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Ausgabe:

1985

Spalte:

921-923

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Teipel, Alfred

Titel/Untertitel:

Die Katechismusfrage 1985

Rezensent:

Friemel, Franz Georg

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Theologische Literaturzeitung 1 10. Jahrgang 1985 Nr. 12

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rische Konzepte zum Lernen im religiös-christlichen Bereich. Aus der
Geschichte der protestantischen Religionspädagogik wird eine beachtenswerte
Auswahl getroffen: Chr. G. Salzmann, Fr. D. E. Schleiermacher
. Fr. A. Diesterweg, Fr. Niebergall und R. Kabisch, O. Eberhard
, O. Pfister, G. Bohne und Rinderknecht/Zeller, Namen, die
jeweils für ein markantes religionspädagogisches Programm standen
und stehen und die geschichtliche Entwicklung entscheidend beeinflußt
haben. Die Darstellung trifft das hier Wesentliche, die Sprache
bleibt ansprechend, der Apparat wirkt hilfreich wohl deshalb, weil er
sparsam gehalten ist. Interessant ist die in der Auswahl zum Ausdruck
kommende prozeßhafte Sicht von Lernen und Verstehen gegenüber
einem statischen Lehrbegriff. „Seit der Reformation rangiert Lehre
gleichrangig neben den zentralen Begriffen Glaube und Bekenntnis -
von Lernen dagegen ist nicht die Rede" (7).

Nach der historischen Fragestellung beschäftigt sich dann der
zweite Teil (73-104) des Buches mit einer systematischen Orientierung
für Lerntheorien, nämlich zu bedenken, „was auf einzelnen Stationen
der Geschichte aus der Zeit heraus unterschiedlich gefüllt
wurde: nämlich die Frage, aufweiche sachlichen und institutionellen
Bezugspunkte sich die Reflexion eines heute verantwortbaren religiösen
Lernens einzulassen hat" (72). Auf dreißig Seiten lassen sich
Grundlinien theologisch-systematischen Arbeitens für Religionspädagogen
nicht lehrmäßig darstellen oder wenigstens im Ansatz einsichtig
machen. Der Vf. beschränkt sich exemplarisch auf das Thema
„Glauben und Lernen" und versucht zunächst eine Verhältnisbestimmung
zwischen Glaubenskritik und Lernkritik zu erarbeiten. Die
theologischen Aufgabenfelder werden kurz umrissen und einige dogmatische
Grundstrukturen angedeutet. Da der Vf. die Argumentation
für seine Konzeption weitgehend aus den Humanwissenschaften
gewinnt, riskiert er auch keine theologische Beurteilung der sich
anbietenden Lernwege.

Der offensichtlich als Schwerpunkt gestaltete dritte Teil (105-201)
hat dann wieder ausgesprochenen Lchrbuchcharakter. Mit erfreulicher
Deutlichkeit werden die gegenwärtigen psychologischen Lernkonzepte
behutsam und kritisch vorgestellt sowie Entwicklungstendenzen
durchschaubar gemacht und begründet.

Gruppe und Gruppendynamik, Lerntheorie und Lernplanung,
Interesse an Rationalität und religiöser Erfahrung sind zentrale
Themenbcrciche.

Diese praktische Orientierung zielt auf religiöses Lernen in der Einheit
von Verstehen, Deuten und Handeln in einem übergreifenden,
lebenslangen Entwicklungszusammenhang. Der Vf. gibt zu bedenken,
daß die strenge Orientierung der Lernkonzepte an kognitiven Entwicklungstheorien
der unterrichtlichen Vorgänge weitgehend auf das
Problematisieren von thematisch vorgegebenen Konfliktsituationen,
also hauptsächlich auf sprachliches Geschehen, reduziert hat.

Hier setzen dann die didaktischen Überlegungen des Vf. zu neuen
Lern-Verfahrcn ein: Eigene Erfahrungen könnten den einzelnen und
die Gruppe veranlassen, ihre Deutungen und Einstellungen von der
Christusbotschaft her neu zu bedenken und kritisch zu prüfen. Theologische
Besinnung (und Bildung) kann dem Menschen helfen, die
Phänomene seiner Zeil neu zu befragen und sie im Glauben recht zu
verstehen, um zu neuem, situationsgerechtem Denken und Handeln
/u gelangen („Verstehen und Verfügen"; „Konzept: Welt be-deuten
lernen", 180-187)- insgesamt ein beachtlicher Versuch, in die Vielzahl
psychologischer Lehr- und Lernkonzepte ein wenig Klarheil und
System zu bringen.

< ireifswald Günther Kehnscherper

l eipel. Alfred: Die Kalechismusfrane. Zur Vermittlung von Theologie
und Didaktik aus rcligionspädagogischcr Sicht. Frciburg-
Basel-Wien: Herder 1983.432 S.gr. 8 Kart. DM 74,-.

In einer Zeit, da sich die katholische Religionspädagogik erneut auf
die Bedeutung eines Katechismus besinnt und im deutschsprachigen

Raum in kurzem Abstand vier neue Katechismen erschienen sind
(Botschaft des Glaubens 1978: Grundriß des Glaubens BRD 1980:
Grundriß des Glaubens DDR 1984 und der „Katholische Erwachsenenkatechismus
" BRD 1985), legt Alfred Teipel eine Arbeit zum
Katechismusproblem vor. Es geht ihm darum, „den Glauben der
Tradition mit den Fragen der Zeit zu behaften und in kritischer Auseinandersetzung
mit den geschichtlichen Strömen der Gegenwart den
Ort einer religiösen Didaktik zu klären" (7).

Teipel gliedert seine Überlegungen in drei Hauptteile. Er blickt
zuerst (47-208) zurück in die Geschichte der religiösen Unterweisung
und betrachtet ihr Haupthilfsmittel, den Katechismus. Der Verfasser
richtet sein Augenmerk dabei vor allem auf die jüngste Katechismusgeschichte
, die etwa durch die Neuscholastik, die Verkündigungstheologie
und den Methodenstreit am Beginn des Jahrhunderts gekennzeichnet
ist. Besonders eingehend wird der „Katholische Katechismus
der Bjstümer Deutschlands" (1955) und seine nachkonziliare Bearbeitung
„glauben - leben - handeln" (1969) untersucht. Das Interesse des
Verfassers ist aber nicht „bloß historisch", sondern nach vorn
gewandt. Er möchte „Leitlinien für eine kommende Katechismusentwicklung
" (41) deutlich machen und die Umrisse eines künftigen
Katechismus „aus einer Analyse bisheriger Ansätze" (166) entwik-
keln. Bei diesem Rückblick geht es ihm nicht nur um die Inhalte, sondern
auch um die Wege der Verwirklichung.

In einem zweiten Teil (21 1-276) fragt der Verfasser nach Ergebnissen
der zeitgenössischen Theologie, die für ein Glaubensbuch der Zukunft
fruchtbar gemacht werden könnten. Er möchte Vorarbeit dafür
leisten, daß ein Katechismus der Zukunft sich nicht nur an der Tradition
und der heutigen Wirklichkeit, sondern auch an der Theologie
der Gegenwart orientiert. Er stellt in diesem Zusammenhang die
Theologie von Rahner und Metz ausführlich vor und befragt sie
daraufhin, was ihre Gedanken für einen Katechismus leisten
könnten.

In einem dritten Teil (279-392) versucht der Verfasser die Ergebnisse
der Befragung der beiden Theologen auszuwerten und sie bis hin
zu einer „Katechismustheorie" weiterzuentwickeln; an einigen Stellen
zeigt der Verfasser ganz praktisch - bis hin zu „Sprechmustern"
bzw.' Lehrstücksentwürfen -, nach welchen Vorstellungen theologische
Didaktik für Schüler in der Zukunft konzipiert sein könnte.
Dieser Teil ist meines Erachtens sehr originell, weil hier deutlich wird,
worauf der Verfasser hinaus will. Nach Teipel können die Autoren
eines künftigen Katechismus durch eine Beschäftigung mit der Theologie
Rahners und - in gewissem Abstand - Metz' für ihr Vorhaben
folgendes lernen, das hier einfach thesenartig vorgestellt wird: Glaube
ist mehr als ein System von „Lehren". Deshalb muß in einem Glau-
bensbuch der Zukunft ein „objektivistischer" OfTenbarungsbcgriff
überwunden sein. - Der Glaube und das Glauben wird sich an der
Selbst- und Wirklichkeitserfahrung der Katechizanden zu bewähren
haben und auf diese Weise „glaubwürdig" sein. Jeder Katechismussat
/ wird nach seinem Ort im Selbstverständnis des Menschen befragt
werden müssen. - Jede Darstellungsform christlicher Lehre ist möglich
, in der der Schüler sich selbst in einer Grundstimmung bzw.
Grundsehnsucht wiedererkennt (was selbstverständlich mehr ist als
„seine Probleme"). Daher kommt der Kategorie Erfahrung eine
besondere Bedeutung zu: in der Lebensgeschichte des Menschen ist
nach den Stellen zu suchen, an denen er zum Ganzen des Daseins Stellung
nimmt. - Ein Katechismus hat aber auch zu zeigen, daß die Botschaft
Gottes mehr ist als die Antwort auf die Fragen und Bedürfnisse
der Menschen. - Die altersgemäße Sclbstbefindlichkcit der Schüler
liefert den „Verstehcnsort" für theologische Aussagen. Sic ist aber
nicht die Rechtfertigung der Wahrheit selbst. - Es würde einem Katechismus
schaden, wenn er auf alles eine Antwort wüßte. - Lernen im
Sinne eines Katechismus der Zukunft wird nicht nach heutigen Lerntheorien
zu verstehen sein, sondern als behutsame Einführung in religiöse
Erfahrung, in Verstehens- und Sinnzusammenhänge nach Art
einer Mystagogic. - Das Prinzip für die Auswahl der Inhalte eines
zukünftigen Katechismus wird der Bereich sein, in dem sich die auf