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Ausgabe:

1986

Spalte:

269-270

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Stendahl, Krister

Titel/Untertitel:

Meanings 1986

Rezensent:

Haufe, Günter

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Seite 1

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269

Theologische Literaturzeitung 111. Jahrgang 1986 Nr. 4

270

' L'Ancienne Version Latine des Questions sur la Genese de Philon
d-Alexandriel.ll.,TU 113/114, Berlin 1973.

2 Les Chaines exegetiques grccqucs sur la Genese et l'Exode, in: Stud
Patr XII, TU 115, Berlin 1975,45-50. - En marge de l'edition des fragments de
Philon (Questions sur la Genese et l'Exode). in: Stud Patr XV. TU 128. Berlin
1984.20-25.

' Vgl. den Aufsatz En marge . . . (Anm. 2). 21.

4 Der Anhang bietet erstmalig in einer modernen Ausgabe die über die armenische
Übersetzung hinausgehenden Partien der alten lateinischen Version
(513-550).

Neues Testament

Stcndahl. Krister: Meanings. The Bibel as document and as guide.
Philadelphia, Pa.: Fortress Press 1984. XI, 244 S. 8". Kart.
$ 14.95.

Der vorzustellende Band enthält eine Sammlung von 17 Essays, die
der Autor in den Jahren 1951 bis 1981 an z. T. sehr entlegener Stelle
publiziert hat und nun, jeweils mit einer hilfreichen "introduetory
note" versehen, aufs neue herausbringt. Im Vorwort merkt er ausdrücklich
an, daß er in manchen Fällen mittlerweile Auffassung und
Methoden geändert habe. Nichtsdestoweniger lassen diese Aufsätze
das Profil eines eigen geprägten Bibeltheologen erkennen. Es muß
genügen, im folgenden Titel und Thematik zu notieren.

1. "Mcanings" (1-8): S. beobachtet im Bibelverständnis der
jüngsten Zeit eine neue Tendenz: "front history to story and wisdom".
Ihm selbst ist eine andere Gegenüberstellung wichtiger: "the Bible asa
classic/the Bible as Holy Scriptum". - 2. "Biblical Theology: A Program
" (1 1-44): S. setzt sich mit Nachdruck Für den historisch-deskriptiven
Charakter der Biblischen Theologie ein. Erst auf seinem
Hintergrund stellen sich die hermeneutische Frage, die Frage nach der
Bedeutsamkeit des Kanons und die Frage nach der spezifischen Aufgabe
des Predigers mit der wünschenswerten Deutlichkeit. Alle drei
Fragen wollen vom Verständnis der Kirchengeschichte als der weitergehenden
, beide Testamente verbindenden "Sacred History" her
beantwortet werden. - 3. "Kerygma and Kerygmatic" (45-53):
Gegenüber allzu sloganhaftcr Rede vom „Kerygma" dringt S. darauf,
daß nach neutcstamcntlichcm Befund nur die an Missionspredigt und
Taufe gebundene Heilsbotschaft „Kerygma" heißen darf; die weitergehende
, polemisch und apologetisch orientierte Gemeindcbclchrung
sollte bestenfalls „kerygmatisch" genannt werden. - 4. "One Canon is
Enough" (55-68): S. wendet sich kritisch gegen die modernen Versuche
, einen Kanon im Kanon zu finden. Erstellt ihnen die Vielfalt und
die konkrete Situationsbezogenheit der neutestamentlichen Aussagen
entgegen. - 5. "Quis et Unde - Who and Whencc? Matthew's Christmas
Gospel" (71-83): S. zeigt, daß Mt 1 und 2 nach dem Willen des
Evangelisten apologetisch orientiert sind. Mt 2 dominiert die geographische
Information: von Bethlehem nach Nazareth, Mt 1 die personelle
Information: Jesus ist der verheißene davidischc Messias, der
Immanuel. - 6. "Messianic License: The Sermon on the Mount"
(85-97): Auf dem Hintergrund von Mt 19,10-12 - der Anbruch des
Reiches Gottes entbindet von der Ehe- und Fortpflanzungspflicht! -
interpretiert S. die Antithesen der Bergpredigt als Ausdruck „messia-
nischer Lizenz". Sie tasten die Struktur der alten Welt an, indem sie
ermutigen, schon jetzt als Teilhaber der neuen Welt zu leben. -
7. "The Sermon on the Mount and Third Nephi in the Book of Mor-
mon" (99-113): S. vergleicht die Bergpredigt nach Matthäus mit ihrer
..johanneischen" Wiedergabe im Buch Mormon. - 8. "Prayer and
Forgiveness: The Lord's Prayer" (115-125): S. sieht in Mt 18,10-35
ein innergemeindlich bezogenes "pattern" von Gebet-Vcrgebung-all-
mächtigem Gebet wirksam, von dem her er die überraschende Verbindung
von Vaterunser und Vergebungswort (6,14) verständlich
machen kann: cjie zum messianischen Mahl versammelte Gemeinde
(6,11!) lebt ihre Teilhaberschaft am Gottesreich. - 9. "Sin. Guilt and
Forgiveness in the New Testament" (127-136): vgl. die Artikel

Sünde und Schuld im NT" und „Sündenvergebung im NT" in RGG,
3. Aufl., Bd. IV, 484-489, 511-513.-10. "Hate, Nonretaliation, and
Love: Coals of Fire" (137-149): Der Vergleich mit verschiedenen jüdischen
Texten führt S. zu dem Ergebnis, daß die umstrittenen Verse
Rom 12,19-21 näher bei Qumran als bei den Testamenten der
12 Patriarchen stehen. „Feurige Kohlen" vergrößern das Maß der
Sünden bei den Feinden Gottes. -11."Paul and Prayer" (151-161):
S. zeigt, wie sehr die vom Gebet geprägte Sprache des Apostels chri-
stologisch und nicht schöpfungstheologisch bestimmt und primär auf
sein Missionswerk bezogen ist. - 12. "The Church in Early Christia-
nity" (163-172): vgl. den Artikel „Kirche: II Urchristentum" in
RGG, 3. Aufl., Bd. III, 1297-1304.- 13. "The New Testament Back-
ground forthe Doctrine ofthe Sacraments" (173-192): S. betont den
nichtverbalen Grundcharakter von Taufe und Eucharistie. Grundlegend
für das Verständnis der Taufe ist ihre Funktion als Initiation, für
das Verständnis der Eucharistie deren Funktion als Antizipation des
messianischen Festmahles. - 14. "Immortality Is Too Much and Too
Little" (193-202): Der jüdisch-urchristliche Auferstehungsglaube ist
ursprünglich Antwort auf die Frage nach Gottes Gerechtigkeit und
Sieg in der Situation des Martyriums und der Unterdrückung. An die
Stelle der Sorge um die eigene Identität im Tode sollte nach S. das
Gebet um das Kommen des Reiches Gottes treten. - 15. "Judaism and
Christianity I: Then and Now" (205-215): S. plädiert dafür, Judentum
und Christentum nicht als abstrakte, sondern als konkrete Größen
ernst zu nehmen und dementsprechend die neutestamentlichen
Texte auf ihren konkreten Sinn zu befragen. Das Konkrete trennt,
aber es ist immer partikular und läßt so Raum für Hoffnung. -

16. "Judaism and Christianity II: A Plea for a New Relationship"
(217-232): Eine neue Beziehung zwischen Judentum und Christentum
kann nach S. nur auf dem Boden der Anerkenntnis grundlegender
Unvereinbarkeit erwachsen. Älteste judenkritische Aussagen wurden
von Heidenchristen verhängnisvoll dogmatisch umfunktioniert. -

17. "Christ's Lordship and Religious Pluralism" (233-244): S. sieht
christlichen Imperialismus durch zwei Tatsachen abgewehrt: a) eine
Aussage wie Apg 4,12 ist ein aus Glauben und Dankbarkeit erwachsenes
Bekenntnis und nicht ein Lehrsatz; b) christliche Mission weiß
sich nach Rom 9-11 hineingenommen in die geheimnisvolle missio
Dei.

Aufgefallen ist dem Rez. die mehrfach (S. 1.58.173) wiederkehrende
Warnung des Autors vor den Gefahren eines bibel-exegetischen
„Imperialismus" auf dem Gesamtfeld der Theologie. Das sollte auch
noch heute gehört werden!

Greifswald Günter Haufe

Pokorny, Petr: Die Entstehung der Christologie. Voraussetzungen einer
Theologie des Neues Testaments. Berlin: Evang. Verlagsanstalt
U.Stuttgart: Calwer Verlag 1985. 180 S. 8'.

Das Interesse an den Anfängen der Christologie hat in den letzten
Jahrzehnten eine erhebliche Literatur hervorgerufen. Die Arbeit des
bekannten Prager Neutestamentiers will wesentliche Ergebnisse zusammenfassen
und prüfen und ebenso ein Stück notwendige Vorarbeit
für eine Theologie des Neues Testaments leisten.

Ein knapper erster Teil (11-19) reflektiert „das Problem und die
Methode". P. möchte „vor allem die Funktion der einzelnen Aussagen
im Bezug auf die christlichen Gemeinden und auf die entstehende
Kirche beachten" (15). Diese Beziehung gilt es als „Prozeß" zu begreifen
(16), der sich in den ältesten rckonslruierbaren Etappen der Christologie
niedergeschlagen hat. Solche Untersuchung urchristlicher
Glaubenserfahrungen wurzelt letztlich in gegenwärtiger Glaubenserfahrung
, mit der sie sich auseinandersetzen muß (17).

Da sich das für die Entstehung der Christologie entscheidende
Osterkerygma auf den irdischen Jesus bezieht, setzt P. mit seiner
eigentlichen Darstellung in einem zweiten Teil (20-51: „Jesus aus
Nazaref') zunächst bei diesem ein. Thematisiert werden Jesu Reich-