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Ausgabe:

1985

Spalte:

844-845

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Marian Studies, 34

Titel/Untertitel:

1983 1985

Rezensent:

Beintker, Horst

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Theologische Litcraturzeitung I 10. Jahrgang 1985 Nr. 11

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sentieren. Auf diese Weise jedoch erhält es nun eine zusätzliche
Aktualität wie umgekehrt jene aktuellen kirchenpolitischen Vorgänge
in ihm eine überaus erhellende Kommentierung erfahren.
Nur selten ergeben sich derartige Bezüge.

Denn ist das Thema auch das Verhältnis zwischen der amerikanischen
Hierarchie und dem Vatikan - und der Autor hält sich strikt
an diese Aufgabe so geht es doch eigentlich immer um noch sehr
viel mehr. Die amerikanische Hierarchie operierte Rom gegenüber
nie nur für sich bzw. für die amerikanische katholische Kirche. Stets
repräsentierte sie dabei auch in gewissem Maße die ganze amerikanische
Gesellschaft mit ihren Grundsätzen und Zielen. Das Verhältnis
zwischen der amerikanischen Hierarchie und dem Vatikan
ist ein getreues Spiegelbild des Verhältnisses zwischen den Vereinigten
Staaten überhaupt und dem Vatikan, mit allen Möglichkeiten
und mit allen Schwierigkeiten.

Im einzelnen geht der Autor, SJ, Professor für Kirchengeschichte
an der University of Virginia in Charlottsville, streng chronologisch
vor. Er setzt ein bei der Rückkehr der Prälaten vom ersten Vatikanischen
Konzil, dessen dogmatische Ergebnisse zwar nur von wenigen
innerlich bejaht, aber doch dann mit getragen wurden. In jener
Zeit war die katholische Kirche in den USA durchaus noch keine imponierende
Größe, weder im Lande selbst noch im gesamtkirchlichen
Bereich: Nur 6 Bistümer, und die 4,5 Mill. Gläubigen machten
nicht mehr als 13 % der Gesamtbevölkerung aus. Erst 1875 erhielt
die Kirche den ersten Kardinal : Erzbischof McCloskey von New
York. Aber die Kirche wuchs. Und mit dem Wachstum durch immer
mehr Einwanderung wuchsen auch die Probleme: Die Nationalitätenfrage
, die Herausbildung liberaler und konservativer Grundströmungen
, das Verhältnis zur allgemeinen Gesellschaft (Schulen!), zu
den anderen christlichen Konfessionen und den anderen Religionen
, die soziale Frage.

In insgesamt 16 Kapiteln geht der Autor all diesen Problembereichen
nach, zeichnet die Konflikte, die sich darüber in der amerikanischen
Hierarchie und Kirche ergaben, vor allem aber das ständige
Ringen mit den vatikanischen Instanzen. Es ist kaum übertrieben
festzustellen, daß hier im Grunde eine Geschichte der Mißverständnisse
beschrieben wird, eine Geschichte des Unvermögens von
Seiten des Vatikans, die besondere religiöse und kirchenpolitische
Situation in den Vereinigten Staaten zu durchschauen, richtig einzuschätzen
und zu würdigen, und eine Geschichte andererseits des
Kampfes der Kirche dort um das rechte Verstandenwerden. Denn
während die amerikanische Kirche das Ihre zu tun suchte, daß ihre
Glieder, aus aller Herren Länder zusammengeströmt, das werden,
was sie nun de facto waren: Amerikaner, und das auch als Katholiken
, während sie selber in gleicher Weise versuchte, amerikanische
Kirche zu sein, Kirche dieses Volkes und in dieser Gesellschaft,-erfuhr
sie vom Vatikan aus die Nötigung, viel mehr römisch zu werden.
Damit jedoch kam es zu einem jahrzehntelang dauernden tiefreichenden
Konflikt. Es kä"m zu einem gleichsam unausweichlichen
Dilemma für die Gläubigen, zugleich Amerikaner zu sein und Katholik
. Und „Amerikanismus" als Inbegriff amerikanischen Denkens
und Empfindens in den Kategorien der Trennung von Staat und
Kirche, des Grundsatzes der Religionsfreiheit und der liberalen Aufgeschlossenheit
nach vielen Seiten, war bald ein Verdikt, das die
ganze Kirche zu einer „quasi schismatic church" werden ließ
(S. 166), das fast so schwer wog wie der Modernismus und sogar
noch lange nach dem zweiten Weltkrieg auf die Anfänge der interkonfessionellen
Zusammenarbeit Anwendung fand. Eigentlich wurde
erst im II. Vatikanischen Konzil eine Lösung gefunden, und zwar
darin, daß die amerikanische katholische Kirche im Schema über die
Religionsfreiheit Dignitatis humanae personae ihr ureigenstes
Schema zur Anerkennung zu führen vermochte: "At long last, the
pecular tradition of the American Church was Catholic teaching.
American demoeraey and ideas of freedom were no longer construed
in terms of nineteenth-century European liberalism, but in terms of
British and American Common Law, which underlay the twentieth-

century constitutional forms of government. The American Church
no longer lived in 'the shadow ofa hypotheses'." (S. 399)

So verbirgt sich hinter dem ziemlich speziell klingenden Titel eine
geradezu aufregende Etappe moderner katholischer Kirchengeschichte
, die fast zum Lehrstück gerät dafür, wie notwendig das
II. Vatikanische Konzil war und wie wichtig es ist, seine Impulse
weiter zu verfolgen, um der Kirche willen und ihres Zeugnisses in
dieser Welt.

Schöncichc b. Berlin Hubert Kirchner

Marian Studies, 34, 1983. Proceedings of the Thirty-Fourth National
Convention of The Mariological Society of America hcld in
North Palm Beach, Fla. January4 and 5, 1983. Publ. by The
Mariological Society of America. Dayton, Ohio: The Marian Library
. Univ. ofDayton 1983. 158 S. 8°. Kart.S 12.50.

In Florida versammelte sich zum dritten Mal auf Einladung von
Erzbischof E. E. McCarthy of Miami der jährliche Konvent der amerikanischen
Mariologischen Gesellschaft Anfang Januar 1983 im
Retraitenhaus "of the Passionists", gewidmet "Our Lady of Florida
", in North Palm Beach und „freuten sich an dem warmen, sonnigen
Klima von Florida", wie der Bericht einstimmend beginnt (22).
Etwa 40 Mitglieder und Freunde der Gesellschaft hielten nach Eröffnung
durch den Erzbischof unter der Leitung ihres Präsidenten
Dr. William H. Marshner die zweitägige jährliche Zusammenkunft,
deren sehr ausführlicher Bericht (22-28) mit Abdruck der vorgetragenen
Referate im zu besprechenden Protokollband als 34. Band
einer vielleicht exotisch anmutenden Tradition hier vorliegt. Jedenfalls
sind diese Dokumente marianischer Lehren und Kulte wohl
nicht zufällig verknüpft mit der Inbesitznahme Amerikas von der
Alten Welt durch den spanischen Entdecker Juan Ponce de Leon,
der Palmsonntag 1513 ankam und Florida zu christianisieren begann
, so daß die ersten Priester 1521 nachkamen "and St. Augustine.
Florida, the first permanent Spanish settlement in the New World
(1565), has the oldest parish in the United States" (22). Eine Lektion,
die im Lutherjahr 1983 den Protestanten nicht nur nebenbei erteilt
wurde!

Als "Interim Report on a Project in Progress" steht das Referat
von Rev. G. G. Henderson, S. J., über die „Erscheinung", „das Bild"
und die Ursprünge der Pilgerfahrt zu der Seligen Jungfrau Maria von
Guadalupe an erster Stelle (35-47). Ausgehend von der detailliert
erzählten Legende des Dezemberauftretens von 1531 und des Rosen
- und Blumenwunders in Eis und Schnee, das dem indianischen
Neubekehrten Juan Diego widerfuhr in Verbindung mit Aufträgen
Marias und Heilungen, tritt das zu verehrende Bild und die wissenschaftliche
Überprüfung bis hin zu Infrarotaufnahmen in den Vordergrund
. Die Bucherscheinung zum vierhundertsten Gedenkjahr,
verfaßt von P. F. Veläquez, La aparieiön de Santa Maria de Guadalupe
, 1931, wird für Frühjahr 1983 in Englisch angekündet. Das
Studienprojekt, um welches es nun gehen soll, soll folgende Fragen
klären: „Ist Guadalupe ein rein religiöses oder vielleicht ein politisch
-religiöses oder ein nationales Symbol mit sehr wenig religiöser
Mitzeichnung (connotation)?" - „Fördert es als ein religiöses
Symbol Gottes- bzw. Christusverehrung oder mehr eine abergläubige
Verehrung der heiligen Jungfrau?" - „Welche Verwandtschaft
hat das Symbol von Guadalupe mit irgendeinem alten indianischen
Symbol?" (46) Wahrscheinlich läuft das Projekt in Richtung einer
gewissen Reform, freilich mit Bestätigen vorhandener Realität.
Deutlich ist der Wunsch ausgesprochen, im Interesse der amerikanischen
Katholiken mit Guadalupe wie in der übrigen Welt mit Lour-
des und Fatima auf dem amerikanischen Kontinent einen Vereh-
rungs- und Wallfahrtsort der höchsten Geltung im Volk zu haben
(36).

Der Vortrag über Maria und die Kirche, der im Untertitel die Symbolik
von Bräutlichkeit und Mutterschaft aufnimmt, war allerdings