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Ausgabe:

1985

Spalte:

127-128

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Titel/Untertitel:

Jean d'Apamée, Dialogues et Traités 1985

Rezensent:

G. H.

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127

Theologische Literaturzeitung 1 10. Jahrgang 1985 Nr. 2

128

In diese Situation, die einerseits von den traditionell beharrenden
oder neokonservativen Kräften bestimmt wird, und in der andererseits
reformerische und liberale Kräfte den Anschluß an neue Entwicklun-'
gen in den Wissenschaften in England und in Philosophie und Theologie
in Deutschland zu gewinnen suchen, „platzen" 1860 die "Essays
and Reviews". Im 2. Kapitel beschreibt der Vf. die weitgehend unge-
plantc Entstehung des Sammelbandes und den Inhalt der wiederum
untereinander nicht abgesprochenen Beiträge der sieben Mitarbeiter-
Frederick Templc (The Education of the World). Rowland Williams
(Bunsen's Biblical Rcsearches), Baden Powel (On the Study of the Evi-
dences of Christianity), Henry Bristow Wilson (Seanccs Historique de
Geneve. The National Church), C. W. Goodwin (On the Mosaic
Cosmogony), Mark Pattison (Tendencies of Religious Thought in
England, 1688-1750), and Benjamin Jowett (On the Interpretation
of Scripture).

Obwohl im Vorwort ausdrücklich die Verantwortung der Autoren
für nur ihren eigenen Beitrag unterstrichen wurde, sah man in "Essays
and Reviews" das Manifest einer neuen, in Kirche und Theologie
nach Einfluß und Macht strebenden liberalen Bewegung. Ein Sturm
der Entrüstung brach aus und erfaßte breite Kreise. Zahllose
Pamphlete, Erklärungen und Schriften wurden gegen den Sammelband
verfaßt, die Diskussion fand ihren Niederschlag in den großen
Zeitungen, die Synoden (Conventions) der Bischöfe und Geistlichen
berieten über disziplinarische Maßnahmen, das höchste Gericht des
Landes nahm ein Verfahren gegen einzelne Verfasser des Sammelbandes
auf, Machtkämpfe wurden in Oxford auf Kanzeln, Kathedern und
hinter den Kulissen ausgetragen. Dabei reduzierte sich die Diskussion
zumeist auf einige Grundfragen: Die Abkehr von einer verbalen Inspirationslehre
und das Recht zur Bibelkritik und einer neuen biblischen
Hermeneutik, die Ablehnung der Lehre von den ewigen Höllenstrafen
, eine offenere Fassung der Verpflichtung gegenüber den 39 Glaubensartikeln
der Kirche von England. Die literarische Debatte um
"Essays and Reviews", in deren Verlauf der Band in rascher Folge von
Auflage zu Autlage fortschritt, wird in Kapitel 3 und die Auseinandersetzungen
in den kirchlichen Gremien und in den Gerichten wird in
Kapitel 4 eingehend beschrieben. Die Folgen, die weiteren Entwicklungen
, auch im Denken und Wirken der sieben Verfasser, werden in
Kapitel 5 lürdie Jahre 1864 bis 1889 behandelt.

Die Beiträge in "Essays and Reviews" wurden von kirchlichen Gremien
zwar stark kritisiert, aber ihre Verfasser konnten weder exkommuniziert
noch aus ihren Positionen entfernt werden. Das höchste
Gericht sprach sie frei und legitimierte damit implizit ihr Bemühen,
Kirche und Theologie den neuen geistigen Strömungen und Herausforderungen
der Zeit zu öffnen. Dennoch hat der von den Hochkirch-
lcrn angeführte Widerstand eine breitere Wirkung der neuen Ideen zunächst
verhindert, bis dann einige Jahrzehnte später die von "Essays
and Reviews" signalisierten neuen Tendenzen, besonders in der
Bibelforschung, auch in England aufgenommen wurden.

Das 6. Kapitel schließt wieder an das Einleitungskapitel an und
zeigt den breiteren geistes- und theologiegeschichtlichen Rahmen auf,
in dem das Werk der Sieben und ihrer Freunde zu sehen ist. Dabei
wird noch einmal und nun eingehender auf die Einflüsse der deutschen
Philosophie und Theologie eingegangen.

Die Arbeit von Ellis ist eine eingehende, differenzierte und weit ausholende
Studie zu einem Krisen- und Wendepunkt in der englischen
Theologiegeschichte und gleichzeitig eine höchst aufschlußreiche
Darstellung und Erhellung der immer noch wenig bekannten geistigen
Beziehungen zwischen England und Deutschland im 19. Jahrhundert
.

Genf Günther Gaßmann

Jean d'Apamee: Dialogucs et Traites. Introduction. Traduction et
Notes par R. Lavenant. Paris: Cerf 1984. 183 S. 8" = Sources Chre-
tiennes, 311. Kart.fTr 61.-.

Johannes von Apamea, auch als Johannes der Einsiedler bekannt,
wird als «auteur prc-chalcedonien» bezeichnet, der mit Cyrill von
Alexandrien sympathisierte. Seine literarische Wirksamkeit gehört in
die Jahre 430^450 (21, unter Hinweis auf A. de Halleux in Orientalia
Christiana Analecta, Rom 1983). Nach P. Hausherr sollte es noch 2
weitere Träger dieses Namens geben (Orientalia Christiana Pcriodica
14, 1948, 3-42). Lavenant hält diese Sicht für wahrscheinlicher als die
Gegenthese von W. Strothmann, der es bei einem Johannes von Apamea
bewenden ließ (18). Freilich beruht der Band sonst weitgehendst
auf der Arbeit von Strothmann, der I 1 Schriften in syrischem Text
mit deutscher Übersetzung vorgelegt hatte: Johannes von Apamea.
Sechs Gespräche mit Thomasios, Der Briefwechsel zwischen Thoma-
sios und Johannes und Drei an Thomasios gerichtete Abhandlungen
(Patristische Texte und Studien 1 1. de Gruyter, Berlin-West, 1972).
Diese 11 Texte werden hier in französischer Übersetzung vorgelegt
(47-170). Auch die Liste weiterer Schriften von Johannes von Apamea
folgt Strothmann: 7 Werke sind noch nicht ediert. 3 müssen als
verloren gelten (27).

G. H.

Sieben, Hermann Josef: Exegesis Patrum. Saggio bibliografico
sull'esegesi biblica dei Padri della Chiesa. Roma: Istituto Patristico
Augustinianuml 983 . 150 S. 8°. Sussidi Patristici, 2.

Die Bedeutung der älteren Auslegungsgeschichte ist allgemein anerkannt
. Das vorliegende Heft trägt bisherige Arbeiten auf engstem
Raum zusammen. Die Arbeiten sind nach der Bibel geordnet; sie beginnen
also mit der Genesis: 14 Arbeiten betreffen die Geneais allgemein
, es folgen fast 200 weitere Arbeiten zu einzelnen Stellen dieses
Buches. Man kann bequem nachschlagen, zu welcher Stelle der Bibel
schon patristische Auslegungen erfaßt sind. Einige alttestamentliche
Bücher sind noch gar nicht bearbeitet worden: Das 2. Samuelisbuch,
die Chronikbücher, die kleinen Propheten Obadja, Micha, Nahum,
Habakuk und Zephanja. Die Arbeiten zum Neuen Testament beginnen
bei Nr. 667. Zur Bergpredigt werden 7 Arbeiten genannt, dann
zu Einzclabschnilten von Mt 5 weitere 31 Titel: /um Vaterunser
Mt 6,9-13 sind es 45 Titel. Zur älteren Auslegung des Johannesevangeliums
gibt es über 200 Arbeiten, zum Römerbrief werden die Nummern
1424-1561 sowie 1995-96 genannt. Arbeiten zur Auslegungsgeschichte
der Apokalypse füllen die Nummern I 761-1 790. Es folgen
noch grundsätzliche Arbeiten zur Auslegungsgeschichte sowie Nachträge
zu einzelnen Bibelstellen bis zur Nr. 2000. Hin Verzeichnis
moderner Autoren nennt die Nummern, unter denen die Verfasser
jener Beiträge zu finden sind. Aufschlußreich ist der Index der Kirchenväter
: Augustin hat über 400 Nummern, die anderen Kirchenväterbleiben
unter 100 Hinweisen. Vergeblich sucht man nach Arbeiten
über die Auslegungen des Johannes von Damascus und des Theodor
von Studion. Dafür werden vereinzelt auch mittelalterliche Ausleger
mit berücksichtigt: Hrabanus Maurus, Johannes Seotus Erigena
und Rupert von Deutz. - Das schmale Heft ist ein sehr nützliches
Hilfsmittel, dem man eine Fortsetzung wünschen möchte.

G.H.

Bayer. Oswald: Natur und Institution. Eine Besinnung auf Luthers Drci-
standelehre (ZThK 81, 1984 S. 352-382).

BeiBer, Friedrieh: Luthers Urteil über die „Vernunft" (ThB 15. 1484 S.
150-162).

Fcrlay, Philipp: Ircnce de Lyon exegetc du quatrieme evangile (NRTh 106.
1984 S. 222-234).

N. F. S. Grundtvig: Theolog og Kirkelaerer. Praedikener og fbredrag fra
200-ärct. Borum: Konvent vor Kirke og Thcologi 1983. 100 S. » Kart, dkr
68.90.

Houssiau, A.: Le bapteme Selon Ircnce de Lyon (EThL 60. 1984. Fase. I
S. 45-59).