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Ausgabe:

1985

Spalte:

131-133

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Schmucker, Josef

Titel/Untertitel:

Kants vorkritische Kritik der Gottesbeweise 1985

Rezensent:

Schleiff, Hans

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Theologische Literaturzeitung 110. Jahrgang 1985 Nr. 2

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dar und legen zugleich ein eindrucksvolles Zeugnis ab von der engen
Verquickung von Kunst und Theologie in der Reformationszeit".

Das von Peter Martin herangezogene Material, seine Arbeit am
Detail, die Straffheit, mit der er Randfragen seiner Thematik zu- und
unterordnet, bestechen in Fülle und Genauigkeit ebenso wie der
exakte wissenschaftliche Apparat - eine Arbeit, die kunst- wie kirchengeschichtlich
bedeutsam ist.

Wittenberg Elfriede Starke

Baumann, Dorothea, u. Kurt von Fischer [Hrsg.]: Religiöse Autoritäten
und Musik. Kassel: Stauda 1984. 136 S. 8 Kart. DM 26,-.

in diesem Band liegt ein Ausschnitt aus der Arbeit des XIII. Kongresses
der Internationalen Gesellschaft für Musikwissenschaft (29. 8.
bis 3. 9. 1982 Strasbourg) vor, der nicht in den inzwischen ebenfalls
veröffentlichten Kongreßbericht eingegangen ist (La musique et la
rite. Actes du XIIF Congres de laS. I. M. [Strasbourg 1982], Straßburg
1984, Association des Publications pres des Universites de Strasbourg
). Es handelt sich um die Bearbeitung der Frage „nach der ideologischen
Stellung religiöser Autoritäten zur Kunstmusik und zu
deren Einfluß auf die Entwicklung der Musik", die sich in einer der
zwölf Diskussionsgruppen vollzog. Dazu haben sechs Gesprächsteil-
nehmer je ein kurzes Referat verfaßt, die zusammen mit der Diskussion
(Leitung: Kurt von Fischer) aufgrund von 18 spezifischen Fragen
zur Sache entstanden sind. Die Referate stammen von Walter Blankenburg
(Protestantismus, 15-23), Helmut Hucke (Katholizismus,
24-46), Gido Kataoka (Buddhismus in Japan, 47-57), Mohammad
Taghi Massoudieh (Islam, 58-66), Amnon ShiIoah (Judaismus,
67-83), Dimitrije Stefanovic (Orthodoxie, 84-91). Abschließend
folgt die Diskussion (93-136).

M. P.

Philosophie, Religionsphilosophie

Schmucker, Josef: Kants vorkritische Kritik der Gottesbeweise. Ein

Schlüssel zur Interpretation des theologischen Hauptstücks der
transzendentalen Dialektik der Kritik der reinen Vernunft. Mainz:
Akademie der Wissenschaften und der Literatur; Wiesbaden: Steiner
1983. 106 S.gr. 8" = Akademie der Wissenschaften und der Literatur
. Abhandlgn der Geistes- und sozialwisscnschaftlichen Klasse,
Jg. 1983,2. Kart. DM 38,-.

Das Anliegen des Vf. ist, Kants Kritik der Gottesbeweise näher an
die Denkweise der Scholastik heranzurücken als das bisher üblich
war. Es sei alles in allem doch gar nicht so wenig, was Kants Kritik der
Rationaltheologie in seiner „Kritik der reinen Vernunft" an Möglichkeiten
einer Gotteserkenntnis der natürlichen Vernunft unangetastet
gelassen hat (106). Man müsse nur die Entwicklung Kants.in seinen
vorkritischen Schriften bis hin zur „Kritik der reinen Vernunft" verfolgen
und dürfe sich nicht an sein kritisches Hauptwerk allein halten,
um dies zu erkennen. Die Hauptthese der Arbeit ist, „daß die typische
Kritik Kants an der Rationaltheologie in ihren substantiellen Gedankengängen
bereits in der vorkritischen Zeit und damit unabhängig von
den Prinzipien des Kritizismus entwickelt wurde" (8). Die transzendentale
Ästhetik und Analytik in der „Kritik der reinen Vernunft"
stünden ohne zwingenden inneren Zusammenhang neben der Lehre
vom transzendentalen Ideal, „und zwar so, daß durch das konsequente
Durchdenken dieser kritizistischen Erklärung die Lehre vom
Ideal ihre ganze Funktion und Bedeutung innerhalb des Systems des
Kritizismus selbst verlieren müßte" (79).

Der Nachweis dafür wird in subtilen Untersuchungen der vorkritischen
Schriften Kants erbracht. Auf der ersten Entwicklungsstufe, der
der „Nova Dilucidatio" und der „Allgemeinen Naturgeschichte und
Theorie des Himmels" von 1755, wurden mindestens drei Argumente

als Gottesbeweis anerkannt, nämlich (1.) das, wonach aus den Möglichkeiten
der Dinge auf ein unbedingt existierendes Wesen geschlossen
wird, (2.) das aus der dynamischen Wirkgemeinschaft der Substanzen
, wie sie besonders in Newtons Gravitationsgesetz erkennbar wird
und auf einen höchsten Ordnerschließen läßt und (3.) das aus der dem
notwendigen Naturwirken entspringenden Ordnung, Zweckmäßigkeit
und Schönheit der Welt, die einen weisen Schöpfer erkennen
lassen. Nichtsdestoweniger beginnt Kant schon in dieser Zeit, die
überlieferten Gottesbeweise kritisch zu hinterfragen. „Das absolut
notwendig Existierende muß grundsätzlich als ein grundlos Existierendes
gedacht werden, das keinen Grund seiner Existenz haben kann
und dessen Notwendigkeit nur dadurch bestimmbar bzw. erkennbar
ist, daß sein Gegenteil, sein Nichtsein, unmöglich oder undenklich ist.
Dabei ist diese Unmöglichkeit des Gegenteils (d. h. seines Nichtseins)
nur als Erkenntnisgrund aufzufassen, nicht aber als Seinsgrund der
Notwendigkeit, da es einen solchen ausschließt" (15). Den ontolo-
gischen Gottesbegriff, wonach Gott als das, worüber hinaus nichts
Höheres gedacht werden kann, das Wesen ist, worin die Allheit alles
Realen zu finden ist, lehnt Kant nicht deshalb ab, weil er den Schluß
von der begrifflichen auf die reale Ordnung für illegitim hält, sondern
weil ihm die objektive Gültigkeit dieses Begriffes selbst problematisch
ist. Daß außerdem in diesem Gottesbegriff alles, also auch die Existenz
des höchsten Wesens, nur gedacht wird, ist für Kant dabei
klar.

Auf der zweiten Entwicklungsstufe, der des „einzig möglichen
Beweisgrundes zu einer Demonstration des Daseins Gottes" von
I 763, kann Kant nur noch das Argument aus den Möglichkeiten der
Dinge anerkennen, weil dieses das einzige der drei genannten ist, das
vollkommen a priori geführt wird, also von einem Ansatz ausgeht, der
„weder meine Existenz noch die von andern Geistern noch die von der
körperlichen Welt" voraussetzt (33).

Auf der dritten Entwicklungsstufe, die den Zeitraum bis zur Dissertation
von 1770 ausmacht, vollzieht sich die Wendung vom Gottesbeweis
zur Lehre vom bloß subjektiv gülligen, objektiv aber problematischen
Vernunftideal. Um die Mitte des Jahrzehnts heißt es in
einer Reflexion, daß unser Begriff von dem Realen oder Matcrialen
der Möglichkeit sich nur so weit erstrecke wie das Einfache unserer
Empfindungen. Erstmals wird jetzt zwischen der logischen Möglichkeit
eines Denkbaren und der realen Möglichkeit eines durch den
Begriff vergegenwärtigten Dinges unterschieden. Die sinnlich wahrnehmbare
Existenz eines Dinges gehl jetzt seiner Möglichkeit voraus
und nicht mehr umgekehrt. Gleichwohl bringt Kant auch jetzt weiter
den Gottesbegriff zur Sprache, wenn er feststellt, daß jedes mögliche
Ding positiv oder negativ bestimmt ist, daß aber dabei der umfassende
Begriff des Dinges ihm schon vorangeht.

Deutlicher wird dies noch auf Kants vierter Entwicklungsstufe,
nämlich in der Dissertation von 1770: Die Realität eines möglichen
Dinges stellt einen bestimmten begrenzten Ausschnitt aus der Gesamtheit
alles Realen dar. Der Begriff des Eingeschränkten ist mithin
logisch bedingt durch den des Uneingeschränkten.

Damit ist der Grund für das rechte Verständnis der kantischen
Lehre vom transzendentalen Ideal in der „Kritik der reinen Vernunft"
gelegt. Von dem uneingeschränkten und allerrealsten ^csen, das
jeder bestimmten Aussage vorangeht, ist hier die Rede, nicht aber von
einem eigentlich unnötigen Anhängsel an die Zergliederung der
menschlichen Erkenntnistätigkeit in der transzendentalen Ästhetik
und Analytik.

Es gibt nach des Vf. Darstellung bei Kant Äußerungen, die scheinbar
der scholastischen Gotteslehre nahestehen, tatsächlich aber eben
doch nur ein subjektiv gültiges Ideal meinen. Das brauche aber kein
Hinderungsgrund zu sein, die positiven Elemente aus Kants Gotteslehre
heute aufzunehmen, „zumal wenn man zugleich in Betracht
zieht, daß, wie heute wohl allgemein zugegeben wird, der Schluß
Kants in der Transzendentalen Ästhetik auf die grundsätzliche Raum-
und Zeitlosigkcit der Wirklichkeit an sich und damit auch die grundsätzliche
Einschränkung des Gebrauchs der ontologischen Grund-