Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1986

Spalte:

12-13

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Westermann, Claus

Titel/Untertitel:

Erträge der Forschung am Alten Testament 1986

Rezensent:

Schmidt, Werner H.

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

Theologische Literaturzeitung III. Jahrgang 1986 Nr. 1

Allgemeines, Festschriften

Lutherjahrbuch. Organ der internationalen Lutherforschung. Im Auftrag
der Luther-Gesellschaft hrsg. von H. Junghans. 52. Jahrgang
1985. Martin Luther 1483-1983. Werk und Wirkung/Work and
Impact. Referate und Berichte des Sechsten Internationalen Kongresses
für Lutherforschung Erfurt, DDR, 14.-20. August 1983.
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1985. 396 S. 8'. Kart.
DM 78,-.

Der 52. Jahrgang erscheint in erheblich erweitertem Umfang, gedruckt
mit Unterstützung des Lutherischen Weltbundes. Der Grund
ist einleuchtend: Er enthält außer drei Nachrufen (für Roland
H. Bainton und Harold J. Grimm von Scott H. Hendrix, für Theobald
Süss von Marc Lienhard) und der Lutherbibliographie die wichtigsten
Materialien des 6. Internationalen Kongresses für Lutherforschung im
August 1983 in Erfurt. Waren die Materialien vorausgehender Kongresse
in gesonderten Publikationen veröffentlicht worden, so legt der
Kongreß des Jahres 1983 seine wichtigsten Ergebnisse in Form von
Dokumentationen und Berichten im Lutherjahrhuch vor. Das ist begrüßenswert
, und es wäre zu wünschen, daß sich diese Publikations-
form auch für künftige Kongresse durchsetzt. Denn das Lutherjahrbuch
ist einer der zentralen Sammelpunkte der wissenschaftlichen Bemühung
um Martin Luther.

Was vom Ertrag des Erfurter Kongresses dokumentiert wird, sind
neben Begrüßungs- und Dankansprachen von J. Rogge und B. Lohse,
dem Vortrag von G. Eßeling „Hundert Jahre Weimarer Lutherausgabe
" und dem Bericht der Abteilung Register am Institut für Spätmittelalter
und Reformation der Universität Tübingen über den Fortgang
der Arbeiten an den Registern zu WA - Abteilung Schriften - seit
1977 die Plenarbeiträge sowie die Berichte über die 17 stattgefundenen
Seminare. Was der Kongreß im Plenum verhandelt hat, verdient
insofern große Beachtung, als hier nicht Specialissima zum Gegenstand
gemacht wurden, sondern jeweils das Ganze der Gestalt oder des
Werkes Luthers. So wandte sich Lewis W. Spitz in dem einzigen
unkommentierten Vortrag des Kongresses dem Thema „Der Mensch
Luther" zu. Spitz geht dem Thema in drei Aspekten nach, die nicht
ohne weiteres aufeinander abgestimmt sind und so auch manches
offenlassen: Urteile über Luther (eine knappe, stark auswählende
Skizze über das Bild Luthers in der Geschichte), Charakterzüge an
Luther (Luther als starker Mann, als aufrichtiger Mensch, als bescheidener
Mensch, als revolutionäre Gestalt, Luthers Schwächen), die
seelsorgerliche Rolle Luthers. Man mag an diesem Bild manches vermissen
(es ist offenbar viel schwieriger, als man auf den ersten Blick
ahnt, Luther als Mensch in seiner Zeit zu zeichnen) - das Bild, das
Spitz in großer Verehrung und Liebe zu Luther vorlegt, ist nicht zuletzt
ein Zeugnis dafür, wie man heute Luther aus überseeischer Perspektive
sehen kann.

Der Kongreß wandte sich in seinen Plenarsitzungen vier umfassenden
Themen zu, die in ihrer Explikation je für sich so etwas wie einen
gegenwärtigen Gesamtaspekt auf Luther darstellen: die Sache
Luthers, Luther und die Kirche, Luther ufid die Kultur, Luther und
die Gesellsehaft. Wer ein wenig mit dem Stand der Lutherforschung
vertraut ist, wird einerseits ahnen, welche Fülle von Problemen und
welcher Zündstoff bereits mit diesen Themen bereitgelegt wurde; er
wird andererseits den Mut der Organisatoren bewundern, mit diesen
Themen eine Art Zusammenschau von Forschung und Deutungstendenzen
anzusteuern. Der Kongreß tat dies mit jeweils zwei unabhängig
voneinander vorgelegten Grundsatzreferaten von Fachleuten aus
in jedem Falle unterschiedlichen Nationen und Blickrichtungen, die
dann durch weitere drei Stellungnahmen kommentiert wurden. Alle
diese Beiträge sind im vorliegenden Band abgedruckt, nicht jedoch
Tendenzen der jeweils anschließenden offenen Plenardiskussionen,
die wohl auch nicht zu den stärksten Ereignissen des Kongresses gehört
haben. Erfreulich ist, daß bei diesem Verfahren nicht nur unterschiedliche
Konfessionen zu Wort gekommen sind, sondern auch die
marxistische Lutherforschung in der DDR (G. Vogler) vertreten war.

12

Jedenfalls vermag das aufmerksame Studium dieser Beiträge, die übrigens
häufig sich entweder thetisch entfalteten oder aber in Thesen
mündeten, ein durchaus repräsentatives Bild gegenwärtiger wissenschaftlicher
Bemühungen um Luther in theologischer und historischer
Perspektive zu vermitteln. Es läßt auch den gegenwärtigen
aktuellen Fragehorizont erkennen und erinnert daran, wie auch der
jeweils eigene Erfahrungsbereich den Blick für historische Gegebenheiten
schärfen lehren kann.

Die 17 Seminare, deren Verlauf und Ergebnisse in Kurzberichten
festgehalten werden, hatten als Schwerpunkte zentrale Themen aus
Luthers Theologie, sein Verhältnis zu zeitgenössischen Kräftegruppen
und Bewegungen, seine Bedeutung für einzelne Strömungen der
Reformation und für die Schriftauslegung. Einzelne im Zusammenhang
dieser Seminare vorgetragene Studien sind inzwischen veröffentlicht
worden bzw. zur Veröffentlichung vorgesehen.

Eine redaktionelle Bemerkung am Anfang des Bandes befaßt sich
mit der Lulherhibliographie, die für diesen Jahrgang wiederum mehr
als 2 000 Titel umfaßt. Ihre Bedeutung für Wissenschaft und Forschung
steht außer Frage. Trotzdem muß immer wieder einmal an
diese Bedeutung erinnert werden. Dank ihrer weit gelächerten Anlage
enthält sie Auskünfte zur Geschichte der gesamten Neuzeit, so daß sie
weit über die Lutherforschung im engeren Sinne hinaus Bedeutung
hat. Ein Dank für die jährlich an sie gewandte Aufmerksamkeit und
Arbeit darf nicht vergessen werden.

Leipzig Ernst Koch

Altes Testament

Westerrrninn, Claus: Erträge der Forschung am Alten Testament.

Gesammelte Studien III. Hrsg. von R. Albertz. München: Kaiser
1984. 228 S. 8' = Theologische Bücherei. Neudrucke und Berichte
aus dem 20. Jh., 73. geb. DM 30,-.

Band III der „Gesammelten Studien"1 von C. Westermann vereinigt
thematisch recht unterschiedliche, teils aus der Kommenlic-
rung der Genesis erwachsene, zumeist bereits publizierte Beiträge. Sie
lassen sich grob verschiedenen Bereichen zuordnen.

Der Auslegung alttestamentlicher Texte im engeren Sinn sind Aufsätze
gewidmet wie „Kain und Abel", „Gen 17 und die Bedeutung
von berit" oder zu Arnos 5.2 Über Einzeltexte hinaus greift etwa die
Darstellung „Boten des Zorns", die neben Ex 32 vor allem die Verkündigung
der Propheten bedenkt. „Das Schöne im Alten Testament
" versucht „das Schöne als Geschehendes" (120) zu begreifen.

Zwei bisher unveröffentlichte Arbeiten wenden sich ausdrücklich
dem Verhältnis von Altem und Neuem Testament zu: „Zur Vorgeschichte
des Abendmahls im Alten Testament" behandelt nicht die
Passatradition oder Ps22, sondern geht allgemeiner der Bedeutung
des Mahls „in der Geschichte des alten Gottesvolkes" (184) nach.
„Zur Vorgeschichte der Gleichnisse Jesu im Alten Testament" weist
auf die Vielfalt der Vergleiche in Prophetie und Psalter hin. um zu betonen
, daß jeweils Vorgänge in Beziehung gesetzt werden (185, 196;
vgl. auch 60f, 132ff).3 Der einleitende wie der abschließende Aufsatz
bemüht sich um Zusammenhänge mit der Theologie als ganzer: „Das
Alte Testament und die Theologie", „Aufgaben einer zukünftigen
Biblischen Theologie".4

Die Mehrzahl der Beiträge sucht zwischen Altem Testament und
Gegenwart zu vermitteln, sei es explizit durch den Titel „Die Bedeutung
der Vätergeschichten für die Gegenwart", „Die Landverheißung
. .. und ihre Bedeutung für die Gegenwart", sei es implizit durch
die Fragestellung, wie „Das Alte Testament und die Menschenrechte
".

In weit höherem Maße als in den beiden ersten Aufsatzbänden wird
das Gegenwartsinteresse von C. Wcstermanns Arbeit deutlich. Darum
ist der Buchtitel „Erträge der Forschung" in gewisser Weise unglücklich
; denn er entspricht im strengen Sinn nur einem Teil der