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Ausgabe:

1986

Spalte:

185-187

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Mildenberg, Leo

Titel/Untertitel:

The coinage of the Bar Kokhba War 1986

Rezensent:

Matthiae, Karl

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185

Theologische Literaturzeitung 111. Jahrgang 1986 Nr. 3

186

ten 17,2-16; 17,17-24; 18,1-46 (wobei der Verzicht auf eine überlieferungsgeschichtliche
Differenzierung besonders auffällt). 20,1-34
ist eine „historische Erzählung", 21,1-29 eine „Prophetenerzählung
". 5,9-14; 12,25-32 und 19,1-18 entziehen sich einer Gattungszuweisung
. Die zahlreichen Termini für Gattungen und Formeln finden
sich am Schluß des Bandes in einem Glossar gesammelt und
erklärt, was der Benutzer sicher begrüßen wird. Der deutsche Leser
dürfte es als hilfreich empfinden, daß dem englischen Stichwort
jeweils eine deutsche Ubersetzung beigegeben ist.

Im Zusammenhang der Gattungsbestimmung hat der Vf. neben alt-
und neutestamentlichen Parallelen viel altorientalisches Material
zusammengestellt und teilweise auch zitiert. Besonders interessant
sind die Analoga zum dtr. Rahmenwerk der einzelnen Könige („reg-
nal resume", besprochen zu 14,21-31). L. erwägt die Herkunft der
Form von mesopotamischen Vorbildern. Assyrische oder babylonische
Modelle hätten evtl. schon auf israelitische Königslisten eingewirkt
, die ihrerseits dem dtr. "author-editor" bekannt waren.

Zum „Sitz im Leben (Setting)" ergeben sich - sofern überhaupt
bestimmbar - nicht allzu viele Möglichkeiten. Ein Teil der Königsüberlieferungen
kann auf königliche oder auch priesterliche Archive
zurückgehen. Die Prophetengeschichten werden primär in prophetischen
Gruppen, aber auch im Volk tradiert worden sein. Wichtiger
ist L. aber, da sicherer erkennbar, der Sitz der Einheit im Kontext. Das
gilt ähnlich für den letzten Schritt der Kommentierung, der nach der
■ .Intention" fragt und damit im wesentlichen auf die redaktionelle
Funktion der Einheit im Zusammenhang des DtrG zielt.

Das Anliegen der Reihe, den in den üblichen Kommentaren nur
kurz berücksichtigten Aspekt der Formkritik stärker herauszuarbeiten
, erfüllt dieser Kommentar beeindruckend, wenngleich sein stark
definitorisches Vorgehen die Lektüre stellenweise etwas monoton
gestaltet. Der Benutzer, vor allem die erhoffte breite Leserschaft, sollte
aber die selbstgesteckten Grenzen des Kommentars (wie der ganzen
Reihe) nicht übersehen. Man kann nur hoffen, daß diese-bewußt einseitige
- Art der Kommentierung nicht einen (latent vorhandenen)
Hang zum Methodenmonismus verstärkt. Zusätzlich zu anderen,
konventionell gegliederten Kommentaren benutzt, wird dieser formgeschichtliche
Zugang zum Text sicher eine willkommene Ergänzung
darstellen.

Marburg (Lahn) Winfried Thiel

Vorausgegangen waren: R. E. Murphy, Wisdom Litcraturc: Job, Proverbs,
Ruth, Canticles, Ecclesiastes, and Esther (FOTL 13), Grand Rapids, Michigan
1981; G. W. Coats, Genesis with an Introduction to Narrative Literature
(FOTL 1), Grand Rapids, Michigan 1983.

Judaica

Mildenberg, Leo: The Coinagc of the Bar-Kokhba War. Editor
P. E. Mottahedeh. Aarau-Frankfurt/M.-Salzburg: Verlag Sauerländer
1984. 396 S. m. 17 Abb., 44 Taf. gr. 8- = Typos. Monographien
zur antiken Numismatik, 6.

Mit der Zusammenstellung der Münzen des Bar Kochba-Aufstan-
des erfüllte M. ein Desiderat, da diese Münzen zusammen mit den in
der Wüste Juda gefundenen Dokumenten die wichtigsten direkten
Zeugnisse dieses Krieges sind. Die Münzdokumentation erschien als
Band VI der Reihe „Typos", in der Monographien zur antiken Numismatik
herauskommen.

Hauptbestandteil des Bandes bildet der numismatische Katalog mit
den in gleicher Anordnung angelegten Abbildungstafeln. Die Einteilung
folgt dem verwendeten Metall (große und kleine Silbermünzen,
große, mittlere und kleine Bronzemünzen) und dann der Klassifizierung
und schließlich der Abfolge der Prägestempel. Alle feststellbaren
Einzelheiten sind sorgfältig notiert und können auf den beigegebenen

Tafeln genau verfolgt werden. Die verschiedenen hebräischen Legenden
wie auch die unterschiedlichen Formen der hebräischen Buchstaben
werden in Übersichten vorgeführt; ein Diagramm illustriert die
Stempelverbindungen. Mehrere Indices erschließen den Band.

Dem Katalog ist eine Einführung vorangestellt, in der M. die mit
der Interpretation der Münzen verbundenen Probleme skizziert: Einleitend
gibt er Rechenschaft über die von ihm praktizierte Methode (I:
Zusammenstellen der Münzen, Prägestempelvergleiche) und beschreibt
dann Herstellung und Merkmale der Bar Kochba-Münzen
(II: Art der Münzherstellung, Arbeitsvorgänge, verwendetes Metall,
Legenden, Motive auf einzelnen Typen, Bedeutung der Münzschätze,
Größe und Struktur der Stücke). Anschließend sucht M. die weiteren
mit der Prägung zusammenhängenden Fragen zu klären (III: Münzhoheit
, Unterschiede der Münzen des 1. und 2. Aufstandes, Grund für
die Prägungen).

Mit Nachdruck stellt M. dabei heraus, daß es sich um Münzen sui
generis handelt. Denn die Aufständischen überprägten im Umlauf
befindliche römische (und auch andere) Stücke bewußt mit ihren Bildern
und Legenden. Ihr Anliegen gegenüber den Römern, das bei der
Münzprägung zum Ausdruck kommt, war „die nationale und kulturelle
Wiedergeburt des jüdischen Staates" (S. 72).

Bei der Skizzierung der Interpretationsmöglichkeiten macht M.
u. a. wahrscheinlich, daß auf der Tetradrachme die Tempelfront und
nicht eine Synagoge abgebildet ist. Ein Vergleich der Legenden zeigt,
daß die Münzhoheit nicht bei Bar Kosiba lag und wir sogar Differenzen
mit der Münzadministration annehmen dürfen. Nach M.s Ansicht
konnten die Rebellen Jerusalem nicht erobern; das von ihm
beherrschte Gebiet lag vor allem südlich davon, es erstreckte sich aber
nicht auf die Küstenebene und auch nicht auf Galiläa. Ein Wiederaufbau
des Tempels sowie eine Aufnahme des Opferkultes erfolgten
nicht. Die Gestalt des Priesters Eleazar ist nicht näher zu bestimmen
.

In einem letzten Kapitel (IV: Historische Folgerungen) bemüht sich
M. darum, die Aufstandsmünzen in Beziehung zu den direkten und
indirekten Quellen zu setzen. Er wendet sich zunächst der griech.-
römischen, jüdischen und christlichen Literatur zu. Beim Thema
„Aufstand im Licht der Zeugnisse" geht er dann auch auf die Funde in
der Wüste Juda ein. Mit der Charakterisierung der Münzpolitik
Hadrians gegenüber den Juden kommt die „Gegenseite" zu Wort. Abschließend
sucht M. den entscheidenden Grund für diesen Aufstand
seitens der Juden herauszuarbeiten, den er jedoch nicht als messiani-
schen ansehen will. Für ihn standen die Rebellen nicht außerhalb
„aller Nationalisten" (S. 103). Der Aufstand kann deshalb nur auf
Grund einer konkreten Maßnahme Hadrians erfolgt sein. M. erblickt
sie in einem Verbot der Beschneidung, das für die Juden ein nicht
akzeptables Ultimatum, eine Existenzfrage (S. 105) darstellte (wenngleich
M, diese Maßnahme Hadrians nicht allein gegen die Juden
gerichtet sieht). Abschließend weist er noch darauf hin, daß Anto-
ninus Pius den Juden wieder erlaubte, ihre Söhne zu beschneiden.
Sein letzter Satz in der Einführung lautet: „So ist der Bar Kochba-
Aufstand nicht vergeblich gewesen" (S. 109).

Für seine Begründung, das Beschneidungsverbot sei der wahre
Grund für den Aufstand gewesen, beruft sich M. auf Pseudo-Spartian
(Historia Augusta), dessen Darstellung er - allerdings im Unterschied
zum gängigen Urteil der Historiker - derjenigen von Cassius Dio den
Vorzug gibt. Doch hätten sich bei diesem Ultimatum nicht auch die
Juden in der Küstenebene und in Galiläa dem Aufstand anschließen
müssen? M. sucht auch die von Dio angegebene Gründung von Aelia
Capitolina einzuordnen. Sie kann nach seiner Ansicht jedoch nicht
der wirkliche Grund sein, „da die Juden mit einem römischen Lager
und römischen Heiligtümern in Jerusalem seit 60 Jahren konfrontiert
waren" (S. 104). Der Name „Jerusalem" auf einigen Münzen z. B.
würde unseres Erachtens aber dafür sprechen. Hadrian ist in mancher
Hinsicht bei M. zu sehr in der Sicht der (auch kritisch gesehenen)
rabbinischen Literatur geschildert, auch wenn er sich bemüht, Selbstverständnis
und Intention des Kaisers zu umreißen. (Sein Hinweis auf