnengekomen reacties hem niet helemaal onberoerd te hebben
gelaten." (VI. 2) So kommt er nun doch wieder auf das der „Vier
Bronnenhypothese" (= Urkundenhypothese) zugrunde liegende Argument
der verschiedenen Gottesnamen bzw. Gottesbezeichnungen zurück
, schenkt er den verschiedenen literarischen Stadien des sog.
„Endstadiums" des AT jetzt mehr Aufmerksamkeit, nimmt er auf den
breiteren Kontext des AT in der Geschichte Israels wieder mehr
Rücksicht. Dazu versucht er nun, die literarische Entstehung des AT
differenzierter zu sehen, indem er einen Unterschied macht zwischen
„verschriftelijking" und „literatuurwording", aber auch die Unterschiede
zwischen den sog. „größeren Einheiten" nuancierter sieht
(VI. 2). Z. zieht daraus den Schluß, daß Rendtorff mit diesen Abänderungen
zu erkennen gibt, daß er in einigen Punkten zu weit gegangen
ist, zu radikal gewesen ist.

Eben diese Abkehr von einer früheren Radikalität meint Z. besonders
deutlich in der Annäherung Rendtorffs an den methodischen
Ansatz von B. S. Childs erkennen zu können, indem er dessen These
von verschiedenen literarischen Stadien des „Endstadiums" des AT
mit seinem überlicferungsgcschichtlichen Ansatz in Verbindung zu
bringen sucht. Wenn B. S. Childs bei seinem Verständnis des AT nun
aber von dessen Endgestalt ausgeht, so ist diese „Endgestalf' für ihn
doch das christlich rezipierte „Alte Testament", und damit nimmt er
deutlich konservative Positionen ein. Z. deutet Rendtorffs Childs-
Rczeption deshalb als eine Art Signal für dessen konservative Wende
und schlußfolgert, daß noch weitere und tiefgreifendere Abweichungen
von seiner ursprünglichen extremen Position nötig sein werden,
„wil Rendtorff. . . een blijvende plaats innemen binnen de tockom-
stige .Pentateuchforschung'" (VI. 3).

Z. ist ein Vertreter der traditionellen Auffassung von vier Quellcn-
schichten im Pentateuch. Er führt die Auseinandersetzung mit Rendtorff
mit großer Sachkenntnis und Sachlichkeil; seine Argumentation
wie deren Ergebnisse sind ein wertvoller Beitrag zu einem der aktuellsten
Themen der derzeitigen Forschung am AT und verdienen zweifellos
weitere Beachtung, als dies bei der Form und Sprache, in der die
Arbeit gegenwärtig vorliegt, zu erwarten ist.

Die Untersuchung wurde unter der Anleitung von J. Schoncveld