Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1985

Spalte:

796-797

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

De Septuaginta 1985

Rezensent:

Bernhardt, Karl-Heinz

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

795

Theologische Literaturzeitung 1 10. Jahrgang 1985 Nr. 1 1

796

gesellschaftliche Wirkungen zu berücksichtigen, und drittens „die
Herausforderungen der Zeil und die Probleme des gegenwärtigen
christlichen Lebens" als Fragen anzunehmen. Das Werk möchte einer
evangelischen Universalität dienen, indem es Rechenschaft gibt, „wie
evangelische Kirchen und ihre Theologien die Gabe und Sendung des
Evangeliums aufnehmen, sich der apostolischen Tradition vergewissem
, das Ereignis der Reformation in allen seinen Aspekten und Auswirkungen
bedenken, ihr Bekenntnis im Blick auf die heutige Situation
und im Horizont der universalen Kirche befragen und entfalten.
Solche Rechenschaft soll die ökumenische Kommunikation fördern
und Orientierungshilfen in einer sich wandelnden Welt anbieten".

Die evangelische Universalität wird durch die große ökumenische
Erfahrung der Herausgeber gewährleistet und kommt in der 1. Lieferung
überzeugend zur Geltung. Es entsteht ein völlig neues Werk,
doch besteht dadurch eine personelle Verbindung mit dem bewährten
alten EKL, daß Erwin Fahlbusch dessen Redaktionssekretär war. Das
gewachsene Gewicht der ökumenischen Beziehungen und ihre Bedeutung
für die Theologie läßt sich schon an vielen neu aufgenommenen
Artikeln erkennen, z. B. „Adveniat", „Afrikanische Theologie",
„Afro-Amerikanische Kulte", „Basisgemeinde", „Befreiungstheologie
". Mehreren Ländern wie Albanien, Algerien, Angola, Bangladesh,
Belize, Benin wurden eigene Artikel gewidmet. Andere Artikel werden
durch die ökumenische Dimension erweitert. So enthält der Artikel
„Begräbnis" jetzt Abschnitte über das B. in der orthodoxen
Kirche, in Afrika und in den USA. Neue Religionen wie Ananda
Marga werden gewürdigt.

Daß die Herausgeber sich den Herausforderungen der Zeit stellen
wollen, zeigt schon der zweite Artikel, der von den ABC-Waffen handelt
, während das alte EKL an dieser Stelle den Scholastiker Abälard
darstellte. Die gegenüber den fünfziger Jahren veränderte theologische
Situation äußert sich wohl am stärksten darin, daßden Humanwissenschaften
bedeutend mehr Raum zugemessen wird. Aggression, Akkul-
turation, Archetyp, Autogenes Training sind neu aufgenommene
Artikel, die zumeist von Dietrich Ritsehl, dem in dieser Lieferung am
häufigsten zeichnenden Autor, stammen. Neu ist auch der mit 8 Sp.
relativ umfangreiche Artikel „Alltag" (zum Vergleich: Bibelarbeit
1,5 Sp., Bibelexegese AT 4,5 Sp„ NT 6 Sp„ Alte Kirche 5,5 Sp„ Auferstehung
7 Sp.).

Der umfangreiche neu aufgenommene Stoff nötigt nicht nur dazu,
das Werk von vier Bänden auf fünf (einschl. Index) zu erweitern, sondern
auch Streichungen vorzunehmen. Sie gehen hauptsächlich zu
Lasten biographischer und anderer historischer Informationen, doch
verzichtete man auch auf manche kleineren Beiträge, in denen weniger
wichtige Begriffe erläutert wurden (z. B. Advocatus ecelesiae.
Angelusläuten). Im biographischen Index des fünften Bandes wird der
Leser Hinweise zu historischen Persönlichkeiten finden, denen im
alten EKL ein Artikel gewidmet war. Zu Namen wie Ambrosius,
Abälard, Albert d. Gr., Albrecht von Mainz bietet das Lexikon also
keinen Artikel mehr, aber Augustins Theologie wird relativ ausführlich
gewürdigt (6 Sp. von G. O'Daly; im alten EKL hatte der Art.
.,Augustin" den gleichen Umfang). Daß die Alemannen und Angelsachsen
ihren Platz zugunsten von Afrika räumen mußten, mag der
historisch Interessierte bedauern, doch es entspricht der Zielstellung
des Werkes. Andererseits haben die Herausgeber auch historische
Stoffe neu aufgenommen, wenn ihnen eine besondere Bedeutung für
die Gegenwart beizumessen ist. Das gilt für den Art. „Antijudaismus.
Antisemitismus" (M. Awerbuch, 7 Sp.), der von der Antike bis ins
19. Jahrhundert führt. Weniger einsichtig ist, daß das Stichwort
„Barock" einen langen Artikel erhielt (9 Sp.!), während das alte EKL
dieser Epoche keinen eigenen Beitrag widmete.

Der umfangreichste Art. der 1. Lieferung behandelt das Abendmahl
und darf als Beispiel für die gelungene „evangelische Universalität"
gelten (Sp. 5-32). Nachdem K.-H. Bieritz die ökumenische Abendmahlsdiskussion
von den Arnoldshainer Abendmahlsthesen bis zur
Konvergenzerklärung von Lima skizziert hat und J. Roloff konzentriert
in die neutestamentlichen Abendmahlstexte einführte, beschreibt
G. Schnurr informativ und klar die Entwicklung von der
Alten Kirche bis zur Gegenwart unter Berücksichtigung der heutigen
ökumenischen Situation. Die gegenwärtige Praxis erörtert wiederum
K.-H. Bieritz im Zusammenhang mit der Frömmigkeitsgeschichte
und im ökumenischen Rahmen. Er beobachtet Anzeichen für einen
Umbruch der Abendmahlsfrömmigkeit in vielen Kirchen, der Teilnahmebarrieren
abbaut, neue Verbindlichkeiten jedoch erst entstehen
läßt. Den notwendigen Bezug zum sozialen und kulturellen Kontext
sieht er exemplarisch in der Abendmahlspraxis der Dritten Welt,
während Schnurr in dieser Praxis auch die Gefahr eines „oft sehr massiven
, vom magischen Mahlverständnis der heidnischen Vergangenheit
und Umwelt dieser Kirchen bestimmten A.s-Realismus" bemerkt
. Solche unterschiedlichen Akzente sind angesichts der Schwierigkeit
, auf knappem Raum angemessen zu differenzieren, eine notwendige
Ergänzung. Die Bedeutung der ökumenischen Perspektive
verstärkt G. Wainwright, indem er zur Abendmahlsgemeinschaft Stellung
nimmt und die Frage der Interkommunion mit der der Interzele-
bration verknüpft und so freilich auch kompliziert. Damit bewahrt er
vor Illusionen und trägt wie die anderen Autoren dazu bei, dem Lexikon
jene zuverlässige Sachlichkeit zu erhalten, die schon das alte EKL
auszeichnete.

Diese 1. Lieferung des neuen EKL, das bis 1989 vollständig vorliegen
soll, erschien zum 250jährigen Bestehen des Verlages, der damit
seinen Lesern eine gute Jubiläumsgabe vorlegte. Dieser Anfang
berechtigt zu besten Hoffnungen für den Fortgang des Werkes. Neben
dem neuen EKL wird das alte allerdings seinen Wert behalten.

Gutenbergb. Halle/S. Eberhard Winkler

[Wevers, John William:] De Septuaginta. Studies in Honour of John
William Wevers on his sixty-fifth birthday. Ed. by A. Pietersma and

C. Cox. Missisauga, Ontario: Benben Publications 1984. XV.
261 S„ I Taf.gr. 8°.

An seinem 65. Geburtstag, am 4.6. 1984, konnte John William
Wevers, Professor an der Universität Toronto, zugleich auf vier Jahrzehnte
wissenschaftlicher Arbeit an der Septuaginta zurückblicken,
die vor allem seit Beginn seiner Herausgeber-Tätigkeit am Septua-
ginta-Unternehmen der Göttinger Akademie der Wissenschaften im
Jahre 1966 zu seinem wissenschaftlichen Lebenswerk geworden ist.
Die Bedeutung von J. W. Wevers' Arbeit für den Fortgang des vor
über 75 Jahren eröffneten Forschungsprojektes wird insbesondere von
R. Hanhart in dem einleitenden Beitrag zu der dem Jubilar gewidmeten
Festschrift gewürdigt (Zum gegenwärtigen Stand der Septuaginta-
forschung, 3-18). Eine kurze Biographie hat A. Pietersma vorangestellt
, während C. Cox für die ausgewählte Bibliographie sorgte
(247-250). Im einzelnen enthält der mit verschiedenen Registern ausgestattete
Band folgende weiteren Beiträge:

D. Barthelemy, L'enchevetrement de l'histoire textuelle et de
l'histoire littcraire dars les relations entre la Septante et le Texte Mas-
soretique (19-40); E. J. Revell, LXX and MT: Aspects of Rela-
tionship (41-52); E. Tov, Did the Septuagint Translators Always
Understand their Hebrcw Text (53-70); E. Ulrich, The Greck Manu-
scripts of the Pentateuch from Qumrän. Including Newly-Identified
Fragments of Deuteronomy (71-82); A. Pietersma, Kyrios or Tetragram
: A Renewed Quest for the Original Septuagint (85-102): U.
Quast, Zahlen und Zahlenreihen in Numeri 26 (103-114); I. Soisa-
lon-Soininen. Die Wiedergabe des hebräischen, als Subjekt stehenden
Personalpronomens im griechischen Pentateuch (115-128); Z.
Talshir, The Milieu of I Esdras in the Light of its Vocabulary
(129-147); P. E. Dion, The Greek Version of Deut 21:1-9 and its
Variants: A Record of Early Exegesis (151-160); N. F. Marcos. The
Lucianic Text in the Book of Kingdoms (161-174); D. Fraenkel. Die
Überlieferung der Genealogien Gen 5:3-18 und Gen I 1:10-26 in den
„Antiquitates ludaicae" des Flavius Josephus (175-200); B. Schaller.
Zur Textgestalt von Jes 59:20fin Rom 1 1:26f (201-206); C Cox,