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Ausgabe:

1985

Spalte:

140-142

Kategorie:

Systematische Theologie: Ethik

Autor/Hrsg.:

Fritzsche, Helmut

Titel/Untertitel:

Freiheit und Verantwortung in Liebe und Ehe 1985

Rezensent:

Ringeling, Hermann

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Theologische Literaturzeitung 110. Jahrgang 1985 Nr. 2

140

„Der Mittler" hätte nicht geschrieben werden können. Ich zögere
nicht, Richmonds Urteil zu übernehmen, ein so verstandener
„.Neuanfang' in der Theologie . . . wird, so hoffen wir, sich nicht nur
als falsch, sondern auch als intellektuell arrogant erweisen" (36; vgl.
70).

Richmond hofft auf „Verständnis der höchst verworrenen theologischen
Situation unserer Zeit vor dem Hintergrund ihrer wiederentdeckten
Vergangenheit" (207; vgl. 215). Die Erklärung bestünde, im
Licht von Richmonds Ritschl-Analyse einschließlich seiner Folgen,
darin, zu erkennen, daß Barth und Bultmann, Herrmann und Ritsehl
„in der Tradition des lutherischen Christozentrismus (standen), der
Christus zum Mittler nicht weniger der Erkenntnis als des
Heiles (Gottes) (machte)" (220). Glücklicherweise ist diese Erklärung
bezüglich der lutherischen Tradition vor Ritsehl falsch; denn fürdiesc
ist einfach aus logischen Gründen noch selbstverständlich: „Niemand
könnte ja auf Gott Vertrauen setzen, wüßte er nicht, daß Gott
existiert" (J. A. Quenstedt, Systema, 1685, 1 268b; zur Sache vgl.
Richmond 161 f, 233). Umgekehrt stellt Richmond fest: „. . . was das
klassische Problem von Glauben und Vernunft betrifft, so bringt
Ritsehl seine Verteidiger in eine ungünstige Position" (88). Ritsehl
konsequent zu Ende zu denken, hieße nämlich, „die Religion würde
aufhören. Aussagen über die materielle Welt zu machen", weil sie
„nicht viel mehr zu sagen hat, als daß die Welt ein Mittel zum letzten
Ziel Gottes und des Menschen darstell(t)" (100). Dies verletzt offensichtlich
die Unabhängigkeit Gottes, der keine so beschaffene Welt
schaffen mußte und (offensichtlich) auch nicht geschaffen hat (Teleo-
logie ist keine natur-wissenschaftliche Kategorie). Es gibt diese massiven
Probleme wissenschaftlicher Theologie. Aber ich teile nicht die
Meinung Richmonds. „daß gegenwärtig ein erschreckender und beunruhigender
Mangel an systematischer Theologie . . . herrscht" (212),
die „in der Lage ist, die recht disparaten, rudimentären und offenbar
untereinander unvereinbaren Bestandteile unserer Kultur in einem
hermeneutisch umsetzbaren Ganzen zu vereinen" (215). Ich möchte
Richmond ausdrücklich unterstützen, wenn er sagt; „Während wir
von der Sache her Entwicklungen innerhalb der deutschen Theologie
untersuchten, wäre es unausgeglichen und unfair, den Beitrag der
(hauptsächlich) angelsächsischen Seite zu unterschätzen, wie etwa die
nach-analytische philosophische Theologie . . ." (216) Ich habe dem
nichts hinzuzufügen als den Vorschlag, die deutsche prae-analyüsche
Religionsphilosophie von Heinrich Scholz samt seinen Anforderungen
an die Wissenschaftlichkeit von Theologie (1922/31) zu studieren
.

Marburg(Lahn) Theodor Mahlmann

Weier, Rcinhold: Vom Wege des Christen. Die Glaubenswahrheiten,
betrachtet als Licht für unseren Lebensweg. Aschaffenburg: Pattloch
1983. 344 S.,gr. 8".

Dieses Buch ist ein geistliches, ein theologisches und ein typisch
römisch-katholisches Buch.

1. Es will zwar kein Katechismus für Pfarrer sein, aber Aufgaben in
Angriff nehmen, „die ein zukünftiger Katechismus für Seelsorger
lösen sollte", es will „die Wahrheiten des Glaubens so darstellen, daß
sie nicht als bloße Lehre, doctrina, erscheinen, sondern als das, was sie
ja sind: frohmachende Botschaft"; daher will es aufzeigen, wie sie „in
Beziehung zu unserem Leben stehen" (6). Vf. will die Glaubenswahrheiten
mit der Sakramentcnlehre und mit der christlichen Moral verbinden
. Diese bildeten eine lebendige Einheit, was bisher durch ihre
Trennung, durch das Nacheinander ihrer Darstellung nicht genügend
zur Geltung kam. Das Buch ist weithin „fromm", anbetend-medita-
tiv. Hier schreibt ein Theologe, der sich wiederholt wissenschaftlich
ausgewiesen hat (vor allem durch seine Studie „Das Thema vom verborgenen
Gott von Nikolaus von Kues zu Martin Luther", Münster
1967), der aber um die Grenzen der kritischen, der wissenschaftlichen
Erkenntnis weiß und Hilfe dazu anbieten will, im Wissen um die

kritisch-wissenschaftliche Erkenntnis fröhlichen Glaubens in seiner
(röm.-kath.) Kirche zu leben und zu dienen. Es geht ihm um geistlich-
theologische Existenz heute.

2. Daß Vf. in der Theologiegeschichte zu Hause ist, spürt man fast
auf jeder Seite. Weit über die Zitate hinaus lebt das Buch in einer
Theologie, die von den altkirchlichen und scholastischen Vätern bestimmt
ist und im Einklang steht sowohl mit dem Tridcntinum als
auch mit dem Vaticanum IL Die Darstellung ist durchweg positiv, es
wird nicht alles in Frage gestellt. Kritische Passagen fehlen. Auseinandersetzungen
erfolgen höchstens mit dem Gegenüber der Kirche in
der Philosophie (etwa Marx, Nietzsche, Sartre, N. Hartmann). Vor
allem Thomas von Aquin wird neueren philosophischen Fragen
gegenübergestellt. Die Glaubenswahrheiten (s. o.) sind dem Vf.
„sicher", z. B. (3080 wird unter „Sicherer Jenseitsglaube" von der
ganz sicheren Hoffnung, von der Sicherheit des Glaubens, von der
Sicherheit, die sich auf die Auferstehung der Toten und das Erbe des
ewigen Lebens derer, die im Gericht Gottes Gnade linden, gesprochen
, auch davon, daß mit dieser Sicherheit unser Glaube steht
und fällt.

Es ist zwar wohltuend, daß ein Theologe so geistlich-positiv über
den Glauben schreibt, in dem er lebt, aber wird bei aller richtigen, notwendigen
Heilsgewißheit genügend zwischen securitas (Sicherheit)
und certitudo (Gewißheit) unterschieden, wie es Rez. bei Luther
gelernt hat?

3. Dieses Buch konnte so nur ein röm.-kath. Theologe schreiben. Er
lebt in seiner Kirche und ihrem Dogma, aus den Sakramenten und in
ihrem Gottesdienst. Es fällt auf, welche Bedeutung nicht nur der
Eucharistie, sondern gerade auch der Taufe zufällt, die im Bußsakrament
vergegenwärtigt wird. Hier könnten Lutheraner lernen, denn
genau darum ging es Luther.

Die Taufe stellt den Christen auf den Weg. Der Begriff des Weges
durchzieht das ganze Buch; ein Begriff ja, der sowohl in der ökumenischen
Debatte (die nicht in den Blick kommt) als auch beim Vaticanum
II eine ganz entscheidende Rolle spielt. Aber das Auf-dem-
Wege-Sein bedeutet für Weier nicht, daß er keine Heimat hätte und
immer nach neuen Ufern unterwegs sei. Klar heißt es: „Christsein
bedeutet In-dcr-Kirche-sein" (26).

Hier zeigt sich die typisch röm.-kath. Frömmigkeit im Bemühen
um ein ethisch gutes Verhalten, um Tugendstreben; „der Christ
bemüht sich, all seine Kräfte auf Gott hin auszurichten" (671) . Es ist
der Weg des Menschen zu Gott, der das Christscin bestimmt, wenn
auch gewiß der Weg Gottes zum Menschen dem vorgegeben ist.

Das Thema des Buches wird so entfaltet: I. Auf dem Wege. II. Anfang
und Ursprung des Weges, III. Das Taufbekenntnis. Ursprung und
Ziel des Weges.

Der Stil ist meist leicht lesbar, der Inhalt locker und nicht streng
systematisch entfaltet. Man wünschte sich manchmal eine Straffung
und weniger Wiederholung. Daß über die Engel unter dem Glauben
an den Heiligen Geist gesprochen wird oder darüber, daß der Logos
einen menschlichen Leib angenommen hat, wird man nicht erwarten
.

Das Buch wird gewiß seinen Dienst tun. Über den (röm.-kath.)
gemeinsamen Pilgerweg wird geistlich-theologisch nachgedacht.
Glaube, Gebote und Sakramente werden als Einheit gesehen und der
christliche Lebensweg in dieser Einheit entfaltet.

Freiberg Karl-Hermann Kandier

Systematische Theologie: Ethik

Kritzsche, Helmut: Freiheit und Verantwortung in Liehe und Ehe. Zur

Theologie der Partnerbeziehungen. Berlin: Evang. Verlagsanstalt
1983. 302 S. 8". Lw. M 16.-; Ausland 20,-.

Den Anstoß für dieses Buch gab eine von kirchlicher Seite an den
Autor herangetragene Bitte, sich theologisch zu den Fragen der Ehe