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Ausgabe:

1986

Spalte:

345-347

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

The Hebrew Bible and its modern interpreters 1986

Rezensent:

Sekine, Masao

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345

Theologische Literaturzeitung III. Jahrgang 1986 Nr. 5

346

Jesus Sirach vorgesehen ist. In der neutestamentlichen Reihe wird
Band 25 mit den Anfangen des Hebräerbriefes fortgesetzt.

Der Arbeitsbericht verweist auch auf Vorbereitungen zu einer Jesa-
ja-Edition durch Roger Gryson. Die handschriftliche Überlieferung
ist dünn. Nur „wenige kleine Fragmente mit altlateinischen Texten"
sind erhalten. Dafür sind die Zitate bei Kirchenvätern um so zahlreicher
, so „daß ein wichtiger Teil der Vorbereitung der Edition in der
Erhebung und Aufbereitung der patristischen Zeugnisse besteht" (Arbeitsbericht
. S. 34). Besondere Bedeutung kommt dem Jesaja-Kom-
mentar des Hieronymus zu: „Er ist nicht nur der älteste Zeuge der
Hieronymus-Übersetzung (Vulgata), sondern gibt ebenso Aufschluß
über den hebräischen Text und die verschiedenen griechischen Übersetzungen
. Darüberhinaus spiegeln die zahlreichen Zitate . . . eine
alte, sehr charakteristische lateinische Übersetzung wider, deren
hauptsächlicher Vertreter Hieronymus ist" (Arbeitsbericht, S. 35). Zu
der vielfältiger gewordenen Arbeit möchte man das Vctus-Latina-In-
stitut beglückwünschen.

Rostock Gert Haendlcr

Altes Testament

Kriight. Douglas A„ and Gene M. Tucker [Ed.]: The Hebrew Bibleand
its modern Interpreters. Chico, CA: Scholars Press 1985. XXVIII,
516S. gr. 8' = SBL. Ccntcnnial Publications. The Biblc and its
modern Interpreters. I. Kart. $ 14.95; Lw. $ 22.50.

Das vorliegende Buch ist der erste Band des dreibändigen Werkes
The Bible an its modern Interpreters. Abgesehen von "Preface to the
Series" und "Editors Preface" besteht der Band aus folgenden
■5 Kapiteln:

I. Israchlc llistory (J. Maxwell Miller). 2. Syro-Paleslinian and Biblical
Archcology (William D. Dever). 3.. Ancient Ncar Eastern Environment
(J-J. M. Roberts). 4. C'riticism of Litcrary Features, Form. Tradition and
Redaction (Rolf Knierim), 5. Exploring New Direclions (Robert C. Culley). 6.
Israelitc Religion (Patrick D. Miller). 7. Thcology of the Hebrew Bible (George
W. Coats). 8. Pentateuch (Douglas A. Knight). 9. Historieal Literalurc (Peter
R- Ackroyd). 10. Prophccy and Prophelie Literature(Gene M. Tucker). 11. The
Aisdhm Litcraturc (.latnes L. Crenshaw), 12. The Lyrieal Literature (Erhard
5. Gerstenberger). 1-3. I.egends of Wisc Hernes and Hcroincs (Susan Niditeh).
■4. Apocalyptic Literature (Paul D. Hanson). 15. The Hebrew Bible and
Modern (ulture (Walter Harrelson).

Einige Kapitel bedürfen wohl der Erläuterung. Das 5. Kapitel behandelt
zwei Themen: Text und Kontext. Die Textfrage verbindet
sich mit der Frage des Wesens der Sprache und entfaltet sich zur Frage
der Sprachanalysen. Die Kontextfrage konkretisiert sich als Folklore.
■Anthropologie und Soziologie. Das 12. Kapitel beschränkt sich nicht
aul die lyrischen Partien, sondern behandelt die Poesie des AT im allgemeinen
. Das 13. Kapitel behandelt Est. Rut und Dan 1-6. Außer
dem letzten Kapitel ist das ganze Buch eine Berichterstattung über die
alttestamentliche Wissenschaß zwischen ca. 1945-1980 auf internationaler
Basis. Man könnte allerdings sagen, daß nordamerikanische
Autoren am meisten herangezogen werden, und daß das letzte
Kapitel die moderne Kultur hauptsächlich aus nordamerikanischer
Sicht ins Auge faßt.

Die alttcstamentlichc Wissenschall ist in der Nachkriegszeit durch
'hren interdisziplinären C harakter gekennzeichnet, und es ist sehr er-,
Beulich. daß das vorliegende Buch, von daher gesehen, auf hohem
Niveau steht. Umso bedauerlicher ist es, daß die nach 1970 erschienenen
soziologischen bzw. sozialgeschichtlichen Werke in diesem
'nhaltsreichen Band in beträchtlichem Ausmaß fehlen. Ich meine folgende
Bücher: H. Kreißig, Die sozialökonomische Situation in Juda
zur Achämenidcnz.cil, 1973; FI. G. Kippenberg, Religion und Klas-
senbildung im antiken Judäa, 1978; W. Dietrich. Israel und Kanaan.
1979; W. Thiel. Die

soziale Entwicklung Israels in vorstaatlicher Zeit.
!Q80 u. a. Auch die litcraturwissenschafllichc Orientierung fehlt weitgehend
im 12. Kapitel, obwohl grundlegende Bücher: E. Staiger,

Grundbegriff der Poetik, 1946, und W. Kayser. Das sprachliche
Kunstwerk, 1948, genannt sind. Sowohl nach Staiger wie nach Kayser
ist die Dreiteilung der literarischen Produkte (Epik, Lyrik, Drama)
selbstverständliche Voraussetzung, die jedoch der Vf. des 12. Kapitels
einfach ignoriert. Daher rührt es, daß er das Deboralied zur lyrischen
Dichtung zählt. Die Entstehung und Unterscheidung der Epik und
Lyrik in Israel ist begreiflich (vgl. meinen Aufsatz in VT, Supp.
XXIX, 1978, bes. S. 292f), und ich sehe das Deboralied als das erste
voll entfaltete Epos Israels an. Aber das Dcboralied ist nur ein Beispiel
. Die sonst sehr gehaltvolle Darstellung ist in literaturwissenschaftlicher
Hinsicht leider sehr mangelhaft.

Weiter möchte ich sagen, daß die Dissonanztheorie R. P. Carolls
(When Prophecy Failled. 1979) berücksichtigt werden müßte, wenn
man z. B. die Anreihung des deuterojesajanisehen Buches an den
protojesajanischen Teil erklären wollte. Was B. Childs betreffs dieser
Frage in seiner "Introduction to the Old Testament as Scriptum"
(1979) schreibt, scheint mir nicht überzeugend genug zu sein. Auch
sonst erweist sich die Dissonanztheorie als brauchbar, z. B. der Frage
der Apokalyptik gegenüber. Nur am Rande wird die Monographie
Carolls in diesem Band zitiert, während Childs überall begegnet.

Was die einzelnen Teile des AT betrifft, will ich folgendes bemerken
:

Die Lage der Pentateuehkritik ist seit der Nachkriegszeit ungeheuer
kompliziert, dennoch bin ich geneigt, J. E und P als laufende Quellen
anzuerkennen. Einer der wichtigen Punkte, der E von .1 unterscheidet,
liegt darin, daß E mehr oder weniger unter dem Einfluß der prophetischen
Bewegung steht. Dabei hat man meistens den Einfluß der Propheten
des 9. Jh. angenommen. Jedoch scheint mir der Vorschlag von
A. W. .lenk (The Elohist and North Israclite Traditions, 1977) sehr
erwägenswert zu sein, der E kurz nach der Reichstrennung datiert.
Man vergleiche auch den schönen Artikel von M. Newman. The Pro-
phetic Call of Samuel, der als Festgabe für J. Muilenburg 1962 erschienen
ist. Weiter möchte ich das Problem der Josephsgeschichte,
die bes. nach D. B. Redford (The Study of the Biblical Story of Joseph.
1970) von mehreren Forsehern als einheitlich betrachtet wird, ernst
nehmen.

Was die Propheten anbetrifft, habe ich K. Kochs zweibändige
Monographie (Die Profcten, 1978/1980) sehr vermißt, die m. F.
methodologisch beachtenswert ist. Ich nenne z. B. den Gesichtspunkt
der Metahistoric. die allerdings je bei den einzelnen Propheten begrifflich
verschieden aufgefaßt zu sein scheint.

Über Kohelet hätte ich gern gehört, was der Vf. des 1 I. Kapitels in
bczugaufJ. A. Loadcr (Polar Structurcs in the Book ol'Qohelet, 1979)
und N. Lohfinks Kohcletkommentar (1980) meint. Lohfink bewertet
den Glauben des Kohelet sehr positiv und spricht sogar von der
Theozentrik dieses Buches, die Gottes Souveränität radikaler konzipiert
als andere israelitische Weisheitsschriften. Wenn Loader die
Spannung zwischen Pol und Gegenpol überall im Buche Kohelet vorfindet
, so müßte nach meiner Deutung ein hinter allem verborgener,
aber zugleich mächtiger Gott gespürt werden, was freilich Loaders
Meinung nicht entspricht, jedoch m. E. ihn und Lohfink unwillkürlich
verbindet. Die Kohelctfrage erinnert mich weiter an die sozialgeschichtlichen
Auslegungen von W. Schottrolf (Der Gott der kleinen
Leute, Bd. I, AT, 1979) und F. Crüsemann (FS Westermann. 1980).
Betreifs des Hiobbuches möchte ich, anders als Crenshaw. den folgenden
Satz von M. Tsevat zitieren, der die Bedeutung des Buches Hiob
so zusammenläßt: "He Who speaks to man in the Book of Job is
neithera just nor an unjust god but God." (ders.. The Meaning of The
Book of Job and Other Biblical Studies. 1980. S. 37) Tsevat beabsichtigt
mit diesem Satz die Dichotomie des Hiobproblems zu überwinden
.

Das Problem der Dichotomie des Hiobbuches führt uns an das Problem
des Dualismus in der Hermeneutik der Bibel heran. Bei der Darstellung
der israelitischen Religion kommt Miller auf die Mehrzahl
der jüdischen Gelehrten zu sprechen, aber was mich bei ihnen besonders
interessiert, ist die Tatsache, daß sie die genannte hermeneutisehe