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Ausgabe:

1985

Spalte:

846-847

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Troeltsch, Ernst

Titel/Untertitel:

Glaubenslehre 1985

Rezensent:

Nowak, Kurt

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung I 10. Jahrgang 1985 Nr. 11

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zuerst zu hören gewesen. W. H. Marshner, "our first Speaker, our
President", behandelte insbesondere "Mary's Christo-conformity.
her brideship and maternity, Mary as exemplar and type of the
Church" (23). Mit dem Titel "The Immaculate Conception and
Recent Ecclesiology" II (127-158) fügt die spezielle Studie sich
dem aktuellen Diskussionsstand ein. Maria wird in ihrer Gnaden-
fülle als Urbild (archetype) der Kirche in ihrer Heiligkeit gesehen, in
ihrer unbefleckten Empfängnis wird sie Muster (type) der Kirche als
fleckenlose Braut des Herrn, als Frau des Glaubens ist sie Bild der
Kirche als Jungfrau und Mutter. "She is not herseif Bride of Christ,
but she represants the bridal Church to Jesus. She also represants
the bridal Church to the Church itself, as our Model" (23). - Solch
Symbolismus, den im zustimmenden Diskussionsbeitrag der nichtbeamtete
Rev. Lahey mit der verwirrenden Betitelung „Neue Eva";
"Mary, the Church, and the imitation of Christ" aufnahm (23),
unterstreicht nicht etwa zu Recht, wie hier behauptet, „ausfaltbare"
Bedeutung einer biblischen Bildrede, sondern man verkennt, wie
gefährlich hier gegen den apostolischen Satz von dem „einen Mittler
zwischen Gott und den Menschen", nämlich Christus allein
(1 Tim 2.5), verstoßen wird. Und das läuft so weiter im Beitrag
"Mary and the Eucharist" (J. T. O'Connor) (48-56), den der Report
dahin zusammenfaßt: "Mary, through her rolc in the Redemption, is
with us, offering Christ and herseif for our salvation" (26). Auch der
vierte Referent F. M. Jelly, O. P., bringt keine neuen Aspekte mit
"Toward a Theology of the Body through Mariology" (66-84). Zwar
bringt er personal istische, neue biologische und ethische Fragen in
die Mariologie. bedenkt auch die mystische Sicht Johannes Paul II.
dabei, die „Leiblichkeit" und Humanität am Menschen betont, aber
- Wie P. Bcarsley's „Beobachtungen zu Jelly's Paper" (85-90) zeigen
- kommt "Mary's feminity" (88) nicht biologisch und ethisch,
sondern schließlich wie immer schon geistlich und übernatürlich in
Anschlag: "It was a bodily act", ja ein „ganz menschlicher Akt im
vollsten Sinn", wenn sie sich als Frau hingab, Gottes Sohn zu empfangen
("the conception took place in her womb"), aber es war "a
Spiritual act in the sense that it involved her intellect and will . . . Mo-
reover. it was a supernatural act made with the power of grace"
(89). - „Demgemäß erfüllt es die Bedingungen, welche Papst Johannes
Paul II. ,die eheliche Absicht des Leibes- (the nuptial mea-
ning of the body) nennt" nicht nur spirituell, es entspricht dem dogmatischen
Ansatz von Natur und Gnade vielmehr so eindeutig, daß
die offizielle Maxime „gratia perficit naturam" mit der alten Sche-
matik von Natur und Übernatur und differenzierendem Einbau des
menschlichen Willens klar zum Zuge kommt. Insofern ist das
römische Dogmensystem mit diesen marianischen Studien zu wahren
gesucht und keinesfalls etwa unter zeitbedingten feministischen
Gedanken etwas bewegt worden. Bemerkenswert ist jedoch die kontinuierliche
Aktivität und Verbreitungstendenz dieser Gesellschaft, die
im Gesamtbild der Katholiken heute kein zentrales Thema vertritt,
obschon die laufend den Jahrbüchern beigegebenen Forschungsberichte
mit Bibliographie von E. R. Caroll und die Liste der Mitglieder
- aufgeführt nach "Episcopal Chairman; Patrons; Supporting
Members; Active Members; Associate Members" (nur fast zu letzteren
gehören "sisters"!) - einen anderen' Eindruck wecken wollten
(5-19). Allerdings gibt es für Texas und Neu-England kurz einen
Bericht über Sondertreffen dort (31-33). Wie streng die Disziplin
geübt wird, entnimmt man dem Hauptbericht, der den beschlossenen
Ausschluß „nichtzahlender Mitglieder" notiert (25). Daß in die ideelle
Marienverehrung nur reine Gedanken ihre Fäden weben, die hinaufreichen
wollen bis zur Himmelskönigin und ein menschliches
Band zur Unendlichkeit und damit zur ewigen Göttlichkeit der
himmlisch vorgestellten Jungfrau weben, das nie wieder zerreißen
kann, ist eine Seite der Sache; die biblische Maria und unsere prote-
stantischerseits wieder wache Aufmerksamkeit auf sie, muß sich
davon jedoch freihalten, wenn es zu sinnvollen Begegnungen zwischen
den Konfessionen gereichen soll.

Jena Horst Beintker

Systematische Theologie:
Allgemeines

Troeltsch, Ernst: Glaubenslehre. Nach Heidelberger Vorlesungen
aus den Jahren 1911 und 1912 hrsg. von Gertrud von le Fort. Mit
einem Vorwort von M. Troeltsch. Neudruck der Ausgabe München
1925 mit einer Einleitung von J. Klapwijk. Aalen: Scientia
Verlag 1981. XXXII, 384 S. 8" Lw. DM 98.-.

Darf man, analog zur Schleiermachcr-Renaissance, auch von
einer Troeltsch-Renaissance sprechen? Die Gründung der Ernst-
Troeltsch-Gesellschaft 1981 (Präsident: T. Rendtorff/Münchcn). der
internationale Troeltsch-Kongreß (13.-17. 3. 1983/Augsburg) und
das Projekt einer kritischen Werkausgabe in 25 Bänden, dazu die
Troeltsch-Studien (ed. H. Renz/F. W. Graf) und die Trocltsch-
Bibliographie (ed. F. W. Graf/H. Ruddics), haben in erstaunlich
kurzer Zeit Perspektiven eröffnet, die den Terminus Renaissance
nicht als unangebracht erscheinen lassen, ganz zu schweigen von
den monographischen Titeln und Aufsätzen, die in den letzten Jahren
entstanden sind.

Der von dem als Troeltsch-Kenner ausgewiesenen J. Klapwijk mit
einer Einleitung versehene Neudruck der „Glaubenslehre" fügt sich
sachlogisch und publikationspolitisch in den Aufschwung der internationalen
, keineswegs nur von Protestanten getragenen Forschungen
zu Troeltschs theologischem Programm ein. Der Umstand, daß
Troeltsch aus vielerlei Gründen seine Theologie nicht in abgerundeter
Gestalt vorgelegt hat - Klapwijk favorisiert in diesem Zusammenhang
vor allem den Gedanken von der Beweglichkeit der „religiösen Produktion
", die dem Dogmatiker Troeltsch eigentümlich war (XXV) -.
hat die Wirkungsgeschichte der „Glaubenslehre" über die Jahrzehnte
hin gleichwohl nicht besonders begünstigt. Überdies ist der Grad ihrer
Authentizität im Blick auf „Diktat" und „Vortrag" abgestuft zu bewerten
. Ohne die Berücksichtigung weiterer Texte von Troeltsch. sei
es der Absolutheitsschrift, der Bedeutung der Geschichtlichkeit Jesu
für den Glauben, oder der RGG-Artikel zur systematischen Theologie
, die Klapwijk dankenswerterweise en bloc zusammengestellt hat
(vgl. XXVf, aber auch Troeltsch-Bibliographie. Abschnitt A), dürfte
die „Glaubenslehre" wohl kaum angemessen zu interpretieren sein.

Klapwijks „Einleitung anläßlich des Neudrucks" (V-XXXII),
deren deutsche Übersetzung (Jürgen-Burkhard Klautke) leider nicht
in allen Passagen Beispiele für pflegliche Sprachbehandlung bietet,
leistet eingangs den nützlichen Dienst, den Leser auf eine Reihe
von Monographien zur Theologie Troeltschs hinzuweisen, die „überdeutlich
" zeigten, „daß momentan die Theologie Troeltschs* -
vielleicht wie nie zuvor - internationale Aufmerksamkeit erhält"
(Vif). Sachlich stellt die Einleitung Troeltschs „Glaubenslehre" in
das Liniengeflccht der kantisch-schleiermacherschen Tradition einer
Abgrenzung von Glauben und Wissen, insistiert aber darauf, jener
„Dualismus" sei lediglich als Ausgangs-, nicht als Endpunkt von
Troeltschs Programm zu bewerten (XIV). Beim Vergleich mit
Schleiermacher werden neben den Gemeinsamkeiten auch tiefgreifende
Unterschiede verdeutlicht, etwa die noch stärkere Rolle der
„religionsphilosophischen Prinzipienlehre", das dilTcrentc Verständnis
von Christologie und von historischem und gegcnwartsreligiösem
Christentumszugang. Den Hauptteil der Einleitung macht eine strukturelle
Durchleuchtung der „Glaubenslehre" unter den Topoi Religionsphilosophie
. Wesensanalyse des Christentums, Glaube und Geschichte
aus. Ob Troeltschs auf Synthese gerichteter Ansatz mit der
Begrifflichkeit „scholastisches Problem", „Scholastik" (XIVfu.ö.)
treffend genug charakterisiert ist, muß gefragt werden, wenngleich
Klapwijks Intention dabei klar ist (integrale Systematisierung von religiöser
und wissenschaftlicher Erkenntnis). Das prozessuale Moment
in Troeltschs theologischem Denken wie auch die darin beschlossenen
Modifikationen seiner theologischen und rcligionsphilosophi-
schen Position treten in der Einleitung, die neben der Vorstellung der